herum,
herumb,
Adv.
1.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung von Personen / Gegenständen um eine räumliche oder flächenhafte Bezugsgröße herum, oft in Kombination mit der Präposition
um
: ›um diese Person, diesen Ort, diesen Gegenstand herum‹; auch zum Ausdruck einer kreisförmigen oder kreisförmig gedachten Bewegung: ›im Kreis, in einer Runde‹; seltener zum Ausdruck der Situierung einer Person / eines Gegenstands um eine Bezugsgröße herum; mit Bezug auf eine geographische Größe auch: ›im Umland, im Umfeld, in der Nähe‹; fließender Übergang zu 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1; .
Syntagmen:
etw.
(Subj., z. B.
der becher
)
h. gehen, der mond einmal h. laufen, der stern von aufgang gegen niedergang h. gehen, das mülrad etw. h. treiben
;
um jn. h. stehen
;
der weg um Afrika h., um die stat h., zu Betlehem h
.
Wortbildungen:
herumtrinken
›einen Umtrunk veranstalten‹ (v. 1653),
herumtrunk
›Umtrunk‹ (a. 1589).

Belegblock:

Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
Nach dessen Endigung er sich den gewoͤhnlichen Weg umb Africa herum nach dem Vaterland gewendet.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Leipzig
1537
):
Das sie [die edlen drey weisen] nit in der wyderfardt, | Zu ihm [Herodes] haͤtten woln reysen, | Zu Bethleem vnd da herumb.
Weise. Jugend-Lust (
Leipzig
1684
):
der Freundschafts⸗Becher soll heimlich herum gehen.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Da diese Andere
[Bewegung]
mit gar viel langsameren Trieb / die Planeten von Nieder⸗ gegen Auffgang beweget / dergestalt / das der allerbehendeste Planet / der [Mond] in 27 ½ Tagen kaum ein mahl herumb lauffet.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
unterdessen stunden des Abts Hofdiener um ihn [Rudolphus] herum.
2.
Lokaladv. zum Ausdruck des bloßen (oft richtungslosen und ungeordneten) Verlaufs einer Bewegung : ›einher, umher, hin und her‹.
Gehäuft spätes Frnhd.
Phraseme:
jn. bei der nase herum füren
›mit jm. einen Scherz treiben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  3, (Adv.) 6,  4,  2.
Syntagmen:
j.
(Subj.) [wo]
h. faren / gehen / laufen / poltern / schwänzen / streifen / vagieren / ziehen, in der welt h. tun, etw.
(z. B.
vieh
)
(one ziel) h. gehen / hüpfen
;
die fane h. schwingen, etw. h. tragen
;
jn. in der stat h. füren
;
der regenwurm
(Subj.)
auf etw. h. kriechen
.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
61, 562
(
Magdeb.
1608
):
Er sprang / er stampfft / er sties die Wend / | Poltert herumb von ort zu end.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Die jungen lewen gehn heruͤm, | Vnd bruͤllen grimmig vngestuͤm | Nach einem raube guͦt.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
er wuste allerhand seltzame Reysen / zu erzehlen / so er die zwantzig Jahr uͤber nach gehaltener Schlacht in der Welt herumb gethan haͤtte.
Weise. Jugend-Lust (
Leipzig
1684
):
Das heisst / sehende Leute bey der Nase herum gefuͤhret.
Opitz. Poeterey
31, 5
(
Breslau
1624
):
er leßt mein Vieh herumb gehn ohne ziehl.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Als auff ein zeit die volle rott | Hielt das fest Bacho, dem weingott, | Thetten ohn ordnung herumb-schwentzen.
Stieler (
Nürnb.
1691
):
Es huͤpfet ein Frosch im Garten heruͤm.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
darzwischen giengen wir etliche mal herumb in vnsern gewohnlichen klaydern.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
267
(
oobd.
,
1607
/
11
):
1 [...] species sternstein, [...], hatt seltzame krauste züg, als wan regenwürmb daruff herumbgekrochen weren.
Qu. Brassó
4, 183, 19
(
siebenb.
,
1666
):
1599, den 8. Tag Martii ist unser König Sigismundus mit der Königin [...] zu Kronen in den Gassen herumbgefahren.
Peil, a. a. O.
606, 3172
;
635, 4042
;
Kehrein, a. a. O. ; ;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Rauwolf. a. a. O. ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Bad. Wb.
2, 658
.
3.
Lokaladv. zum Ausdruck eines Richtungswechsels oder einer Umkehr, auch mit der Komponente des Umwendens: ›in die entgegengesetzte Richtung, zurück‹; auch als Ütr.
Phraseme:
blätter herum tun
›Buchseiten umschlagen‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Hiob 33, 30
(
Wittenb.
1545
):
Das er seine seele erumb hole aus dem verderben.
Gille u. a., M. Beheim
223, 25
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
do wart das rad her umb gedrot.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Es ist fürwar auß lauterem mitleiden vnd erbarmen geschehen, das ich dich herumgeruffen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
er [bischoff Otto] het ain dick, geschriben buͤch vor im, darein er stets gesehen und vil bleter herumbgethan, dieweil er gepredigt.
ders. Hl. Schrifft
Hes. 38, 4
;
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn ;
4.
›andererseits, wiederum‹; auch in Kombination mit
wieder
.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4.

Belegblock:

Edlib. Chron. (
ohalem.
,
um 1500
):
aber wir botten der zillen nüt eben mögend erwartten. herumb ist dz mer vnder vns worden. dz wir beden bartigen den von switz ir kuntzschanft zu leiten.
Piirainen, Igl. Bergr.
42, 12r
(
slow. inseldt.
,
16. Jh.
):
vnd wid(er) herumb, wer da dienet mit Purckhrecht, d(er) hat dasselbig Rechtt.
5.
Kausaladv.: ›darum, deshalb, aus diesem Grund‹; auch relativer Gebrauch.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  1,  5,  1,  4,  5,  4,  3,  5,  3,  1, .

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
want ir gewalt was so grois, | dat is die besten ducke verdrois. | si enkunden’s gekeren neit, | herumb sungen si ir leit.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
Ze jungest mahte dirre Heinrich sinen sun Heinrich zuͦ künige [...], herumb gros krieg ufftunt.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1390
):
daz sie [priorin und frowen des conventes] ira [Else Veͣlschinen] ein pfruͦnde geben hetten in dem obgenanten samnung ze Aroͮw, harumb so wolte er [Wernher Veͣlsch] in och hin wider die gnade und frúntschaft tuͦn.
Bächtold, N. Manuel. Krankh.
222, 15
;
Schmidt, Frankf. Zunfturk. ;
Boos, a. a. O. ;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 462, 18
.
6.
zur Kennzeichnung des Endes eines Zeitraumes oder eines Geschehens: ›vorbei, zu Ende‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  9.

Belegblock:

Anderson u. a., Flugschrr.
28, 6, 27
([
Augsb.
]
1524
):
lond vns nur bedencken wie wirs herumb woͤllen bringen.
7.
zur Kennzeichnung eines zeitlichen Verlaufs: ›während dieses Zeitraumes‹.

Belegblock:

Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1638
):
Zum andern soll er allen gebürenden gehorsamb [...] laisten und [...] die clainrechten aber durchs jahr herumb abgeben.
8.
zum Ausdruck der Ausrichtung kommunikativer oder intellektueller Handlungen auf einen spezifischen Gegenstand: ›über diese Sache, diese Handlung, darüber‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  3,  3,  6,  4.

Belegblock:

Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
ward [...] geurteilet, das er angendes an die heiligen sweren solt, dem also nach ze komen. Harumb vordert Niclaus von Erlach ein urkúnde.
9.
in der Kombination mit Zustandsverben (
hocken, stehen
) zum Ausdruck des untätigen Verharrens einer Person in einem Zustand; anschließbar an 1.

Belegblock:

Stackmann u. a., Frauenlob
5, 75
[d], 9 (
nobd.
, Hs.
3. V. 15. Jh.
):
Hat mir din tücke kundiglich verborgen daz, | die machet min laz | und stet darnach herumme.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
neben jme hocktent etliche mehr Hern herumb.