gierlich,
Adj.
– Gehäuft älteres und späteres Frnhd.
1.
›gierig, hab-, genuß-, beutesüchtig auf materielle Güter gerichtet, hoffärtig, ruhmsüchtig, soziale Anerkennung suchend und dementsprechend handelnd‹; als Metonymie auch: ›begehrenswert‹;
vgl.
1
(
die
3, (Adj.) 1,  4,
1
 12.
Texte (oft gebundener Form) der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘ sowie berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
nach etw. g. sein, etw. von natur g.
›erstrebenswert‹
sein
;
g. gegen jm. ziehen, das herz g. gegen etw. wächten, j. jm. g. gewalt tun, dem gewin g. folgen
;
der gierliche obertrit
.
Wortbildungen:
gierlichkeit
1.

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Hes.
22, 12
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
du [...] hast gewalt getan gyerlichin
[
Eck
1537:
geitzlich
;
Luther
1545:
treiben jren Geitz wider ...
]
dinen nehestin und hast mynir vergezzen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
,War mite tut diz der trache?‘ | [...] | Mit dem girlichen obertrite, | Mit uppichlichem rume, | Mit valschem irretume, | Mit honic suzer lib nar.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
darumb zogete er gar girliche gegen den burgern die zuͦ Munoltheim den turn brochent.
Niewöhner, Teichner
590, 10
(Hs. ˹
önalem.
,
um 1433
˺):
hoffart, niden, wider tail, | ainer nidt dez andern hail | das er selb gern waͤr fuͤr, | daz ist girlich von natuͤr.
Ebd.
701, 7
(Hs. ˹
oschwäb.
,
1472
˺):
nu fragt ich sant Augustein, | der vergicht, der wellt flust | sey nicht anders dann ain lust | und ain girlichait betrogen.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
272, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
künftig gen streittes tage | sicht man ir manlichs hertz girlich wechten.
Ziesemer, a. a. O. Hes.
22, 27
;
Niewöhner, a. a. O.
590, 51
.
2.
›inbrünstig, begierig auf einen Glaubenstatbestand gerichtet und danach handelnd‹; bei Metonymie auf das Ziel inbrünstiger Verehrung bezogen, dann: ›erbaulich‹; als Ütr. zu 1 auffaßbar;
vgl.  2.
Texte der Sinnwelt ,Religion‘.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
[der mann] Des hertz mit lieb entzuͤndet | Girliche lust empfindet, | Zuͦhalten sein [Got] gebot.
Gille u. a., M. Beheim
133, 77
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ye grasser unde | Girlicher ader merer | sy ümmer ist und sein mag, ye | pesser und volkummer ist sy [liebhabung gocz].
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
so du den vinger goͤttelicher lere ie girlicher sugest, so du ie lúterlicher wurst [...] mit dem trancke der ewigen wiszheit getrencket.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
Jesus, minneklicher Got kúnig, du bist [...] unzallich voͤllú suͤskait, und alles daz an dir ist, daz ist alles girlich und lustlich.
3.
›erotisch verlangend, lustvoll, wollüstig‹;
vgl.
1
(
die
2,
1
 3.
Verstexte des Minne-, Erotikdiskurses.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4,
1
(Adj.) 3, , .
Wortbildungen:
gierlichkeit
2 (15. Jh.).

Belegblock:

Pyritz, Minneburg
2365
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Ich bin mit sußer mynne gewel | So girlich uber krupfet, | Daz mir daz hertze hupfet.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Welcher hie auff erdt | Ein weib gierlich ansehen thut | Und begert ir in seinem muth | Im hertzen zu dem werck unrein | [...].
Thiele, Minner. II,
11, 4
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
schaw, bitt ich dich [fraw], und rat mir eys. | heis stat myn girlich gedencken, | blencken hin und her far ich sinlos.
Brack (
Basel
1483
):
Affectus. girlichkeyt.
Klein, Oswald
33, 15
(
oobd.
,
1417
/
18
):
Gierlich gedanck mir nahent ferr | mit unhilflichem waffen.
Ebd.
47, 29
(
v. 1408
?):
mach haimlich zam | gierlichen sunder scham, | ergetz hüglich meins herzen qual.
Pyritz, a. a. O.
2308
;
4.
›gierig (bezogen auf das Essen); gefräßig (vom
slunt
des
hundes
)‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
, .

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Als wolde her [tuvel] Crist entsetzen, | Daz her sich dar an vorgeze, | Swen her iz [brot] girlichen eze.
Sie werden glich eim ase, | Daz man wirfet vor den hunt | Durch sinen girlichen slunt.
5.
›eifrig, eilend; mit Nachdruck‹;
vgl.  5.

Belegblock:

Fastnachtsp. (
nürnb.
,
v. 1486
):
Und do ich in die tuchscherergassen kam | [...] | Do hub ich gar girlich an zu laufen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz min munt úch dicke hat girlich geseit, do ich bi úch was, daz ruͤffet nu min hertze mit luter stimme.