grat,
der
;
-es/-e
, auch
, jeweils + Uml.;
zu
mhd.
grât
›Fischgräte‹
().
1.
›Fischgräte‹; hierzu als Ütr.: ›Hauptrippe, Streifen im Gewebe, „eine Art Weberei‹ (so ).
Phraseme:
bis auf den grat
›völlig, vollständig‹;
ane alle gräte
›ohne Einschränkung, ohne Vorbehalt‹.
Wortbildungen:
1
gräten
(V.) ›entgräten‹,
gräten
(Adj.) ›gerippt‹,
grätisch
›rippenartig gewebt‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
die armen Unterthanen bis auff den grat ausschinden und schatzen, bis sie sich selbs in solchen unrat [...] gefurt haben, das sie [...] verarmen.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
363, 2
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
Swer inneclichen liep hat stæte | den zarten süezen got ân alle græte, | der minnet ouch diu gotes gebot.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 33, 17
(Hs. ˹
md.
,
v. M. 14. Jh.
˺):
gib und gib; habet ir den grat, | ich gibe den visch vür missetat.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
md.
1521
):
uns armen leut schätzen sie biß uf den grad.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
sy knagent uch reicht vp den grait.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
da wart Lins uf dem Rine gewonnen, also daz si irstegen wart vnde wart gare geplondert bit uf den grait.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Jr seid nicht Visch biß auff den grad.
Ein alter Kessel one rham, | Ein grosser Fisch on allen gradt, | Jst alls wider Natuͤrlich art.
Hajek, Gůte spise
36
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Nim einen frischen hechede vnd loͤse abe die hut [...] vnd loͤse vz die grete.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
vor 1483
):
wir haben versaumpt das gut wilpret | Und müßen nun nagen neur pain und gret.
Ebd. (
n. 1450
):
Der esel ist mit eim greten sammet verdeckt.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
das manicher an den vischen aß, das im die gret im hals besteckten.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
mit welichen [...] zwangksailen mir biß uff den aller hindersten grad [...] ausgemergelt worden sein.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
81, 2
(
els.
,
1362
):
Do der rihter eins visches essen wolte do gesteckete imme ein grot in sinre kelen.
Adrian, Saelden Hort
8830
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
die junger von den tischen | bruchprotes, greten, vischen | fulten do vil schiere | brot corb dristunt viere.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1550
):
Von ainem graͤtischen paͤllin barchat.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Graͤten den fisch / exossare piscem.
Niewöhner, Teichner
73, 10
(
moobd.
,
1360
/
70
):
er ist nicht vrisch untz an den grat
[wohl verderbter Text; s. o. den Beleg von
Waldis
).
Kurz, a. a. O. ;
Barack, Teufels Netz ;
Wiessner, Wittenw. Ring
5900
;
Hulsius
G iiijr
;
Dietz, Wb. Luther ;
Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 116
.
2.
›Rückgrat, nach außen als Kamm sichtbare, als gefährlich angesehene Wirbelsäule von Tieren; scharfer Knochen, Gebein‹; auch: ›Adern in Früchten‹; an diese Position als Ütr. anschließbar: ›innerer harter Kern eines Holzes, Stammes‹; ›Firstbalken des Hauses‹; ›erhöhte, stabilisierende Leiste‹.
Bedeutungsverwandte:
, ,  2;
1
 1.
Wortbildungen:
gratgewelbe
(a. 1564),
gratrucke
›Rückgrat‹ (a. 1475).

Belegblock:

Luther, WA (
1525
):
schinden eynen, das eynen am leib und leben weh thut, biß auff den grat, nehmen hin auch das marck.
Knape, Messerschmidt. Bris.
35, 49
(
Frankf./M.
1559
):
vber den ruͤcken trug er
[Krokodil]
ein [...] scharpff schneidenden schmalen gradt / von lauter hertem horn.
Sachs (
Nürnb.
1566
):
Derhalben in der fisch delphin auch | Von unden auf mit scharpfem grat | Aufschneid und uberwint in glat.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
1217
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
So man das ruͤrt, so ist das lind | Und hat doch als gar geschwind | Durch boret des herten holtzes grat.
Brandstetter, Wigoleis
209, 14
(
Augsb.
1493
):
[ein solich vngeschickt grausam thier] von dem haupt biß in den schwancz eynen starcken scharpffen gradt.
Chron. Augsb. Anm. 4 (
schwäb.
,
1435
):
hächßen, grätt
1 ℔ (Regestbeleg).
Henisch (
Augsb.
1616
):
Bein [...] knoch / gebein / Graͤt inn den grossen Thieren / fruͤchten vnd Fischen.
Graat / der oberste Balck deß dachs / nach der lenge gelegt / columen, trabs sustentans molam tecti.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
etleich würm sint ân füez, iedoch habent si pain in irm leib oder græt, sam die slangen habent.
Schwäb. Wb. ; ; . – Vgl. ferner unter Bed. 5.
3.
›Bergrücken, Bergkamm; Höhe‹; als Ütr. anschließbar an 2.
Wobd. / oobd. und inseldt.
Phraseme:
grund und grat
(Pertinenzformel).
Bedeutungsverwandte:
 6.

Belegblock:

Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1352
):
mit allen dingen, so dar zů hoͤrent, wa die in gruͥnden und uff greten gelegen sint.
Merz, Urk. Wildegg
26, 10
(
halem.
,
1411
):
mit steg weg wasser wasserruͥnsse, mit weid eczweid, mit grund mit graͧd.
Maaler (
Zürich
1561
):
Der Grat oder rugk eines bergs. Dorsum.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Dein Er durchgaͮt | Des himels grat.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
2, 5
(
noobd.
,
1347
/
50
):
So ist doch adel mein verpfliht. | Das pest, das edel sinn hat, | Ist, das er sitzt auf hohem grat.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1565-81
):
biss an den heiligen stain der auf dem gradt aller höchst steet, vom selben gradt abwerts biss in Lerpach.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
88, 19
(
mslow. inseldt.
,
1609
):
Ein ackher in Mohenland, Zween ackher am gradn.
Wopfner, Urk. Agrargesch.
346, 14
;
Vorarlb. Wb.
1, 1231
.
4.
›scharf schneidendes Werkzeug; scharfe Kante‹; ütr.: ›Schärfe, Spitze‹; nicht in allen Belegen von 2 trennbar.
Phraseme:
sonder grat des fleisches sat werden
›ohne scharfes Zupacken etw. erreichen‹.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
532, 803
(
Magdeb.
1608
):
Weil jhr [Weyhe] klawen sind scharff als graten / | Vnd das fleisch nicht wol taug zu braten.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Di fumfte geist des rates, | Der nicht in im hat grates.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Wer gybt uns daz wir sunder grat | Sines vleysches werden sat?
Pyritz, Minneburg Prolog II,
20
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
ir [mynne] lere snydet sam ein grat, sie hat ie messers art.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
di losen, | Di smaichleich chunnen chosen | Und sneiden mit ir zungen grat.
Jr tzung di sneidet als ein grat.
Gereke, Seifrits Alex.
6629
(
oobd.
, Hs.
1466
):
die [amayssen] warn gros als die hundt, | ir zend scharff als ain gratt.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
106
(
oobd.
,
1607
/
11
):
1 seltzam krumb bain, scheint ein grosser wilder schweinzan sein, [...], hatt uff beiden seitten gleichen gradt oder fasen.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
4, 5
.
5.
›Granne, scharfe Spitze von Getreideähren; Dorn; Rute, dornenbesetzte Peitsche‹; auch ›Baumstumpf‹.
Bedeutungsverwandte:
 3.
Wortbildungen:
gratblok
›Baumstrunk‹ (a. 1552),
grätstecke
›kurzes Spitzholz zur Einfassung und Erhöhung bzw. zur Pflasterung von Wegen‹.

Belegblock:

Voc. inc. teut.
k ijr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Grad dorn Spina.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
darnach ein teil | Hat der halm herwe grete.
Der vlegel danne drumet | Abe die grete stichel.
Turmair (
Augsb.
,
1517
):
arena arista ,grad, am, êher‘ ab areo.
Bremer, Voc. opt.
278
(
wobd.
,
1328ff.
):
Spina grat [...] grad [...] graͮt [...] graut [...] grott [...]. Spina [/-ne] proprie est aculeus arbustis innatus, sed metaphorice [spina] dicitur ossea uel cartilaginea columpna ex multis ossibus uel cartilaginibus constituta per longitudinem dorsi descendens ad clunes. Et dicitur sic, quia multos habet radios acutos ad modum spinarum. Vnde eciam huiusmodi radii aut aculei in piscibus vocantur spine.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
München
1586
):
Sie schlugen in
[Jesus]
mit Graͤten vnd Geiseln.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1597
):
ist ime mit vorwissen vergünstigt holz zu gredstecken, kampholz und dergleichen.
6.
mit Adjektivattribut oder genitivus definitivus für den Inhalt des Adjektivs bzw. Substantivs; diese stehen für Sünde, Strafe, Falschheit, Verderbliches u. ä. Eigenschaften.
Älteres Frnhd.; Verstexte.

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
So ste wir uf von todes grat | Czu dem leben.
Merket, vor der marter grat | Di einunge Crist erbat.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Verzeren unde hinelege | Wiltu mich durch der sunden grat | Dy mine jugent begangen hat.
Ouch nicht wesen gantz noch stete | Uwer wort vol valscher grete.
Wan er nu gnug gesundet hat, | Ym volget nach eyn pinlich grat, | Der im dort hin ist behalden | Da sin alle tuvel walden.
Pyritz, Minneburg
1598
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Minne, wende noch ires zornes grat | Der usserwelten frawen zart | [...] | In wiplich suße milde.
Niewöhner, Teichner
123, 30
(
moobd.
,
1360
/
70
):
ob er ein zu nachtpawrn hat | der im schicht manigen grat, | daz vertreit er im untz auf den tag | daz ers nymmer vertragen mag.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob .