grimmig,
grimmiglich
(letzteres vereinzelt),
Adj.
1.
›wütend, zornig, hitzig, haßerfüllt (als mehr oder minder spontaner Gefühlsausbruch); verbissen, erbittert (in einem Kampf); jähzornig (als Eigenschaft und Haltung eines Menschen)‹.
Syntagmen:
g. sein; g. anher laufen / ausgehen / schreien / sprechen / streiten / toben, sich g. erheben, g. um sich stechen, jn. g. ansehen; der grimmige anlauf / mensch / mut / schlag / zorn, das grimmige antliz / gemüt / gesicht, die grimmigen worte
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Iracundus Zoͤrnig grimmig gramm vnwuͤrß zornmuͤtig zornwegig hirnwuͤtig schellig vnwillig entruͤstet.
Luther, WA (
1523
):
darumb, das sie solche wort hoͤrten, wurden sie noch vil grymmiger uber yn, [...], und stainigten yhn.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
568, 1944
(
Magdeb.
1608
):
DEr Koͤnig sahe den alten Mann / | Mit starnden Augen grimmig an.
Ulner (
Frankf.
1577
):
Zůrnen. Boͤß / zornig / schellig / grimmig / erhitzt seyn.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
[Amadis] erzörnet noch mehr [...], daß seiner feind rüstung [...] in stücker auff den platz außgestrewet wurden, also daß jnen vnmüglich, seinen grimmigen anlauff lenger auffzuhalten.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
[zwêne di die tûfele hatten], di gîngen ûz alzů grimmecliche
[
Mentel
:
swerlich
; Var. um 1475
2
:
grausam
],
alsô daz nîmant mochte gên durch jenen wec.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
70, 9
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Das volk vurcht nicht den tot, wen si sint sundirlichin stark unde grymmege striter.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
10, 28
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Er sol auch betrachten, wie gutig, milt und parmherczig er sey [...], ob er sey senft oder grymmig und unruig und ungestöm.
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
4, 2
(
Coburg
1626
):
Denn der HErr hat mich voll Jammers gemacht am Tage seines grimmigen Zorns.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Denne sint etliche menschen so zornig und grimmig.
Lossest in [Got] mit eime minneklichen frúntlichen gůtlichen antlit, so vindest du in mit eime grimmigen zornigen urteilenden antlit.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Den sechsten nempt man Zorn, | Von dem ist manig man verlorn, | Wan er ist grimmeklichen | Und wil nieman endwichen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Grimmig / gaͤch vnd hitzig gmuͤt oder verstãd [...]. Haͤfftiger vnd Grimmiger krieg / wenn zwen zeüg wider einanderen traͤffenlich verhetzt vnd ergrimmet sind.
Sappler, H. Kaufringer
13, 401
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si lief hain in grimigem muot.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Grimmig / wuͤtig / vnsinnig / tobend / vngeschlacht / zornig / furiosus, rabidus [...]. Ein grim͂iger vnsinniger Mensch.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
[Karulus der grozz] het ain grimmiges
(hier wohl: ›wild, urwüchsig, markant‹)
gesicht und waz acht füzz lang.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
85, 29
(
tir.
,
1464
):
da hueb der fürst der chëczer an [...] mit grimmigen worten.
Ebd.
88, 39
:
da der pös wüetreich höret seine güetige vnd sënfte wort, da ward er ie lënger ie zörniger vnd grimmiger vnd zoch das swërt.
Peil, a. a. O.
637, 4085
;
641, 4238
;
647, 4415
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Koppitz, Trojanerkr. ;
Löffler, Columella/Österreicher ;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
546, 6
;
Roth, E. v. Wildenberg ; ;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  5, (Adj.) 3.
2.
›grausam, unbarmherzig, menschenverachtend; gnadenlos, rücksichtslos (von menschlichem Verhalten); böse, schlecht, sündig (in moraltheologischem Sinne); fürchterlich, schrecklich (von Ereignissen und Handlungen in ihren Auswirkungen auf den Menschen)‹; ›bitter (von Kälte)‹.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 67, ,  1,  1,  12,  14, , , .
Gegensätze:
(Adj.) 3,  1,  12,  12.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Her leit den grimmigen tot | Vor alle sine irkornen | Und loste die vorlornen.
So sie die manicvalden not | Biz an den grimmigen tot | Und die tuvele sie bekorten.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Crudeliter. Grausamlich grimmiglich.
Luther, WA (
1544
):
Wie kan denn dieser Cain so unbarmhertzig und grausam sein, das er sein eigen blut und fleisch so grimmig ermordet?
Froning, Alsf. Passionssp.
5992
(
ohess.
,
1501ff.
):
ich sach die grymmigen dyn kynt fahen | und eß an eyn grußlich crucz slahen.
Ebd.
6090
:
Symeonis grymmig swert | das hot mich wol befunden.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Dar nach jach Job: ,du bist mir hart | In eynen grymmeger gekart‘.
Got di selben wol irkennet | Und sy unbarmherzik nennet | Wan sy uz dem wege huchen | Und gar grymmeclich gebruchen | Der gewalt di in geben ist.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 1
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Grimmiger vertilger aller leut, schedlicher durchechter aller werlt, freissamer mörder aller menschen, her Tot, euch sei verflucht!
v. Tscharner, Md. Marco Polo
7, 27
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Das volk des richis sint gar grymmege rouber, is ensi das von getwange der Tartirn si nicht enturren beginnen.
Sermon Thauleri
80b, 2
(
Leipzig
1498
):
ich sage dir das du vyl starcker grimmiger veinde hast.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
148v, 48
(
Leipzig
1588
):
Ein grawsame grimmige Hungersnoth / die zu vielen argen Rath vnd That gibet.
Ebd.
152r, 23
:
das der Reuter auff dem Fahlen Pferde so viel Menschen / on allen vnterscheid [...] / gantz grimmig vberfellet.
Göz. Leichabd. (
Jena
1664
):
Wo der Tod zwei treue Herzen Grimmig von einander reißt.
Böhme, Morg.R.
151, 32
(Hs. ˹
schles.
,
1620
˺):
du bist uͤberall also / nur in den grimmigen Teuffeln nicht / die haben dich verderbet in sich.
Ebd.
154, 10
:
Auff dieses hat nun der gantze GOtt das Juͤngste Gerichte beschlossen / da will er das boͤse von dem gutten scheiden / und das gutte wieder in die sanffte und liebliche wonne setzen / [...] und will das grimmige dem Koͤnig Lucifer zu einer ewigen behaußung geben.
Henschel u. a., Heidin
196
(
nobd.
,
um 1300
):
Hilf dir selber noch vz der not | Sint daz der grimmige tot | Gerne bi dir wolde wesen.
Pyritz, Minneburg
2632
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Von leides grymmigen morden | Ist sie nu gar derstorben.
Gille u. a., M. Beheim
161, 467
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
des grimigen fegfeuers prant.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
17, 70
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
in dem end dez ertrichs, ist die hicz swefelischs fewers, der frost der grymmigen kelt.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
345, 4
(
els.
,
1362
):
Also lange din gemahel din nút geweltig ist worden so erzeuget er sich gar senftmuͤtig: wenne aber er eine wile mit dir gewonet hette, so wirde er uber dich gar grimekliche herschende.
Ebd.
785, 17
:
O Kyliane du pinigist mich gar grimmeklich!
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
her Barnabas was ain pös und griemiger her.
Qu. Brassó
5, 438, 37
(
siebenb.
,
n. 1646
):
Sobald der Battory vermerkt, daß man ihn nicht einlassen wollt, hat er die Stadt grimminglichen belägert.
Helm, a. a. O. ;
Feudel, Evangelistar
138, 21
;
24
;
Päpke, Marienl. Wernher ; ;
Brandstetter, Wigoleis
216, 23
;
Eschenloher. Medicus ;
Klein, Oswald
22, 66
;
Voc. Teut.-Lat.
m viijr
;
m vijv
.
Vgl. ferner s. v.  2,
1
 7,  1,  1.
3.
›gefährlich, furchterregend, bedrohlich, wild (von Tieren)‹.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
96, 1672
(
Magdeb.
1608
):
Fuͤr Fewr / fuͤr Dieb / fuͤr Kriegesknecht / | Fuͤr der grimmigen Thier Geschlecht.
Perez, Dietzin
1, 406, 9
(
Frankf.
1626
):
sagt aber doch [...] seiner lieben Haußfrawen mit waren worten zu / sich an keine hawende Schwein oder andere dergleichen grimmige Thier zu wagen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
38, 13
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
di lewin do gar groz sint unde grymmyk.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Leipzig
1537
):
Vnder dir [Gott] ist der hellisch trach, | Der grymmigk law muß fliehen dich.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
wann inwendig seint sy grimig wolff
[Var. um 1475
2
:
zuckend
;
Luther
1545:
reyssende
].
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Kament sú do fúr ain hol | Grosser, grimmer draken vol. | Die kament mit grimlichem můte | Gegen dirre samenunge gůte.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu haizt rê ze däutsch und ist gar ain grimmigz tierl under seinem gesläht.
Karnein, Salm. u. Morolf
555, 5
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 94, 284
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 70
.
Vgl. ferner s. v.  1.
4.
das Normalmaß übersteigend, ›heftig, arg, sehr, stark, schlimm‹; speziell: ›lautstark (von Geräuschen)‹.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
537, 976
(
Magdeb.
1608
):
das Manthier nam sein schwerdt / | Vnd schlug so grimmig auff das Pferdt / | [...] | Das es aus schreckn die sprach verlorn.
Froning, Alsf. Passionssp.
2403
(
ohess.
,
1501ff.
):
die Judden han eren nyt | ßo grymmiglichen uff mich geleyt!
Gille u. a., M. Beheim
70, 21
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
von solchen ern so hohen | Viel er in hochvart grimiclich | und sprach hochmutigelichen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
In dem die stud den fuß auffzug | Und den wolff gar grimmiglich schlug | Ant stiren mitten auff den kopff.
Ebd. (
1558
):
Der hunger ihn noch grimmig kehrt, | Das er sein eygen fleisch auch fraß | Und dennoch nicht ersettigt was.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Wan alles ertrich erschutte sich | Von bidnen, citeren grimeklich.
Heydn. maister
16v, 3
(
Augsb.
1490
):
ist ein offen vnd das ander ein verborgen übel. Vnd ein schedliche betruͤglicheit vnuerhoft / ist grÿmmiger vnd krefftiger czů schaden dienene.
Klein, Oswald
49, 23
(
oobd.
,
1408
?):
Los, frau, und hör des hornes schal, [...] | wachter! ich spür dein zoren michel gross. | [...] | das horen pollret grimmikleich.