gezeit,
das/die
(letzteres seltener);
(für
die
)
/ -e(n)
;
Tendenz zum
Pl. t.
1.
›relativ zum Textgeschehen lange, nach vorne, nach hinten oder nach beiden Seiten hin offene Zeitspanne‹; in allen Belegen ansatzweise phrasematisiert, z. B.:
bei alten gezeiten
›im Altertum‹,
in den alten gezeiten
›vor alter Zeit‹,
in zukünftigen gezeiten
›nach einem zeitlichen Bezugspunkt, später‹,
vor gezeiten
›vor langer Zeit‹,
zu allen gezeiten
›(für) immer‹,
nicht zu ewigen gezeiten
›in alle Ewigkeit nicht, nie und nimmer‹.
Nrddt./omd.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
ich bin der ware Crist, | Der der werlde gelobet ist | In den alden geziten.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
160
(
Eisleben
1565
):
Ihr [Jungfraw] sollet komen zu grossen ehren / | Vnd sollet vnuermeldet bleiben / | Nu vnd zu allen gezeiten.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Doruf hi dy meister jagen | Und uns eyn exempel sagen: | Zu Rom by alden geziten.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2121
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wer zu allen geziten ist sat, | unkusche geilheit her an ym had.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
das man bey Salza vor gezeiten yn eyme steine funden hat eynen eichen zunstecken, der noch der syntflut [...].
Der gewan soben ssone, mit den her yn zukunfftigen gezeiten, funffzen reich unde lant bestalte.
Anderson u. a., Flugschrr.
13, 10, 2
(
Leipzig
1522
):
Luder dw endest yhe diß nicht / tzu ewige͂ getzeyte͂.
Helm, a. a. O. ; ;
Neumann, a. a. O.
4250
;
4271
;
Thiele, Minner. II,
32, 813
;
Vgl. ferner s. v.  6.
2.
›Zeitspanne, die (meist durch die Nennung eines Namens, seltener durch sonstige Zeithinweise) in bestimmten Grenzen als bekannt vorausgesetzt wird, Zeitabschnitt, welt- oder heilsgeschichtliche Epoche‹; auch: ›Tages-, Jahreszeit‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 126,  12.
Syntagmen:
an Christes g., bei / in / nach / von / zu (den) gezeiten e. P
. / 
S
., z. B.
der apostel, des babst Silvester, eines königs, Darii / Mosi / Noae / Messiae / St. Peters, der sünde
.
Wortbildungen:
gezeitzal
›Zeiteinteilung‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1528
):
Dem keczer wusten wyr nicht zw wheren yn unßern schwinden geczeytten.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz her [mein] gestillete niet | Wen biz an Cristes gezit.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
[dy nüwen ratmanne] geloben den alden nicht abe tzu nemen allis das sy by yren getzyten von der stat wegin getan han.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Jn des pais Siluesters gezijden | dede der keiser Constantin ryden | synen bode zo Rome wert.
Gerhard, Hist. alde e
5636
(
omd.
,
um 1340
):
Er ouch machte durch gesuch | Van der gezitzal ein gut buch.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Die slehe hat wizze blut. | Samfte deme houbte tut | Ir ruch in den geziten, | Biz daz die bluete gliten | Hin wec von irme stamme.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do sprach abir got „Is werden liechte yn der vestickeit des hymmels, die [...] ouch machen zeichen unde gezeiten tage und jar“.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
1, 13
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
das keyn mensche von Adams geczitin habe also vil gewandirt [...] als her hot geton.
Gille u. a., M. Beheim
111, 88
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
zu den gezeiten Messie | so wirt ain volk sein swert nit me | gen dem andern erheben.
Ebd.
142, 155
:
also soltu ach wale | In gleicher weis geschiket sein | czu den geczeiten der sünd dein.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
also in der apostolen geziten waz: alle ding worent under in gemeine.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
dergleichen in unsern landen bei unsern gezeiten nie ist erhört worden.
Helm, a. a. O. ;
Loesch, Kölner Zunfturk.
1, 189, 10
;
Wyss, Limb. Chron. ;
Hübner, a. a. O. ;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ; ;
v. Liliencron, a. a. O. ;
v. Tscharner, a. a. O.
15, 21
;
21, 21
;
Gille u. a., a. a. O.
428, 6
;
Vetter, a. a. O. ;
Piirainen, Stadtr. Sillein
52a, 18
.
Vgl. ferner s. v.  1, (
das
2.
3.
›festgelegte Zeiten des regelmäßigen täglichen Gebetes und weiterer ritueller Handlungen in Kirche und Klostergemeinschaften, kanonische Horen, Zeiten für das Stundengebet‹; vereinzelt generell: ›bestimmter Zeitpunkt‹.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
8, 260
.
Wortbildungen
gezeitbuch
(dazu bdv.: , , ).

Belegblock:

Schmitt, Ordo rerum
62, 30
(
rib.
mit
nd.
Einschlägen,
2. Dr. 15. Jh.
):
Diurnale [...] geczydboch [...] tagzitbuͦch.
Apherdianus (
Köln
1575
):
Preces horariæ, gezeiten. Soluere pensum precum horariarum, Gezeiten ablesen.
Breuiariu͂. Gezeitbuch / breuier.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1577
):
an der straissen, dar man zu Carmeliten und s. Jacob die urklock und die geziden wal hoeirt luden.
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
man sal daz [schaczunge] zu zwein geziten in dem jare ufheben.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
daz wir die ambt unses dinstes irvollen zu der metten und zu der primen, tercien, sexten, nonen, vesperen und completen, wan von dissen geziden sprichit der prophete [...].
zu den degelichen geziden die zu godes dineste na dem verse nit inkummet, des selben [...].
Wie man sal kundigen daz gezyt.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. (
osächs.
,
1343
):
Wan der engil des herren steic nider undir gezeiten in den tîch, und daz wazzir wart bewegit.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
hindert dich danne
[beim Beten]
ein einige wise oder gebet oder ussewendig werck, das loss kuͤnlich uf mich varen, ussgenomenlich die die zuͦ irme gezite verbunden sint.
4.
›zu der Stundengebetszeit vollzogene Lesung, Gesang der verschiedenen Texte der Horenfolge‹; Metonymie zu 3.
Phraseme:
sieben gekrönte gezeiten
›sieben Tageshoren‹;
unser frauen gezeit
ein Nebenoffizium zu Ehren Marias.
Syntagmen:
das g. halten / lesen / singen
(mehrfach)
/ sprechen / tun, die gezeite beten / halten / hüten / schlappern, auf einen klump herausser werfen
.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
das er umb verhinderung mancherley gescheffte die sieben getzeitten am morgen alle auff eynmal nacheynnander [...] gesprochen hatte.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
dae nu dissen priester keiser Henrich ansach der sin gezide sprach, so dachte der keiser vurß in sich selfs: [...].
Buch Weinsb. (
rib.
,
1589
):
das beide kirchen von beiden schoilmeistern [...] bedeint wurden, in iren missen, vespern, gezeiden, processionen, institutionen.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
15. Jh.
):
die zwein paffen [...] sullen alle daghe alle ir gezide huiden ind ordenklich verse in der capellen lesen.
Thiele, Minner. II,
27, 349
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich solde myn getzyde lesen | und in gebete wesen.
Koeniger, Sendgerichte (
rhfrk.
,
16. Jh.
):
wann man eyn gezyde oder jaregezyde thut, sail man dem clockenner geben 1 ß.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Nu pflag her einer togunt das her alle tage unser lieben frowen gecziten bette.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
unde sulden do tegelichen messe unde alle gezeiten halden.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
582, 9
(
els.
,
1362
):
ein schuͦler, der was so andehtig in Marien dienest daz er alle tage vnser frowen gezit sang.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Och, vil liben swestern, súllent ir úwer gezit mit grosser erwirdikeit singen oder lesen.