1
kalb,
das
;
-(e)s/-er
+ Uml.
›Junges vom Rind (meist), Schaf oder Rotwild‹; religiöse Texte: ›goldenes Kalb‹; ütr.: ›alberner Mensch‹.
Phraseme:
das kalb mit der ku
›alle‹;
das kalb vergeht mit der ku
;
aus kälbern werden rinder
›aus Kindern werden Leute‹;
er ist kein ochs, er sei denn ein kalb gewesen
;
etw. ansehen wie ein kalb ein neues tor
;
wie ein geschundenes kalb aussehen
;
wie ein nasses kalb zittern
;
ein ertrunkenes kalb wagen
;
das kalb mit der ku ausschlagen
›zu früh resignieren‹;
das kalb ins auge schlagen
›jm. eine bittere Wahrheit sagen‹;
ein kalb machen
›sich übergeben‹;
dem handwerk ein kalb geben
›der Zunft ein Kalb als Gebühr geben‹;
das wird ein kalb nicht so leicht ablecken
›das wird nicht so leicht vergessen‹;
krös der kälber
›gefaltete Halskrause‹;
die schuhe vol kalbfleisch haben
›kindisch und unvernünftig sein‹.
Syntagmen:
ein (ab)stechen / abwönen / anbeten / anbinden / annemen / aufessen / ausbrühen / aushecken / ausschlagen / (aus)treiben / begreifen / brüten / erziehen / füren / gebären / gewinnen / nemen / opfern / stelen / verkaufen / verwarlosen / ziehen, mit salbe bestreichen / zu wege bringen, auf die weide schlagen / tun, in gelt anschlagen
;
die kälber
(Subj.)
blärren
;
der kälber los werden
;
dem k. gras schneiden / streuen
;
bei den kälbern weiden, nach kälbern gehen
(›zum Schlachten abholen‹),
um das kalb
(bezogen auf das goldene Kalb)
laufen, einen tanz haben
,
von kälbern zehent geben; abgewöntes / einjäriges / feistes / gemästetes / heuriges / rotes / säugendes / schwarzes / tumbes / wildes k.; ein k. vom anderen jare
.
Wortbildungen:
kälberbarn
›Krippe für Kälber‹ (a. 1570),
kälberblut
,
kälberbrust
,
kälberdrek
,
kälberfet
,
kälberfus
,
kälbergarten
,
kälbergelünge
,
kälberhirte
,
kälberhofstat
,
kälberig
(a. 1509),
kälberisch
,
kälberkrös
,
kälberku
›tragende Kuh‹,
kälberlam
,
kälbermagen
(dazu bdv.:  1),
kälberor
,
kälberpfennig
(seit 1525),
kälber(s)bauch
eine Abgabe,
kälberschinder
›Fleischer‹ (a. 1519),
kälberschmalz
(a. 1557),
kälberschragen
(a. 1571),
kälberspringen
,
kälberstier
(a. 1530),
kälberstrik
›Seil zum Anbinden von Kälbern‹ (seit 1562),
kälberweise
›in der Art des (goldenen) Kalbes‹,
kälberzehent
,
kalbfel
,
kalbfleisch
,
kälbisch
,
kalbsbauch
,
kalbsbein
(15. Jh.),
kalbsblut
,
kalbsbraten
,
kalbsdrek
,
kalbsgelünge
,
kalbsgeräusch
(a. 1536),
kalbsmilchlach
›Kälberbries‹,
kalbsschlägel
,
kalbssticher
›Messer zum Stechen des Kalbs‹,
kalbsstük
,
kalbsvoressen
›Ragout‹ (a. 1554),
kalbzeit
›Zeit des Kalbens‹,
kalbzins
(a. 1620).

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
213, 10
(
preuß.
,
1392
):
15 techer kalpfel und czegenfel.
Ebd.
691, 29
(
1410
):
czwisschen ostirn und des hilgen leichnams tag gap man kalbfleisch.
Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
Etzlich amptfrauen sein so zertlich, wollen mererteiles kalpfleisch essen, legen wenig kelber zu.
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
Kalbesbraden und kalbeskrose, | Die koppe, die fuße sint auch nit bose.
Kollnig, Weist. Schriesh.
216, 17
(
rhfrk.
,
1606
):
gehörten darein der schwein- und kelberzehent.
Ebd.
277, 13
(
1562
):
Wann einer im sommer ein kalb zeucht und will es im andern jahr vor den hirten treiben.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
wie vormals das Alte Testament / mit Kelber- und Bocksbluͦt befestigt worden ist.
Rosenthal. Bedencken
28, 18
(
Köln
1653
):
Ob die Israeliten alle sich solcher vnderstanden / bey der anbettung des Kalbs.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
du weist, das zu gar frisch kalbfleisch nit gut zu verdawen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
6803
(
Magdeb.
1608
):
Gott wuͤrd nicht finden seinen freund | Jm Land da man Kelber anbeth.
Küther, UB Frauensee
232, 7
(
thür.
,
1463
):
wers, daz daz closter eyn kalp dry adder vier thun woln uff dy hutweyde.
Ebd.
401, 21
(
1531
):
mit den kue haben syhe zu gelegener zeyth dahyn zu huden gehabt doch nit in der kalbzeyth.
Ebd.
410, 23
(
1540
):
162 tragend schaff, [...] 37 hemel und kelber lemmer sein im 39 jare jungk gewest.
Luther, WA (
1531
):
Die andern [...] sehen den glauben ahn, wie ein kalb ein neue thor ansihet.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
15, 20
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Sommerszeit einen kelberhirten, damit dieselben alleine gehuetet.
Ebd.
15, 31
:
damit die kelber nicht vorwarloset, mag vorordnet werden, das die kesemutter [...] ihr lager nicht weit vom stall haben.
Ebd.
74, 14
:
man soll alle löbeseck, es seint kelbermägen oder von fahrochsen, fullen im Merzen.
Ebd.
190, 16
:
Nim auch kalbsblutt und kalbfleisch wohl gestossen.
Opitz. Poeterey
31, 24
(
Breslau
1624
):
so viel als besser springt Ein rehbock als ein Kalb.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
22, 16
(
nobd.
,
15. Jh.
):
man geybt auch alhie zu Aschaͤ keinen fülnzehen, keinen kelberzehen nach ymenzehen.
Gille u. a., M. Beheim
319, 77
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Der namen nenn ich keinn. | sie vinden sich wol selber, | die unverschampten këlber.
Sachs (
Nürnb.
1557
):
Wie geren wolt ich mein | Kelber-glüng an den paffen wagen | Und umb sein kerben ihn mit schlagen.
Ebd. (
1550
):
Wer hat das kalb ins aug geschlagen?
Het ich ein gutes kelber-kröß | Und auch ein bar feister rotseck.
Ebd. (
1563
):
Armer leut hoffart und kalbsdreck | Verreucht gar bald und fert hinweck.
Adrian, Saelden Hort
4279
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
dem haust daz vaist kalb erslagen.
Menge, Laufenb. Reg.
1931
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Klein spyse soltu nemen | [...] | Als gersten kalpfleisch vnd deß gelich.
Spanier, Murner. Narrenb.
81, 10
(
Straßb.
1512
):
So henckt er sich dann selbs darzuͦ | Vnd schlecht das kalb vß mit der kuͦ.
Goedeke, Fischart Flöh Haz
4038
(
Straßb.
1594
):
Demnach solt ir auch freihait haben | Im krös der kelber umzutraben.
Wiessner, Wittenw. Ring
3168
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
aus kelbern werdent [...] rinder.
Ebd.
6385
:
do huob sich [...] ein [...] kelberspringen.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
thurg.
,
1520
/
1
):
Kalb mit der kuͦ | Wirt bald zergan.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
459, 37
(
halem.
,
1423
/
40
):
aber ein hundert kalbfaͤl, die gebend iij ₰ den. ze ungelt.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 632, 32
(
schwäb.
,
1490
):
die kelber mag man auch in die herpstwaid schlagen.
Ebd.
749, 45
(
1580
):
soll denen [...] kain kalbfleisch under das rindflaisch außwegen.
Goldammer, Paracelsus
3, 283, 4
(
1530
/
5
):
daß der teufel sie im alten testament in kelberweis für die zwelf potten gestellt hat.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 101, 18
([
Augsb.
]
1548
):
Er hat baide schuͦch voll Kalbflaisch. Nerrisch und wilde sein / haißt man Kalbflaisch.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
die langen messer [...] die sich [...] mer aim kalbssticher, dann eim dischmesser vergleichen.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
21, 3
(
Augsb.
,
1553
):
nemt ain leberlin von ainem lemlin vnnd schneiden sticklen jn gresse wie kalbsmillichlach.
Ebd.
194, 4
:
so múgt jrs geben an kelberfiesß oder hirschin fiesß.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1563
):
man hat ain schlecht kalb umb 2 fl und ain kalbstück umb 24 kr.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1643
):
sollen alle kölber, so außgeschlagen werden wöllen [...] außgetriben werden.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
die hinden gepern kälbel.
Klein, Oswald
70, 23
(
oobd.
,
vor 1408
?):
spring kelbisch, durta Jäckel.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
Ez suͤllen die flaeschhaeckel einen kalbspauch geben.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1490
):
es sei dann ain kelberkue, di soll gehalten werden an ainem strick.
Ebd. (
1512
):
Ain ieder ambtman ist der herschaft jërlich zu raichen schuldig ainen kelberspauch.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
A. 17. Jh.
):
hebt sich das Millstetterische gericht [...] biß in des Laßnizer kelbergärtl, gleich herdurch ob des Prön kölbergärtl.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
56, 4
;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Froning, Alsf. Passionssp.
5259
;
Österley, a. a. O. ;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. ;
Ermisch u. a., a. a. O.
172, 15
;
Thiele, Minner. II,
18, 17
;
Gille u. a., a. a. O.
261, 17
;
444, 110
;
Keil, Peter v. Ulm
125
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Adrian, a. a. O.
1422
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Kläui, Schweiz. Urbare
2, 290, 25
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Schlosser, H. v. Sachsenh.
4176
;
Barack, a. a. O. ;
Goldammer, a. a. O.
3, 278, 16
;
Müller, Stadtr. Ravensb.
61, 28
;
Zingerle, Inventare ;
Winter, a. a. O. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
65, 17
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
71, 20
;
Rechn. Kronstadt
2, 20, 6
;
Alberus
pp iijv
;
Bad. Wb.
3, 53
;
Öst. Wb.
2, 545
;
3, 1200
;
Lehmann, Rezeptb.
200
;
202
.