laugnen,
3
laugen,
das
;
subst. Inf. zu (gegenüber dem V. nur vereinzelt Schreibungen mit Umlaut, kein wurzelauslautendes ).
1.
formelhaft (häufig als Verwahrformel):
ane / sunder laugen
›ohne Zweifel, unzweifelhaft, unleugbar, der Wahrheit entsprechend‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Also kumt her ane lougen | Deme guten zu angesichte | Zum lesten gerichte.
Also vrischet sunder lougen | Gotes angesicht unse ougen | Swen wir uns dar an irwittern.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
So lieff heb ich yu sunder lougen.
Bell, G. Hager
64, 1, 58
(
nobd.
,
1594
):
diser mensch offen bar | heret nit auff zu reden gar | [...] | lester wort ane laugen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
dú maget lobesan | Beliben moͤcht aͮn argen wan | Inder lúte oͮgen, | Der ane alles loͮgen | Úbel ir gezæme.
Sappler, H. Kaufringer
15, 7
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
das er muost oun laugen | plind sein mit gesehenden augen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Ich sag es one laugen, | Sie thet, als ob sie tod wer.
Weber, Füetrer. Poyt.
10, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Wer nach der [maget] wirbt, für war, der mǔes | kiesen den tod, dy red ist sunnder laugen.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
habn di verordenten verlesen under anderm di mainung, er hab den brief schreyben lassen, sey des an laugen, mög darumb das recht leyden.
Kummer, Erlauer Sp.  (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
das ist war, des můs ich gehen, das ist ane laugen, | schoner weip ward nie geporn.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. ;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4028
;
4038
;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin ; ;
Klein, Oswald
62, 49
;
Primisser, Suchenwirt ;
Weber, a. a. O.
109, 5
;
245, 3
;
Bischoff, Steir. Landr. ;
Wackernell, Adt. Passionssp. Br. II,
1436
.
Vgl. ferner s. v. ,  2,  1.
2.
›das Leugnen, Bestreiten einer Schuld oder Missetat (vor Gericht oder in einem Streitgespräch)‹; häufig formelhaft:
nein oder laugnen
,
ane / in laugnen stehen
›etw. nicht abstreiten‹ bzw. ›etw. abstreiten, leugnen, nicht geständig sein‹,
in laugnen fallen
›etw. abstreiten‹; ütr. ›Reinigungseid‹,
js. laugnen nemen
›jm. den Leugnungs- bzw. Reinigungseid abnehmen‹;
vgl.  1.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
39, 19
(
Worms
1499
):
So soll man der Parthy die ir fürbringen vff Ja vnd beschehene dinge setzt. wysung erteylen vnd nit der andern parthy die sich mit dem Neyn oder laugnen behelffen wil.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
):
markgraf Fridrich [...] ließ doctor Morung fahen [...] und zehe in, er solt ein passion vom markgrafen gedicht haben, des er in laugen stund und das heilig sacrament dar auf entpfing, er het sein nit getan.
Rennefahrt, Gebiet Bern (
halem.
,
1416
):
doͧ dz erkent und erteilt wart, doͧ ward [...] Heini Ab dem Brunnen vergichtig und ân loͧgen.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1528
):
Wa aber ain tätter seiner that in lougen steen würd, so solle derselb von baiden thailen mit sein, des herrn graven, fri landtgericht fürgenomen
[werden].
Sappler, H. Kaufringer
3, 331
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
ir hapt gar war. | der red ich nicht in laugen staun. | offenlich haun ichs getaun.
Chron. Augsb. Anm. 3 (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
deßhalben wir im, als der unns an leib, eer und gutt ze belaidigen in fleissiger übung gewesen [...], nachgestellt haben ungerne abred sein oder in laugen steen wöllten.
Chron. baier. Städte. Regensb. (
noobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
wer dem andern schuldig beleibet hinder zwelf R. pfening, der er an laugen stet, den mag man wol pfenten.
Bastian u. a., Regensb. UB
292, 5
(
oobd.
,
1366
):
Waz die obgenenten zwen Haͤdrer, [...] und der rat und die burger gemeinlich rechtes daran haben, daz er die behebt und ervollt hat, daz khain laugen mer dafuͤr gehoͤren soll.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
Swer den andern rechtferrtigt oder anspricht vor dem rechten umb ein sach, die emalns bericht und verscheiden ist, oder ainer dem andern mit dem rechten enprosten ist, dez laugen sol man von im nemen mit seinem ayde.
da sol man sein laugen umb nemen mit seinem aid, daz dez nicht geschehen sey.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
M. 15. Jh.
):
wes aber die gemain nicht wais und des man in laugen ist und stet, des selbigen sol man berednus nemen in nachtäding.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1475
):
Nun sei Sighart, [...]
gegen fraun Anna der Gschöfin des pets umb die insigl in laugen gevallen.
Köbler, Ref. Wormbs
39, 20
f.;
Winter, a. a. O. ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Vgl. ferner s. v.
1
 6.
3.
formelhaft:
auf laugnen
›in Verborgenheit, Heimlichkeit‹; ütr. ›in betrügerischer Weise, aus Heimtücke‹.

Belegblock:

Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 53, 26
(
Eisleben
1548
):
Also redet man / wenn die übelthaͤter [...] was gethon haben / auff ain leügnen / und woͤllen es hernachmals nicht bekennen.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
der vatter dein | Weiß, daß ich gnad hab vor dein augen, | Derhalb verbirgt er das auff laugen, | Daß er dir sollichs nicht erzehl.
Ebd. (
Nürnb.
1563
):
Der allerhöchst acht und erkent | Meine sünd, die ich hie thw, auf lawgen; | Die scheun allein der menschen augen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Etlich veriahen, sy hyetten in dem kryeg aus den besetzungen haymlich und auf laugen grossen schaden gethan.
Bischoff, Steir. Landr. (
m/soobd.
, Hs. 
v. 1425
):
Wer ain tött auf lawgen. Der ain ze totslecht auf lawgen vmb sein gût oder durich neyd, daz haisset mord.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, Hs.
15. Jh.
):
Es sind auch unsre lantrecht, ob ain man dem anderen sein viech auf laugen slüg ze tod und wolt in also verderben.
4.
›Unterschlagung, Diebstahl‹.

Belegblock:

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1562
):
ob einer zulief und waß ußtrüeg daß mehr dann drei pfenning werth were, den soll man auf laugnen fahen und dahin antworten dahin ein dieb gehörig.
Ebd. (
16. Jh.
):
wer in solcher noth ainem etwas auß dem hauß trueg auf ain laugnen das da prinent wurt, und wer daran begriffen wierdt, denselbigen soll man aufhalten für ain schedlichen man.
5.
in der Formel
ane laugen
›ohne Umschweife, offen und ehrlich‹.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1554
):
Ich wil in anreden ohn laugen, | Warumb er so bekümmert sey.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Gesell, on alles laugen | Sag ich dir zu diser frist, | Was du in meinen augen bist.
6.
›Verleugnung Gottes, Zweifel und Ungehorsam gegen Gott‹.

Belegblock:

Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
951
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Got der bestättet daz weib daz zweyuelt, aber der pös geist bestund gänczleich auf dem läugen.