kratzen,
1
krätzen,
V.
1.
›jn. / etw. mit einem spitzen Gegenstand ritzen‹; ›jn. / etw. reiben‹; subst.: ›Juckreiz‹; auch: ›Scabies‹.
Phraseme:
krimmen und kratzen
;
vorne lecken, hinten kratzen
›falsch sein‹;
jm. den hinteren kratzen
›jn. belästigen‹;
jm. die oren kratzen
›jm. schmeicheln‹;
das kratzen zwischen den oren gewinnen
›das Nahen einer Gefahr / des Todes spüren‹.
Bedeutungsverwandte:
(V., unr. abl.) 9, ,  3,  1, , ,  2,  1, (V.) 1,  2, (V.) 12, .
Syntagmen:
den kopf / leib, das haupt, die haut, die wangen k., jn. mit händen und füssen k.
;
etw.
(Subj.)
jn. kratzen
;
jn. / sich an dem leib, an / in der hand, auf den rücken, hinter den oren, im grind / kopf k., jn. / etw. mit den nägeln k.
Wortbildungen:
krätzeln
1. ›jn. / etw. leicht kratzen‹ (a. 1523), 2. ›jm. schmeicheln‹ (a. 1569),
kratzer
,
krätzig
2 ›juckend‹ (dazu bdv.:  4),
kratzung
,
krazbürste
.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Wenn der Kopff Grindig ist / haben die Haͤnd Freyheit zu kratzen vnd zu saubern.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
Eim narren geht der poß offt an, | Der fehltschlegt manchem weisen mann | [...] | Kratzt sich gern hindern ohren zu letzt.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
117, 2284
(
Magdeb.
1608
):
Die sind die geferliche Katzen | Die vorn lecken / hinden kratzen.
Ebd.
550, 1394
:
Der Grobianischer Stieffelwischer | [...] | Zu mir mit der Kratzbuͤrst einschlug.
Luther, WA (
1540
):
Si wollen kriegen contra Turcam, ja sie werden das kratzen zwisschen den ohren gewinnen.
Strauss, A. v. Villanova dt.
155v, 5
(
obd.
, Hs.
1421
):
gewynnet den der leyp me vnrecht hytze vnd sweyß dan vor vnd mer kratzens.
Pyritz, Minneburg
5313
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Wie er mich grimmet und kratzet | Und wie sin haßen mit mir tratzet.
Gille u. a., M. Beheim
169, 52
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
er tregt rosen mit sussen rauch | und dorn, die ubel chreczen.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
n. 1494
):
Ee du mit mir kemst zu wort, | Ich wolt dich kratzen, zerren und reißen.
Ebd. (
nobd.
1529
):
Des nachtes uff der luten kratzen, | Pfyfeu, singen, houwen, stechen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
sah in an soͤlichú luterkeit, daz er sich selb niene an dem libe wolte krazen noch an ruͤren.
Menge, Laufenb. Reg.
4543
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
soltu [...] | Das kindly trúknen als ich meyn | Denn so kretze es hin vnd har | An dem lybe senfte gar.
Lemmer, Brant. Narrensch.
39, 18
(
Basel
1494
):
Es will yetz raͤtschen yederman | Vnd triben solche kouffmanschatz | Die vornen leck / vnd hynden kratz.
Maaler (
Zürich
1561
):
Beyssig vnnd kraͤtzig seyn / als wenn einen raud beyßt.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Si schluͦg ir hoͮpt, si roft ir har | Si craste ir liechten wangen clar.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1536
):
nun hat aber er sich in ainer handt gekretzt und verwundt an den schlossen.
Sudhoff, Paracelsus (
1525
/
6
):
aus dem schweiß, davon reudikeit zu einem zeichen entspringt vnd vil krazens und stechens in der haut.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 284, 17
(
Hagenau
1534
):
Ich / du / er gewint das kratzen hinder den oren.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
si [...] haizent prânber oder kratzper dar umb, daz si die läut kratzent oder reizent.
ain horn an dem hals [...] ist guot für die räudichait oder für daz kratzen und für grausam träum.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
796
(
oobd.
,
1607
/
11
):
1 grataschena, damit sich die Türcken auff dem rugken kratzen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
184, 6
;
Peil, a. a. O.
510, 106
;
Pyritz, a. a. O.
4923
;
Gille u. a., a. a. O.
202, 83
;
Menge, a. a. O.
3217
;
Lemmer, a. a. O.
110a, 127
;
Päpke, a. a. O. ;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Gereke, Seifrits Alex.
5624
;
Vgl. ferner s. v. , ,  2, (
der
3, (V., unr. abl.) 78, (Präp.) 5.
2.
›jn. / sich / etw. plagen, quälen, jm. wehtun‹; Ütr. zu 1.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Das thut schwachen Christen nach jrem fleisch und blut uber die masse wehe, das sie sich jmerdar vom Teufel sollen kratzen und plagen lassen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
33, 8
(
Basel
1494
):
kratz du mich / so kratz ich dich.
Fuchs, Murner. Geuchmat
5379
(
Basel
1519
):
Ich weiß ouch, das ichs sicher weiß: | Ich kratzt mich offt, do mich nit beiß.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
238, 5
(
moobd.
,
1473
/
8
):
er chratzt und stiess den serpant dick darnider.
Spanier, Murner. Narrenb.
1, 10
;
3.
›gegen / mit jm. / etw. kämpfen, streiten, sich sträuben‹.

Belegblock:

Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
der stein bezeichent di maze, | ich enruche wer da wedir kratze.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
560, 1704
(
Magdeb.
1608
):
Weil wir mit Wiesel vnd der Katzen | Ohn das teglich haben zu kratzen.
Luther, WA (
1544
):
darff sich selbs nicht [...] mit andern Leuten beissen und kratzen durch zanck, hadder, neid und hass.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
der gir der treit gros úbermuͦt, | der ber und stier gar wol behuͦt | wend manlich mit im kretzen.
Österley, Steinhöwels Äsop (
Ulm
1474
/
82
):
Darumb krecz dich nicht mit kainer kaczen.
Gereke, Seifrits Alex.
6194
(
oobd.
, Hs.
1466
):
manigen list sy betrachten | anttwerch hoch und chaczen, | das sy mit in wolten chraczn.
4.
›geizen (als Haltung des Menschen); etw. (z. B.
geld
) zusammenscharren‹.
Bedeutungsverwandte:
, ,  1, (V.) 1.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Avaritiæ studere. Geizen scharren kratzen zuhauffsappen erschaben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
176, 4046
(
Magdeb.
1608
):
So ist es doch nicht Gottes will | [...] | Das man [...] Vnter sich kratz alls Geld vnd Gut.
Luther, WA (
1530
):
Es ist nichts den scharren und kraczen.
5.
›Kratzfüße machen‹.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1536
):
kunt er
[ein Bürger]
wol heichlen, kratzen, schmatzen.