herfür,
Adv.
1.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Person / (seltener) einer Sache aus einer nicht einsehbaren räumlichen (oder räumlich gedachten) Bezugsgröße heraus oder von einem versteckt gelegenen Ort weg zu einem einsehbaren, nicht versteckten Ort (selten zum Sprecherstandpunkt) hin: ›(von dort) hervor, heraus‹; gelegentlich mit nur vager Angabe oder mit Unterdrückung des Ausgangspunktes das plötzliche Erscheinen (am Ort des Geschehens) akzentuierend: ›herbei, zur Stelle‹; auch für die Wachstumsrichtung von Pflanzen, Blättern, Blüten usw. aus der Erde, den Zweigen usw. heraus.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (Adv.) 2, ,  1, ,  1,  1, .
Gegensätze:
 1,  2.
Syntagmen:
j.
(Subj.)
h. gehen / laufen / reiten / springen / treten / wischen, sich h. würgen / tun, die blume
(Subj.)
h. gehen, das or h. blicken, die blätter h. drucken, das unkraut h. grünen, die narung aus der erde h. wachsen, das reislein aus der erde h. schiessen, die hörner sich h. ballen, das wasser durch die felsen h. schiessen, der bach / brunnen aus der erden h. quellen
;
etw. h. ziehen, jn. / etw. h. füren
;
zu jm. h. laufen, zu fenster / tür h. springen, unter der wand h. schleichen, vom bet h. wischen, vom grab h. steigen, h. an einen ort gehen, jn. aus der pforte h. ziehen, jn. aus dem kot h. rücken
.

Belegblock:

Goedeke u. a., Liederb. (
1523
):
der winter ist vergangen, | die zarten blümlin gen erfür.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
113, 2181
(
Magdeb.
1608
):
JCh schlich vnter der wand herfuͤr / Nach vnsers schlosses vorderthuͤr.
Ebd.
682, 5506
:
Der Hirsch vnd Reh sein Hoͤrner krauset / | Wenn die alten sind abgefallen / | Vnd die newen sich herfuͤr ballen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Du Got [...] | Zeuchst mich herfuͤr gewaltiglich | Wol aus des todes pforten.
Durch dich die bach vnd brunnen suͤs | Herfuͤr quellen aus der erden.
Ebd. (
1583
):
Vom grab stieg Christus starck herfuͤr, | Ein sieger kompt vor Hellen thuͤr.
Karnein, Salm. u. Morolf
310, 4
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
her fure zoch er sin barillin, | an den munt satzte es der furste lobesam.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Darnach auß noth dich auß dem kot | Das gluͤck herfuͤr wirdt ruͤcken.
Kehrein, a. a. O. (
Bautzen
1567
):
Du lest die narung jedem Thier, | Aus der Erden wachssen herfuͤr.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
als Steffan von Menzingen aus der kirchen von der predig [...] und herfur an den markt fur das rathaws gienge.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Do die lŭt das erhorttend, do lŭffend sy harfŭr.
Maaler (
Zürich
1561
):
Herfürziehen eins auß dem anderen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1563
):
Als nun der mann seines gemachs gethon, die hossen ausgezogen und sich einnestlen wöllen, da ist der jung gesell in dem hembd herfürgewischt.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1630
):
wer clagen oder zu klagen hab der tret herfür, dem will man außrichtung thuen nach der billig- und gerechtigkait.
Peil, a. a. O.
110, 2096
;
555, 1530
;
Kehrein, a. a. O. ;
Karnein, a. a. O.
193, 1
;
Dubizmay, kurß zu Teutze
58, 17
;
v. Keller, Amadis ;
Goedeke u. a., a. a. O. ;
Mathesius, Passionale ;
Gajek, Seidelius. Tych.
14, 19
;
Jörg, Salat. Reformationschr.
60, 19
;
Bachmann, a. a. O. ;
ders., Morgant ;
Rauwolf. Raiß ;
Qu. Brassó
4, 282, 3
.
Vgl. ferner s. v. , ,  1,  4,  3.
2.
›zum Vorschein, ans Tageslicht, an die Öffentlichkeit; offenbar, sichtbar, bekannt‹; Ütr. zu 1 auf nicht explizit sichtbare Bezugsgegebenheiten; es ist nicht immer klar entscheidbar, ob
herfür
in dieser Lesart als selbständiges Lexem oder als Glied verbaler Wortbildung zu betrachten ist; es ist wohl Präfixoid-Charakter anzunehmen.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5,  2.
Syntagmen:
etw.
(Subj.)
h. leuchten / müssen / ziehen
;
etw. h. bringen / sprechen / rücken / suchen / ziehen
;
j.
(Subj.)
sich mit etw. h. machen
.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Manch tugnt leucht herfuͤr gar schon.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
55, 13
(
Straßb.
1520
):
Darumb du vß zorn [...] disse ding herfür zühest / wa sie vor weren doch kein nutz brechten.
Bauer, Geiler. Pred.
470, 31
(
Augsb.
1508
):
wenn man soliche menschen geratet ruͤren wenn man sy pfetzt. zuhand bricht daz feür des zorens auß. denn muͦß es alles herfür.
Niewöhner, Teichner
300, 120
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
dez nempt den offen sunter | der da waint pey der tuͤr | und augt allez daz her fuͤr | daz er got ye het getan.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
wellen [...] grossen ruem erjagen, so si ander antasten, andern ir tädl herfür rucken.
Koller, Ref. Siegmunds ;
Schorer, Sprachposaun
4, 21
;
Strauch, Par. anime int.
116, 4
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. .
Vgl. ferner s. v.  13.
3.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Person von einer Bezugsgröße weg: ›von etw. weg‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  1,  1,  1, (Adv.) 5.

Belegblock:

v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
er war so wol gewaffnet vnnd behertzt, daß er sich von allen beyden herfür risse.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Der [stein] da lag auff deß Grabes Thuͤr, | Welchen ein Engel weltzt herfuͤr.
4.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Person / einer Sache vor eine Bezugsgröße oder an die Spitze einer Bezugsgröße: ›nach vorn, voran, an die Spitze‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  2a).
Gegensätze:
.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1583
):
DEs Koͤnigs Fenlein ghan erfur.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
32, 6
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
alle ding haben sich verkert: das hinder herfür, das foder hinhinder, das under gen berg, das ober gen tal.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
kumpst wytter harfŭr gegen uns, so wyll ich dir ein söllichen streich geben mit minem schwert.
Damit macht sich Rengnold harfŭr uff Bayard.
Sappler, H. Kaufringer
24, 99
.
Vgl. ferner s. v. .
5.
Lokaladv. zum Ausdruck der Situierung eines Gegenstandes vor einer Bezugsgröße: ›vor einer Person / einem Gegenstand, davor‹.

Belegblock:

Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Rengnold hat den schilt harfŭr, und Ruolland gab im ein so hertten streich daruf, daz er inn an mitten von ein andren zerspielt.
Sappler, H. Kaufringer
14, 489
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si giengen mit dem liecht herfür | baid sampt für die kamertür.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. .