1
leber,
die
;
-n/–
.
›Drüsenorgan des menschlichen bzw. tierischen Körpers‹ (im Mittelalter als Sitz der Leidenschaften wie z. B. der Liebe, des Zorns, auch des Durstes betrachtet); metonymisch: ›Lebervene, Hauptvene in Arm und Bein‹.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
5, 1782
; .
Phraseme:
lunge und leber
(aufgrund der Alliteration häufig);
das leberle / die leber gessen
(oder)
gefressen haben
›die Suppe auslöffeln, die Kröte schlucken, der Sündenbock sein‹;
jm. läuft eine laus über die leber
(Beleg auch s. v. ).
Bedeutungsverwandte
(hier als Hyperonym):  1.
Syntagmen:
die l. anzünden / braten / durchstechen / nemen / spalten / verderben / wiegen, jm. die l. einverleiben; die l.
(Subj.)
dürre / krank / rechtfertig / verwundet / zerrüttet sein / werden, (jm.) faulen / überlaufen / we tun; der l. etw.
(z. B.
krankheit
)
bringen / nemen, etw. der l. ziemen; j. in die l. aus-, einziehen, etw. in der l. finden, an der l. siech werden, zur l. lassen; l. der erde / mutter; die sieche l.; der durst, die begier / härte / hitze / infektion / verstopfung der l., schwinden der l
.
Wortbildungen:
leberader
›Kilis, Epatica, Vene‹; (insbesondere:) ›Vena cava; Vena basilica‹,
leberblume
›Flos hepatica‹ (a. 1574),
leberbrüstig
(16. Jh.; zum Grundwort s.
2
brust
),
leberen
›aus Leber‹,
leberfäule
,
leberflek
(dazu bdv.: ),
leberholz
›edle Holzart‹ (a. 1617),
leberhüle
›Höhlung der Leber‹,
leberkiesig
›aus schieferigem Tonmergel bestehend‹ (a. 1618),
leberkraut
›Anemone hepatica, Heilmittel gegen Leberkrankheiten‹,
leberlach
(zum Suffix vgl. ),
lebermus
›aus Leber zubereiteter Brei‹,
lebersiech
,
lebersiechtag
,
leberspeise
eine Wurstart (a. 1541),
leber(ge)stein
›Hepatit‹, ein aufgrund seiner Farbe oder Struktur mit der Leber in Verbindung gebrachter, schieferähnlicher, wegen seiner besonderen Auffälligkeit auch zur Geländemarkierung dienender Stein,
lebersucht
,
lebersüchtig
,
lebersülze
›aus zerstoßener Leber zubereitete würzige Soße‹,
leberwe
,
leberwetag
,
leberwunde
,
leberwurst
,
leberwurz
wie
leberkraut
,
leberzecke
.

Belegblock:

da fault ir lung und leber, da haben sie dise da jhene kranckhait.
Ebd. (
1535
):
wie er auff dem gemache gestorben, und lung und leber von jm weg sey gangen, das es die historia billich heisst mortem dignam blasphema et foetida mente.
Si vis cautus esse, [...], kan wol unfried, quia audit, quod laus uber leber und quilt und schwilt cor.
Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
):
Vergebens ist uns nicht die Leber einverleibet: | sie, sie ist unser Gott, der uns zum Lieben treibet. | Wer gar nicht lieben kan, der wisse, daß anstat | der Leber er faul Holz und einen Bofist hat.
Ihr Räuber [...] | von euch zeucht Amor ein und aus in meine Leber, | als sein natürlichs Haus.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
519, 397
(
Magdeb.
1608
):
Gab jhm
[einem Frosch]
zur seiten einen schnitt | Das Lung vnd Leber außher quall.
Loesch, Kölner Zunfturk.
11, 124, 5
(
rib.
,
1348-1407
):
dat si niet mitwigen en soillen de milze, strosse, longe, leiver.
Rhfrk. Kochb.
287v, 14
(
um 1445
):
Wjltu machen ein lebermusz So ným ein hýrcze lebern.
Ebd.
290r
:
Wiltu machen ein leber sulcze von rechaltem vogelen, so nym [...].
Follan, Ortolf. Arzneib.
123, 2
(
rib.
,
1398
):
De lebere wert itwanne krank von hitte eder von kelde.
J. W. von Cube. Hortus
91, 17
(
Mainz
1485
):
Das gedruncken ist fast guͦt dem lebbersuchtigen vnd machet woͤl harnen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
64, 15
(
Frankf.
1535
):
Allectorius ist ein steyn [...] / würt gefunden in der leber eines kappen.
Ebd.
98, 9
:
mann sagt das er [stein Balagius] allen leber wetagen vertreibe.
Ebd.
104, 8
:
Bolus armenus ist guͦt [...] den miltzsuchtigen / lebersuchtigen.
Alberus
Ee iijr
(
Frankf.
1540
):
leberwurst / darinn der thet man [...] rho eyer / pfeffer / aniß / ingwer / keeß.
Ebd.
Xx iijr
:
Rediuius, ein waldzeck / holzbock / waldheyntz / leberzeck [...] beist so vbel wie scorpius.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
181, 21
(
Frankf./M.
1550
):
Wann eim ist Lung vnd Leber faul / | Wann einr die feuln hat in dem maul.
Schmitt, Ordo rerum
340, 10
(
omd.
1466
):
Epatica leber odir.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
188, 30
(
osächs.
,
1570
/
7
):
[Zum Krebsfang]
Brate speck oder lebern, und wo du das in dem wasser hin thust, [...] da samblen sie sich.
Ebd.
231, 37
:
[Zum Fuchsfang]
Nim von einem oxen die lebern, mach daraus procken.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
1450
/
94
):
Ir seit ein kaufman als gleich, | Als ein leberwürst eim sackpendel.
Bobertag, Schwänke (o. O.
1555
):
die kauffleüt [...] bezalten dem wirdt die treüschen gleich, als hetten si die läberle behebt.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
So kombst du her mit faulen zungen, | Die gleich schmeckn wie leber und lungen.
Im bad auch niemand trincken sol; | Der leber bringt es kranckheit schwer. | Sonder lügen und newe mehr | Zimen im bad der leber baß.
Ebd. (
Nürnb.
1563
):
sie im mit worten geil | Sein lebern spaltet mit dem pfeil | Der lieb.
Goedeke, Fischart Flöh Haz,
114
(
Straßb.
1594
):
ich bin unschuldig dessen, | Noch muß das leberle ich han gessen | und muß gethan han die gröst schmach.
Sudhoff, Paracelsus (
1525
/
6
):
Also in den weg [...] geschehen die resolution der lettsteinen, das ist der lebersteinen, der alabastern.
Ebd. (
1527
):
De lentigine, vulgo laubflecken im angesicht, leberflecken.
zu gleicher weis wie die lebern muß fuͤrung haben, das nimbt sie aus der lebern der erden.
Ebd. (
1527
/
8
):
Von den apocryphischen leberwunden.
Ebd. (
1529
):
so der liquor der lebern dermaßen aus französischer art in ein reinigung seines ausschlagenden eröfnens gefürt wird, das der lebern ir gebresten genomen werden.
Ebd. (
1530
):
das sich nicht befindet, das die pestis ein krankheit sei oder infection des hirns, der lebern.
Ebd. (
1531
/
5
):
darumb so ist da ein sondere geburt der wassersucht, [...] ein sondere der lebersucht.
da entspringt iezt lungenfeuli, darzu leberfeuli, magenfeuli, hirnfeuli.
Ebd. (
1536
):
Die leberwunden sind nicht schnel zum tot, sonder fallent in lange krankheit.
das man speis und trank [...] trinke, von wegen das der hunger des magens und durst der lebern gestilt werde.
Ebd. (
1525
/
6
):
es werden auch vil grober stein als leberstein gefunden.
Bremer, Voc. opt.
1104
(
halem.
1328ff.
):
Kilis leberader.
Ebd.
1101
:
Sima leberhuͤli [...] est interior et concaua pars epatis.
Jörg, Salat. Reformationschr.
552, 20
(
halem.
,
1534
/
5
):
dann sy kertends joch welen weg sy wettend / so muͦstends das laͤberli gfraͤssen han.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
215r, 13
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Dem die lungg oder die / leber we tuͦt, der nem marubien bletter.
Menge, Laufenb. Reg.
3752
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
so hastu denn also | Noch der leber oder zwo | An yedem arme eyne | Die loße.
Ebd.
5543
:
Suͦch die medyan behende | Zuͦ miltzin oder leber.
Plant u. a., Main. Naturl. 296vd,
26
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
die spise die warm vñ fuͥhter naturen sien als iunge huͦnre vñ lēberin fleisch.
Lemmer, Brant. Narrensch.
79, 3
(
Basel
1494
):
Wenn rüter / schriber / gryffen an | Eyn veisßten / schlechten / bürschen man | Der muͤß die leber gessen han.
Bächtold, Zugabe H. R. Manuel.
323, 518
(
Zürich
1548
):
[sprichwörtlich:]
Hab frischen muͦt und bis guͦt man! | Lass lunggen und leber sant Veltin han!
Maaler (
Zürich
1561
):
Laͤberkraut (das) Ein kraut wie mieß wachßt an feuchten velsen / [...]. Laͤbersiech. Hepaticus. Laͤbersüchtig. Laͤbersiechtag / Laͤberwee. Hepatarius morbus.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
300
(
Genf
1636
):
Lebersucht /f. Gebrechen an der leber.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
er sol pekennen die pegir der lebern, wann in der ligent verslossen all gepresten.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
21, 1
(
Augsb.
1553
):
Ain essen von leberlach So nempt ain leberlin von ainem lemlin vnnd schneiden sticklen jn gresse.
Ebd.
26, 1
:
Welt jr gút leberwirst machen Erstlich nempt ain viertail von ainer saúleber [...].
Ebd.
77, 1
:
Ain dorten von ainer leber.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 71, 26
([
Augsb.
]
1548
):
Liegen ist der Lebern gesund.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Affterdarm / aͤffterling / leberwurst / hirnwurst.
Haage, Hesel. Arzneib.
20r, 1
(Hs. ˹
noobd.
/
md.
,
E. 15. Jh.
˺):
Saluey, peterling [...], die sol man stossen [...] und gebs den menschen ze nuczen, wer do ist lungen siech und leber siech.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
den mäusen wechset die leber in vollem mônn.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
34, 6
(
oobd.
,
1. V. 15. Jh.
):
Wem die lebern fault, der trinck das wasser.
Deinhardt, Ross Artzney
235
(
oobd.
,
1598
):
Wann ainem pferdt lunge vnnd leber fault Item so nimb leber khraut, das in den prunen wechst.
Bremer, Voc. opt.
50121
(
mbair.
15.
/
16. Jh.
):
Epatica laͤberkrut [...] leberwurtz.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8589
;
J. W. von Cube. a. a. O.
6, 35
;
74, 12
;
Belkin u. a., a. a. O.
162, 20
;
Palm, Veter Buoch ;
Keil, Peter v. Ulm
20
;
Weitz, Albich v. Prag
152, 13
;
167, 11
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Roloff, Brant. Tsp.
1716
;
Menge, a. a. O.
479
;
Lemmer, a. a. O.
77, 10
; Pfeiffer-Belli, Murner im Glaubensk.
3, 82, 22
;
Sappler, H. Kaufringer
12, 266
;
Barack, Zim. Chron. ;
Müller, Stadtr. Ravensb.
288, 32
;
Pfeiffer, a. a. O. ; ; ;
Bastian, Runtingerb.
2, 24, 16
;
Schmitt, Ordo rerum
179, 4
;
364, 13
;
Bremer, a. a. O.
1099
;
50121
;
Voc. Ex quo / Ind.
447
;
Voc. Teut.-Lat.
s iiijv
;
Alberus
Ee ijr
;
Ss iv
;
zz ijr
;
EE r
;
Hulsius
L jr
;
L ijr
;
Vorarlb. Wb.
2, 245
;
Hyrtl, Anatomie.
1884, 104
.
Vgl. ferner s. v.
2
,  4,  2, .