henken,
V.;
gelegentlich rückuml.:
hankte/hankten
.
1.
›etw. mit dem oberen Ende an einem Ort / Gegenstand befestigen, wobei der restliche Teil (durch die Schwerkraft) nach unten gezogen wird‹; sehr selten: ›jn. mit einem Körperteil (z. B. den Füßen) an etw. aufhängen (um eine medizinische Behandlung durchzuführen)‹; daneben auch: ›etw. hängen lassen‹.
Phraseme:
etw. an die staude h.
›sich einer Sache entledigen‹;
etw. zu sich henken
›etw. auf sich nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  1,  1,  2, ,  2.
Syntagmen:
etw. an einen baum / an den hals / in den bach / in die kirche / in ein fas / in wasser / vor die tür h
.

Belegblock:

Luther, WA (
1545
):
wenn sie zornig sind, muͤgen sie in die bruch thun und an den hals hencken
(›in die Hose scheißen und darauf stolz sein‹).
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1463
):
Auch mogen die bedere in den batstoben scheren, wer das begert, doch das sie keyne becken fur ire dore hencken sullen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
150, 3
(
Frankf.
1535
):
Wann man es [Lapis Lazuli] henckt an der jungen kind haͤls / so nimpt es die forcht von jnen.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
16, 34
(
Frankf./M.
1563
):
Auff Sanct Johannis abendt hat mann Holunter Streuche fuͤr die Thuͤr gehencket.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
56, 2
(
Frankf./M.
1568
):
Die Heuwt die henck ich in den Bach.
Keil, Peter v. Ulm
172
(
nobd.
,
1453
/
4
):
daz selb saltz stoß clein zu puluer vnd thu es in ein ploßen vnd henck es in warm wasser.
Gille u. a., M. Beheim
159, 20
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
nu henk czu dir des leibes last, | den ich da trag hie peie | Mit deiner vinger dreÿe.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
213r, 30
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Wer win welli rot machen, der nem holderber, [...] henk die in das vass.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 149, 11
(
halem.
,
1508
/
16
):
Es ward disem kúng Albrechten einsmals gift geben; da hanktend in artzet an beidi fuͦss und tribent das gift zuͦ dem einen oug us.
Ukena, Luz. Sp.
437
(
halem.
,
1575
):
Ich wil min eyd das sond ir dencken / | Nitt so gar liecht and studen hencken.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
Anno domini 1432 jar. [...] pauet man ainen zwinger von dem eserturm biß zu der hauptstat [...] und hankt man pretter an all zinnen umb die stat.
Memminger Chron. (
Ulm
1660
):
Am Freytag vor dem Palmtag brach man den Chor ab zu den Augustinern / vnd wolt die Gloggen oben in die Kirch hencken.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
17. Jh.
):
ergreift er si [die gaiß] aber und henkt sie mit den hörnen an ain zwisel, so ist er niemants zue antworten schuldig.
Anderson u. a., Flugschrr.
15, 9, 30
;
Belkin u. a., a. a. O.
177, 6
;
Palm, Veter Buoch ;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
70, 6
;
Ott-Voigtländer, a. a. O.
213r, 14
;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Kocher, Rechn. Schönenwerd
359, 9
;
360, 34
;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 149, 11
;
Rauwolf. Raiß ;
Vgl. ferner s. v.  2,  2,  1.
2.
›sich / etw. auf etw. / jn. ausrichten, an etw. heften (abstrakt gedacht)‹; mit persönlichem Objekt auch: ›jn. (den Feind) verfolgen‹; Ütr. zu 1.
Phraseme:
sich henken, wo der wind her bläst
wohl ›nicht nach festen Grundsätzen handeln, sondern sich der jeweiligen Situation anpassen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  1,  6, ,  4,  9.

Belegblock:

Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
112, 2
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Vnd jagstu, so magstu zu der schuczen hauptman – beyden oder jr eynem – ruffenn vnd sagenn: Hencken euch an die feindt!
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Iedoch sol man hertz, sinn und mut | Gar nicht hart ans zeitlich gut hencken.
Lemmer, Brant. Narrensch.
2, 2
(
Basel
1494
):
Wer sich vff gwalt jm radt verloßt | Vnd henckt sich wo der wint har bloßt | Der selb die suw jnn kessel stoßt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Hencken / sich anhencken vnd gsellen. [...] Sich an ein lyrerin Hencken.
Schmidt, Rud. v. Biberach
57, 27
.
3.
›an einem Gegenstand hängen‹; meist: ›(an einem höher gelegenen Haltepunkt) festgemacht sein und herunterhängen‹; in einem Beleg: ›schweben (ohne irgendwo sichtbar festgemacht zu sein)‹; ütr. auch: ›jm. anhaften, anhängen‹; Verwechslung und Vermischung mit
hangen
1 möglich.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 1,  1,
1
 2,  2.
Wortbildungen:
henkteppich
›Wandteppich‹.

Belegblock:

Oorschot, Spee. Trvtz-N.
119, 3
(
wmd.
,
1634
):
Schaw dorten er [BienenSchwarm] bleibt hencken | Man ihn dort fassen kan.
Wunderlich, Fierrabr.
148, 3
(
Simmern
1533
):
der Keyser [...] fandt jn [seinen haͤndtschuͦch] mit den stuͤcklin heylthumbs / inn der luͦfft on alle huͤlff hencken.
Froning, Alsf. Passionssp.
4381
(
ohess.
,
1501ff.
):
die smachet hengk uch alwege zu.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
18
):
Ich bitt, jhr wolt mir leihen lassen | Eur schöne grosse henckDeppicht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Angl, ängl: daran ein ding henkt, haft und ingêt, auch das wäx ist, nit guet an zu rüeren, sticht.
Gille u. a., M. Beheim
101, 145
.
Vgl. ferner s. v.  1.
4.
›jn. am Galgen / durch den Strang hinrichten, jn. erhängen / (z. B. an einem Baum) aufhängen‹; von Christus: ›an das Kreuz schlagen‹; auch refl.: ›sich erhängen‹; anschließbar an 1.
Syntagmen:
jn.
(z. B.
den beschädiger / betrieger / bösen wicht / verräter
)
h.
;
jn. an den ast / baum / galgen, an eine linde h.
;
sich selb h
.
Gehäuft Rechtstexte und Chroniken.

Belegblock:

Luther, WA (
um 1535
):
Wo hencken recht ist / da ist steupen kirmesse
›in bösen Zeiten sind kleine Trübsale noch eine Wohltat‹ (WA 51, 703).
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
173, 4
(
rhfrk.
,
um 1435
):
sleyffent sye [die verreder] an den galgen vnd henckent sye alle daran.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
v. 1494
):
Wer ain pös weib hab, | Der thuo sich ir pei der zeit ab | Oder er nem ainen starken past | Und henke sei an ainen ast.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
94, 4
(
nobd.
,
1579
):
woe ein dieb begriffen oder bedretten wirdt an der herrn gutt, [...] sollt derselbige knecht den beschediger one aller herren clag [...] hinausfuren und in henckhen und vom leben zum todt bringen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
der lieb Cristus suͦchte sines ewigen vaters ere, und dar umbe liess er sich henken.
Sú schrúwen uf mich vil grúwlich, daz es in den luft uf trang: „nu henka, henk den boͤsen wiht!“
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Er [Judas] warf uf den esterrich | Die phenning und gieng henken sich.
Lauater. Gespaͤnste
22v, 29
(
Zürich
1578
):
hat er [Tiberius] die pfaffen / die grossen betrieger / henckē lassen.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
231
(
Genf
1636
):
hencken / vom leben mit dem strang bringen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
Anno dni. 1513 in der fasten da hanckt man hie der schneider zunftmaister.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Swer uber ein ellen stilt ab der plaich, den henckt man an den galgen.
Mathesius, Passionale ;
Pyritz, Minneburg
4931
;
Gille u. a., M. Beheim
453, 3159
;
Roder, Stadtr. Villingen ;
Roder, Hugs Vill. Chron. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Tiemann, a. a. O.
160, 29
;
Goldammer, Paracelsus
5, 179, 24
;
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 108, 42
;
Baumann, Bauernkr. Oberschw. .
5.
›etw. an einen Gegenstand anheften, anbringen; etw. an einem Gegenstand befestigen‹; auch refl.
Rechtstexte und Chroniken.
Syntagmen:
ein insiegel daran
(z. B.
an einen brief
)
h., das schif an die arche h., ein eisen
(Subj.)
sich an den agestein h
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ein îsen, des natûre ist, daz ez nidervellet, daz hebet sich ûf wider sîne natûre und henket sich an den agestein durch edelkeit des îndruckes, den der stein von dem himmel enpfangen hât.
Edlib. Chron. (
ohalem.
,
um 1500
):
so habend die von zurich jr stat jnsigel und wir die von switz und glariss unsser beder lender insigel lassen hencken an dissen brieff.
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
243, 33
(
schwäb.
,
1375
):
Und waͤr ob der insigel ains oder mer [...] zebrochen wrd ungevarlich, misskert oder misshenkt wrd oder daran nit gehenkt wrd.
Köbler, Ref. Wormbs
126, 7
;
Gille u. a., M. Beheim
159, 19
;
Merk, Stadtr. Neuenb. .
Vgl. ferner s. v.
2
6.
›ein Körperteil (z. B. Kopf, Mundwinkel) nach unten sinken lassen zum Ausdruck der Betroffenheit, Erschütterung, des Nachdenkens o.ä.‹.
Seit Anfang 16. Jh.

Belegblock:

Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 279, 22
(
Hagenau
1534
):
Sihe wie hencket er das maul / ich will yhm den zornbratten abschneiden.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Do Regnold sines bruoders rătt erhort, do hanckt er sin hŏpt und fieng an gedencken, waz er thuon sot.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
404, 29
;
Ukena, Zuger Trag.
1095
.
7.
refl.: ›sich unten an etw. festhalten, sich von unten an etw. befestigen‹.

Belegblock:

Weber, Füetrer. Poyt.
44, 6
(
moobd.
,
1478
/
84
):
ich hennck mich vnnden an das werck, | das ir zer maget kumpt wol sunnder sorgen.
J. W. von Cube. Hortus
92, 4
.
8.
übertr. zu 7: ›sich an etw. klammern, auf etw. vertrauen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
liebes kint, [...] henk dich und leine dich zartlichen und guͦtlichen an dinen guͦten Got.
v. Maren, Marquard. Ausgabe
139, 24
(
Venedig
1483
):
Zuͦm vierden mal so sol er sich hencken vestiglichen an den gelawben.
Strauch, Schürebrand ;
v. Maren, a. a. O.
37, 28
.
9.
›dem Pferd die Zügel hängen lassen und es somit antreiben; eilig reiten‹.

Belegblock:

Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
Do henkt er sinem rosse der userwelte man.
Wyss, Limb. Chron. .