her,
Adv.;
alem. oft
har
;
her
erscheint daneben als Glied verbaler Wortbildung; oft ist eine klare Trennung beider Funktionen nicht möglich.
1.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Person (seltener einer Sache) zum Sprecherstandpunkt hin, gelegentlich mit der Angabe des Ausgangspunktes der Bewegung: ›(von einem Ort) hierher, herbei, heran‹.
Phraseme:
her und dar
›hierhin und dorthin‹; auch für unkontrollierte Bewegungen.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  1,  1,  2,  1,  1, .
Syntagmen:
etw. h. fliessen / holen / schicken, jn. h. bitten / füren / legen / treiben, etw. / jn. h. heissen / schicken / senden
;
j.
(Subj.)
h. eilen / gnappen / rennen / sehen / streichen / winken, sich h. fügen / setzen, etw. h. fliessen / schleichen / sausen / scheinen
;
her zu jm. kommen
;
wol h., geld h
.

Belegblock:

Ziesemer, Marienb. Konventsb.
258, 30
(
preuß.
,
1411
):
15 m. her Niczsche Molner gegeben off das czymmer herczuflysen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
120, 6
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Jch bin fro das dü her zü myr komen byst.
Ebd.
120, 30
:
Der getwerch gesach her vnd dar / vnd gesach nymen jn der kamer.
Froning, Alsf. Passionssp.
1002
(
ohess.
,
1501ff.
):
Johannes heubt hole uns here.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
17, 30
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Wol her, lieben kinder, alle wol her!
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
143, 1218
(
Zwickau
um 1540
):
Nu lauff flucks bald und heiß sie alle her.
Gille u. a., M. Beheim
327, 90
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ich sach den wag her sausen, | dar inn die walvisch prausen | vil grasser wann ain turn.
Ebd.
453, 2833
:
Mit ainer roten huben er | gen der stat hat gewincket her.
Goedeke u. a., Liederb. (
Nürnb.
vor 1529
):
Her, her, ir burger, drauf und dran | mit püchsen und helleparten!
Sachs (
Nürnb.
1557
):
schaw, dort knapt gleiche eine [alte] her, | Die dünckt mich aller weiß und ber.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
über lange zit wart der keyser jegende in dem selben walde, und rante er und sine diener den wilden tieren noch, einre her, der ander der.
Michels, Murner. Badenf. Vorr.
16
(
Straßb.
1514
):
Darum, min iunger, setz dich har, | Vnd nym al miner reden war.
Sappler, H. Kaufringer
23, 164
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
er kumpt palt her gerannt | und nimpt euch allen leib und guot.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
,stoz deine hant her | in die seiten, die daz spær | hat durhstochen pitterlich,‘ | sprach Jesus.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
27, 6
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Du pist ein schöpfer der firmament, | von himel her zu uns gesent.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
336, 3
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Do komen her gestrichen | zwo rott – Dy fuerten ritter ane zal.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
welher teufl hat se hergepeten?
Set her und schaut di stat, | da Jhesus gelegen hat!
Schorer, Sprachposaun
48, 9
;
Große, Schwabensp. ;
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
574
;
Tiemann, a. a. O.
155, 2
;
Weise. Jugend-Lust ;
Gille u. a., a. a. O.
63, 23
;
96, 110
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Kehrein, a. a. O. ; ;
Klein, Oswald
3, 156
;
Munz, Füetrer. Persibein
179, 5
;
286, 7
;
Kummer, a. a. O. ;
Wackernell, H. v. Montfort .
Vgl. ferner s. v.  1, .
2.
vor allem in der Wendung
hin und her
, seltener in den Wendungen
hin als her, den hin den her
zum Ausdruck einer Bewegung mit ständigen Richtungswechseln: ›hin und zurück‹; auch: ›auf und ab, kreuz und quer‹; ütr. auch zum Ausdruck einer intensiven, aber ungeordneten gedanklichen Bewegung.
Syntagmen:
j.
(Subj.)
hin und her denken, hin und her faren / gehen / laufen / reiten / schwingen
;
etw.
(Subj.)
sich hin und her wandeln, hin und her wanken
;
etw. hin und her bewegen / biegen / ziehen, etw. hin und her ausklauben
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred.
422, 10
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sô nû diu tür ûf und zuo gât, sô wandelt sich daz ûzer bret hin und her, und blîbet doch der angel an einer stat unbewegelich.
Dietrich. Summaria
19v, 38
(
Nürnb.
1578
):
Er sey ein bestendiger Prediger / der nicht wie ein Rhor hin vnd her wancke.
Menge, Laufenb. Reg.
3546
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Das bluͦte loufft denn hin denn har.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
nim ein herin seil vnd stoße das durch den schuß / vnnd zühe es hin vnd her vff alle ort so machest du das puluer vß der wunden.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Des wart gezogen er [Ihesus] so gar | Mit sailen hin und och har wider | Das gar allú sinú lider | Us den glaichen kament.
Dreckmann, H. Mair. Troja
24, 20
(
oschwäb.
,
1393
):
do vieng Jason die ochssen mänlich bi den horrnen und zoch si hin und her, und wurdend im undertenig.
Sappler, H. Kaufringer
14, 581
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si gedacht nun her und hin, | da si mit betrüebtem sin | also stuond in herzenlait.
Bauer, Geiler. Pred.
321, 16
(
Augsb.
1508
):
Ain mensch der auff der straß affterwegen geet / und alle ding erfaren und ersehen will. [...] also gat er hyn und her.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
1858
(
oobd.
,
1607
/
11
):
Ein glidman von holtz geschnitten, daran man alle glider hin und her biegen kan.
Bauer, Imitatio Haller
79, 13
(
tir.
,
1466
):
Lauf hin vnd her, wo du wellest, so vindestu kchain rue.
Sudhoff, Paracelsus ;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin ;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Schade, Sat. u. Pasqu.
32, 187
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
92, 20
;
Jaksche, Gundacker ;
Thür. Chron.
5r, 26
.
Vgl. ferner s. v.  4,  1.
3.
Lokaladv. zum Ausdruck der Bewegungsrichtung einer Person zu einer Bezugsgröße hin, die im Unterschied zu 1 nicht mit dem Sprecherstandpunkt identisch ist: ›zu diesem Ort, zu dieser Stelle hin; dahin, dorthin‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  1,
2
 1, ,  1.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
208, 5050
(
Magdeb.
1608
):
Ein Wolff zuletzt sich auch her fand / | Trat dem Hasen forn ins angesicht.
Fuchs, Murner. Geuchmat
44
(
Basel
1519
):
Das wil ich mit der mat probieren, | Vff die ich dapffer har will fuͤren | All, die sich wyber londt betriegen.
Sappler, H. Kaufringer
14, 594
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si lief zuo dem pett nun her, | daran der küng lag und slief.
Ebd.
14, 123
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
139, 4
.
4.
Lokaladv. zum Ausdruck der Situierung einer Person (seltener einer Sache) am Sprecherstandpunkt (als Endpunkt einer Bewegung): ›hier, an diesem Ort‹.
Phraseme:
˹
her und dar, hin und her
˺ jeweils ›hier und dort, an verschiedenen Orten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
Ordnung, wie mans gehalten hat mit den raising, die her gefangen warn.
daz niemant in die stat kom, der, er oder sein herr, feint her sei.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Wan es nie me beschach also | Umb was sú ie genoment war | Mit ain ander wartend har und dar.
Zingerle, Inventare .
Vgl. ferner s. v. .
5.
Lokaladv. zum Ausdruck einer Bewegung von einem entfernten Bezugspunkt weg, immer in Verbindung mit einer präpositionalen Wendung (mit
von
): ›von diesem Ort weg, her‹; auch ütr.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1638
):
der Habicht ohngefehr | setzt auf das bloße Nest aus freien Lüften her.
Luther. Hl. Schrifft.
Dan. 8, 5
(
Wittenb.
1545
):
so kompt ein Zigenbock vom Abend her / vber die gantze Erden.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Das Weinbeer das er vns bringet, | Das ist Christus sein Sohn, | Ein thewrer safft herrinnet, | Auß diesem Weinbeer schon.
Wickram
4, 25, 11
(
Straßb.
1556
):
Als nuͦn der bott für ihn kam / empfieng ihn Robertus gar freundtlich / fragt in von wannen har sein raiß gieng.
Päpke, Marienl. Wernher ;
Weber, Füetrer. Poyt.
280, 7
;
Kehrein, a. a. O. .
Vgl. ferner s. v.  1.
6.
Lokaladv. zum Ausdruck des bloßen (oft ziellosen und gleichförmigen) Verlaufs einer Bewegung: ›einher, umher‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  3,  4,  2,  2.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
6276
(
Magdeb.
1608
):
Ans Vfer mag er
[Frosch]
wol außtretten / | Daselbst sitzen / singen vnd beten / | Jedoch weichen zues Koͤnigs Ehr / | Vnd wo der Mensch spacieret hehr.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Der from ist jeder zeit, | Thuͦt die gerechtigkeit, | Vnd in vnschuld herwandelt.
Kummer, Erlauer Sp.  (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
di ist minnichleich als ein wasserlagel, | und weis alz ein rabenzagel, | und get dunkchel in der vinster her.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 32, 1
;
Kehrein, a. a. O. ;
7.
Temporaladv. zur zeitlichen Situierung eines Geschehens in der Vergangenheit: ›vor einer bestimmten Zeit; eine Zeit zurückliegend‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  1.

Belegblock:

Meisen u. a., J. Eck
3, 10
(
Leipzig
1520
):
Es hat sich ein zeit her lang vil außschreibens begeben durch bruder Martin Luder.
Gille u. a., M. Beheim
453, 1083
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann die Venedigere | Heten vor zeiten here | Dem patriarchen dise lant | Friaul unrechtlich abgetrant.
Memminger Chron. Beschr. (
Ulm
1660
):
da auch die Jenige / welche doch Lesens unberichtet / bey jhren Zechen das Lied vom Wilhelm Tell / vnd also eine Histori von mehr als dreyhundert Jahren her / singen.
8.
Temporaladv. zum Ausdruck eines bis zum Zeitpunkt des Sprechens reichenden Zeitraums, meist in Kombination mit den Präpositionen
bis
oder
uns
: ›bisher, bis jetzt‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, ,  4,  2.

Belegblock:

Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
2, 4
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Doch droens, fluchens, hendewindens, zetergeschreies und allerlei angeratung sei wir an allen enden unz her wol genesen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1561
):
also diser handl biß auf jetzo her anstendig und unaußfuerlich beliben.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
97
;
Päpke, Marienl. Wernher .
9.
Temporaladv. zum Ausdrucks des (oft unbestimmten) Anfangs eines bis zur Gegenwart reichenden Zeitraums, meist in Kombination mit der Präposition
von
: ›seit, seither, von einem (bestimmten) Zeitpunkt an‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , .

Belegblock:

Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
14r, 18
(
Zürich
1521
):
Jch [...] wil erzellen die krieg so von zehen jaren har gefuͤrt sind worden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Von der zeyt Haͤr Aristotelis.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 336, 26
(
schwäb.
,
1603
):
treffenlich ist im rat erfunden und von alters hero also gehalten worden, daz ainem jeden geschwornen oder amptman in recht seiner sag glauben zue geben und darauf zue sprechen seye.
Rechn. Kronstadt
3, 222, 13
(
siebenb.
,
1543
):
Was jacob vnd czyrwes eingewert haben am asper czins von achtag her nach dem gesporen montag.
Kollnig, Weist. Schriesh.
203, 22
;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. .
10.
zum Ausdruck eines Widerspruchs oder einer Gegenmeinung: ›gegen diesen Sachverhalt, diese Aussage; kontra, dagegen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3, ,  3.

Belegblock:

Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
Samlē vß der Philosophi / hin vn̄ wider her / wunder fill argutationes / die alle dahin gehen / was nach der natur vnmoͤglich sei.