gewarsame,
die
;
-Ø/–
.
1.
›Sorgfalt, angemessene Vorsicht‹; als Metonymie: ›Vorsichtsmaßnahme‹;
vgl.
1
(
die
1,
1
(Adj.) 1.
Phraseme:
zu guter gewarsame
›vorsorglich‹.
Bedeutungsverwandte:
 3, , .
Syntagmen:
g. haben
›Vorsicht walten lassen‹;
die g. dem laster weren
;
mit g. etw.
(z. B.
ein geschüz
)
hinweg bringen, etw. in g. tun, etw. mit g. volziehen
(z. B.
ein urteil
)
/ geschehen lassen
.

Belegblock:

Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
domit der Nachrichter die gesprochen vrteyl mit guter gewarsam vnd sicherheyt volzihen moͤge.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
beratschlagten die sach, mit was gewarsam das geschutz hinweg zu pringen were.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1462
):
daz si das [rumen des baches] in solicher bescheidenheit und gewarsami tuͦn sollent, daz den erbern luten [...] dhein schade davon beschee.
Dietz, Wb. Luther ;
2.
›vertrauter Ort, Zuhause, Heim, Wohnort; Heimat‹; offen zu 3;
vgl.
1
(
die
2.
Überwiegend wobd./oobd.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  3, (
das
1, ,  5.
Syntagmen:
an seine g. gehen / kommen / ziehen, am bette an seiner g
. ›zu Hause im Bett‹
liegen, jn. an seine g. geben / antworten, jm
. (z. B.
Zwingli
)
geleit an seine g. geben, j. in seiner g. sein, jn. in seine g. gemanen
.

Belegblock:

Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Daheimen. [...]. Jn seiner gewarsame oder behausung.
Jörg, Salat. Reformationschr.
290, 17
(
halem.
,
1534
/
5
):
So hand wir [...] dem Zwinglj / und andern glerten lüten fry sicher gleytt / dahin und wider an jr gewarsame zuͦ geben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1550
):
Das tridentinisch concilium auszuͤheben, im hailigen reich ains zuͤ halten und menigclich an sein gewarsame gelait zegeben.
Ebd. (
1544
/
5
):
domit send alle herren, [...], jederman an sein gewarsam, haim gangen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
man [Römer] ließ si [frauen] dan mit iren kindern und guet frei ledig weg aus dem land an ir gewarsam ziehen.
Jörg, a. a. O.
237, 8
;
Uhlirz, Qu. Wien ;
3.
›vertrauter, vor Verfolgung sicherer Ort, Zufluchtsort, Unterschlupf‹; vereinzelt mit Tendenz zu ›Versteck‹; meist von der menschlichen Behausung gesagt, in 1 Beleg von der Behausung des Wolfs; als Metonymie auch ›Sicherheitsbereich‹;
vgl.
1
(
die
2.
Gehäuft obd.; oft berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1d,  3,  4,  1.
Syntagmen:
an / in einer g. sein, an seine g. fliehen / gehen / keren / kommen / laufen / ziehen, sich an seine g. machen / packen / tun, jn. an seine g. beleiten / füren, bis an die g. sicher sein, in seine g. kommen, jm. bis an die g. geleit geben
;
die gute / ungefärliche / sichere g
.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
ee sie anheben zu moͤrden, ist das Kindlein Jesus schon auß dem landt in seiner gewarsam.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
77, 2
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wie mann vonn denn veindenn ziehenn muß ann ein besser gewarsam.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
orhein.
,
1520
):
wie der wolf die geiß bim bart ins holz fuͦrt an sin gewarsam.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gewarsame (die) Sicherer platz vnnd stand. Statio. Perfugium. Sich an sein Gewarsame mache͂ / Etwan hin seyn zuͦflucht haben. In portu͂ confugere.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
das die baid frawen, Werdenberg und Zimbern, flihen und an ein gewarsame sich thuen muesten.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Schade, a. a. O. ;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Dierauer, Chron. Zürich ;
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 167, 13
;
Gagliardi, Dok. Waldmann
511, 24
;
Barack, Zim. Chron. ;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
87, 31
;
4.
›rechtliche Sicherheit; rechtsverbindliche Zusicherung, Absicherung, Verbürgung; militärische Sicherheit‹; als Metonymie auch: ›betriebssicherer Zustand e. S. (z. B. eines Weges, einer Hecke)‹.
Gehäuft wobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte, auch Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
, , ,  2, , ; zur Metonymie: .
Syntagmen:
g. geben, die g. anhenken
;
jn. durch g. absolvieren, etw
. (z. B.
das pulfer, einen weg
)
in g. halten, etw. mit g. aufrichten, etw. mit g. geschehen, mit g
. [wo]
liegen, mit g. für jn. verbunden bleiben, jm. etw. mit g. fertigen / aufgeben / leihen
;
die erlangte / ewige / gute / sichere g
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Cautio. Sicherheit gewarsame fuͤrsorg / caution versicherung.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
warn darnach, [...], wie der gewaltig hawf der pawrschaft hernach zuge, mitsampt dem geschutz in guter gewarsam von inen gezogen.
Chron. Strassb. (
els.
, o. J.):
daz man die vorg. flehigen absolviere durch sicherheit und gewarsame.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1428
):
wand die vorgenant dinge bedoͤrffent des obgenanten valles ze gebende gewarsami, so [...].
UB Zug
375, 11
(
halem.
,
1404
):
er [Kauf] geschieht
an der offenn, frÿen straße, mit aller sicherheit und gewarsami, so har zuͦ gehort.
Leisi, Thurg. UB
8, 82, 35
(
halem.
,
1392
):
Und ist dis alles geschehen mit aller gewarsami, worten und werken, darzuͦ nach únsers gotzhus reht, sitten und gewonhaiten darzuͦ gehortten.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1425
):
were aber sach, das si den weg fuͥrwerthin in semlichen eren und gewarsami nit hielten.
Merz, Urk. Wildegg
38, 8
(
halem.
,
1437
):
daß sie nunmehr wie bisher für den von Halwill so jetzt für Peterman von Griffense also hafft vnd verbunden belibent mit aller gewarsami vnd sicherhait.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
547
(
halem.
,
1536
):
articel und ordnungen, [...] so vormog ir vorfaren alt harbrachten gwonheyt und darumb erlangter gwarsame ufgricht.
Roder, Hugs Vill. Chron. (
önalem.
,
1531
):
die funf ort waren zogen in irn fortail am Zuger berg [...], da lagen sy mit ir guͤter gewarsame.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1578
):
das man mit ordnung zu gemainer statt häggen und pülver seche, damit das in gueter gewahrsam erhalten werde.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 223, 13
;
Leisi, a. a. O.
8, 554, 32
;
Boos, UB Aarau ;
Kläui, Urk. Kaiserstuhl
118, 23
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Boner, Urk. Aarau
808, 8
;
5.
›urkundliches Beweismittel, Dokument über Rechtsgeschäfte und Rechtsverhältnisse, das nachträglich als Beweis für deren Inhalt dient‹; dazu in fließendem Übergang die Metonymie: ›urkundlich festgelegtes Recht‹.
Alem.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  1,  13, ›Urteil‹, ,  10,  12, , , .
Syntagmen:
eine g. (bei sich) haben / erlangen / herausgeben / verhören, g. um schulden legen
›hinterlegen‹,
g
. [wohin]
legen
;
die g
. (Subj.)
verbrinnen, etw. ausweisen / inhalten, erzeigen, das [...]
;
auf die g. glauben setzen, bericht aus der g. geben, etw. durch die g. darbringen / erweisen, sich in der g. ersehen
›informieren‹,
sich mit seiner g. aufmachen, mit der g
. [wo]
erscheinen
;
die authentische / briefliche / alte / neue / glaubliche / gute / habende
›im Besitz befindliche‹
/ schriftliche / volle g
.;
der fürtrag, die verhörung der g
.

Belegblock:

Köbler, Stattr. Fryburg f. (
Basel
1520
):
alt gewarsami daruff wir vnd die Richter gleuben setzen moͤgen.
Merz, Urk. Lenzb.
54, 8
(
halem.
,
1470
):
nachdem eine Ratsbotschaft untersucht hatte, wellicher theil die best gewarsame vnd gerechtigkheit hette.
Qu. Schweiz. Gesch. (
halem.
,
um 1470
):
do machet er sich uf mit siner gewarsame, mit briefen und mit siglen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
279, 18
(
halem.
,
1534
/
5
):
und dann jederman erschinen mit vollemm gwallt / und gwarsamj / das recht anzenemen und uͤben jn aller gstallt.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1559
):
wie si das alles vielfaltigclich durch alte und nüwe bücher und gewarsaminen gnuͦgsam erwisen und darpringen welle.
Rennefahrt, Recht Laupen (
halem.
,
1493
):
wenn er abzuͥcht, so soͤllen beidteil die gewarsamen einandern haruß geben.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ; ; ; ;
ders., Wirtsch. Bern ;
ders., Recht Laupen ;
Müller, a. a. O. ; ; ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ; ;
6.
›sichere Aufbewahrung, Verwahrung e. S.‹; in fließendem Übergang zur Metonymie: ›Aufbewahrungsort‹.
Obd.; meist Rechts- und Wirtschaftstexte.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
die auch solche panier in der obgemelten unser frawen cappel an ein sicher gewarsame behalten haben.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1478
):
das dann burgermaister und răt solich
[hinterlassenes]
güt beschliessen und versorgen lassen sollen mit gewarsami.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1583
):
das alle brieff hinder unseren gnädigen herren verordnetten schirmvögten oder sonst zuͦ vertruwten handen und guͦtter gwarsame gelegt [...].
Ebd. (
1638
):
so aber derglychen guͦt [...] ins landt gebracht wurde, wellend wir, das söliches nit durch, noch fortgelaßen, sonder in arrest und sichere gewarsamme gelegt, [...] werden sölle.
Köbler, Ref. Wormbs
260, 28
;
Rennefahrt, Statut. Saanen ;
7.
›Haft, Gefangenschaft‹.
Bedeutungsverwandte:
 23, ; vgl.
1
 12, , , .
Syntagmen:
jn. in die g. bringen / füren, in der g. halten
.

Belegblock:

Welti, Urk. Rheinfelden
489, 9
(
halem.
,
1516
):
das du berürten gfangen von stund an in die gewarsam enpfahest.
8.
›Besitz von etw., Verfügung über etw.‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
(
die
1.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
529, 726
(
Magdeb.
1608
):
Biß jhre Schiffleut widerkemen / | Sie [Toͤpff] in jhre gewarsam nemen.
Köbler, Ref. Wormbs
89, 25
(
Worms
1499
):
ein iglicher glauber oder Schultherr mag die ingegeben habe syns Schuldners in syner gewarsam behalten biss ym bezalung geschicht.
Küther, UB Frauensee
309, 33
(
thür.
,
1509
):
und inen die [sehs viertel korns] gutlich uff sent Michels tag in ire gewarsam zcu uberandelogen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1536
):
wir hetten im gelt darauf geben und das schmer angriffen und an unser gewarsam zu unsern handen genommen.