gütlich,
Adj.
1.
›einer anderen Person gegenüber wohlwollend, freundlich, nachsichtig, milde; einsichtig (jeweils von Handlungen und Charaktereigenschaften); sich so verhaltend, daß der andere es als wohlwollend aufnimmt‹;
vgl. (Adj.) 134.
Phraseme:
jm. gütlich tun
.
Bedeutungsverwandte:
, , , , (Adj.) 1,  12,  12, , , .
Gegensätze:
 1,  1, , .
Syntagmen:
j./ etw
. (z. B.
die rede
)
g. sein, g. gebaren / wirken, mit jm
. (z. B.
mit der hausfrauen
)
g. leben / wandeln, sich g. an jn. leinen, an js. antliz schmiegen, jn. g. abweisen / ansehen / besprechen / empfangen / strafen, an die seite stupfen, etw. g. anhören / aufnemen / leiden / teilen, jm. g. zarten, jm. g. etw. vergeben, e. S.
(z. B.
dem schiede
)
g. danken; jm. geschieht g
.;
der gütliche mensch / rat, die gütliche antwort / gebärde / mitleidung / rede, das gütliche antlit / bitten / weib / wort
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
2. Macc. 2, 28
(
Wittenb.
1545
):
wie es nicht on erbeit zugehet / der eine Malzeit zurichten vnd den Gesten gütlich tun wil
[
Froschauer
1530:
zwille͂ woͤllend werden
].
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
[jungher Johan] was gutlichen zu sprechen unde von gutlicher antworte.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1138
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wer sin leben heldet ordentlich | [...] | unnd fromen luten gutlich.
Ebd.
5476
:
straffe si also gutlich | das si dar van bekeren sich.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
16, 43
(
thür.
,
1474
):
unde habin beyde parth unde yre frunde deme schyde guttlichin gedangkt.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
385
(
Zwickau
um 1540
):
Da woͤllen wir von unser feinde beut / | Uns guͤtlich thun.
Gille u. a., M. Beheim
123, 487
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Daz wir gütlich gebaren | gegen unsern nesten.
Ebd.
162, 403
:
die [muter] sie hat dik an dein chindlich | antlucz gutlich gesmogen.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
das sie mich [...] uber mein [...] gutlich bitten nit erlassen haben wöllen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Owe du guͤtliches antlút, owe du miltes herz.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
leine dich zartlichen und guͤtlichen an dinen guͦten Got.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 583
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
Dise vngehoͤrte manigvaltige pine Cristi [...], die beweget den guͤtlichen menschen [...] in erbermede mit Cristo.
Schmidt, Rud. v. Biberach
103, 14
(
whalem.
,
1345
/
60
):
der mensche got minnet, der dúr got sinen vient minnot vnd tuͤt im guͤtlich.
Sappler, H. Kaufringer
17, 236
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
[er sol] arm sein willicleichen, | ainfältig sein güetleichen.
Meisen u. a., J. Eck
40, 13
(
Ingolst.
1526
):
etlich mittel [...], die wir wissend christenlich und gietlich ouch onverwerfflich syn werdenn.
Quint, Eckharts Pred. ;
Wyss, Limb. Chron. ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981
;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
24, 3
;
Strauch, Par. anime int.
12, 15
;
Neumann, a. a. O.
5230
;
Sermon Thauleri
11ra, 17
;
Palm, Veter Buoch ;
Pyritz, Minneburg
1230
;
Gille a. a. O.
82, 566
;
Eichler, a. a. O.
2, 1686
;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Roloff, Brant. Tsp.
2445
;
Päpke, Marienl. Wernher ; ;
Sappler, H. Kaufringer
3, 22
;
17, 27
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
117, 5
;
Moscouia
D 1v, 28
;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Schmitt, Ordo rerum
709, 10
;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  3,  1.
2.
›einvernehmlich, in freundschaftlichem Einverständnis, im gütlichen Vergleich erfolgend, gütlich, im Unterschied zu einem rechtsförmlichen Verfahren‹; vielfach in Verbindung mit Verwahrformeln
ane gefärde / hindernis / wiedersprache
.
Rechts- und Wirtschaftstexte, berichtende Texte.
Phraseme:
gütlich stehen
(verbal) oder
das gütliche stehen(de)
›Waffenstillstand‹ (dazu bdv.: ).
Bedeutungsverwandte:
, ,  3,  1, ,  1.
Gegensätze:
 3,  2,  2.
Syntagmen:
g. leben, jn. g. besprachen / ersuchen / lösen / strafen / verhören, jn. g. erinnern, das [...], etw. g. anstehen lassen / abtun / hinlegen / tun / (ver)richten / verteidigen, g. sagen, das [...], sich g. berichten / dreingeben, mit jm. vereinigen, g. auf etw. verantworten, jm. etw. g. bezalen / leihen; der gütliche spruch / tag
›Schiedstag, Termin zur Besprechung von Streitpunkten‹,
die gütliche aussage / frage / (unter)handlung / örterung / rechtung, das gütliche bekentnis
›Bekenntnis ohne Folter‹
/ verhör, gütliche teidingsleute
.
Wortbildungen:
gütliche
.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
sind etliche vernuͤnfftige leute, die es gerne guͤtlich ausrichteten und schoneten.
Sondern der Keiser [...] habe allezeit gehandelt, die sachen guͤtlich und friedlich zu legen.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Wer mit seinem Gegentheil in guͤtlichen Handlungen begriffen ist / vnd traͤgliche mittel fuͤrgeschlagen werden / der sol solche nicht bey seits werffen.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1540
):
Ein gutlichen tag hat zu setzen zender und gericht, den zu huten und zu setzen; wan der gutlich gehalten und [den] partheien nit vertragen wurd, so mach der zender einen richtlichen tag ansetzen.
Schmidt, UB Halberst. (
omd.
,
1406
):
were ouch daz die ergnante er Iohan bischof zu Hildensem, syne nakomen unde stichte addir die syne mit uns allin sunditin, vorworte [addir] gutlich stein nemen addir besuntin zu eyner ziet.
Skála, Egerer Urgichtenb.
13, 10
(
nwböhm.
,
1562
):
seindt Die des Kirchenpruchs vordechtige personen gutlich besPracht worden, vnd Erstlichen des prunstels Tochter hatt In gutlicher Frag bekhant wie volget.
Ebd.
189, 9
(
1577
):
Güttlich. Erstlich güttlich Erindert das er sich der martter nit soll vnderkommen laßen.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
do quam der margrafe von brandenburg, der bisschoff von meydeburg etc. unnd machten eynen gutlichen tag.
Man sagite ouch, das eyn iderman uss des keysers heir unnd des burgundiger here gee unnd rite mochte in die stad nuss unnd were uffen in einem gutlichen steende.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
118, 26
(
schles.
,
1429
):
dem egenanten Erasmo Pezeler [...] Czehñ marg [...] gutlichñ vnd ane hindernis zubeczalen.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1459
):
und si umb sólich ir spenn in der guͤtliche [...] verainet.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Wie gütlich rachtungen in spennigen hendeln fürgenomen / würcken sollen.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1613
):
die überfahrer und verbrecher der gebott [...]
[sollen]
güetlich odermit recht disen ordnungen gemeß gestraft werden.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
57, 19
(
mslow. inseldt.
,
1571
):
Das śie śich mit obgedachtem Herrn Jacob goldtśchmidt auśśerhalb des RechtesśPruch, güetlich guetwillig vnnd freündlich verainiget [haben].
Weingart u. a., Seelb. Rhodt
336, 4
;
Wyss, Limb. Chron. U ;
Skála, a. a. O.
78, 13
;
102, 7
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
202, 13
;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Bindewald, a. a. O.
142, 11
;
Dietrich. Summaria
25v, 15
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen . (s. v.
güte
1, 35);
Jörg, Salat. Reformationschr.
273, 6
;
285, 16
;
Wintterlin, a. a. O. ;
Meisen u. a., J. Eck
35, 34
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
93, 7
;
98, 35
;
Rwb ff.;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  8,  2.
3.
›leicht, gern, ohne Bedenken‹;
vgl. (Adj.) 14.

Belegblock:

Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
es ist gvetlich tzv gelavben, das den fir hevsser, Sasch, Pairen, Schbaben vnd Francken, [...], fil graffen, heren, riter vnd knecht getzogen sein die herrfart bider die feint Kristi.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
Es wellen auch die geschlechter guͤtlich glauben: [...].
Roth, a. a. O. ; .
Vgl. ferner s. v. .
4.
›förderlich, wirksam; auf ein gewünschtes Ziel gerichtet‹;
vgl. (Adj.) 15.

Belegblock:

Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
so ist sin artzenig dester guͤtlicher.
Klein, Oswald
2, 41
(
oobd.
,
1421
):
der gnad mir an dem leben | und weiss die fraun gütlicher beicht, | in der gebot man mir zerbricht die schin.