gilge,
die/der
;
-n
(zu
der
)
/-n
, laut eine „süd- und südwestdt.
Nebenform zu “.
– Gehäuft rhfrk. / wobd.
1.
›Lilie‹; generell: ›als Lilie betrachtete Pflanze‹.
Zu den Möglichkeiten des Bezuges auf verschiedene Arten der Gattung
lilium
und andere Pflanzen s.
Marzell
5, 335
.
Syntagmen:
gilgen streuen, die gilgen strafen, der schne die gilgen fal machen
;
die g
. [wo]
entspringen, jm. aus dem munde wachsen
;
wie eine g. blühen
;
in der g. kein geschmak sein, unter den gilgen gespeiset werden
;
Maria
[als]
die g
.;
die/der scheinende / schöne / blaue / goldfarbe / (schne)weisse / zarte g., die gilgen der täler
o. ä. (mehrfach);
die g. der dornen
(für Maria wie für die Kirche gebraucht);
die kraft, die eigenschaft der gilgen
.
Wortbildungen:
gilgenblat
,
gilgenblume
,
gilgenfar
›lilienfarbig‹,
gilgenkonfort
eine Pflanze, möglicherweise Lonicera periclymenum ›Geißblatt‹ (s.
Marzell
2, 1384
; dort Herkunft aus mlat.
lilium convallium
vermutet: ›Maiglöckchen‹),
gilgenkraut
,
gilgenöl
1 eine aus der Blüte der Weißen Lilie (oder als ähnlich erachteter Pflanzen) hergestellte ölartige, als Arzneimittel verwendete Flüssigkeit,
gilgenstengel
,
gilgenwachs
(s. u.
Maaler
),
gilgenwurz
.

Belegblock:

Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. (Hs. ˹
pfälz.
,
M. 16. Jh.
˺):
mit klarem taub | hatt sich die au | leblichen uber zogen, | mit gillen weiß, mit rossen rott.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Mainz
1605
):
Aue Maria du hoher Cederbaum | Du schoͤne Gilg, du Feldes Blum.
Stoltzius, Chym. Lustg. (
Frankf./M.
1624
):
So wirstu mit den Augen dein | Zween Gilgen stengel sehen fein.
Lehmann, Rezeptb. U
130
(
nobd.
/
orhein.
,
1466
/
70
):
Ein wundt salb, [...] / Nim weyß gilgen kraut vnd eypschen / wurtz vnd bappeln.
Sudhoff, Paracelsus (
1526
/
7
):
als ein rosen oder gilgen, darin kein geschmak ist anfenglich sonder durch die arbeit und digestion und separation ein solcher geschmack erstehet.
Ebd. (
1537
/
8
):
in dem [menschen] auch ist dieselbig kraft der distel und gilgen.
Warnock, Pred. Paulis
2, 107
(
önalem.
,
1490
/
4
):
die jungfrowen werdent aller billichest zuͦgezelt den schnewysen gilgen umb ir rainen kúschen luterkait. Und hierumb, sid die hailig jungfrow Sant Clar ain wysser lilig der kúnschikait von gott usserwelt ist gesin, so wil ich fürbas sagen von der aigenschaft des gilgen und find, daz er sechs pleter hát, betútent mir sechs sunderlich tugenden, so die hailig jungfrow Sant Clar an ir gehept hát
[in einer Anm. Angaben zur Herkunft des Bildes und seiner Symbolik].
Bächtold, H. Salat (
Freiburg
1537
):
er [Nicolaus] sach bald ein schinende, schöne gilgen wachsen uß sinem aignen mund, so da ruͤret bis an den himmel.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Diser heilig Egidius [...] sprach: ,Maria ist Junckfrau for der Geburt.‘ Da entsprang ein schöne Blum, ein Gilgen.
Schmidt, Rud. v. Biberach
10, 26
(
whalem.
,
1345
/
60
):
er [kunig] [...] vuͤrt si zvͦ den „schonen stetten der wuͤste“ [...], „zvͦ den bluͦmen der rosen, zvͦ den gilgen der telren“.
Adrian, Saelden Hort
5790
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
Ich enwais ob ich gesagen dar | wie róseloht, wie gilien var, | wa rain rot, wa rain wis | si was
[Bezug auf die Braut der Hochzeit zu Kana].
Bremer, Voc. opt.
50189
(
oschwäb.
,
1468
):
Lilium lilgenplum [...] gilgenpluͦm [...] lilgenplúem [...] gilgen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gilgelconfort (die) Zeünling / Speckgilgen. Periclymenon herba. Gilgenoͤl (das) von gilgen gemachet. Lirinum oleum, Oleum susinum.
Ebd. 182v/:
Gilgenwachs (der) ort da vil gilge͂ wachsen. Lilietum.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Die plümlen vnd den grönen clee, | Röslen, veyol vnd die giligen, | Die machet val der kalte schnee.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Kirch ein Gilg vnder den Dorn / wirdt vnter den Heyden zerstrewet / biß zum end zertrept / Ecclesia lilium inter spinas calcabitur dispersa à gentibus sub finem usque.
Klein, Oswald
81, 11
(
oobd.
,
1428
?):
Wer nesseln zafft und gilgen strafft, | der wil das gärtlin stören gar.
Deinhardt, Ross Artzney
287
(
oobd.
,
1598
):
Wann ain roß rüzig ist Item so nimb sefflbaum, plab gilgen wurzen vnnd schwebl.
Ebd.
359
:
Ist es S. Anthonien, so nimb ain pfundt gilgenbleter, ain pfundt baumöll.
Bihlmeyer, Seuse ;
Barack, Teufels Netz ;
Adrian, a. a. O.
183
;
5354
;
Broszinski, Minner. Chir. Parva, S. 
561
;
Löffler, Columella/Österreicher ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
61, 4
;
Bremer, Voc. opt.
50170
;
Voc. Teut.-Lat.
k viijv
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
Vgl. ferner s. v. ,  1, .
2.
›Lilie als Hoheitszeichen, als Münzbild, als Gegenstand der Kunst, der Stickerei u. ä.‹.
Wobd.; Chroniken.
Wortbildungen:
gilgecht
›lilienhaft, französisch‹,
gilgisch
(a. 1529; dasselbe),
gilgengeschmak
›Geruch der Lilie des französischen Wappens‹,
gilgenöl
2 ›französisches Geld‹,
gilgenrauch
,
gilgensaum
(am Kleid).

Belegblock:

Chron. Strassb. (
els.
,
1393
):
es sient pfenninge gemünßet mit den engeln oder mit den gilgen.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
dem listigen fuchs [Leo x.] was der stark gilgengschmak nit so widrig; denn so das fuͦg gewunne, [...], dass er den selben ouch siner heilikeit nasen zuͦ liesse kommen.
dass der gwont Franzesischer gilgenrouch etlicher fuͤerer hoͤpter also ertummet haͤtte.
her Peter Falck von Fryburg, schultheis, und her Hans Murer [...], die in vergangnen haͤndlen dem kuͤng sunderlich widerwaͤrtig waren gsin, aber iez mit heilsamem gilgenoͤl durchgeschmirt, ganz milt worden.
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. (
alem.
,
um 1430
):
glich wie hertzog Ludwig, und truͤg ain güldin gilgen in siner hand.
Do die brief verlesen wurden, do gab unßer herr der küng den gilgen und das zepter wider.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
ein gúldin gilien mit grossen koͤstlichen edlen steinen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
46, 19
(
halem.
,
1534
/
5
):
ghowen jn eyn stein / ein geschrifftt des jnnhallts / wie die gilg / loͤw / und schlang / ein andern bekriegen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
das seind die Vetter mit den drey weissen gilgen, die von Wörd.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
do hat er ain ganzen silberin rock mit guldinen gilgenseme, den ime hievor der könig Franciscus geschenkt gehapt, angethon.
3.
als
meister Gilg
auf die Lilie als Hoheitszeichen beziehbar, dann möglicherweise ›Scharfrichter‹, oder ein Name (
Ägidius
; vgl. ).

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
1525
):
Edelman. Ich weiß wol, wie ir böswicht thut. Münch. So haut man uns mit ruthen. Edelman. Ließ man meister Gilgen über euch, der künd euch die flöhe abkeren.