graue,
grauen,
der
.
1.
›Furcht, Angst, Schrecken, Entsetzen vor jm. / etw.; existentielle Angst vor der Strafe Gottes, besondere Gottesfurcht aus Verzweiflung über die eigene Sündenschuld‹; dazu ütr.: ›Unheil, Unglück‹; offen zu 2.
Phraseme:
jm. einen grauen machen
›jm. einen Schrecken einjagen‹.
Bedeutungsverwandte:
, ,  1,  1, .

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Os.
13, 1
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
Eyn grow gink Israhel an, do Effraym rette.
Ebd. Dan.
10, 7
:
ich Daniel sach dis gesichte alleine. abir di manne, di mit mir waren, si sahen iz nicht. mer groser grue quam si an
[
Luther
1545:
Doch fiel ein gros schrecken vber sie
]
, und sie vlogen zu winkil.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Daz der schime des todes scharf | Nicht so grozen gruwen warf.
Eyn gesichte mich ane vacht | In grozem gruwe bin der nacht.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Owe! welch ein tuwer couf | Ist geschen an der stunde! | [...] | Horet, von disme gruwen | Koset Jeremyas so.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 14
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
graue und forchte scheiden von euch nicht.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
14, 78
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
in allen deinen werken gedenck dein leczte ding, das ist den grawen des tods, das forchtleich.
Ebd.
18, 105
:
O herre mein got, was ist das, das ich beschaw in dem ertrich der armüt und der vinsternuße? Grawen, czittern und vorcht.
Gille u. a., M. Beheim
445, 115
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wann sa der man | den andern lachet an | und tut, als er im gutes gan, | daz er in hinder wercz verrat, | das muss er haben grawen, | als es nun in der welte stat.
Ebd.
449, 759
:
[ein Bußfertiger im Fegefeuer]
das braht im kainen grawen, | wann er sicher und ledig gie.
Fischer, Folz. Reimp.
3, 188
(
Nürnb.
1480
):
Nun hab ich heimlich mir gedacht, | Wie das dem würd ein graw gemacht.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Ob dir vor grawen schewcze, | So fleuch unter das kreucze.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 37, 6
(
halem.
,
n. 1529
):
So hat ouch der herzog von Borbun [...] zůgeschriben einer stat Bern [...], keinen gruwen ab sinem wol verursachten abfal zehaben, er waͤre ie und ie einer stat Bern [...] guͤnstig gewesen.
Brandstetter, Wigoleis
203, 27
(
Augsb.
1493
):
wann diser grauwen prent mein hercz on massen ser.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Sölche forcht und schrecken mêrten [...] kaufleut, die sagten den Römern grossen grauen vor, wie die Teutschen lauter unsinnig teufel wärn.
Klein, Oswald
23, 143
(
oobd.
,
1425
):
wurd mich der richter hauen | mit seinem strengen sail, | Owe des grossen grawen!
Pfeiffer, Nic. Jerosch. Chron.
168
;
Ziesemer, Proph. Cranc Ez.
32, 10
;
Peil, Rollenhagen. Froschm.
320, 1859
;
Hübner, Buch Daniel ;
Asmussen, Buch d. 7 Grade
551
;
Wagner, a. a. O.
15, 47
;
Mayer, a. a. O. ;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var.;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v. .
2.
›Ekel, Abscheu; Appetitlosigkeit, Übelkeit‹.
Bedeutungsverwandte:
(
der/die
1, , (
der
),  2 (subst.),  3, , , , , , , , .
Gegensätze:
1
 1.
Wortbildungen:
grauenis
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vomitus. Vnwill vndaw graw.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
fetor, horror, contraria voluntas. daz ist hitze kelde vinsternisse | worme stank und gruwenisse.
Schwartzenbach
Vv
(
Frankf.
1564
):
Abscheuwung. Grauw. Greuwel [...] Mißgefallen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Kum, sunder, clage din leit | Deme priestre mit ruwe! | Vor dir wirt im ein gruwe, | Nicht dich en zu versmehen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
41, 15
(
omd.
,
1487
):
Szo sÿe dye kranckeitt offinbart. ÿr man ör derhalben mocht gram werden, adder ein graẃen zcu ÿr gewÿnnen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3012
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ess muss der mensche di gedancken sin | in gotes liebe alle ziid keren, | [...] | unnd sine sunde sich lassen ruwen, | so gewinnet her kegen der unkuscheit gruwen.
Mylius (
Görlitz
1577
):
Fastidium stomachi Grawen / Eckel fuͤr der speiß.
Fischer, Folz. Reimp.
41, 35
(
Bamb.
1485
):
Wo graw zu ander speis wer sust, | So pringt doch dis
[Konfekt]
der zungen lust | Mit seinem süssen, linden piczeln.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Als ob er die verachten thet, | Und einen grawen darob het.
Fastnachtsp. (
Straßb.
1504
):
Das turst vnd hunger eim verlischt | Graw vnd vntewung sich ein mischt.
Bauer, Geiler. Pred.
95, 29
(
Augsb.
1508
):
so geet etwann auff im hertzen des menschen ain grawen und ain schwelckender unwil. auß betrachtung der schnoͤde [...] der sünden / macht sollich hertzberuͤrung / das der mensch diße ungeschaffenhait der sünden außwirfft durch seinen mund / mitt warer beicht.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Grawen / grawlen / grausen / einen eckel grawel vnd widerwillen haben.