gründlich,
Adj.
1.
›aus der Erde gewachsen‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Voc. Teut.-Lat.
n ijr
(
Nürnb.
1482
):
Gru͂dtlich [...] fruchtperlich.
2.
›von Grund auf, bis auf den Grund gehend, das ganze Ausmaß einer Sache oder eines Sachverhaltes betreffend; vollkommen; vollständig, komplett, ohne Einschränkung (qualitativ wie quantitativ)‹; speziell: ›endgültig‹; am ehesten hier anschließbar: ›perfekt, kunstfertig‹;
vgl.  12.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.), (s. v. , Adj., 8),  1, (s. v.  16), .
Wortbildungen:
gründlichkeit
›Vollkommenheit, Vollständigkeit‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
Welchs doch der recht grundlicher, gewisser verstand sey dieses sprüchs.
Ziesemer, Proph. Cranc Os.
9, 8
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
gruntlichen
[
Luther
1545:
zu tieff
]
haben sie gesundegit als in den tagen Gabaa.
Jostes, Eckhart
17, 27
(
14. Jh.
):
Di gruntlicheit des mugenliches geistes chomet (er) und runt ze den orn der man.
Köbler, Ref. Franckenfort
43, 11
(
Mainz
1509
):
woͤlle͂ wir / das fürther mehr in vnser statt [...] alle ligende güttere die syen grüntlich oder zuͦ einem widderkauff verkaufft / zu Erb oder zuͦ lantsiedelem rechten bestanden [werden].
Küther, UB Frauensee
141, 25
(
thür.
,
1362
):
[das unser ebenant clostir] allir ander schult grundlich unde genczlich sullin [...] ledig syn.
Ebd.
219, 31
(
thür.
,
1446
):
so ist furdir beret umbe daß guͤtgin, [...], darumbe sint sy [eptischin und Hinrich Werman] auch gruntlich voreynt.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
Alsso qwam her [keisser] dornoch [...] unde richte die muter mit dem ssone, unde die von Erfforte [...] gruntlichen unde gantz mit lantgraven Frederichen. mit allen seynen graven unde mannen yn dem lande [...] wart gruntlichen unde gantz do eyn steter frede.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
15, 17
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
leg an klemnüß und vertilge den greulichen
[Var. schwäb., um 1480:
grüntlichen
]
Tot.
Voc. Teut.-Lat.
n ijr
(
Nürnb.
1482
):
Gru͂dtlich. fundati. [...] von wurtzelauff od’ von grundauff.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
130
(
Nürnb.
1517
):
die wurzel der bürden des gesetzs [...] wirdet grüntlich außgereut.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Nu ist sante Kloren orden [...] gestiftet [...] uf ein grüntliches abegon und verzihen allen lüsten diser zit.
Schmidt, Rud. v. Biberach
69, 23
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Dvͥ menslich sel [...] wirt gruntlich enphromdet von ir wesende vnd wirt nider geworfen in versmaht ir selbs.
Ebd.
87, 27
:
Wer sicht die wisheit, dv got ist, der stirbet grundlich dirre welt.
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
Der aber die acht tayl der rede recht verteütschet [...] zum rechte gründtlichen verstandt der Teütschen woͤrter.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Zu eines meinung gründlichen verstand kommen [...] Gründlich wissen / fassen [...] Grundlicher besichtigen oder betrachten.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wie das lanndt so gruntlich durch raub, prannt [...] verdurb.
Franck, Decl.
334, 4
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
6, 15
;
Vetter, Pred. Taulers ; ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
4, 23
;
Vgl. ferner s. v.  3,  2.
3.
›stabil, auf festem Boden ruhend, unumstößlich, sicher, gewiß, eindeutig, zweifelsfrei‹;
anschließbar an 2, offen zu 4; vgl.  2.
Bedeutungsverwandte:
 1.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Solcher bericht ist gewiß und gründtlich.
Anderson u. a., Flugschrr.
15, 15, 10, 5
([
Worms
1521
]):
were an Kayser Hainrichs des sybenden todt schuldig sy ist noch nit gründtlich erkandt.
Sachs (
Nürnb.
1541
):
ist des malers hendt | Ein gantz gründtliches fundament.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
als so einer in der haubtsach die missetat gruntlich mit einem eynzigem guten tuͦgenlichen zeugen [...] beweiset, das heist vnd ist ein halb beweisung.
Ebd. Corr. (
Bamb.
16. Jh.
):
So solle dieselbig dirnn, vmb grundiger sicherheit willenn, durch frauenn, des verstendig, [...] besichtigt, daraus gruntlich erfarnn mag werdenn, ob sie ein kindlein gehabt hab.
4.
›ausführlich, detailliert, genau, ohne etwas Wichtiges auszulassen oder hinzuzufügen, sorgfältig; in die (semantische) Tiefe und damit der Wahrheit auf den Grund gehend (von Berichten und Erklärungen); verständlich, deutlich, für jedermann ersichtlich, die Wahrheit für jeden offenbarend, ans Licht bringend‹; speziell: ›begründet, fundiert, legitimiert, beweisbar, wahr, wirklich‹; tendenziell immer mit Wahrheitsanspruch;
vgl.  89101112.
Bedeutungsverwandte:
,  12, , (Adj.) 1012, .
Syntagmen:
g. fragen, etw. g. anzeigen / artikulieren / ausweisen / erfaren / erklären / erkunden / erweisen / sagen / schreiben / verfüren / verkünden, jm. etw. g. auslegen / bedeuten; der gründliche bericht, die gründliche beschreibung / lere / ursache
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
das man [...] zusehe, was grundlich rechte lere und die warheyt sey.
das ist auch die rechte grundliche ursache, warumb sie solche widderrede nicht wolten uberreichen selbs.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
549, 1345
(
Magdeb.
1608
):
Der Wolff solt bey nacht schleichen gehen / | [...] / gruͤndlich erfahren / | Was jhre Feind fuͤr Leute waren.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
10, 17
(
Frankf./M.
1568
):
Wie denn in disem Buͤchlin von allen Staͤnden / [...] gruͤndtliche vnd eygentliche beschreibung ist.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
5, 12
(
Frankf./M.
1626
):
Geschichte / Von der [...] Eroberung deß heyligen Grabs / [...] in dem gedaͤchtnuß der mehrertheils Menschen erloschen / Vnnd den wenigsten darvon etwas gruͤndtliches wissent.
Küther, UB Frauensee
401, 15
(
thür.
,
1531
):
Weyder weyß er kein grundlich bericht, den das der grundt unnd both des closters zum Sehe gehor.
Logau. Abdank.
166, 5
(
Liegnitz
1651
):
Mich duͤncket / es kan gruͤndlicher gesaget werden: Frome Christen sterben nicht.
Gille u. a., M. Beheim
79, 129
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
darumb ir nit so gruntlich hy | furbas mer fragen selte | Als in apostolo in mas.
Ebd.
96, 292
:
die hailgen geschrifft den leütn | gruntlich auss legen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz ist daz grundlos tiefes abgrúnd allen creaturen und im selber grúntlich
(laut
H. Kunisch
, Das Wort „Grund“ [....]. 1929, 86: ›erkennbar‹)
.
Wyss, Luz. Ostersp.
58
(
Luzern
1583
):
Die heilig gschrifftt dasselb gar grundtlich seit, | Wie anfangs Gott Adam vnd Eua schuͦff.
Maaler (
Zürich
1561
):
Grundtlicher vnd beobachtlicher / mit stiller betrachtung von einer sach vrteilen.
Meisen u. a., J. Eck
21, 27
(
Ingolst.
1526
):
bin ich verursacht worden, sollich vermainte „Verantwurtung“ warhafftiglich abzuͤlainen unnd wie sich die sach verlauffen, gruͤntlich annzuͤzaigen.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
1, 42, 11
(
moobd.
,
1524
):
daz hinfuran dieselben malefizigen person drey tag nacheinannder [...] gefragt, vnd Ir Vergichten grundtlich, vnd wol erInndert werden.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
242
;
Ries, Rechenb.
34v
, 13;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
169r, 1
;
Gille u. a., a. a. O.
453, 2575
;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Franck, Decl.
355, 11
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
137, 15
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 14, 7
;
Wyss, a. a. O.
10683
;
Lauater. Gespaͤnste
39v, 7
;
Heidegger. Mythoscopia
71, 20
;
Bauer, Geiler. Pred.
471, 12
;
473, 16
;
Kohler, Ickelsamer. Gram. ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Vgl. ferner s. v.  2,  25,  4, ,
4
(Adv.) 1,  13, .
5.
›präzise, genau; berechenbar, nicht spekulativ (in bezug auf die Naturwissenschaft)‹.

Belegblock:

Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
108, 5
(
Frankf./M.
1568
):
So pfeiffen wir hie alle drey | Mit Schwegel / Zincken vñ zwerchpfeiffen | Darmit wir gar gruͤndtlich ergreiffn / | Die Thon der Lieder.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
ist mir der Kern der Astronomischen Tabelln [...] von gruͤndlicherer gewißheit [...] zu handen kommen.
nemlich der Geometriæ und Arithmeticæ gruͤndliche wissenschafft.
Memminger Chron. Beschr. (
Ulm
1660
):
wann nun die Kunst / die Erfahrenheit / vnd die gruͤndliche Wissenschafft darzu kaͤme / was koͤndte man nicht mit geringem Vnkosten außrichten?
6.
›aus der Tiefe des Herzens kommend, wahrhaftig, tief empfunden; eigentlich, ehrlich, dem wahren Denken und Fühlen entsprechend‹;
zu  9.

Belegblock:

Luther, WA (
1528
):
eine tochter Zion, die da recht gruͤntlich Christum für ein senfftmuͤtigen Koͤnig auffnympt.
es war kein gruͤndliche busse.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
104, 5
(
um 1571
, Hs.
1615
):
Das baide Personnen Adam vnnd Christus vnnd baide Paume nicht ausser vnns [..] sondern in Vnns miessen erkennt werden, so wir wollen grüntlich in Christo Philosophieren.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
367, 4
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
Die niunzic slüzzel sich beginnen | in den sehs stimmen, die muoz kunst durchsinnen, | [...] | aht dœn gruntlîchen minnen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
das ist ein war verloucken der mensche sin selbes und ein luter gruntlich blos meinen und minnen Got.
das er [mensche] in ime vinde ein gruntlich getrúwelich mitliden mit sinem nechsten.
Ebd. (
1359
):
und er [mensche] denne ein innerlich súftzen uslat usse eime gruntlichen bekentnisse siner gebresten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Grundtlich vnd warhafftigklich von eim handel reden.
Wyss, Luz. Ostersp.
546
(
Luzern
1583
):
Schrybend die vff in v̈wer hertz | Vnd tragend darumb grundtlichen schmertz, | Bittend, das v̈ch Gott wölle die vergän.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Und tet solche greuliche ding alle under ainem schein, sam er kaisser Maximino treu wär, [...]. Doch war sein grüntliche und entliche mainung, das er mêr unlusts und unwillens under den gemainen man wider Maximinum machen wolt.
7.
›grundlegend, fundamental, essentiell, den Kern, das Wesen einer Sache ausmachend‹;
vgl.  10.

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz alle kreaturen ewklich in gotte sint got und hein da enkeinen gruntlichen underscheit gehebt, denn als gesprochen ist.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
281, 2
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
Nu ist wesen daz, [...] daz einem ieklichen dinge aller grüntlichest ist inne.
8.
›ursprünglich; einen allerersten Anfang, die Wurzel habend‹;
vgl.  12.

Belegblock:

Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
127
(
pfälz.
,
1436
):
dauon [liecht der sonnen] auch alle erkentnis der vernonfftikeit erspringt vnd sinen grüntlichen anfangk hat von dem jnnerlichen liechte der sele.
Ebd.
133
:
Dauon wer geleret werden wil, der lese jnnerlichen jn dem obgenanten liecht, dar jnne grüntlich künste vnd togend ein anfang hat als der bauͦm ein uffwachsunge von siner wortzeln.