herlich,
Adj.;
etymologisch zu (Adj.), volksetymologisch teilweise (so in 6) auf
herre
bezogen. - Allen Bedeutungspositionen liegt des Merkmal einer besonderen (positiven) Auszeichnung und Steigerung zugrunde, das sich in Kombination mit verschiedenen Lexemen jeweils ganz spezifisch ausprägt, 1-2 auf sinnliche Wahrnehmung bezogen, 3-5 eher abstrakt, 6 von der sozialen Stellung, 7 von Charaktereigenschaften, 8 von rechtlichen Verhältnissen, 9 als
Gradadv.
zur Steigerung. Zwischen den einzelnen Bedeutungspositionen existieren vielfältige fließende Übergänge; einzelne Belege sind nicht eindeutig einer Bedeutungsposition, sondern mehrfach zuordenbar.
1.
vor allem von (positiven) sinnlichen Wahrnehmungen (meist durch den Gesichtssinn): ›prächtig, (unbeschreiblich) schön, herrlich, großartig, glanzvoll‹; selten auch zur Beschreibung der äußeren Erscheinung von Personen: ›besonders hübsch, bildschön, wohlgestaltet‹; speziell von Männern auch: ›stattlich, imposant‹;
vgl. (Adj.) 5.
Syntagmen:
sich h. machen
;
der baum
(Subj.)
edelgestein h. tragen, das gras h. stehen, etw. h. sein, die kamer h. zugerüstet sein, der trompeter h. aufblasen, j. h. gekleidet sein
;
jn. h. schmücken, gehen lassen
;
der herliche leib, die herliche frau / krone / stat, das herliche gewant / haus / land
.

Belegblock:

Thür. Chron.
14r, 10
(
Mühlh.
1599
):
Vespasianus [...] / Der im dritten Jahr seiner Regierung die herrliche schoͤne Stadt Hierusalem Zerstoͤret.
Goedeke u. a., Liederb. (
Schleusingen
1556
):
Edel gestein so reiche | trugen die baum herleiche | und gülden erz.
Henschel u. a., Heidin
445
(
nobd.
,
um 1300
):
Er gab im silber vn̄ golt | Dar vmb wart im der bote holt | Dar zv ein herlich gewant.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1520
):
ein solch herlich hauß, dergleichen jch in allen teutschen landen nie gesehen hab.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
vnder den ivnchfrowen allen waz eine gar vsser mosen schoͤne herliche frowe.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
er hette einen herlichen lip und guͦt geberde und [waz] wiser und zühtiger sitten.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Jedem ding gab man zwar seine gestalt; [...]. Von aussen war alles herrlich; sobald man darnach grieffe, ward es ein schatten vnd verlohre sich vnder den händen.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4667
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Er satzt ir uff ain herlich kron, | Als uns die geschrifft erlúchtet schon.
Wyss, Luz. Ostersp. vor
3
(
Luzern
1583
):
Vnd blaßt man die Harsthorn zum dritten mal. demnach blasend die Trommeter herrlich vff.
Heydn. maister
25r, 16
(
Augsb.
1490
):
Den jungen hat er das gancz jar nit mer dann ein klaide vergÿnnt zetragen. Vnd keinen herlicher od’ zierlicher lassen geen dann den andern.
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
132, 16
;
Koppitz, Trojanerkr. ;
Rauwolf. Raiß ;
Dreckmann, H. Mair. Troja
14, 20
;
Bauer, Geiler. Pred.
76, 3
;
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 8, 20
.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
speziell von Geschmacksempfindungen: ›köstlich, wohlschmeckend, vorzüglich‹;
vgl. (Adj.) 5.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (Adj.),  2,  1, (Adj.) 1, , (Adj.),  3, (Adj.) 2.

Belegblock:

Wickram
4, 19, 27
(
Straßb.
1556
):
In meinem hauß will ich ein guͦt herrlich mal zuͦrichten lassen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ein kostlich / Herrlich vnd vast Wolgerüst malzeyt oder banckquet.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Einen gebratnen aurhanen / pfawen / vnd zwen fasan in einer schuͤssel auffsetzen / welches bey grossen Herren das herrlichst wildpret ist.
Gropper. Gegenw. ;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Kummer, Erlauer Sp. .
3.
besonders in religiösem Kontext: ›wunderbar, großartig; unglaublich, die menschliche Erfahrung übersteigend‹; gelegentlich auch: ›göttlich, heilig‹;
vgl. (Adj.) 1.
Gehäuft ˹mittleres und spätes Frnhd.; religiös-erbauliche Texte˺.
Bedeutungsverwandte:
 23, ; vgl.  12.
Syntagmen:
got
(Subj.)
jn. h. machen, Christus h. auferwegt werden, jn. h. in etw. einsetzen, etw.
(Subj.)
sich h. in etw. zeigen
;
der herliche trost, die herliche auferstehung / erhöhung / versprechung, das herliche ding / mirakel / (wunder)zeichen / zeugnis
.

Belegblock:

Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
Denn Gott hat Franciscum auff erden Herrlich gemacht / weid ausgebreitet / erhaben / erhoͤhet / stigmatisiert / vnd mit seinen Fuͤnff wunden gemalzeichnet / Hat jn gekroͤnet mit ehre vnd schmuck.
Rosenthal. Bedencken
10, 12
(
Köln
1653
):
da sie von Pio V. [...] vnnd anderen Paͤbsten der naͤchst verflossenen Zeit Herrliche Ding bekennen vnd ruͤhmen.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
Wie ab dem Manna einem soͤlichen Hymlischen vnd herlichen zeichē.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
DArnach folget auch von der herrlichen erhoͤhung / wenn dieser Knecht Gottes Jesus Christus / durchs Predigtampt wird erhoͤhet.
Dietrich. Summaria
25v, 39
(
Nürnb.
1578
):
Das ist nun der grosse vnnd herrliche trost / das wir einen solchen Gott durch Christum im Himel haben.
Schmidt, Rud. v. Biberach
2, 20
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Doch wie si alle in dis inre hus der gotlichen natu̇r Cristi werdent herliche gesetzet.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
Damit aber solches herrlich vnd Goͤttliche Miracul desto kraͤfftiger in Gedaͤchtnuß der Menschen eingepflantzet verbleibe.
Vetter, Pred. Taulers ;
Rosenthal. a. a. O.
7, 19
;
14, 2
;
Mathesius, a. a. O. ;
Adrian, Saelden Hort
3642
;
Lauater. Gespaͤnste
13v, 17
.
Vgl. ferner s. v.  1, .
4.
zum Ausdruck einer besonderen (positiven) Auffälligkeit: ›herausragend, hervorragend, hoch angesehen, berühmt, von besonderer Stellung, bedeutend‹; fließender Übergang zu 5.
Gehäuft md.; spätes Frnhd.
Syntagmen:
etw. für h. empfinden, etw. h. machen, j.
(Subj.)
h. begabt werden
;
der herliche lon / vorteil, die herliche anstalt / ordnung / tugend, das herliche kleinod / konzil
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Magnæ existimationis. Wolgeachtet fuͤrnem herrlich achtbar weidlich treffenlich beruͤmbt ansehenlich ansichtig benuͤmbt hochachtig hochschaͮtzlich furbuͤndig thewr namhafftig erleucht dapffer ehrngeachtet ehrnuäst ehrenhafft.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
Koͤnig Christian der IV. [...] welcher [...] viel herrlicher Ordnungen und Anstalten im Lande gemacht.
Thür. Chron.
12r, 21
(
Mühlh.
1599
):
Octavianus [...] erwehleten die Roͤmer an seines Anhern Stadt zum Keyser / wegen deß Geschlechts vnd auch seiner herlichen Tugenden.
Weise. Jugend-Lust (
Leipzig
1684
):
weil derjenige / der sich um der Prinzeßin Gunst bewerben will / so einen herrlichen Vortheil vor mir geniessen soll.
Logau. Abdank.
163, 18
(
Liegnitz
1651
):
Wir [...] haben mittler Zeit nichts fuͤr so koͤstlich / nichts fuͤr so herrlich / nichts fuͤr so anstaͤndig / nuͤtzlich / erfreulich und noͤtig empfunden [...] alß den lieben FRJEDE.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
139, 38
(
Nürnb.
1548
):
Derhalb sollen die Christen den Ehestandt fuͤr das herrlichste / groͤste / beste / kleinot achten.
Dietrich. Summaria
25r, 2
(
Nürnb.
1578
):
Das die / so im Himelreich woͤllen groß sein / muͤssen dem nit nachdencken / wie sie fuͤr der welt woͤllen groß vnd herrlich werden.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
111
;
1164
;
Ralegh. America ;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. ;
Mathesius, Passionale .
5.
›erhaben, würdevoll; mächtig; vollkommen‹;
vgl. (Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , .
Syntagmen:
etw. h. singen, jn. h. geleiten
;
der name
(Subj.)
h. sein
;
die herliche jurisprudenz / tragödie, das herliche königreich
.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
HErr vnser Herr allmechtig, | Wie herrlich ist der name dein.
Welti, Pilgerf. v. Walth.
80, 6
(
omd.
,
n. 1474
):
do man die horas canonicas so herlichin, so eygintlichin, so distincte vnd pausatym vnd dorzcu alzo vornemelich synget.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Vermittels Eines Bryllenrohrs, [...], durch welches [...] Er [...] die Richtigkeit der Edelen Medicin, die Falschheit der Herrlichen
[wohl ironisch!]
Iurisprudentz [...] entdecket.
S. Birck. Beel (
Augsb.
1539
):
BEEL. Ain Herrliche Tragedi wider die Abgoͤtterey
[als Titel].
Kehrein, a. a. O. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
141, 33
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. .
6.
von Personen: ›herrschaftlich, adlig; einem Herren gleich‹; abgeschwächt auch: ›vornehm‹; von Handlungen und Eigenschaften: ›einem Herren gemäß / gebührend‹; auch mit Bezug auf Gott;
vgl. (Adj.) 2.
Phraseme:
der herliche tag
›Tag des Herrn, Sonntag‹.
Bedeutungsverwandte:
;  8; vgl. (Adj.) 6, (Adj.) 1,  1,
1
 1,  3, (Adj.) 3.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
sich h. gebärden
;
jn. h. bestatten / empfangen / halten / neren, js. mutwille
(Subj.)
h. sein
;
sich des reiches h. unterwinden
;
der könig
(Subj.)
h. in dem tron sitzen
;
der herliche zins, die herliche botschaft / freiheit / person / tat, das herliche (es)haus / feuer / kleid / lehen
.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
166, 3777
(
Magdeb.
1608
):
Wo ich noch mehr dazu bekum / | Mich vnd die meinen herrlich nehr.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
24, 4
(
Frankf./M.
1568
):
Jn die Glaͤsser kan schmeltzen ich [Glaßmaler] / | Bildwerck / manch herrliche Person / | Adelich Frauwen vnde Mann.
Feudel, Evangelistar
128, 12
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
Dor noch gynk der kunik czu schowene dy geste. do sach her eynen menschen, der waz nicht gecleidet mit herlichen cleideren.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Der kunic von Persen lant. | Herlich er sich underwant | Diz riches an aller stat.
Küther, UB Frauensee
277, 20
(
thür.
,
1495
):
uns unnd unser sammenung uns on unsernn schadenn unser herlichenn tzynse unnd nutzung ußricht one geverde.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
do sant der künig von Engenlant sine herliche botschaft zuͦm bobeste Allexander.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Ich was in dem geist an dem herlichen tag
[Var. Z-Oa:
sontag
].
Maaler (
Zürich
1561
):
Neüwer oder neüwe aufgestandner Adel / die von jren elteren haͤr nit edel sind oder adels gnoß / sunder von Fürste͂ (von waͤgen jrer herrlichen vnd ritterlichen thaaten willen) mit dem Adel begaabet.
Palast / Ein künigklich hauß oder herrlich hauß.
Bremer, Voc. opt.
5093
(
oschwäb.
1468
):
Triclinium [...] herlichs esshaus [...] herren eshaws [...] fursten eshaws.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Etlich französisch herren, so er [Künig Ludwig] gefangen het [...] hielt er herlich, lies si all frei ledig ân allen entgelt wider weck ziehen.
Stackmann u. a., Frauenlob
11, 4, 11
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Kurrelmeyer, a. a. O. ;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1617
;
Munz, Füetrer. Persibein
525, 6
;
Vgl. ferner s. v.  8.
7.
›stolz, selbstbewußt‹; mit negativer Konnotation: ›eingebildet, übermütig‹; wohl anschließbar an 6.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2, (Adj.) 1.

Belegblock:

Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
sie waren so herlich, das sie des nicht thaten.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 16, 19
(
nobd.
, Hs.
3. V. 15. Jh.
):
er billich fürt den adelarn | uf erden hie mit sinem gebarn | in ritterschefte herlich, rich.
8.
rechtssprachlich: ›rechtswirksam, den Vorschriften entsprechend‹.

Belegblock:

Rwb (a. 
1564
).
9.
zum Ausdruck der Steigerung von Zuständen oder (seltener) einer Intensivierung von Handlungen, meist als Gradadv. in Verbindung mit Adjektiven: ›sehr, außerordentlich, in höchstem Maße, besonders‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2, (Adj.) 15, (Adv.), (Adv.).

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
He was ein herlich stark man von libe.
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 5, 21
(
Leipzig
1520
):
das ist / mir herlich leyd.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Sein edler nam gar herlich gros, | Heilig ist vber die maß.
Rot
289
.