glosieren,
V.
1.
›etw. auslegen, deuten, aufschlüsseln; etw. mit erklärenden Hinweisen versehen; seinen Willen kundtun‹;
zu (
die
1.
Bedeutungsverwandte:
 11,  13,  4; vgl.  1.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
1, 386, 30
(
preuß.
,
1422
):
das her [herre] dieselben [briefe] recht lose glosiren, czu welchem rechte der brieff lute.
Luther, WA (
1521
):
ynn dißem [...] capittell glosiert sich der herr selb.
Ebd. (
1529
):
das dis Buch ist ein auslegung des Gesetzes [...], Moses fehet an die Gesetz zu glossieren.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8741
(
rib.
,
1444
):
Id is mir leyff dat du Iacobs worde | Also glosiert hais an dem orde.
Voc. Teut.-Lat.
l ijr
(
Nürnb.
1482
):
Glosiren tichten bedeuten. commentari.
Sachs (
Nürnb.
1524
):
Da wirt sich die falsch vernunfft fein außwicklen und ir sach gerecht glosiren.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
daz beschaidet úns sant Augustinus und glosiert die rede.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm ;
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch .
2.
›etw. durch klügelndes, sophistisches Kommentieren in seiner Wahrheit antasten, beeinflussen, verfälschen, etw. beschönigen, bemänteln, subtilisieren, übertünchen‹; zum Orientierungsfeld gehören z. B.
1
 8, ,  4,  3, , ,
1
,  5, , ,
mit lindensaft schmieren
(s. v.
1
 1);
zu (
die
2.
Bedeutungsverwandte:
 11, ,  2, .
Syntagmen:
den babst, einen artikel / brief / frieden, die handfeste / schande, ein fürnemen / gebot, das unrecht g., etw. wol / anders, des gefallens, mit gutem schein, nach dem kopf, nach eigenem willen, nach seinem dünkel g
.;
die glosierende conscienz
; subst.:
sich mit glosieren ausreden, jn. mit dem glosieren unbekümmert lassen, etw. nicht viel glosierens bedürfen
;
das sinliche glosieren
›Verführen mit veranschaulichendem Auslegen‹.
Wortbildungen:
glosierer
(a. 1472),
glosierung
.

Belegblock:

Anderson u. a., Flugschrr.
26, 7, 7
(o. O. [
1522
]):
dz sy vns mit irem glosiern vnd außlegen vnbekuͤmert liessen.
Toeppen, Ständetage Preußen
1, 440, 19
(
preuß.
,
1425
):
so dirfaren wir heimlich ofsatcze unser erbar luthe, das sy ire brieffe und hantfeste heimlich lassen glosyren und artikele dorus czihen.
Luther, WA (
1521
):
sind das nit feyne gloßirer ?
Ebd. (
1525
):
die, so des worts Gott misbrauchen und glosierns nach yhrem dunckel.
Ders. Hl. Schrifft. 1. Tim.
6, 4
Marg. (
Wittenb.
1545
):
Lügen ist allezeit siech / vnd darff viel flickens vnd glosierens.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
das helle vñ heiter wort Gottes / [...] / durch erdichte / vngereimpte / falsche / Sophistische vnd nichtige Glosieru͂g vnd deutung zuͦ verdunckelen.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wanne her eyn artikel lass, so glosirte on danne er apel, unnd do sprach danne grafe ernst: Lieben hern unnd frunde, an worten gebricht ome nicht, her kan wol ge glosire.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
197, 3
(
Nürnb.
,
1446
):
Wort, die sich hie entschüldigen, die seyn übrig, ader glosirn, das als yn wol geuelt.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
prediger, die uns das hailig ewangelium und gots wort lawter und clar on ainiche scharpfsinnige glossierung oder zusatz der menschen predigen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Was sein vernunfft nicht kan verstan | Da wil er auch nicht glauben han, | Sonder nach seinem kopff glosirn | Und nach seinem sinn exponirn.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
die maister machent unrecht zu recht, übertretent sy im rechten, so glosierentz, wie sy wend.
Lemmer, Brant. Narrensch.
104, 55
(
Basel
1494
):
Jch soll es [schiff] doch eyn wenig faͤrben | Vnd nit mit eychen rynden gaͤrben | Sunder mit lynden safft ouch schmyere͂ | Vnd ettlich ding ettwas glosyeren.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3268
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Do kament sye für Rate gan | Vnd wolten sich mit vil glosieren | Vßreden kluͦg, mit disputieren.
Jörg, Salat. Reformationschr.
166, 8
(
halem.
,
1534
/
5
):
darzuͦ sich Zwinglj / mit allen der sprachen koͤnnenden und glerten vereinbart / die gestellten artickell comentiert / glosiert / bücktt / gwunden / und traͤytt / der maas das [...].
Ebd.
664, 16a
:
den landfriden dahin zuͦ bucken / und zuͦ glosiern / das man nit schulldig sig.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Fuͤr kauff vnd Wucher seind gemein / Glossieret mit einem guten schein.
Niewöhner, Teichner
464, 534
(Hs. ˹
moobd.
,
1370
/
80
˺):
aber waz man vinger zaiget, | daz beleibt in ainem slag | daz mans nicht glosieren mag.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 593, 22
;
Strauch, Schürebrand Var.; Var.;
Klein, Oswald
116, 43
;
Dietz, Wb. Luther ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
3.
›etw. übersetzen, (ins Deutsche) übertragen‹.
Bedeutungsverwandte:
 12, , .

Belegblock:

Rot
314
(
Augsb.
1571
):
Clossirn. Anders Teutschen / außlegen / vertolmetschen.