läutern,
leutern,
V.
1.
allg.: ›etw. lauter machen, reinigen, säubern, das Gute, qualitativ Hochwertige von Unsauberem, Schlechtem trennen; etw. durch Verarbeitung (häufig mit Hilfe von Feuer und Hitze) gebrauchsfertig machen‹, je nach Rohstoff z. B.: ›etw. ausschmelzen (von Kupfer, Erz, Edelmetallen)‹; ›etw. destillieren (von Branntwein, Wein)‹; ›etw. sieden (von Salpeter)‹; ›etw. klären, durchsichtig machen, durchseihen, filtern (von Flüssigkeiten, z. B. Wein)‹; vgl. (Adj.) 124-6.
Bedeutungsverwandte:
 1,  1,  1,  1.
Wortbildungen:
läuterboden
›eiserne Unterlage zum Läutern, Reinigen von Erzgestein‹,
läuterkorb
›aus Rutengeflecht hergestellte korbförmige Siebe zum Seihen des Mostes‹ (
Zingerle s. u.
).

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
217, 5
(
preuß.
,
1399
):
2 tonnen geluttert salpetri.
Joachim, Marienb. Tresslerb. (
preuß.
,
1403
):
6½ m. vor 26 zentener coppers zu lutern.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
192, 4529
(
Magdeb.
1608
):
Das man in Saltz geleuttert fein / | Vnd klein gerieben Ziegelstein.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Mundare. Reynigen leuteren purgieren seubern.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
man mag ein kopfer also dicke | lutern an dem heizen vure.
also ein golt gelutert in dem vure. | seht also waren Marien wort.
Apherdianus (
Köln
1575
):
wund lauteren / reinigen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
88, 10
(
Frankf.
1535
):
das fewr reynigt das goldt / vnd nimpt ihm den zusatz / vnnd leutert es / vnd das geleutert reyn goldt würt nit von dem feuer gemindert.
Luther, WA (
1527
):
das yemand gaysts verstendig, sich der muͤhe underwunde und lautert die Legenden der hayligen, dann etliche gar feyne sprüche [...] inn sich haben.
Eggers, Psalter
22, 3
(
thür.
,
1378
):
si sint silbir in deme fure vorsucht, gekorn dry stunt, geluttert sibinstunt.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
292v, 40
(
Leipzig
1588
):
wie er [der Son Gottes] in seiner Kirchen / als in der rechten Schmeltzhuͤtten der Menschen Lere vnd Leben schmeltzet / leutert vnd reiniget.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1528
):
Dass alle ertz rein gepucht und geleutert und nicht ehe abgeteilt oder abgemessen sollen werden.
Ebd. (
1617
):
1 bleierne pfanne 6 grosse leuterböthen darin die schlich abgelauget werden.
Keil, Peter v. Ulm
84
(
nobd.
,
1453
/
4
):
zustoß sie [eybisch-wurtzel] wol vnd misch das vnter gut reinpergin schmer, daz geleuttert sey.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Die 3 wirkung dez feurs ist von den ellementen wegen, die ez leutern wirt.
Schmidt, Rud. v. Biberach
129, 3
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Min fuͤsse, daz ist min verstant vnd min hertzgunge, mit dien ich bin gangen weg der ewikeit, die han ich geweschen, daz ist geluͥttruͥd.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
79
(
schwäb.
,
1455
):
Minr zungen galm ist heiser: | Den soltu lutern und klern.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
öl wol geläutert scherpft minner und peizt denn kain ander erznei.
Zingerle, Inventare (
tir.
,
1485
):
Zwen leŭterkorb.
Thiele, Minner. II,
32, 1028
;
Keil, a. a. O., S. 
416
;
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
402, 23
;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Rohland, Schäden
468
;
Hulsius
L iijr
;
Lehmann, Rezeptb.
214
.
Vgl. ferner s. v. ,  2.
2.
›aufklaren, klarsichtig werden; aufhellen, sich lichten‹;
vgl. (Adj.) 3.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
So lutern unse ougen | [...] | Die da bi den jaren | Gar vorblindet waren.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Der farwe schon gelüttrett waz | Alsam der tag, als ich es lass.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
299
(
Genf
1636
):
Laͤuteren / lauter vnnd hell werden [...] Der Himmel [laͤutert] sich / Le temps se met au beau, le ciel deuient serein.
3.
›etw. erklären, erläutern; etw. proklamieren, verkünden‹; spezialisiert im Rechtswesen: ›(ein rechtsgültiges, aber strittiges Recht) erläutern, verdeutlichen (oft durch Schiedsgerichte)‹; als Synekdoche dazu: ›einen Rechtsstreit gerichtlich klären, jn. gerichtlich zur Rechenschaft ziehen, verklagen; gerichtlich beschließen, urteilen; jn. durch Proklamation in ein Recht einsetzen‹;
vgl. (Adj.) 11.
Phraseme:
in rechte läutern
›das Gesetz, Recht auslegen‹;
auf ein urteil läutern
›Widerspruch einlegen‹.
Syntagmen:
jn. l., jn. auf den eid l., jn. mit recht um etw. l., j.
(z. B.
keiser / geschworene / zehentrichter
)
etw.
(z. B.
den artikel / rechtsspruch, das gezeugnis / recht / urteil, die zehent, dinge / freiheiten / gesetze / zölle
)
l., jm. etw. l., l., das [...], etw. in einem kapitel, mit worten, von wort zu wort l
.
Wortbildungen:
läuterant
›Prozeßpartei, die gegen ein Urteil Widerspruch einlegt‹ (a. 1589),
läuterantin
(a. 1697),
läuterat
›Prozeßgegener des Läuteranten‹ (a. 1661).

Belegblock:

Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1385
):
were auch daz hernamails einich stoeß oder zwivel in diese [...] gesetze vielen [...], die behalden wir uns [...] zu erkleren zu luteren zu beduden und zu scheiden.
Ulner (
Frankf.
1577
):
Leutern. Erklaͤren / außlegen / declariren / klar machen / lauter machen / interpretiren / die rechte meynung herauß klauben / deuten.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
31, 12
(
thür.
,
1474
):
dy gemelten gebruder vorder beten, in rechte zcu lutterne, waz zcu gerade gehore.
Ebd.
99, 14
:
habin danne dy geczugen uff unvorwandeltem fuße yr gezcügkeniß geluttert unde baß bedechteclichin ußgesaget, daz [...].
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 13, 21
(
schles.
,
n. 1350
):
als sy [recht] von wortin czu wortin hi gelutirt weren.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1350
):
wellen wir [...] mit wolbedachtem můte und lutern und offinbaren und kunden daz mit craft ditz brieves.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
79, 20
(
nobd.
,
1429
):
das [...] die zent zü Meckmüln geoffenbart, geoffent und gelutert worden ist von den zentriechtern.
Merzdorf, Historienb. (
alem.
, Hs.
2. H. 14.
/
A. 15. Jh.
):
wurde es zů lange, solte ich es alles lutern nach dem also ich es geschriben funden han.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1379
):
tun wir ab [...] aller schulde, ladung [...] und die acht und entscheiden, leutern, cleren und sprechen, das sie miteynander [...] untugelich sein sullen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
wellich geselschaft sollich [...] ordnungen nit hettent, denen sol man die schriftlich geben vnd luͥtern, dem nach zů gan.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1371
):
ist darzů [...] ain erloser, rechtloser man, und clagt der cleger daz von dem, oder wirt er mit recht darumb gelútert, sol darumb bescheen, das recht ist.
Ebd. (
1516
):
ob aber der von Villingen burger [...] verlümbt oder verdacht weren [...], die mogen und sollen der herren von Fürstenberg vorstmaister [...] beclagen und lütern.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Doch woͤllen wir hiemit gelütert / geordnet / vnd vnß / vnd dem Stat gericht vorbehalten haben / wañ die antwůrtend person [...] / vor vns [...] erschint.
Ob er aber vns all verdechtlich hielt / dz sol durch vnser oberkeit [...] so beid parthien erwelen / gelütert vñ entscheiden werde͂.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
was not das Phedria keme durch den die ding geleütert werden.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1506
):
die ganz gemain sol haben ein redner der herren von Kuͤnring und der ganzen gemain zu leitern recht und zu erkennen.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
219, 5
(
1438
/
9
):
in dem [brief] er [keiser] dich versorget ouch gesetzet und geleüttert hat, das du [...].
Boos, UB Aarau ;
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 60, 22
;
Roder, a. a. O. ; ;
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
2004
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
167, 33
;
Vorarlb. Wb.
2, 242
.
4.
›sich vor Gericht rechtfertigen, seine Unschuld erklären‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.
Syntagmen:
sich mit (seinem) eid l
.

Belegblock:

Rwb (a. 
1384
/
5
).
5.
›etw. von allem Unaufrichtigen reinigen (im sittlich-moralischen Sinne); jm. etw. austreiben‹; offen zu 6.

Belegblock:

Pyritz, Minneburg
695
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
solt im sin gropheit luttern | Mit wilder worten reinen krutern.
Thiele, Minner. II,
17, 128
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
gelúttert lieb uß rainem ertz | hät wipplich guͤt in mir gepúrt
(als Bild auch zu 1. stellbar).
6.
›etw. / jn. (auch: sich) läutern, sühnen, rechtfertigen; (die Seele) von weltlichen Dingen sowie von Schuld und Sünden frei machen‹; Ütr. zu 1.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die sunde were da mite | Geluttert daz der zu ir greif, | Got, der an sunden nie besleif.
Also wirt der sundere wiz, | Der sich hat beclutteret, | Swen her wirt gelutteret | [...] | Mit ruwen und mit buzen.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
75, 12
(
um 1571
, Hs.
1615
):
soliche [...] ding sihet oculus mentis, wo es geleütert wiert von zeitlichen hindernüssen.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Der heilige geist nimet die sêle und liutert sie in dem liehte und in der gnâde.
Swenne got würket in der sêle, in dem brande der hitze sô wirt geliutert und ûzgeworfen, waz dâ unglîches ist an der sêle.
Jostes, Eckhart
9, 26
(
14. Jh.
):
Di sel muz gelautert werden und chleinlich gemacht in dem liht der gnaden, und alles abgescheiden und geschelt werden, daz fromdes ist.
Strauch, Par. anime int.
107, 31
(
thür.
,
14. Jh.
):
muiz di sele gereinigit und geluterit sin fon sunden.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
brach er [Jesus] des Teuffels reich, | Darin er vns gefangen hielt, | Und leutert so sein ebenbild.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Also geleutert unnd erfrischt | Hot Got sein muter.
Sachs (
Nürnb.
1566
):
Du, herr, prüfest selber mein hertz, | [...] | Du findest nichts, und leuterst mich.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
das du gelútert werdest und verklert werdest.
Steer, Schol. Gnadenl.
5, 48
(
halem.
,
1548
):
Genaͮd ist ain suͤsse balsam blatt, wele sele daͮr inn gebadet wirt, die wirt gelútret von allen fleken.
Schmidt, Rud. v. Biberach
49, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
emzig vͤbung der betrachtunge an ewigen dingen lutert das gemvͤt.
Quint, Eckharts Pred. ; ; ;
ders. Eckharts Trakt. ;
Langen, Myst. Leben
223, 5
;
Langen, Myst. Leben
223, 5
;
Strauch, Schürebrand ;
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 163
;
873
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
615
;
Steer, a. a. O.
1, 247
.
Vgl. ferner s. v.  7,  6,  1.
7.
›jn. vollkommen machen, glorifizieren, verherrlichen‹.

Belegblock:

Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Die stund kumpt das der sun der maide wirt gelautert
(Luther 1545:
verkleret
).