heis,
Adj.
1.
›heiß, von hoher Temperatur‹, ›heiß gemacht, erhitzt‹.
Phraseme:
˹
heis vor dem kopf / vor der stirn sein, eine heisse stirn haben, zu heis gebadet sein
˺ jeweils ›jähzornig, leicht erregbar sein‹;
heis unter den augen werden
›benommen, matt werden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .
Gegensätze:
(Adj.) 1,  1.
Syntagmen:
etw.
(Subj.)
h. sein / werden, etw. h. machen / trinken, jm. h. sein, etw. jm. h. tun
;
der heisse ort / pilger / schmalz / sommer / spek / wind, die heisse asche / erde / glut / kole / sonne / stube, das heisse eisen / feuer / pech / wasser
.

Belegblock:

Luther, WA (
um 1535
):
Heis fur dem kopff.
Hat ein heisse stirn.
Ebd. (
1544
):
Die Hell ist nicht so heiss noch der Teuffel so schwartz, wie man jn malet.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
zuͦ tragene daz heyze yseren.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Nû sprichet man, der mittentac sî heizer dan der âbent.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
Wie er die alten Cassiquen vnnd Herren deß Landts / leibeigen gemacht / wie er sie in Ketten geschmiedet hatte / vnd sie mit heissem vnd brennendem Speck betreiffet.
Strauch, Par. anime int.
56, 23
(
thür.
,
14. Jh.
):
alse daz ŷsin alleine nicht heiz inwirt fon deme fuire, sundir sin gesteltnisse forlusit.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
66, 1
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Ouch sint di wassir also heys das eyn ey do in gelegit wirt gar.
Stackmann u. a., Frauenlob
3, 16, 1
(
schles.
, Hs.
14. Jh.
):
Noch süzer dan ein küler wint dem heizen pilgerine.
Eis u. a., Asanger Aderl.
3, 5
(
sböhm.
,
1531
):
Ist das glid hais, setz jn das kalt wasser, ist aber der fües kalt, setz jn ain hays wasser.
Gille u. a., M. Beheim
235, 88
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wer auch des hat gelauben, | das man mit haissen wasser und | haiss eisen schuldig leüt erfund.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
256, 14
(
Nürnb.
1548
):
Eben wie es in einem heyssen sommer gehet / da alles verdorret / vnd verschmeltzet.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
215v, 15
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Ob dir die fuͤss we tuͦnd, so stoss arthame⸗/siam [...] mit haissem smalcz / legg das dar v́ber.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Soltent ir in einer heissen stuben nacht und tag ligen, es solte úch ze swere dunken.
Roloff, Brant. Tsp.
839
(
Straßb.
1554
):
Bei disem brunnen wil ich mich kielen / | Und mir abweschen meinen schweiß | Dann mir ist auß den binden heiß.
Schmidt, Rud. v. Biberach
183, 11
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Der osterwint ist ein heisser, lvtter wint.
Menge, Laufenb. Reg.
245
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
ich [...] vinde | Das der sunnen nature [im fúnften Manot] | Ist getemperiert pure | Weder ze heiß noch ze kalt.
Stammler, Berner Weltger.
908
(
ohalem.
,
1465
):
Das ich üch fuͤre in der helle grund. | Da sol üch wesen heis vnd kalt.
Eis, Albrants Roßarzneib.
128, 37
(
böhm.
/
oobd.
,
1442
):
Die statt brenne senfftigclich mit ainem hayßen eyßen und becken mit ainem flyemen.
Klein, Oswald
104, 38
(
oobd.
,
1429
):
ob in wurd allen ausgefegt | mit ainem haissen schäbe.
Ebd.
105, 54
(
1432
):
als ob er lëg in ainem tram | bei ainem feuer heiss.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
424, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
So muest gar all seinr veinde macht | vor im zerschleiffen als taw an haisser sunnen.
Karnein, Salm. u. Morolf
133, 3
;
Dubizmay, kurß zu Teutze
1, 8
;
Löscher, Erzgeb. Bergr.
68, 11
;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. ;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
147v, 1
;
Adrian, Saelden Hort
1655
;
Thiele, Minner. II,
13, 317
;
Ott-Voigtländer, a. a. O.
205r, 26
;
216r, 7
;
Vetter, a. a. O. ; ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
19, 16
;
Bauer, Geiler. Pred.
467, 14
;
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
231v, 15
;
Klein, a. a. O.
23, 126
.
Vgl. ferner s. v.  4,  4,
1
 1,  2,  1, ,  11,  1, , .
2.
zur Bezeichnung der heißen Primärqualität in der Vier-Elemente-Lehre und der Humoralpathologie (im Unterschied zur kalten, feuchten und trockenen Qualität): ›heiß, warm‹; von Krankheiten: ›durch Dominanz der heißen Qualität im Körper hervorgerufen‹; von Heilmitteln: ›zur Behandlung von Krankheiten geeignet, die durch die Dominanz der kalten Qualität bedingt sind‹; Spezialisierung zu 1.
Zur Sache vgl.
Lex. d. Mal.
5, 211
f., s. v.
Humoralpathologie
.
Gehäuft fachliche Texte.
Gegensätze:
, (Adj.) 2,  1, (Adj.) 1234.
Syntagmen:
etw.
(Subj.)
heisser natur sein
;
der heisse geist, die heisse complexion / kraft / natur / sucht / wunde, das heisse geswer / tier
.
Wortbildungen:
heissüchtig
.

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
104, 9
(
Mainz
1485
):
der wirdig meister Auicenna [...] spricht daz coriander guͦt sy den heyssen geswern.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
88, 15
(
Frankf.
1535
):
Gold ist heisser natur vnd heilt die außsetzigkeit vnd den grind so man das zu puluer macht vnd in die artzneyen thuͦt.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
Das dritte synt die zwilingen, heiss unde nass, das wirket on die arme.
Keil, Peter v. Ulm
189
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Ein salb zu heissen wunden.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
8, 8
(
noobd.
,
1347
/
50
):
Daruͤmb, daz sein [Mars] kraft haiz ist und truken, so zeuht er auz der erden und auz dem menschen vil behender feuhten und inhitzt den menschen, daz er leiht zuͤrnt.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
die heiß und feucht complex der frauen ist gleich also stark als des mannes.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der kalt luft sleicht in den leip und jagt die haizen gaist in dem leib, alsô daz sich der mensch schüteln muoz.
diu haizen tier bedäutent die sinnereichen schuoler.
wer haizsühtig ist, der schol des paums pleter in ezzeich sieden.
die läut, die haiz und fäuht sint, die ze latein sangwinei haizent, die schüllen des pfeffers niht nützen.
Belkin u. a., a. a. O.
148, 12
;
198, 9
;
v. Liliencron, a. a. O. ;
Menge, Laufenb. Reg.
3452
;
Plant u. a., Main. Naturl. 294v, c,
28
; 300vd,
22
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 264
.
Vgl. ferner s. v. , , .
3.
mit Bezug auf Emotionen und durch sie bedingte Handlungen: ›stark, heftig, hitzig, erregt; leidenschaftlich, innig, intensiv‹; Ütr. zu 1.
Phraseme:
heisser mut
›Jähzorn‹.
Bedeutungsverwandte:
 3, ; vgl. , ,  1,  2,  1,  4.
Syntagmen:
h. weinen, js. h. begeren
;
der heisse jammer / laut / wunsch, die heisse begerung / busse / liebe / stimme / träne, das heisse fieber
.
Wortbildungen:
heismütigkeit
›Jähzorn‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Diu sêle muoz mit heizer begerunge ûfgân und übergân vil wirdicheit der engel in den grôzen tugenden.
Karnein, Salm. u. Morolf
395, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Do begunde heisse weinen kunig Salmon.
Göz. Leichabd. (
Jena
1664
):
Kan denn den heißen Wunsch nicht einmahl eine Stunde stillen?
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
20, 16
(
Coburg
1626
):
O das ist die heisse Liebe.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1891
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
wanne swenne der gaistlich mensch sich | in diesen ernst rihtet, | sich selber hiezu verphlihtet, | so wirt er haißes jomers vol.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
die lúte die da wúrkent us heismuͤtikeit und us bitterkeit.
Wyss, Luz. Ostersp.
6842
(
Luzern
1545
):
sich an min kranck, verwundet hertz, | min heissen trächen mit jamer vnnd schmärtz.
Klein, Oswald
6, 30
(
oobd.
,
um 1425
):
o sel, wo bistu morgen? | wer ist dein tröstlich ufenthalt, | wenn du verraiten solt mit haisser buss?
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
409, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
zäher haiss sach man auff ir clare wangen.
Thiele, Minner. II,
32, 433
;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
119, 8
;
Karnein, a. a. O.
299, 4
;
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
22, 21
;
Eggers, Psalter
7, 18
;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Rupprich, Dürer ;
Klein, a. a. O.
102, 28
;
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 86
f.
Vgl. ferner s. v. , .
4.
›(nach etw.) heftig verlangend, begehrend; eifrig‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  4, ,  1, .
Syntagmen:
jm. h. sein auf / nach etw. / jm.
;
der heisse magen
.

Belegblock:

Thiele, Minner. II,
31, 518
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich han gesien das eme gar heis | was of ritters orden.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
70, 18
(
Frankf./M.
1550
):
Hett ich ein solchen heyssen magen / Jch wolt ein gantz Dorff in mich jagen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
244
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wann nach dir was mir haiß.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 430, 29
(
Hagenau
1534
):
Was aber heyß ist / das verzeret vil / denn die weil im menschen die natürliche hitz ist / so muͦß man dem leibe ymmer speise und tranck mitteylen / auff daß die hitz yhn selbs nit verzere.
Reissenberger, Väterb. .
5.
›scharf‹; Ütr. zu 1.

Belegblock:

Hajek, Gůte spise
51
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
wuͤrtze niht al zvͦ heiz.
6.
›sofort, unverzüglich; eilig‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, ,  1, (Adj.) 1, ,  1.

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
din heymelikeit, wan er die weiß, | Verkondet er den ertzeten heiß.