lüstlich,
Adj.;
Schreibung oft ohne Uml.; vgl. das partiell andere Bedeutungsfeld von .
1.
›den Gegenstand natürlichen Verlangens bildend (wie das Schlafen, Essen)‹; speziell: ›genußvoll, wohlschmeckend (vom Essen)‹;
vgl.
1
 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Es ist keine speise so adelich, | So kostbar noch so lustelich, | Du wolles sij bereidt haben.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
237, 1
(
els.
,
1362
):
Du bereitest dir gar lustliche spise, vnd lit min kneht furborgen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Daz ander stúcke ist, sinen lip an griffen mit kestigunge in einem abbrechende an slaffende, an essende und an trinckende und alles, daz ime lustlich si.
Roloff, Brant. Tsp.
1465
(
Straßb.
1554
):
Der [Mertzenhase] schmeckt mir wol zuͦ meinem mundt | Und ist vast lustlich und gesundt.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Das [krut] macht och der vil wise | Ze also guͦter spise | Das man es gern und lustlich aͮss.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
vil spis von brot, [...], das kam inen gar wol und trank und as iederman gar lustlich.
Wolf, Norm im sp. Ma.
35, 22
(
schwäb.
,
15.
/
16. Jh.
):
die mensch, die sie sechent angetane mit waichen und geferbten chlaidern und die da lustliche speis und trancke gebrauchent.
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
›ideale, gefällige Eigenschaften aufweisend (meist von Sachen) und dadurch Freude, Wohlgefallen, Vergnügen bereitend, ergötzlich, angenehm zu sehen (auch: zu hören)‹;
vgl.
1
 2.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
, , , , ; vgl.  2,  1, (Adj.) 1, .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
etw. l. zu sehen
(z. B.
der apfel
)
/ zu hören
(z. B.
die historie
)
sein, j. (am angesichte) l. zu sehen sein, ein weg l. zu gehen sein, der mei l. bleiben, den schaz l. besitzen, der vogel l. jubilieren, lustiglichen bei jm. sitzen, die heide l. vor jm. erspringen, die dirne js. herze l. gezieren
;
der lüstliche bau / brunne / gedanke / keller / knabe, die lüstliche gegend / magd / stat / zier, das lüstliche gemälde / gesicht
›Vision‹
/ haus
.
Wortbildungen:
lüstlichkeit
1.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred.
48, 7
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Hân ich einen apfel in mîner hant, der ist mînen ougen lustlich, aber der munt wirt der süezicheit beroubet.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
[got ... bracht yn] in den boemgarden der genoechden vnd lustlicheyt.
croniken van den vernoempsten und genoichlichsten historien die uns nutzlich ind lustlich sin zo horen und zo lesen.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Als ein wip er den tuvel sach, | Mit dem der bruder liepliche sprach | Unde bi im lustlichen saz.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Ich furen sij an lustliche stadt, | Da man frolich ist unde freude hait.
Froning, Alsf. Passionssp.
5508
(
ohess.
,
1501ff.
):
ich fort dich yn das lant lustlich, | da der floiß honig und milch.
Strauch, Par. anime int.
132, 10
(
thür.
,
14. Jh.
):
wi lustlich ein dinc were, werit ez zu lange, ez worde fordrozzinlich.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. (
osächs.
,
1343
):
An dem angesichte was her [herre] lustlich.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1015
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
Kain mensch nie so gern geaß, | kain geitlich man nie kain schatz | pesas so reht lustlich, | der mensch ube hie noch gerner sich.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
6, 19
(
Nürnb.
,
1446
):
so machtten sie
[Adam, Eva]
qwesten, zu verpergen das gehaym, das ane schult vor was lustlich an ze sehen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
die [lustheit] sol sich zem ersten abscheiden von lustlicheit der naturen und der sinne.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
wan es gar ein schoͤnre lüstlicher knabe was von 16 joren.
nu was die gegene [...] gar schoͤne und lüstlich und genühtig von matten, wasser und weiden.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Manchen Menschen tropfft es in sein leibliche Augen, luͤstlich Gesichten, davon er sich versuͤndet, und in die Augen seins Hertzens, boͤß gedenckt, noch so thuͦt er seine Augen zuͦ, das er im selber vor dem Schaden wer.
Schmidt, Rud. v. Biberach
66, 12
(
whalem.
,
1345
/
60
):
wie vil solicher dingen ist vnd wie menigvaltig vnd schone vnd luͥstlich si sint.
Ebd.
111, 25
:
Erbeit der minnenden sint ni enhein wis swer; want me si sint luͥstlich, recht als der iegern vnd vischern erbeit.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
[er was] Lustlich zesechende fúr alle die | Warent do und wurdent ie.
Klein, Oswald
40, 19
(
oobd.
,
1408
?):
[ir] gailt eu gen des maien grün, | der sich erglennz lustlich ze blüeen.
Ebd.
53, 32
(
um 1411
?):
Wie möcht ain zart seuberliche diern | lustlicher geziern | das herze mein an argen pein | mit so wunniklichem, zarten, rainen lust?
Ebd.
106, 4
(
1411
?):
kinder, schickt eu zu dem tanz! | glanz zieret sich lustlich des maien tenne.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1280
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Wann die machten mit fleissiger arbait chostleiche pilde vnd lustleiche czir.
Reissenberger, a. a. O. ;
Palmer, Tondolus ;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
127, 33
;
Gille u. a., M. Beheim
335, 25
;
Lauchert, Merswin ;
Schmidt, a. a. O.
10, 27
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3594
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
46, 27
;
Dreckmann, H. Mair. Troja
15, 2
;
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Munz, Füetrer. Persibein
24, 2
.
Vgl. ferner s. v. .
3.
›lustvoll, selbstbezogen; über die Notwendigkeit der Lebensführung hinausgehend, Lust bereitend‹;
vgl.
1
 3.
Wortbildungen:
lüstlichkeit
2.

Belegblock:

Neumann, Rothe. Keuschh.
3465
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
an essen unnd trincken mogen wir nicht geleben, | wir soln uns aber zu lustlicher spise nicht geben.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 4
(
omd.
,
1487
):
Nicht dÿ lüstlichen wergk, welche Jn dÿßem orden zcugelasßenn.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 2205
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
er [Adam] begerte kunst vnd wisheit in girikeit, vnd er svͤhte schmag vnd gelust in lústicheite.
Ruh, Bonaventura
360, 32
(
orhein.
,
um 1480
):
daz linck ergerlich oug vß zuͦ stechen, daz ist vrsach der súnden, die vns lustlich beduncken.
Löffler, Columella/Österreicher (
schwäb.
,
1491
):
haby sin husgesind geziert und geklait mer nútzlich dann lustlich, versichert von dem wind, der kelti und regen.
4.
›unterhaltsam, spannend, lustig‹;
vgl.
1
 4.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
Wittenb.
[?]
1424
/
5
):
Lucianus hat den künstreichen Pythagoram gar lüstlichen durch einen hanen gestraft.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
15. Jh.
):
Nu vernempt all hubschlich | Ein mathery gar lüstlich.
Schottenloher, Flugschrr.
52, 4
(
Landshut
1523
):
Diss buechlein hat schon schwenckh und vil | Lüstlich.
5.
dient der Charakterisierung der Existenzweise Gottes und seiner Handlungen als der
lust
vergleichbar; passende Übersetzungen ins heutige Deutsch kaum möglich; vielleicht: ›aus sich heraus minnend, Freude schenkend, wohlgefällig, sich in Liebe in den Menschen ergießend (
ausgiessen
), den Menschen dadurch der Existenzweise Gottes teilhaftig machend‹; reziprok vom Menschen aus gesehen: ›in Gottes Liebe ruhend, geborgen und Gott diese Liebe entgegenbringend‹;
vgl.
1
 5.
Älteres und mittleres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, gehäuft der Mystik.
Syntagmen:
js. (Mariae) art l. sein, got an worten l. sein, got. etw., das werk dem vater l. sein, dem menschen l. sein, zu [...]
;
der lüstliche augenblik / gedanke, die lüstliche gabe / gestaltnis / hitze / minne / zukerung, blüte gottes, gegenwart des herren, das lüstliche leben / paradies / werk / wort
.
Wortbildungen:
lüstliche
(
die
) ›Ruhen, Existenz in sich selber‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Mintet ir got sô enmöhte iu kein dinc lüstlîcher gesîn, dan daz im aller beste geviele.
er gebirt sînen sun, und daz werk ist im sô lüstlich und gevellet im sô wol, daz er niemer anders getuot dan gebern sînen sun, und sie beide blüejent ûz den heiligen geist.
wan kein dinc enist niht mê lustlich noch begirlich, dan als vil got in im ist.
mîn
[der
sêle
]
liep hât mich anegesehen durch einen schranz; sîn antlütze daz was lustlich.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
350
(
pfälz.
,
1436
):
wie lustlich sol dann sin dem menschen zu volnfüren den buwe in der selen.
Jostes, Eckhart
31, 14, 15
(
14. Jh.
):
Do dise geburt geschach geistlichen in unser frauwen Marien, daz waz got lustlicher, dan da er leiplichen von ir geborn wart. Da dise geburt geschiht heut ditz tages in eines menschen sel, daz ist got lustlicher, dan da er himelrich und ertrich geschuff.
Sermon Thauleri
11ra, 29
(
Leipzig
1498
):
dise mensche͂ kõmen dan durch dyß in den warn wesenliche͂ lautern fride gotes. vñ kõmen dan in die liebliche͂ lustlichen bluedt gotes. vñ haben dan offt da ein semlich lieblichen lustliche͂ frolichen auge͂blick vñ gegenwurff des sie do ewiglichen in got gebrauchen sollen.
Gille u. a., M. Beheim
82, 48
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
darinn [muterleib] er [Gott] lüstlich ruwens pflag.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
das si iren Got und iren schoͤpfer hatte in irre schosse und an iren armen und in den aller begerlichesten lustlichesten wisen, die úber alle sinne woren.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Es ist nut
[›nichts‹]
lustlich, denn
[›als‹]
daz einfoͤrmig ist dem innigosten grunde goͤtlicher nature.
dú lustlich wise, dú ob allen dingen menschlich herz ruͤret.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
93, 30
(
els.
,
1362
):
Jhesus ist ein susser namme, vnd ein lustlich wort
[hier: ›erbauend‹].
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 480
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
wan gotte ere bieten [...], daz ist das lústlicheste werg vnd [...] aller behagenlicheste der gerechtikeit.
Ebd.
2, 370
:
Dis ist das lústlicheste leben nach der liplicher beuintlicheit, das ein mensche erkriegen mag vf ertriche.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
und ir [brut] alle ire lüstlichen andehtigen minnenrichen zuͦkere und gewönlichen gebet unsmeglich und urdrützig werdent.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
162, 15
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
daz in im selber etliche lustlichi hat, zuo welcher lustilichi daz die vorganden getragen werdent, daz mag in etlicher wis heizen ein fruht.
Schmidt, Rud. v. Biberach
53, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
der vorderost vnd erst gegenwuͥrf der wisheit ist got nach dem anblik, als dvͥ warheit reiset den willen zvͦ ir luͥstlichen minne.
Ebd.
56, 13
:
Da merken wir, das beschoͮd ein klarern anblik hat in die wisheit vnd ein lustlicher enphinden den dvͥ speculacio.
Ebd.
96, 10
:
[goͤtlichvͥ minne] ist ein svnne, dvͥ daz gemuͤt in der ewigen selikeit vuͥrclert [...] mit einer alr luͥstlichosten hitzze.
Ebd.
168, 20
:
Der sel gemvͤte ist ein paradis in dem, so si himelschvͥ ding meditiert, so hat sie glust vnd froͤide als in einem lustlichen paradise.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
10, 2
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wie lustlich was dein [Maria] raine art | dem höchsten got, der sich verspart | zu dir.
Vetter, a. a. O. ;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
2, 42
;
Lauchert, Merswin ;
Schmidt, a. a. O.
37, 7
;
169, 21
;
Steer, Schol. Gnadenl.
5, 39
;
Höver, Bonaventura. Itin. A
286
.