herd,
der
;
–/-e
.
1.
›Erdreich (als Stoff), (fruchtbarer) Erdboden, Humus (im Unterschied besonders zu Sand oder Gestein)‹; fließender Übergang zu 2.
Beinahe ausschließlich alem.; gehäuft frühes und mittleres Frnhd.
Phraseme:
im herd liegen
›unter der Erde / im Grab liegen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  1.
Gegensätze:
 4.
Syntagmen:
h. graben, den h. aufheben / durchsuchen, von etw. räumen, etw.
(Subj.)
jm. den h. aus etw. flössen
;
etw.
(Subj.)
in dem h. verborgen liegen, mit h. bedekt sein, holz
(Subj.)
im h. stehen
.
Wortbildungen:
herdfarb
›erdfarben, (wohl) bräunlich‹.

Belegblock:

Bächtold, H. Salat (o. O.
1537
):
Rostig sin zend, sin gmuͤt voll gallen, | Tuͤr, mager, herdfarb, ganz übel gfallen.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1377
):
wißest daz in dem nuwen gebuweze in dem herde vor hundert ioren gros heiltuͦm verborgen lit.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1462
):
daz dennoch die von Nuwenburg solich herd und sant graben ouch steinbrechen hinfür als bisher gebruchen mogent.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
1415
/
20
):
Die [tore] waren drißig jar offen gesin, und muͦst man rumen den herd von den toren, das si zuͦ moͤchtint.
Bächtold, H. Salat (
halem.
,
1541
):
[Peter Moser] zeigt der lebenden frowen die toten, so noh nit mit herd bedeckt was.
Jörg, Salat. Reformationschr.
293, 12
(
halem.
,
1534
/
5
):
darnach kam ouch by jnen ein wulckenbruch / flostt jnen den haͤrd us den wyngaͤrten / mit grossem schaden.
Löffler, Columella/Österreicher (
schwäb.
,
1491
):
Mit der ursach ward viel nach durch das gantz jar der herd oͤpfel dem kaiser Tiberio gegeben.
Welti, Stadtr. Bern ;
Goedeke, P. Gengenb. ;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›Erdboden, Grund, Platz, Unterlage‹; anschließbar an 1.
Beinahe ausschließlich alem.; gehäuft frühes und mittleres Frnhd.
Phraseme:
etw. (bis) auf den herd zerbrechen
›etw. völlig vernichten‹.
Syntagmen:
den h. küssen
(als Strafe)
/ streichen
;
etw. an h. fallen, etw. an dem h. machen, etw.
(z. B.
ein hirsch
)
in den h. treten, der hagel
(Subj.)
etw.
(z. B.
früchte
)
in h. erschlagen, vom h. aufstehen
;
der herd der erde
;
ein gemach hoch vom h., ein gemünde einer hand auf dem h
.

Belegblock:

Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1456
):
wanne die mure des slosses bis uff den hert zerbrochen ist.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1380
):
so ist die kirche nuwe und alt, der hert noch zuͦ estrichende.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
1415
/
20
):
do zerbrachend die von Luzern Rotenburg uf den herd.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
nach 1437
):
das nu fuͥrbashin dhein frow [...] dhein ir cleider, es syent roͤck oder mentel, lenger denn ein gemuͥnd einer hand vff dem herd tragen soͤllend.
Ebd. (
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
die selbigen soͤllent venngklich ingeleyt vnnd nüdtdestmynder den herd khuͥssen.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
daz die yssen, so er an füessen hat und umm sich und am hals hat, an herd fiellend.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1615
):
Doch von denen muren, so zwüschen den hoͤfflinen oder gaͤrten gebuwen, soll die schatzung eines gmachs hoch vom herdt uff gegeben werden.
Klein, Oswald
42, 74
(
oobd.
, wohl
vor 1408
):
Die swammen stupfen, lupfen | aus der erde herde.
Gille u. a., M. Beheim
163, 28
;
195, 170
;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Schmitt, Fachprosa
62, 32
;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Bachmann, a. a. O. ;
Adomatis u. a., J. Murer. Abs.
927
;
3.
›(offene) Feuerstelle (in einem Haushalt), Kochstelle, Ofen‹; Spezialisierung zu 2; ein
herd
war ursprünglich nur ein erhöhter ebener, oft durch Steine abgegrenzter Platz (im Haus), an dem Feuer gemacht wurde (vgl. ); selten metonymisch: ›Haus, Haushalt‹; selten ütr. auf Erscheinungen, die an einem Ort konzentriert sind und von dort ihren Ausgang nehmen (vgl. , s. v.
herd
 5).
Phraseme:
der feurige herd
›die Hölle‹;
der trageliche herd
wohl ›tragbare Feuerpfanne‹.
Syntagmen:
einen h. bauen / machen, den h. mit einem besen keren, in asche legen
;
der h. aus sein
;
etw.
(Subj.)
auf den h. fallen, etw. über den h. hängen, die katze
(Subj.)
auf dem h. sitzen, jn. auf einem h. brühen, etw. bei dem h. lassen, die katzen von dem h. jagen
;
der herd der sele
;
der arme h.
;
feuer am / auf dem h, die asche auf dem h
.
Wortbildungen:
herdgeld
›Abgabe von einem Haushalt‹ (a. 1600),
herdhun
›Huhn als Abgabe eines Haushalts‹,
herdhund
wohl ›Eisengestell über der Feuerstelle‹ (a. 1439),
herdkarren
wohl ›Küchengerät aus Eisen‹ (a. 1577),
herdkessel
›Wasserbehälter (wohl zum Kochen)‹,
herdkien
›Brennholz für den Ofen (besonders zum Feueranzünden)‹,
herdmal
›das beste Stück Vieh als Abgabe eines Haushalts‹ (dazu bdv.: vgl. ; a. 1328),
1
herdmeister
1 ›Bürger, der bei der Feueraufsicht und anderen Tätigkeiten der Gemeindeverwaltung mithilft‹ (, a. 1581);
1
herdmeister
2 ›Küchenvorsteher‹ (a. 1631),
herdpfanne
›Gefäß für die (Ofen-)Asche‹ (so ); vielleicht auch ›Pfanne zum Kochen‹,
herdpfennig
›Abgabe von einem Haushalt‹,
herdplatte
›Feuerstelle des Hauses, Herd‹ (a. 1536),
herdram
›Eisengestell über der Feuerstelle, Rost‹ (dazu bdv.:  2, ),
herdschaufel
›Schaufel, die bei der Kaminfeuerung verwendet wurde‹,
herdschilling
›Abgabe von einem Haushalt‹,
herdstein
›steinerne Platte einer Feuerstelle, auf der das Feuer angezündet wird‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Ouch ist rot des warges pfert | Durch sinen vurigen hert | Um die roten vures flammen.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
413, 36
(
preuß.
,
1411
):
czur Golaw in der kuche: 6 kessel, 8 gropen, 2 hertpfannen, 15 schog kese, 1 brupfanne.
Ebd.
350, 28
(
preuß.
,
1421
):
3 lengehoken obir dem herde.
Ebd.
339, 38
(
1449
):
Ylaw hoff: item 14 flicken fleisch, item 1 tonne salcz, item 2 heertkessel, item 3 fischkessel.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 261, 10
(
preuß.
,
1451
):
der allerheiligiste vater, der bobist, were eyn houbt und herd der ganczen cristenheit.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
547, 1295
(
Magdeb.
1608
):
Die Katz sagt / ich sitz auff dem Herd / | Ob mir ein Meußlein wer beschert / | Das nach der Speiß geruch ankem / | Vnd ich fuͤr meine Speiß annem.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
mein gebein ist gar verzert, | Gleich wie ein brand im fewr am herd.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1477
):
zu winachten sol auch ein ieklicher burger des hofs von Remich u. gn. l. h. einen hertpennink bezalen.
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
Dar zu sollen auch die ghene von den alten, die iczunt zu Mencze wonhaftig sint [...], jerlich ir gewonlich schaczunge geben, nemlich von iglichem hundert ein gulden und dar zu iren hertschilling als sie bidher gedane haben.
Kollnig, Weist. Schriesh.
85, 2
(
rhfrk.
,
1496
):
Item erkent das geriecht, das uf erfordern eines hunerfauts jedes huß 4 mol im jor almol ein hun sie zu geben, heissen herthuner.
Köbler, Ref. Wormbs
288, 21
(
Worms
1499
):
Wann aber yemant wolt buwen vnd machen einen Herdt Fuwerstat oder Camyn in der hoͤhe vff einer thüne oder andern Buwe entböre des huses.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
eynen wasche kessil den man pfleget obir den hert adir obir eyn füer tzu hengen.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1507
):
Summa dicz jar fur prennholcz in ofen und an den hert pei 36 meß dafur 22 gülden.
Ebd. (
nürnb.
,
1513
):
8 hertstain mein kuchenhert czu pessern 2 ℔ 20 ₰.
Boner, Urk. Aarau
997, 10
(
halem.
,
1695
):
so jungholtz hauwen werdend, es seye zuͦ wagnerholtz, kommetscheiteren, pflegelshäübteren, herdkynen, reyffen und dergleichen.
Stammler, Berner Weltger.
178
(
ohalem.
,
1465
):
der sechste tag | Der bringt einen grülichen schlag, | Hus vnd hoff er nidervellet; | Wie vaste es je wart gestellet, | Es fallet alles vff den herd.
Bremer, Voc. opt.
10060
(
schwäb.
,
1441
):
Andena [...] brantreit [...] prantysen [...] hertram.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein gut gewissen vnd armer herd / Jst goldes vnd aller ehren werth.
Zingerle, Inventare (
tir.
1439
):
czwen rösst vnd drey pratspis vnd drey eysnen kellen vnd ain herttschaufel.
Piirainen, Stadtr. Sillein
110v, 2
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
WElch cristen man odir weyp mit zauber vͤmb get odir mit gift vnd dez verwūnen wirt den sol man auf eyn herrt pruͤen.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 37, 16
;
Scholz-Babisch, Klev. Rheinzollw.
395, 24
;
Lamprecht, a. a. O. ; ;
Neumann, Rothe. Keuschh.
4049
;
4086
;
Opitz. Poeterey
43, 5
;
Kurz, Murner. Luth. Narr ;
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 269, 37
;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Zingerle, Inventare ;
Rechn. Kronstadt
1, 669, 20
;
Schmitt, Ordo rerum
182, 4
;
Bremer, a. a. O.
10036
;
Hulsius
H iiijr
;
Bad. Wb.
2, 634
;
Vgl. ferner s. v. ,
1
 1, , .
4.
in der Sprache des Bergbaus und Hüttenwesens:
a) ›Boden des Schmelzofens‹; metonymisch: ›Schmelzofen, Treibofen, in dem die Metalle (besonders Silber und Blei) geschmolzen und voneinander getrennt werden)‹.
Wortbildungen:
herdkorn
›Silberreste am Rande des Treibofens‹,
herdprobe
›Probe, die beim Abtreiben des Silbers mit einem eisernen Löffel genommen wird‹ (
Löscher, Erzgeb. Bergr.
252
).
b) ›Schlacken als Abfallerzeugnis im Schmelzofen‹.
c) ›das Blei, welches sich auf dem Boden des Treibofens mit der Asche vermischt hat‹.
d) ›Platz mit einem Gerüst aus Brettern, auf dem die geförderten und zerkleinerten Erze gewaschen werden‹ (zu allen Varianten vgl. f.).
Gehäuft omd.; bergbaubezügliche Texte.

Belegblock:

Zu a):

Löscher, Erzgeb. Bergr.
145, 7
(
omd.
,
1554
/
1633
):
Die [ausgüsse] werden, wan man silber abtreibet, mit in den treibhert zum wercke gesaczt, deßgleichen auch die herdtproben.
Ebd.
180, 13
(
1554
):
Herdtkörner, die im abtreiben der silber uf dem herde stehen bleiben, welche man schnabelkörner nennet.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1509
):
so muss man vorne auf den geschlagenen heerd an beiden flügelln des ofens einen augstein legen.
Müller, Welthandelsbr.
126, 6
(
schwäb.
,
1506
):
Im jar 93 hat gewonlich Hans Keller geben ainem maister, haist Burgin, von ainem hert, helt by 250 in 300 marcha, fein zu brennen 5 ℔ imperial und der test aus zu brennen 6 ℔.

Zu b):

Löscher, a. a. O.
68, 28
(
omd.
,
1450
):
die herde und halden, die wol vor sechczigk jaren gewonnen seindt worden, die nimpt man iczundt wegk, das zcuvor von e. e., her bergkmeister, und geschworene verboten ist worden.
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
37, 3
(
osächs.
,
1542
):
An sonobent noch missericodia domini [...] haben di steiger von den drei zechen [...] alle halden bestetiget und alle herde in mossen aber außerderhalben mossen irren gerwerken zugutte.
Ebd.
241, 8
.

Zu c):

Wutke, a. a. O. (
schles.
,
1617
):
1 altes tretenes sieb zum gestuebmach 2 aschersiebe hülzerne 15 centner herdt und glette 1 kohlkorbe 1 hülzerne baar.
Löscher, a. a. O.
99, 39
(
omd.
,
um 1559
):
darnach der vorrat in der schmelczhutten, an bleywerck, wievil silbers darinnen, glett, hert, stein etc. mit vleis hernach geschriben werden.

Zu d):

Weizsäcker, a. a. O.
98, 15
(
osächs.
,
1532
):
Meir hat Michel Merthen aufgenommen iii wer ein weschwerk in Hungerkasten, die zu erbten uber den hert ader mit den sib, wi er weiß.
Ebd.
153, 13
(
1544
):
sollen si das wasser zugleich gebrauchen, was uberik uber einen hert ist.
Löscher, a. a. O.
222, 11
.
5.
›Vorrichtung zum Vogelfang‹; „der ein wenig erhöhete ebene Platz, welcher mit Lockvögeln besetzt und mit Schlaggarnen umlegt wird, Vögel darauf zu fangen“ (); vielleicht auch mit Bezug auf Fallen zum Fang anderer Wildtiere; anschließbar an 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  1,  1, , .

Belegblock:

Dict. Germ.-Gall.-Lat.
233
(
Genf
1636
):
Herd / der Orth darauff man Voͤgel fengt / Vogelherd.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 50, 32
(
schwäb.
,
1639
):
Welcher auch tauben auf dem feld schist oder mit ufschlagung der hüetten und sonderer herd fangt, der kompt umb zween gulden.
Kurz, Waldis. Esopus .
6.
wahrscheinlich: ›Gerät zur Bearbeitung von Flachs‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, , ; vgl.  2.

Belegblock:

Schmitt, Ordo rerum 20.
13
(
oobd.
,
M. 15. Jh.
):
Frendula hächel [...] Raxa ristel [...] Fraxina prechel [...] Rax herd.
Voc. Teut.-Lat.
o iiijr
(
Nürnb.
1482
):
Herd als ein herdflachs. rox. roces. f. t. idē. ē substantia lini.