giftig,
Adj.
1.
in mehreren schwach belegten, in tropischen Bezügen stehenden Verwendungen an (
die
1 anschließbar: ›zu geben bereit (von Personen) und in der Lage (z. B. von der
sele
); geeignet, gegeben zu werden; durch Schenkung erlangt und deshalb veräußerlich‹. Den Belegen sind Übertragungsvorschläge beigegeben.
Wortbildungen:
giftigen
1 (a. 1416).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wie wart her also tugenthaft, | Er dan her worde geschaft | [...] | Daz her dem himele giftic
[›geeignet, gegeben zu werden‹]
was.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
want he [babest] gar milde unde giftig
[›freigiebig‹]
was den armen paffen unde scholern in rechtfertigen sachen.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Eyn man mag syn gegebin
[Var. 15. Jh.:
giftig
›durch Schenkung erlangt‹
stand gewonnen
]
stehende erbe, gewunnen erbe unde gut unde varnde habe vor gerichte wol vorgeben.
Strauch, Par. anime int.
60, 32
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz he ganz wesin inphahin mac fon der sele und alliz dez di sele giftic
[›zu geben in der Lage‹]
ist.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
294, 34
(
thür.
,
1474
):
Konde denne Hans Winther dyselben vorsatczunge [...] zcubrengen addir eyn sollichs met [...] sinem vorsegilten briffe, ap eß lehengud were, erwisen addir, ap eß gifftig
›veräußerlich‹
gud were, met gerichtisgeczugkeniß nach rechte volkomen.
2.
›giftig (von Pflanzen, Substanzen, Stoffen u. ä., Gift atmenden oder speienden Tieren); gifthaltig; vergiftet‹;
zu (
die
4.
Bedeutungsverwandte:
, , , , ; vgl. ,  1.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
das kraut / gewächs, die wunde
)
g. sein
;
etw. so g. sein, das [...], dem menschen etw. g. werden
;
der schlange das kind giftiglich erbeissen
;
der giftige atem / bis / drache / dunst / mund / schierlingsaft / schlange / stich / trunk / wurm, die giftige arznei / kraft / krankheit / kröte / luft / natur / wunde, das giftige apostem / blut / geschwer
.
Wortbildungen:
giftigkeit
1.

Belegblock:

Luther, WA Bibel (
1529
):
Aber deinen kindern kundten auch der gifftigen drachen zene nicht schaden, Denn deine barmhertzigkeit war dafur.
Ders. Hl. Schrifft.
5. Mose 28, 22
(
Wittenb.
1545
):
Der HERR wird dich schlahen mit Schwulst / [...] / Durre / gifftiger
[
Mentel
1466-1490:
vergiftem
; 1507-1518:
zerstoͤrtem
;
Dietenberger
1534:
vergifftigem
]
Lufft.
J. W. von Cube. Hortus
72, 7
(
Mainz
1485
):
daz der safft von dissem krude gemischet mit wyn vnd den gedru͂cken benympt den gifftigen bisch von eynem gifftigen thyer.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
78, 15
(
Frankf.
1535
):
Es ist in dem atrament ein gifftige krafft die lung drücknet also das sie villeicht einen toͤdtet.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
15, 18
(
Frankf./M.
1563
):
wiewol etliche Kreutter / und gewechß gifftig seind / wie auch vil gifftige wuͤrm unnd thier auff erden wohnen.
Jahr, H. v. Mügeln
1896
(
omd.
, Hs.
1463
):
der basiliseus noch sin art | dem menschen nie so giftik wart | sam falscher rum und lügen funt.
Thür. Chron.
15r, 17
(
Mühlh.
1599
):
soll ein Trache zu Rom gewesen sein / welcher mit seinem gifftigen Athem die Lufft vergifftet.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
80, 13
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Vors vihe wider die giftige krankheit.
Keil, Peter v. Ulm
189
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Die salb wirt gut zu allen giftigen vnd hitzigen dingen, wer sie dor an streicht.
Ebd.
272
:
Die gelsucht kumpt [...] des ersten von fauler kost vnd giftiger als von faulem flaisch.
Gille u. a., M. Beheim
176, 243
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Als ein giftige nater | ist des czornigen menschen mut.
Fischer, Folz. Reimp.
45, 272
(
1482
):
ein loch darein geslagen [...], do der gifftig dunst ligt, den die natur dar getryben hat.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz ich disen langen spiess enmiten dur in rihe, als man tuͦt einer giftigen kroten, die man spisset.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
216r, 21
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Jn dem vierden manot sol man nit koͤlessen, / wan si machet gruͤnes vnd gifftig bluͦt.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
Des gelichen duͦt es [viol oͤly] ouch so du geschossen bist mit einem büchsen klotz / so dz pulver oder sin gifftikeit darinnen bliben ist.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Virulentia, giftigkeit.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Der selben jungen kinde ains | Ain schlange gifteklich erbais.
Broszinski, Minner. Chir. Parva
81v, 20
(
halem.
,
2. H. 15. Jh.
):
Cura der wunden, die da gifftig sint, uff dry formen.
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
213, 102
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Do dy Juden in der wüegst von den gifftigen slangen gehekcht würden, das sew davon sturben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
153, 3381
;
527, 640
;
Broszinski, a. a. O.
72v, 5
;
Belkin u. a., a. a. O.
194, 5
;
Ralegh. America ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
392, 25
;
Schmidt, Rud. v. Biberach
182, 2
;
Heidegger. Mythoscopia
53, 13
;
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
227r, 4
;
Bremer, Voc. opt.
43116
;
Vgl. ferner s. v. , (V.) 2.
3.
›bösartig, übel, Verderben bringend; spitzzüngig, falsch‹; Ütr. zu 2;
zu (
die
5.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
 1b–1f., (Adj.) 4, (Adj.) 567, , ,  4, ,  1,  2, , , , .
Gegensätze:
,  12.
Syntagmen:
j
. (z. B.
der spieler / tropf / teufel
)
g. sein, js. wille / zunge g. sein
;
g. lachen / lästern / lügen / reden
;
g. zu jm. einschlagen
;
der giftige atem / deuter / hellerache / irtum / ketzer / neid / Neidhart, lutherische bube, die giftige grundsuppe / neigung / praktik / sophisterei / wirkung / zunge, das giftige buch / furzen / herz / laster / (läster)maul / wort, die giftigen augen
;
der giftigliche wurm
.
Wortbildungen:
giftigbitter
,
giftigböse
,
giftiglich
,
giftigkeit
2.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
bis daz sie [des teuffels getzicht] dieselben [kinder der mutter] mit yhren gifftigen leren vorgifftigen.
Ebd. (
1536
):
Ideo ex grosser gyfftigkeit und bosheit.
Anderson u. a., Flugschrr.
12, 7, 34
(
Wittenb.
1522
):
Du darffest dir nit furnhemen / das wir vnß / vor deyne͂ gifftige͂ otem vñ furtzen endsetzen.
Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 64, 4
(
Wittenb.
1545
):
Welche jre Zungen scherffen wie ein schwert / Die mit jren gifftigen worten zielen wie mit Pfeilen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
228, 5648
(
Magdeb.
1608
):
Biß der Wolff seine zeen zusam / | Vnd fieng gifftig zu lachen an.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
SElig zuͦpreisen ist der mann, | Der sich enthelt von den gotlosen, | [...] | Noch sitzt bei gifftigboͤsen rotten.
Du hast zuͦm raub vns werden lassen | Den die vns hassen, | Daß sie mit gifftigbitterm muͦt | Kleglich ausplundern vnser guͦt.
Jahr, H. v. Mügeln
2499
(
omd.
, Hs.
1463
):
gar giftik ist sin [mensche] arger will. | sin blik ist mortlich unde schil.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
144v, 2
(
Leipzig
1588
):
ob gleich gifftige Neidharten diss Buͤchlein mit schelen Augen ansehen.
Gille u. a., M. Beheim
118, 667
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
die hailwertig gaistlich ercznei, | die da weret der leczen | Gifftigenn naigung ringen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
156
(
Nürnb.
1517
):
des teufels rede, als do sein: ligen. murmeln. got. den priestern. erbarn frauen [...]. lesterlich. unverschampt. frauenwirtisch und dergleichen giftig reeden. davon die unvolkumen selen sterben.
Franck, Decl.
339, 15
(
Nürnb.
1531
):
Ist nit der kuͤn spiler / zaͤnckisch / gifftig / bissig / trawrig / ein feindt seines guts?
Reichmann, Dietrich. Schrr.
167, 7
(
Nürnb.
1548
):
es sey [...] die suͤnd so mechtig / Der Teuffel so boͤß vnnd gifftig er ymmer woͤlle / da haben wir Gottes Heyland.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Gifftig Hertz / gifftiger Mensch. [...]. Ein gifftig Hertz vnnd boͤse Zunge verderbet aller richtigkeit vnd einigkeit. [...]. Gifftig Maul / gifftige Zung.
Klein, Oswald
24, 46
(
oobd.
,
1427
):
all mein sinn vertust, | das ich nicht wil verschrenken | den gifftiklichen wurm
[bildlich].
Peil, a. a. O.
235, 5871
;
589, 2620
;
Gropper. Gegenw. V, ;
Harms u. a., Alberus. Fabeln
77, 12
;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
451, 4470
;
Schorer, Sprachposaun
11, 4
;
Dietz, Wb. Luther f.;
Vgl. ferner s. v.  2,  2.