glocke,
die
;
-Ø/-n
.
1.
›Glocke, deren Schallvolumen eine über das Haus, eine einzelne Zusammenkunft / Versammlung übersteigende Reichweite hat und damit eine räumlich zusammenhängende Siedlungs-, Rechts-, Wirtschaftseinheit akustisch zu erreichen in der Lage ist‹; in den Belegen stehen folgende Funktionen der Glocke im Mittelpunkt: Mittel der Tagesgliederung nach dem von der Kirche vorgegebenen gottesdienstlichen Ritual, damit gleichzeitig Instrument der Zeiteinteilung, speziell der Ankündigung des Beginns und Endes der Tagesgeschäfte, Instrument zum Aufruf der Mitglieder einer Sozial-, Wirtschafts-, Rechtseinheit zu Versammlungen, zu Sitzungen, speziellen Terminen; Instrument zur Koordination von Reaktionen auf Naturkatastrophen, innere Unruhen, Angriffe von außerhalb, Mittel zur Bekanntgabe bzw. Behandlung aller die betroffene Einheit angehenden Angelegenheiten.
Bedeutungsverwandte:
 1.
Syntagmen:
die / eine g. läuten
(häufig)
/ anziehen / anschlagen / bauen / erhalten / machen / rüren / schmelzen / täufen / weihen, eine g. in bau halten, hosianna nennen, zu der leiche brauchen,
˹
hinweg, aus dem turn tun
˺ (jeweils als Strafe);
die g
. (Subj.)
schlagen
(oft)
/ klinge(l)n, die stunde schlagen
(zur Angabe der Zeit),
das volk ermanen, zu gericht läuten
›zur Sitzung eines Gerichtes rufen‹, [wo]
hängen, das wetter, die teufel im wetter vertreiben, eine deutung haben
;
etw. werter als die g
. (das Glockengeläut als kirchliches Handlungsritual)
sein
;
aus glocken büchsen machen, mit allen glocken läuten, mit der g. anschlagen
(z. B.
einen sturm
)
/ läuten
(z. B.
ein zeichen
),
mit der g. ausziehen
›unter Glockengeläut ausziehen‹,
die arbeiter vor der g. gewinnen, vor der g. nichts kaufen, zu der g. erscheinen
›sich in der Nähe der Glocke aufhalten‹,
etw. zu der g. geben / sammeln, die g. des bistums, ane schwengel, von gold / silber
;
der klang, das zeichen, die unterhaltung der g
.
Wortbildungen:
glockenbatze
a. 1599 (Gw zu  4),
glockenbote
›von der Papstkirche entsandter Sammler von Glockengebühren (als Teil des Ablaßwesens)‹,
glockendienst
(a. 1615),
glockenei
(dazu bdv.: ),
glockenerz
,
glockenfet
(a. 1600; analog
glockenbrot
),
glockengarbe
(analog
glockenbrot
),
glockengebrauch
,
glockengeläute
,
glockengeld
(Beleg s. v.  7),
glockengel(le)
(Gw zu mhd.
gellen
›gëllen machen‹; ),
glockengeschelle
(Gw zu  2), demnach: ›Recht auf das Ausrufen von Unruhen, Friedensgebot‹ (s. unter
glocke
II, 1, und II, 2),
glockengeschir
›Glocke‹ (a. 1613, Gw zu  1),
glockengestel
(Gw zu  1; Beleg s. v. ),
glockengetöne
,
glockenhalm
(Zugehörigkeit des Gw unsicher),
glockenhaufe
(analog
glockenbrot
),
glockenhenker
›Fachperson für die Aufhängung von Glocken‹,
glockenkalle
›Glockenschwengel‹ (das anlautende
k-
des Gw bereitet etymologische Probleme; es begegnet aber auch in dem Beleg
Bremer
zu
glockenhalm
; zu mhd.
galle
›Schelle‹, dies ablautend zu
gëllen
oder zu mhd.
kallen
›rufen‹?; ),
glockenklöffel
,
glockenknopf
,
glockenläuten
,
glockenläuter
(a. 1575),
glockenmacher
(dazu bdv.: ; a. 1456),
glockenrok
›Mannsrock in Glockenform oder mit glockenförmigen Teilen‹; 15. Jh.),
glockenschmalz
›Fett, mit dem der Zapfen der Glocke geschmiert wurde‹ (a. 1322),
glockenschnur
(dazu bdv.: ; a. 1328f.),
glockenschrage
(dazu bdv.: ; a. 1485),
glockenschwenkel
,
glockenseil
,
glockenstul
›Zimmerung, Gerüst, in dem die Glocken befestigt sind‹,
glockensturm
1 ›Alarmzeichen, Hilferuf‹ (; a. 1408ff.); 2 ›Recht auf das Läuten der (Sturm)glocke‹,
glockenton
,
glockenturn
(dazu bdv.: vgl. ),
glockenzehent
›Zehntabgabe an den Glöckner‹ (a. 1484),
glockenzeug
›Material für den Glockenguß‹.

Belegblock:

Ziesemer, Marienb. Ämterb.
163, 3
(
preuß.
,
1443
):
In die glockenie zcum ersten: item 3 vas tranys, item 6 pfunt weyrowch.
Luther, WA (
1522
):
nach dem wir erlitten habenn szo viel Bullen kremer, Cardinel [...] alter boten, glocken boten, thurn boten, und wer kundt die rotte solcher schynder [...] alle ertzeln.
tzulezt faren die tollen Bisschoffe tzu, die auß der Tauffe eyn affenspiel gemacht haben, teuffen glocken und alltersteyn fur grosser unsynnickeytt unnd nennen die glocken osanna.
Ebd. (
1544
):
da [...] hoͤret er nichts denn das [...] blasen der drometen (die sie auch zu jren todten leichen braucheten, wie wir unser Glocken).
Ebd. (
1539
):
Glocken sollen die Teuffel im wetter veriagen.
Enders, Eberlin f. (
Wittenberg
1525
):
sagen sy, darumb leütte man zuͦ dem weter die glockenn, das die lewt betten sollen. [...] es gehoͤren andere glocken darzuͦ, Dann die du weyhest. [...]. Dise glocken seind erstlich warhafftig prediger gottes wortes. [...]. Kain groͤsser abgoͤtterey dann glocken gebrauch. Sollen jr glocken weyhen? Wee we euch, woͤllen jr gotes zorn abwenden [...] mit glocken gethün?
(eher
-getöne
als zu
-getue
).
Koeniger, Sendgerichte (
rib.
,
1662
):
so offt ein ungewitter vorhanden und dargegen zu läuthen vonnöten, damit die leuth durch das klockengeläuth zum gebet ermant [...] werden.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1323
):
wird für Recht befunden, dat die herren van deme Duitschenhuse und die van Himmenrode vorb. mogent eine klocke dun luden.
Grimm, Weisth. (
mosfrk.
,
1507
):
[sie] kennen im gebott vnd verbott [...], zu richten vber hals vndt bauche, klocken geschell, waffen geschrey.
Struck, Cist. Marienst.
1091
(
mosfrk.
,
1462
):
Ein virthell zo Niederesch [...], gytt clockengarbenn.
Ders., Joh. Pfannstiel
183, 31
(
mosfrk.
,
1548-9
):
Vor 12 clafftern klackenseyle und 2 klungeln kordeln 13 alb.
Dedekind/Scheidt. Grob.
205, 8
(
Worms
1551
):
Geh nim͂er heim / es hab dann schon | Zwen streich langst auff die glock gethon / | Vnd daß bald kom͂ der Morgenstern.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
54, 8
(
Frankf./M.
1568
):
Jch kan mancherley Glocken gießn / | [...] | Auß Glocken Ertz / kuͤnstlich gegoßn.
Kollnig, Weist. Schriesh.
94, 23
(
rhfrk.
,
1610
):
Den grosen fruchtzehenden (...) nehmen ein gedachte tumbherrn [...], außgenommen den 11. haufen, den man den glockenhaufen nennet, daran hat das gericht ein und glöcker ⅔.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
36, 24
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
czu obirst hattin si vil glockilin beyde von silbir und von golde, di do klingetin.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
18, 25
Var. (Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
do du zu Paris auf dem gelückes rade
[Var. B, schwäb., um 1480:
glocken knopff
]
saßest und auf dem heubte tanzest.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
das er aus der ursach, das er die glocken geleut und die nachtparn zugebracht habe, ein rechter volger und ein anheber sei des, das sein vetter von leben zum tode komen ist.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1533
):
zu underhaltung stadtschreiber und gerichtsdiener steiger glocken und andere dergleichen gemeines perckwerchs notturft.
Langen, Myst. Leben
154, 20
(
nobd.
,
1463
):
Ir / gedechtnuß zerget als der / glocken don.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
Fur ein klafter glöckelseil den thürnern ein pfenning.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
37, 7
(
nobd.
,
1488
):
wan unfridt wer [...] und kein heimerich inheimbs wer, und welcher in der gemain erschin zu der glocken, der soll macht (haben), einer gemain zusammenzuleuthen.
Reichert, Gesamtausl. Messe
24, 20
(
Nürnb.
um 1480
):
dy glocken ermanen das volck, in die kirchen zu komen.
Harsdoerffer. Trichter (
Nürnb.
1653
):
Die Glocke hat die Deutung der Offenbarung der Tugenden / vnd wann sie zerbrochen ist / der Lastern.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Also enist in aller der cristenheit enkein werk so snoͤde, so klein, weder gloggen noch kerzen, es diene alzemole zuͦ disem inwendigen werke.
einen swank in die heiligen wunden unsers herren mit minnen ist Gotte werder denne alle die orgellen und die gloggen und das hoch gesenge.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
man sol in allen pfarkyrchen frwe an dem tage leutten drey stund mit der grossenn glocken in der leng, daz ein yglich mensch gerüglichen bete funff Pater noster.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
467
(
schwäb.
,
1453
):
Ich hort ouch lüten, als man tuͦt, | Ain glocken drystund zuͦ gericht.
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. (
alem.
,
um 1430
):
und lütet man frü, do erst der tag an himel stieß, das erst mit der großen gloggen, darnach das ander und das dritt.
Krebs, Prot. Konst. Domkap.
1035
(
nalem.
,
1499
):
Johann glogkenhencker.
Ebd.
5785
(
1517
):
Ex parte glogkenhencker von Straßburg.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
A. 16. Jh.
):
wann [...] du ouch gelegne güter [...] vergantest, so [...] sollt du [...] den ersten ruͦf thuͦn, so die glok zwölfe schlecht, darnach zwüschen ainem und zwaien den andern ruͦf, und so die glok drew schlecht, den dritten.
Bremer, Voc. opt.
12036
(
wobd.
/
oobd.
,
1328ff.
):
Tintinabulum kalle [...] calle [...] glockenkloͤffel [...] glockenklang [...] gloggenhalm [...] gloggenswenckel [...] gloggenkloͤffel [...] swenckel [...] glockenhalm [...] glockenclengell [...] glokenhalm [...] swenkell [...] Tintinabulum est contus metallicus, qui pendet in medio campane.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 6
(
halem.
,
n. 1529
):
iren [...] êr, gewer [...] abgenomen und bi lib und gut verboten; item [...] abgestrikt alle ratung, gespraͥch, geschrei und glockenstuͤrm.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
ein wunderbarlichen rissen, der treyt ein grossen gloggenkallen, mit dem schlecht er mir all min volck zerumpff.
Lauater. Gespaͤnste
18v, 14
(
Zürich
1578
):
er hoͤre ein tosen der wilden waldwasseren / oder [...] seitenspil / od’ ein gloggen lüten.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
696, 28
(
halem.
,
1469
):
Hamman Rechbergen t. Rudolff Baldingers xxxvj lb gloggenzúg.
Ebd.
786, 17
(
1481
):
und sol nieman nútz vor der selben glogen zuͦ kouff felsen, noch kouffen [...] untz das man die selben glogen gelút.
Merz, Urk. Bremgarten
541, 19
(
halem.
,
1487
):
Wenn er predigen will, so soll der sigrest vorhin druͥ zeichen luͥten mit der gloggen.
Roder, Hugs Vill. Chron. (
önalem.
,
1525
):
ferlass man ina den artickelbrieff mit sim inhallt, nam ina all ir frighait, bott inna, ir groß glocken hinwegzuͦthuͦnd und all ir were zerbrechen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 215, 19
(
schwäb.
,
1495
):
wir setzen [...] auch, so der amman den richtern also auf ain bestimpte stund zum rechten verku
e
nd. daz alßdann alsbald die glogk dieselbe bestimpte stund schlecht.
Ebd.
485, 14
(
1570
):
wann ain sturm mit den glocken in der kierchen [...] angeschlagen [...] wüerdet.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1558
):
wie dann die zech und gemaind zuͤ dem aufbauten gegenwertigen kirchenturen und glogken bis in das 24. jar ain gar statlichs gesamlet.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
zu dem hett ein ganz newer glockenstuel uf dem thurn müesen ufgesetzt werden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Solt ein tolle Glock weise Leuth regieren? [...]. Ein Gesetz ohn ein Handhaber / ist wie ein Glock ohn ein Schwengel. Ein Glock vnd Schelle dienet anderen / vnd hoͤret vnd verstehet selber nichts. Ein jeder maint was er im͂ sinn hab / das schlagen alle glocken. [...]. Gelt her klingen die glocken / wann schon der Pfaff ist Todt. Glocken vnd Thoren / leitten gantz gern. Je hoͤher ein Glock haͤngt / je heller sie klingt. Jnn einem Pfarrthurn hangen gemeinlich drey glocken / die erste vnd kleinest anzogen vnd geleit / spricht gem Wein / gem Wein / gem Wein. Graͤber / so man die Nonn glock nennet / spricht / wer zahlts / wer zahlts / wer zahlts / zu letst leitt man die groß Sturmglock die brumbt / Bawren / Bawren / Bawren. Schaaf wissen der Glocken keinen Kloͤpffel ein zuhengen. Wenn die Glock an einem Ort barstet / so klingt sie nicht mehr [...]. Wo die Glocke von Leder ist, vnd der Klippel ein Fuchsschwantz / da hoͤrt man den klang nit ferr.
Qu. Brassó
4, 48, 32
(
siebenb.
,
1620
):
solch gross und grausam ungestüm Wind gewesen, dass er Häuser, Scheuren darnieder geworfen hat, ja auch das Creuz vom Klockenturem.
Ebd.
5, 420, 16
(
1605
):
den 24. Tag Decembris ist ein gross Erdbiben gewesen [...], und zu Brendorff die Klocken han gelaut.
Joachim, Marienb. Tresslerb. ;
Anderson u. a., Flugschrr.
17, 14, 17
;
Wyss, Limb. Chron. ;
Jürges u. a., Waldecker Chron. ;
Kollnig, a. a. O.
180, 25
;
292, 25
;
Bergner, Urk. Kahla ;
v. Tscharner, a. a. O.
26, 1
;
Dinklage, a. a. O.
19, 26
;
Reichert, a. a. O.
144, 23
;
Engel, Rats-Chron. Würzb.
203, 3
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
51, 8
;
Roder, a. a. O. ;
Sappler, H. Kaufringer
11, 315
;
Gehring, a. a. O.
3, 338, 17
;
807, 23
;
Bastian u. a., Regensb. UB
215, 44
;
Klein, Oswald
19, 97
;
Qu. Brassó
5, 482, 1
;
Bremer, Voc. opt.
12060
;
12062
;
Dietz, Wb. Luther ;
Bad. Wb.
2, 433
;
Tpma
5, 58
f.;
Kramer, Volksl. Ansbach.
1961, 185
.
2.
phras. und sprichwörtlich (jeweils im Anschluß an 1; dort weitere sprichwortähnliche Belege; s.
Henisch
).
a)
eine glocke über jn. giessen
›über js. Kopf entscheiden‹.
b)
die grosse glocke anstürmen
o. ä. ›großes Geschrei, viel Lärm um etw. machen‹.
c)
die grosse glocke anschlagen
›e. S. hoch aufhängen‹ (; a. 1658).
d)
die glocke nach irem klang giessen (können)
›sich angepaßt, opportunistisch (zu) verhalten (wissen)‹.
e)
eine hülzene glocke machen
›eine dumpf klingende Glocke machen; im Verborgenen gegen jn. sticheln, jn. verspotten o. ä.‹.
f)
die glocke ist gegossen
›die Sache ist erledigt‹.
g)
die glocken schlagen zusammen
›es werden alle Anstrengungen unternommen‹ (; a. 1530).
h)
(man wird sehen
o. ä.),
was die glocke geschlagen hat
.
i)
eine glocke ohne klüpfel gibt nicht ton
.
j)
gespaltene glocke hat bösen ton
.
k)
keine glocke möge jm. klingen
(ein Fluch; ›kein Geistlicher möge ihn geleiten‹).
l)
man zieht jm. keine glocke
›man gibt jm. kein christliches Begräbnis‹.
m)
die weile die glocken den ton halten, so lange [...]
auf die Kurzfristigkeit des Erinnerns und entsprechendes Handeln bezogen.
n)
jn. an die grosse glocke laufen lassen
›jn. wo anrennen lassen‹.
o)
(mit) alle(n) glocken läuten
auch: ›etw. sofort und überall bekannt geben‹.
p)
über die glocke zechen
›über die zugelassene Zeitgrenze zechen‹ (; a. 1535; auch zu 3 stellbar).

Belegblock:

Belege in der gleichen Reihenfolge wie die Nennungen.

Zu a):

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
Mein Vater, Der alte Geck, Hat seine Gelarten zu sich bescheiden, Da werden sie vielleicht eine Glocken vber mich giessen wollen.

Zu b):

Spanier, Murner. Narrenb.
43
(
Straßb.
1512
):
Gar bald stürmt er die groß glock an | Vnd heißt, sich dann mit friden lan, | Jn hundert tusent tüfel namen.
Bad. Wb.
2, 432
.

Zu d):

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1542
):
er kan das glöcklein nach irem klang gießen.

Zu e):

Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
heten sie user eim kübel ein hilzine glocken gemacht [...]. So dann der alt userm haus gangen, [...], so wer der nechst der böst der hilzin glocken zuglaufen und het frewdt geleut.

Zu f):

Luther, WA (
1545
):
Da ward die glocke gegossen, Und der Roͤmische grewel nam solchs mit freuden an.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Nun was die glocken gossen, es muest gên.

Zu g):

Henisch (
Augsb.
1616
):
Die Phariseer vnd Herodianer gesellen sich zusam͂en wider Christum / haben eine Glocke gegossen / leitten zusam͂en.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3176
;
Wiessner, Wittenw. Ring
6663
;
Jörg, Salat. Reformationschr.
658, 5
;
Wyss, Luz. Ostersp.
6633
.

Zu h):

Luther, WA (
1531
):
in sine videbitur, cuius Toni, das ist: Am ende wirdt man sehen, was die glocke geschlagen hat.

Zu i):

Lemmer, Brant. Narrensch. 41, V.
1
(
Basel
1494
):
Eyn glock on klüpfel / gibt nit thon.

Zu j):

Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 244, 14
([
Augsb.
]
1548
):
Gespalten Glocke hat boͤsen dohn.

Zu k):

Ettmüller, Heinr. v. Meißen
31, 12
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
daz si müezen gar verlamen an ir zeswen, lerzen hende, seht, des wünsche ich gar; kein glocke müeze in klingen!

Zu l):

Qu. Brassó
5, 380, 19
(
siebenb.
,
1602
):
zu Nösen sein auf die neuntausend Menschen gestorben an der Bauchkrankheit ausgenommen die andren, welchen man kein Klock geziehen hat.

Zu m):

Ebd.
4, 221, 41
(
1633
):
dieweil die Kloggen den Ton halten, so lang beweisen wir auch unsern amorem kegen unsere Verstorbenen.

Zu n):

Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Das half sie aber nit, man liess sie an die grossen glocken laufen.

Zu o):

Luther, WA (
1532
):
wie man bey uns, wenn man eine spende gibt, alle glocken lesset leutten.
Engel, Rats-Chron. Würzb.
309, 42
(
nobd.
, Hs.
M. 17. Jh.
):
so soll man leithen mit allen glockhen im thumstift.

Zu p):

Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
Nachdem sie [...] im Grund befunden / daß sie mit der Warheit vmbgienge / [...] / gaben sie alsbald Befelch / alle Gloggen deß Thumbs samentlich anzuziehen vnd zu leuten.
3.
›Glockenzeichen (als Zeitzeichen, Stundenzeichen)‹; als Metonymie ›Uhrzeit‹ sowie ›Uhr‹; jeweils schwach und relativ spät belegt.
Wortbildungen:
glockenrichter
›Beauftragter für die Turmglocke‹ (a. 1509),
glockenstunde
›volle Stunde‹ (a. 1529),
glokzeiger
.

Belegblock:

Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
ich solte um glogke 2 zu meinem gnedigen hern kommen.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1503
):
Nymant sal nach der glocken an licht und laterne uff der gasszen gehn, nach der glocken geste setzen bey funff schillinge.
Luther, WA (
1538
):
Bey den Juden ist kein glockzeiger gewest.
Jörg, Salat. Reformationschr.
887, 21
(
halem.
,
1534
/
5
):
glich jn der stund / da die glogg
(dies zu 1)
jetz xij
e
gschlagen hatt / und [...] die fromen gemuͤdeten / allt gloubigen durch eynen eerenman gewarnt / und ylends solcher anschlag jnen zuͦ wüssen tan / ward die glogg gestellt / die stund damit verlengert.
4.
›Handglocke, Schelle, kleines Schallgerät für den Nähebereich, wie es im kirchlichen Ritual oder auch für weltliche Zwecke gebraucht wird; glockenförmiger Ziergegenstand (z. B. ein Becher)‹.
Bedeutungsverwandte:
,  1; vgl.
1
.
Wortbildungen:
glöckeln
1 ›mit Glöckchen spielen‹ (a. 1534),
glockenwerk
,
gloklerskorb
›Korb mit Schellen zur Kennzeichnung des Bettlers‹.

Belegblock:

Ziesemer, Marienb. Ämterb.
1, 26
(
preuß.
,
1383
):
1 lade mit ganczen messegerete, kelche, ampole, glocke und buch.
Ders., Gr. Ämterb.
248, 32
(
preuß.
,
1437
):
3 hanttucher, item 3 glockelen und 2 coppern hantfas, item 1 sprengelkessil.
Rudolph, Qu. Trier (
mosfrk.
,
1593-4
):
[Sollen] ihre mitwächter unten an der pforthen mit zurüfung oder ziehung der schellen verwarnen und, so manch pferd sie ungefehrlich erachten könnten, schläg auf das glöckelgen thun.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
53, 13, 2
(
schles.
,
1327
):
Welch gast brengit Sensin, Brende, kessele, pfannin, Glockin vnde sin glich, das pfert gibt ein scot vnde das gwt nicht.
Voc. Teut.-Lat.
cc iijv
(
Nürnb.
1482
):
Schelle glocklein glockenswe͂kel.
Sachs (
Nürnb.
1569
):
Welch man aber wil mer verzern, | Den im sein pfluege mag erern, | Mues im alter den glocklers-korb tragen.
Morrall, Mandev. Reiseb.
126, 26
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
so hät ainrr ain silbrin glocken in der hand, der lútet sie, so komend sie [tier] all gelouffenn, als weren es schwin.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1550
):
als man von dem Thumb aus mit dem sacrament, mit dem glögglin und den liechtern an der Schmidtgassen gangen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
lies (si) nackend also lebendig in die grueb werfen [...]; lies aus irem silber glöckl und pilder machen.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1612
(
oobd.
,
1607
/
11
):
Ein silberne kleine glogken, wies die herrn pflegen uff den tischen zu haben.
Ebd.
2188
:
Ein glockenwerckh, so man aufzeucht, schlegt ein glöglin umb das ander.
Zingerle, Inventare (
tir.
,
1493
):
ain vergult silbrin glogklin, verdeckt vnd auff dem fuss Österreich.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
132, 15
;
153, 10
;
Ders., Gr. Ämterb.
135, 15
;
Kollnig, Weist. Schriesh.
164, 38
;
Zingerle, a. a. O. ; ;
5.
›am Gürtel befestigtes Glöcklein oder Reihe solcher Glöcklein, die zur Zier, der Gewinnung von Aufmerksamkeit, als Signal reitender Boten dienen‹.
Wortbildungen:
glockenbendel
›glockenartiger Schmuck an der Braut- und Jungfrauenkrone‹ (17. Jh.; Gw zu ,
der/das
, 2).

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
603, 3055
(
Magdeb.
1608
):
ZV schuͤrtzen er sich auch anfieng / | Mit einem guͤlden Guͤrtel ring / | Darein viel schoͤner Gloͤcklein hiengen / | Die prechtig konten einher klingen.
Morrall, Mandev. Reiseb.
143, 5
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
wenn er das huß sicht, so hät er ain gúrtel, der ist voller glocken, den schút er fast, so hoͤrend sie in.
Bastian, Runtingerb.
2, 300, 30
(
oobd.
,
1396
):
mir stet ain silbereins guͤrttl mit gloklein, 12 s. d. R.
Uhlirz, Qu. Wien
2, 1, 1615, 68
;
Foltin, Kopfbedeckungen.
1963, 189
.
6.
›glockenförmiges Kleidungsstück, eine Art Mantel, Umhang‹.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Auch trugen si heuken, di waren alumb ront unde ganz, daz hiß man glocken.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1499
):
nemlichen Peter Schulten, dede itzliche kleynode under sich hefft, als eynen grunen leydeschen rock midt clocken, eyne kralensnur.
7.
›Hoden‹ bzw. obszön auf diese anspielend.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 3,  8,  5,
1
,
1
,  8,  1, ,  3, ,  1, , ,  7,  1,  2.
Wortbildungen:
glockenschwengel
›männliches Glied‹.

Belegblock:

Fastnachtsp. (
nürnb.
,
v. 1486
):
Mein glockenschwengel hieng allein | Und schlenkeret mir umb die pein.
Der [frauenschender] het verdient, das man in nem | Und in an seinem leib beschem | Und im abschnid pei seiner stangen | Die glocken, die pei dem zirms hangen.
Thiele, Minner. II,
18, 258
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
wer ich ain nunn in ainer cloß, | ich welt im helffen mettin singen, | das allú gloͤcklün muͤsten clingen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Die [nonnen] sahen den affensprüngen zu, sonderlich wann den Hertenstainer die glock also hoch übersich zoge und im das hembdt über sich flohe.
8.
›glockenförmiges Mundstück, Gebiß der Pferde‹.
Wortbildungen:
glockenbis
(dasselbe; a. 1614).

Belegblock:

Schwäb. Wb. (a.
1614
).
9.
eine Pflanze mit glockenartiger Blüte; botanische Bestimmung nicht möglich.
Zu den zahlreichen botanischen Zuordnungsmöglichkeiten vgl.
Marzell
5, 165
.
Wortbildungen:
glockenblume
(verdeutlichend),
glockenblumenkraut
.

Belegblock:

Maaler (
Zürich
1561
):
Glockenbluͦmen (die) Concilium. Klein Glocken bluͦmen. Cissanthemos. Glockenbluͦmen kraut. Clema clematis. [...]. Gloggengluͦmen (die) Scandulata. Weyß Gloggenblumen. Conuolutus.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
ein weisse winde Glocken / mit purpurfarben stroͤmlein.
Bremer, Voc. opt.
50188
;
Schmitt, Ordo rerum
404, 01
;