gewaltig,
mehrfach
gewaltiglich
(vereinzelt auch bei adj. Gebrauch, s. 2);
Adj.
1.
›allgewaltig, über einzelmenschliche, natürliche, soziale Macht hinausgehend‹;
vgl. (
der
1.
Meist Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Im einzelnen:
a) ›allmächtig‹ als dem Gott der Bibel (meist Gott-Vater, seltener Christus und dem Heiligen Geist) zugeschriebene Eigenschaft, wie sie in seiner Herrschaft über Himmel und Erde besteht und sich im Heilsgeschehen der Bibel, speziell auch in Wundertaten Christi offenbart; vereinzelt auf die als gottähnlich angesehene Macht Mariens bezogen; bei Luther auch mit Bezug auf den durch Christi Erlösungstat
gerechten
(s.  910) Menschen gebraucht.
Bedeutungsverwandte:
 3, (Adj.) 1,  5; vgl.  1, , ,  2.
Syntagmen:
got
, [Christus als]
der erlöser g. sein
(mehrfach),
got in seiner natur g. sein, in einem fürgang g. werden, j. (got) e. S
. (Gen., z. B.
der erden, der kreatur, des himmelreiches
)
/ e. P
. (Gen., z. B.
mein
›meiner‹)
g. sein, die gotheit, die fraue g. sein
;
got gewaltiglich erstanden sein, wo sitzen, das werk der welt g. regieren
;
der gewaltige got
(oft)
/ herre / könig / vater / schepfer
,
die gewaltige hand (gottes)
;
die mutter des gewaltigsten
.
b) ›überaus mächtig‹ als dem Teufel zugeschriebene Eigenschaft.
c) ›überwältigend‹ als Eigenschaft des Todes.
d) ›mächtig (von Göttern gesagt)‹; vgl. jeweils
gewalt
(
der
) 1 mit Untergliederungen.

Belegblock:

Zu a):

Luther, WA (
1518
):
So troste ich mich des, das Christus reich, gewaltigk, ane sunde, from, gerecht [...] ist.
Ebd. (
1519
):
Du bist allein darumb kranck und schwach [...] worden, das ich gesunth, gewaldig, heylig, kluͤg und gerecht wurde.
die drey personen sind ein ding und wesen, zuͦ gleich mechtig und gewaltig.
Ebd. (
1522
):
dem geyst nach ist er erweisset [...] gottes sun, und das gar mechtig und gewaltig.
Ebd. (
1523
):
Daruͤmb ist ja ein Christen ein seliger mensch und ein gewaltiger herr, [...], das er widder jderman trotzen [...] thar.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Nu spricht er: ,dich allain wăren got‘. daz er nit sprichet ,richter‘ got oder ,gewaltiger‘ got oder ,wisen‘ got, Er maint: wărhait trifft vͥber dz hoͤhst vnd ist ain bloß wesen.
Jostes, Eckhart
16, 13
(
14. Jh.
):
Alzo hat daz wesen der wesen deu wesenheit der veterlicheit durchvlozsen gewaldig einen ze machen, einen ze gebernne glich im selber.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen M
422, 4
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
Der selbe got gewaltec vater aller menscheit ist: | sô nim ich mir ze bruoder den der heizet Jêsus Krist.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
11, 1
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Got, der mein und euer gewaltig ist, getraue ich wol, er werde mich vor euch beschirmen.
Stackmann u. a., Frauenlob
9, 2, 13
(Hs. ˹
omd.
/
schles.
,
14. Jh.
˺):
Ja bistu
[Maria,
vrouwe
]
so gewaldic sin, | daz er uns wol bewart | vor houbetsünden.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
58, 17
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
Got ist gewaltig alle gnade an uns ze wuͤrken.
Langen, Myst. Leben
194, 8
(
nobd.
,
1463
):
Aller liebsten bruder demutiget euch vnter die gewaltigen hant gotes.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
dis waz ain zaichen grosser minne daz er Got, himelriches und ertrichs gewaltig, daz der durch úns vil armen aller siner lider ungewaltig waz.
Klein, Oswald
7, 2
(
oobd.
,
1427
):
Loblicher got, | gewaltiklicher küng der himel tröne.
Piirainen, Stadtr. Sillein
39a, 8
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Dy echte [vrevͤd] ist daz ich bin ein muͤter dez gewaltigisten.
Quint, a. a. O. ; ; ;
Ettmüller, a. a. O.
11, 4
;
Dubizmay, kurß zu Teutze
14, 6
;
22, 4
;
Froning, Alsf. Passionssp.
4894
;
7523
;
Eggers, Psalter
41, 9
;
Pyritz, Minneburg
5368
;
Rieder, a. a. O. ;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2909
;
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 211, 2
;
Kehrein, Kath. Gesangb. .

Zu b):

Luther, WA (
1539
):
welches [volck] beruͦffen ist zu dem kampf wider solchen gewaltigen gaist
[Z. 27:
Teüffel
].
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
449, 4430
(
Zwickau
um 1540
):
Gewaldigister Fuͤrst
[Satan]
/ so ich die gwalt | Beid meiner kunst und meiner mildikeit | Recht kenn / trag ich keinn zweiffel diser zeit | Es werdn ihr viel beharn inn unser pflicht.
Sappler, H. Kaufringer
2, 81
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
auf ainem hohen stuole zwar | sas er
[Lucifer,
der tiefel bös
]
gar gewalticlich.

Zu c):

Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
2, 16
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Wene nicht, das du [Ackerman] unser [Tod] herlichkeit und gewaltige macht immer mügest geswechen !
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Der todt in seine macht, | Vns gwaltig hat gebracht.

Zu d):

Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
es sint indas lant | Froͤmde goͤtte komen, | Die disen hant genomen | Gewalteklichen irn gewalt.
2.
›wirkungsmächtig, wirkungsvoll, kraftvoll, stark; durchgreifend, definitiv, endgültig (von Naturgegebenheiten, von religiösen Mächten, von Personen sowie menschlichen Handlungen, Haltungen u. ä. gesagt)‹;
vgl. (
der
23.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
 1,  1, , .
Syntagmen
(präd.):
der süd
(ein Wind)
g. sein, got in allen dingen gewaltiglich sein, die gnade gewaltiglich über etw. sein
, als subjektbezogenes präd. Attr.:
die sünde gewaltiglich in jm. bleiben
, als objektbezogenes präd. Attr.:
die minne gewaltiglich
›als wirkungsvoll‹
in der sele erkennen
; als Adv.:
j. g. reden, ein kraut gewaltiglich wirken, der vater gewaltiglich in der sele wirken, j. gewaltiglich etw
. (z. B.
das recht
)
schirmen, j. den teufel gewaltiglich austreiben, das wort etw. gewaltiglich zu boden stürzen, das unglük gewaltiglich zu jm. hausen, der geiz gewaltiglich seinen gang haben, der text gewaltiglich schliessen, das [...]
;
der prophet, g. an werken / worten
;
das gewaltige gebot / urteil / wort, die gewaltige kraft
.

Belegblock:

Luther, WA (
1537
):
Es ist auch alles deutlich [...], dazu seer gewaltig geredt.
Ebd. (
1544
):
Der text schleust gewaltiglich, Das gott und geist zwo person und nicht eine person sey.
Feudel, Evangelistar
89, 5
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
do sprochen sy: ,hastu nicht vornumen von Jhesu Nazareno der eyn prophete waz geweldik an werken unde an worten vor gote unde vor allen luten?
Strauch, Par. anime int.
42, 22
(
thür.
,
14. Jh.
):
Uch ist gegebin nicht geliginde gnade, daz ist nicht alleine zu nuzine, mer gewaldic dar uber zu sine daz ir da mide wirkin mugit.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 4
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Got, euer tirmer, hasse euch, unselden merung wone euch bei, ungelück hause gewaltiglich zu euch !
Neumann, Rothe. Keuschh.
4397
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
lasset in uwern dotliche libe | di sunde nicht gewaldich blibe.
Sermon Thauleri
14ra, 33
(
Leipzig
1498
):
got ist in alle͂ dingen. wesenlich. wircklich. vñ geweldiglich.
Dietrich. Summaria
22b, 31
(
Nürnb.
1578
):
Nun folgen etliche schoͤne gleichnussen / vom Euangelio / wie ein edel / theur / vnnd gewaltig wort es sey.
Lemmer, Brant. Narrensch.
2, 29
(
Basel
1494
):
Dem ist gesetzet ouch sin zyl | Do er ein gwalttig vrteil fyndt | Der stein der felt jm vff den grindt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1532
):
Die gemain war fast still, [...] hett (gern) das wort des herren gewaltig (gesehen).
Klein, Oswald
113, 22
(
oobd.
,
1438
):
O kaiser, schierm mit deinem swert, | [...] | das recht und den gelauben wert | gewaltiklich zu aller frist.
Strauch, a. a. O.
12, 14
;
Jahr, H. v. Mügeln
126, 1801
;
Pyritz, Minneburg
5438
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
63, 4
;
Meisen u. a., J. Eck
48, 9
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ; ;
Klein, a. a. O.
20, 82
.
3.
›mächtig, im Besitz politischer, militärischer, sozialer Macht (meist von Amtsträgern); einflußreich (von Personen); über Sachen / Personen gebietend; mit Heeresmacht wo einziehend; die Kontrolle über sich selbst innehabend, beherrscht‹; im Beleg
Hager
(s. u.) konversosem dazu: ›überwältigt‹; zu 4.
Phraseme:
mit gewaltiger hand
›mit Heeresmacht‹;
einer frauen / eines weibes gewaltig werden
›den Beischlaf mit einer Frau vollziehen‹.
Bedeutungsverwandte:
,  45,  5, (Adj.) 1, , ; vgl. (Adj.) 1.
Gegensätze:
(Adj.) 1.
Syntagmen:
die torheit, die zünfte / j. g. werden, j
. (z. B.
die Römer
)
g. sein, j. an etw
. (z. B.
an einer stat
)
/ über etw
. (z. B.
über die gnade
)
g. sein, e. P
. (z. B.
gottes / Christi, des keisers / königs, der feinde, der Hussen, der gesellen, sein selbes
)
(nicht) g. sein
(teils auch
werden
),
e. S
. (z. B.
der pforte, der welt, des turnes, eines werkes
)
(nicht) g. sein / werden, der glast des tages der nacht
(Gen.)
g. sein
;
jn. e. S
. (Gen., z. B.
der gnade
)
g
. (objektbezogenes präd. Attr.)
machen
;
gewaltiglich daherfaren / gebieten / herschen / regieren, jn. gewaltiglich aus dem land treiben
, [eine Stadt]
gewaltiglich überziehen
;
sich gewaltiglich einrichten
(objektbezogenes präd. Attr.); ˹subst.:
den gewaltigen niedern / reichern, von seinem gut setzen, die gewaltigen herren heissen
;
die gewaltigen reichtum / gut / geld besitzen
;
jn. für den gewaltigsten anbeten
˺;
der gewaltige haufe
›Haupthaufe des Heeres‹
/ herre / könig / keiser, die gewaltige ordnung
›militärische Formation‹
/ sache
›militärische Ausrüstung‹ /
stat
;
die gewaltigen der welt
.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
Dazu war Esau nu gewaltig worden und herr im lande.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1565
/
6
):
letzlich hat sich das spiel wider gewandt und sein die unsern der feinde gewaltigk worden.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
260, 32
(
Magdeb.
1608
):
Die Weltlichen Koͤnige herrschen / vnd die gewaltigen
[
Luther
1545, Mk. 10, 42:
Mechtigen
]
heisset man gnedige Herren.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
3, 5
(
Frankf./M.
1626
):
Jerusalem / Wie dasselbige durch das Christlich Kriegs Heer vor sechshundert Jahren gewaltiglich vberzogen [...] worden.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
der oitmoedege mynsche der is godes also geweldich as hey syns selues is.
Diu sêle sol niemer ûfgehœren, si enwerde des werkes als gewaltic als got.
Froning, Alsf. Passionssp.
1801
(
ohess.
,
1501ff.
):
sal ich mynes jungen | libes nicht gewaldigk synn?
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Darnach die Voͤgel all gemein | Setzten zum gwaltigen hauffen ein.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
10, 3
(
Frankf./M.
1568
):
Jch bin ein edler Gentelon | Ein gwaltig / reich / herrlicher Mann / | Jederman ein auffsehen hat | Auff mein geberde.
Strauch, Par. anime int.
42, 26
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz ich dich minir gnade also gewaldic mache daz du mide widerstein macht allir bekorunge.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
247, 2304
(
Zwickau
um 1540
):
Kein stoltzer ding nicht wol kan sein auff erdn / | Denn so arm Betler gewaldig herren werdn.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1388
):
so solten di haupleüt und alle die, der si gewaltig wern, darnach einen monet bei den burgern beleiben; und welch gesellen nicht beleiben wolten, der sie nicht gewaltig weren, di solt man lazzen reiten.
Ebd. (
1491
):
für Ofen ze ziehen und also das künigreich Ungern mit gewaltiger hand ein ze nemen.
Bell, G. Hager
401, 3, 9
(
nobd.
,
1593
):
Ettliche waren do | ge waltig, die namens also | ge fencklich ein.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
So enist der mensche nút sin selbes me gewaltig: das ist die gevangen minne.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
Karolus [...] treip sin wip von im, [...], und sprach, er wer ir nie geweltig worden.
Roloff, Brant. Tsp.
1587
(
Straßb.
1554
):
Die gewaltigen setzt er [Gott] von irem guͦt | Und erhoͤcht die Tugent der demuͦt.
Plant u. a., Main. Naturl. 299vc,
21
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
indictō daz hant die romer gemaht do si vor so gewaltic warent dc siv herschetēt vil bi vber alle riche.
Dreckmann, H. Mair. Troja S. 
26, 29
(
oschwäb.
,
1393
):
do nu Jason also gewaltiger küng ward in Thesalia, do gedauht er an die schand.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Die nacht wird schier des himels gast, | Des tages glast | Will ir gewaltig sein.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
und send zu erhaltung des freien stands in die statt Rom mit gewaltiger ordnung getzogen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Dem ist in der jugendt ein solchs starks maleficium begegnet, das (er), wie er erwachsen, sich kainer frawen annemmen dörfen, auch keiner, gleichwol er vil und mancherlai versucht, hat künden gewaltig werden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Die Gewaltigen seindt nicht den guten Wercken / sondern den boͤsen zu fürchten. [...]. wann einer gewaltig wirdt / so laßt er sein art [...]. Wirdt die Thorheit gewaltig / so huͤete sich der einfaͤltig.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
E. 15. Jh.
):
mag er sein [schedlicher man] aber allain nit gewaltig sein, so sol er sein nachbawrn zu hilf ruefn.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
auf einer eben des felds stuend der geweltig haufen.
Froning, a. a. O.
4569
;
Jostes, Eckhart
52, 10
;
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe ;
Gille u. a., M. Beheim
81, 197
;
Koller, Ref. Siegmunds ; ;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
473
;
Goldammer, Paracelsus
5, 180, 4
;
Jörg, Salat. Reformationschr.
150, 14
;
Sappler, H. Kaufringer
16, 37
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Hör, Urk. St. Veit
198, 24
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Wackernell, Adt. Passionssp. Br. I,
899
;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v. .
4.
›über etw. herrschend, im Besitz eines Herrschaftsamtes, eine obrigkeitliche Funktion ausübend‹; sehr vereinzelt konversosem, dann ›beherrscht, regiert, einer Herrschaft unterstellt‹ (vgl. die Belege
Beyer
und
Erben, s. u.); im Unterschied zu
3
eher auf die Ausübung von Herrschaft bezogen; mehrfach subst.;
vgl. (
der
5.
Phraseme:
die gewaltigen
(nürnb. auch für den Rat).
Syntagmen:
j. g. sein / werden
;
j. einer insel, des reiches / himmels, der erde, einer kamer g. sein, j. des krieges g. sein
›die Kriegsführung in der Hand haben‹; ˹
jm. eine stat g. antworten, einer feste eine stat g. tun
(in beiden Fällen die o. a. konversoseme Verwendung: ›beherrscht, unterworfen‹; Konstruktion am ehesten als objektbezogenes präd. Attr. auffaßbar)˺;
gewaltiglich herschen
;
den gewaltigen
(subst.)
etw. kund tun / sagen
;
jn. zu gewaltigen setzen
;
der gewaltige herre / fürst / richter / fronbote / waldgraf / amptman, das gewaltige gericht
ein höheres Gericht;
die gewaltigen der stat / welt
;
laub der gewaltigen
›Erlaubnis der Amtsträger‹.
Wortbildungen
gewaltigkeit
2 (dazu bdv.:  56, ).

Belegblock:

Luther, WA (
1528
):
als sind die [...] werckheiligen, die grossen hansen und die gewaltigen dieser welt.
Loersch, Weist. Boppard (
mosfrk.
,
1538
):
erkennen wir unsern gnedigen herrn von Trier vur einen gewaltigen herrn dieß landts.
Erben, Omd. Chrestomathie
2, 4
(
omd.
,
1289
):
swenne wie danne Eckehardesberge, Botenstete vnde Gota hus vnde stat antwerten vnde gewaldich machchen heren Gebeharte.
Beyer, UB Erfurt (
thür.
,
1327
):
so sulle wye unde wollen die stad gewaldic tun unser vesten Schoywenforst.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
68, 29
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Der insuln sint gewaldic vir herren.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
daz bezugit man wol mit im, wen he gewaldiger richter ist unde sin gerichte von dem konige hat.
Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
daz [...] im dorffe nymant schencken getar on laub der herschafft oder ir gewaltigen doselbsten.
Ebd., NF.
2, 1, 26, 12
(
1464
):
das er das uͤnverzogenlich der herrschaft oder iren gewaltigen und amptlewten kuͤnt thuͤn wollet.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
O keyserin der tröne, | Küngin ob aller schone, | [...] | Gewallticleich | Herschestu was do iste | Im himel.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
ich wolt gar vil wider mein anneider schreiben, aber die gewaltigen sagent, ich sol sie verachten.
Hulsius
O jr
(
Nürnb.
1596
):
ein Reich / gewaltigkeit.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
daz si solte muͦter sin des kúnges von Hýmelrich und der engel und hýmels und erde gewaltig waz und ist.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Dominatio [...], Gewaltigkeyt / macht / tyranney
(mit letzterem offen zu
gewaltigkeit
3).
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
/
1500
):
und satzten 5 man zuͦ dem krieg, die solten des kriegs gantz gewaltig sein.
Niewöhner, Teichner
685, 82
(Hs. ˹
moobd.
,
1469
˺):
da tet im chunt der kelner | das er nymer gewaltig waͤr, | er wer nu gesetzt ab.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1549
):
stock und galgen und gewaltigs gericht das gehört zu dem hauß Valckennstain.
Piirainen, Stadtr. Sillein
91b, 13
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Ist eyn man dem andern schuldik binnem wicbilde vnd chuͤmt er yn an so sol er nemen den gewaltigen vrone boten vnd sol yn fuͤr den richter brengen.
Aubin, Weist. Köln/Brühl ; ;
Karnein, Salm. u. Morolf
108, 4
;
Thiele, Chron. Stolle ;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
12
;
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
74, 16
;
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
288, 7
;
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
UB ob der Enns
10, 340, 32
;
Vgl. ferner s. v. .
5.
›über etw. / jn. nach geltendem Recht verfügend, verfügungsberechtigt‹;
vgl. (
der
6.
Gewisse Beleghäufung für Rechtstexte, auch berichtende Texte.
Syntagmen:
j. g. sein, j. e. S
. (z. B.
der habe, eines gutes / weingarten, des brautlaufes, der schranne / schiedung
) /
e. P.
(z. B.
des kindes / weibes
)
g. sein, über das fusvolk g. sein
;
das regiment g. inhalten, etw
. (z. B.
den nuz
)
g. beschirmen
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
is auͦer, daz her nicht breue nimt vnde hat her zwene gezuͦge, de daz horten oder gesagen, daz iz iime de gewaldich waren, des zuͦ leine geligen haben, / her behalt iz seluͦe dritte nach ir tote.
Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
, Hs.
15. Jh.
):
Weme der obyrste bergmeister adyr obyrlyher, der gewaldyg dez yst, myt den burgern eyn erbe berytet, daz zal von rechte crafft haben.
Goldammer, Paracelsus
2, 283, 2
(
1530
/
5
):
so ist kein eheman schuldig demüetigkeit zu leiden wider sein zeitlichen nutz, sonder gewaltig, denselbigen ihm und seinen kindern zu beschirmben.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
das der bruͥtguͦm vnd die brut, oder die, so des brutlofs gewaltig sint, vff beiden teilen nit me zuͦ dem brutloff laden sollent.
Morrall, Mandev. Reiseb.
23, 26
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
wann ich lange zitt by im was in sinem krieg und waz úber daz fuͦßvolk gewaltig.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1347
):
Stirbt ain man ân geschaeft, und laet hie hausfraun und chint, so sol deu witub der chint und des guots gewaltich sein.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
v. 1355
, Hs.
um 1518
):
was si visch in der herschaft vahent, di sol er wer gewaltig ist bei dem haus anfailn.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Wier Ludwig der viert römisch kaiser, [...] halten also in gewaltiglich durch die [...] macht und hilf des almechtigen gotts das regiment der welt.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
, Hs.
15. Jh.
):
wer dann derselben schrann gewaltig ist, der sol uns siczen und unverzogne recht tuon.
Leman, Kulm. Recht ;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Dertsch, Urk. Kaufb.
117, 40
;
Auer, a. a. O. ; ;
6.
›von jm. zu etw. bevollmächtigt, ermächtigt, im Sinne des Vollmachtgebers zu handeln‹;
zu (
der
7.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  7.
Syntagmen:
j. g. sein
; ˹
j. g. im witibstul sitzen, j. jn. gewaltiglich zu könig wälen
˺ (subjektbezogenes präd. Attr.),
jn. g. tun
›bevollmächtigen‹ (objektbezogenes präd. Attr.);
der gewaltige gerhabe
.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1420
/
41
):
do wart der hertzog sein aiden erwelt von den ungerischen herren geweltiglichen zu könig.
Bastian, Runtingerb.
2, 300, 23
(
oobd.
,
1396
):
umb di schaden, der han ich den von Abensperkch gewaltig getan, waz er mir spricht, da sol mich an benuͤgen.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1624
):
so soll man die durch freund und ordenliche herschaft mit gewaltigen gerhaben oder mit versorgern, [...] und verantwurtern notturftiklich versechen.
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
79, 25
;
Zingerle, Inventare .
7.
›gewalttätig, gewaltsam, unter Anwendung von Gewalt; widerrechtlich (jeweils von Handlungen des Menschen)‹; als Metonymie auch: ›unter Gewaltvollzug erworben‹;
vgl. (
der
9.
Phraseme:
gewaltige hand an jn. legen
.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 6, , ,  1, , .
Syntagmen:
etw. gewaltiges an jm. üben
;
sich gewaltiglich wieder etw. setzen, jn. gewaltiglich
[wozu]
schleppen / ziehen, gewaltiglich etw. nemen
(z. B.
ein gut
)
/ zerschlagen
(z. B.
den altar
),
jn. gewaltiglich fangen / leidigen / töten / unterdrücken, jn. (eine frau) gewaltiglich um ire ere bringen, jm. gewaltiglich etw. einziehen
(z. B.
ein gut
)
/ nemen
(z. B.
einen brief
),
jm. gewaltiglich jn
. (z. B.
das weib
)
vorbehalten
;
der gewaltige krieg / raub / herre / tyran / wüterich, die gewaltige handlung / tat, das gewaltige aufreiten / fürnemen / gewer
.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
wie die gewaldigen herrn und wucherer das volck verschlingen.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
Diese haben dem Probste die schlussel abgedrungen und dem Kuster auch gewaltiglich dorzue geschlept und getzogen, das [...].
Erben, Omd. Chrestomathie
24, 4
(
omd.
,
1470
):
der muß mit vleyße dar uff denckenn, das sein furstenthum ader herlikeit naturlich vnde nicht vreuel ader geweldigk sie.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
das vil der weltlichen haupter, [...] sölichs alles [gottes wort] uff iren aigen vortail und nutz, auch gewaltig, tetlich frevenlich, rauplich und mörtlich handlung und furnemen [...] zu geprauchen understunden.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
416, 13
(
els.
,
1362
):
Paulus hat vil geweltiger vnd strenger tyranne gestroffet vmb ire missetat.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1500
/
34
):
ob ainer gewaltige hant an in anleget, der ist der herrschaft 32 tal. ₰ verfallen.
Ebd. (
A. 16. Jh.
):
umb ain der da wollt frauen oder junkfrauen gwaltiklich umb ir er pringen.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1585
):
das iemand durch böse verdechtliche leüt mit gewaltigem raub, mort oder prand oder auch anderer gewaltiger that gefräflt wurde.
Ebd. (
1624
):
Gestollne, geraubte und gewaltige gewër
›Griff zu den Waffen‹
macht kain recht.
v. Keller, Amadis ;
Anderson u. a., Flugschrr.
11, 7, 25
;
Baumann, a. a. O. ;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Fuchs, Murner. Geuchmat
3977
;
Schib, H. Stockar
171, 26
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst., S. 
291
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ; ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
89, 32
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
46a, 32
.
Vgl. ferner s. v. .
8.
›etw. besitzend, über etw. als Besitz verfügend; e. P. habhaft‹;
vgl. (
der
10.
Bedeutungsverwandte:
 6; vgl.  12.
Syntagmen:
e. S
. (z. B.
des bildes / hofes / reiches
)
g. sein
›im Besitz [...] sein‹,
seines leibes
o. ä.
(nicht) g. sein
›(nicht) im Besitz seiner Kräfte sein, (keine) Kontrolle über seinen Körper haben‹,
js
. (z. B.
der mörder
)
g. werden
›js. habhaft werden‹; als objektbezogenes präd. Attr.:
jm. etw
. (z. B.
zinsgeld
)
g. tun
›jn. in den Besitz e. S. setzen‹,
jn. e. S. g. tun
(z. B.
des gutes
) /
machen
(z. B.
des garten
) /
lassen
(z. B.
des bildes
).

Belegblock:

Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Gestet he also, so hat he daz cinsgelt gewunnen, unde der richter sal is in gewaldic tun.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
der sprach: Ob mich morder oder heiden wollen morden vnd ob ich ir gewaldic wirde, sol ich sie erslahen ?
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
der
[Heinrich V.]
ving sinen vatter, do er des riches gewaltig waz, und hielt in in starken banden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Seiner glideren nit Gewaltig / Der seine glider nit mer kan oder mag brauchen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
als sie ir nun gewaltig wurden, da viengen sie die untrewen verretter.
Fuchs, Kart. Aggsbach (
moobd.
,
1350
):
ich scholt in des weingarten gewaltig machen und an die gewer seczen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
163, 45
(
tir.
,
1464
):
der zaubrer der lag das gancz jar von den grossen schlëgen vnd wunden, das er seines leibes nicht gewëlttig mocht sein.
Piirainen, Stadtr. Sillein
60a, 16
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Lazet den keiser seinez pildez geweldich vnd gotez pilde gebt gote.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
123, 3
;
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
295, 31
;
Vorarlb. Wb.
3, 595
.
9.
›das normale Maß von etw., das Erwartbare übersteigend‹, von Bezugsgegebenheiten jeder Art, u. a. von Gegenständen, Handlungen, Vorgängen, gesagt; im einzelnen unterschiedlich zu übersetzen, s. u. die Vorschläge in den Syntagmen;
vgl. am ehesten (
der
11.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (Adj.) 7,  4, (Adj.) 17,  2,  1.
Syntagmen:
die arbeit g
. ›hart‹
sein, der strom g
. ›reißend‹
sein
;
g
. ›stark‹
donnern, g
. ›laut‹
trompeten, g
. ›eindringlich, überzeugend‹
predigen, g
. ›vollen Gewinn bringend, vom Bergwerk‹
angehen, g
. ›ergreifend‹
eine rede tun, etw. gewaltiglich
›überzeugend‹
be-, er-, überweisen
›beweisen‹,
etw. gewaltiglich
›klar‹
verdeutschen, etw. gewaltiglich
›einsichtig‹
anzeigen
;
das haus gewaltig
›mit festem Fundament‹
unterfasset sein
;
der gewaltige
›inständige‹
bet
›Bitte‹,
der gewaltige
›schwere, tiefe‹
gefrür
›Frost‹,
der gewaltige
›vortreffliche‹
ritter, der gewaltige
›große‹
säufer, der gewaltige
›überzeugende‹
schein, das gewaltige
›große‹
bergwerk
,
das gewaltige
›treffende, schlagende‹
exempel
;
das gewaltige
›verzehrende‹
feuer, das gewaltige
›laute‹
gelächter, das gewaltige
›überzeugende‹
schreiben, das gewaltige
›riesengroße‹
schwein, das gewaltige
›reißende‹
wasser
.

Belegblock:

Es ist ein gewaltig exempel, es solt uns warlich für den kopff stoßsen.
wenn einer gleubte und wuͤrde des beredt mit gewaltigem schein und warzeichen.
Ebd. Bibel (
1546
):
er prediget gewaltig, vnd nicht wie die Schrifftgelerten.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
653, 4592
(
Magdeb.
1608
):
vier vnd zwantzig Feldt klareten / | Fingen an gewaltig zu Trummeten.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
daß keiner vnder dem hauffen war; so jhn nicht für ein gewaltigen vnnd hertzhafften Ritter hielt.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
dardurch diser Artickell gewaͤltigklich vnnd vnwidersprechlich erwiesenn wirt.
Ralegh. America iiijr, (
Frankf.
1599
):
dann der Strom ist so gewaltig / vnd laufft vber alle Baͤum oben hinauß / daß [...].
Perez, Dietzin
1, 323, 3
(
Frankf.
1626
):
so hastu jetzund den Nahmen eines gewaltigen Saͤuffers.
Ebd.
406, 16
:
vnd ließ sich in solchem suchen gantz kein Haaß / Hirsch oder Dan / sondern ein gewaltig Hauptschwein [...[ sehen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
E. 15. Jh.
):
wer holz aufvächt das in gewaltigem wasser hin rinnet, der sol das holz auf dem gestadt ligen lassen.
Qu. Brassó
5, 421, 8
(
siebenb.
,
1608
):
Den 4. Aprilis hot es gewailtig gedonnert.
Perez, a. a. O.
1, 206, 19
;
Goldammer, Paracelsus
185, 3
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  7,  5,  11,  8, .
10.
›sehr, außerordentlich (Gradpartikel)‹; anschließbar an 9.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6,  2, (Adj.) 15,  2.

Belegblock:

Schorer, Sprachposaun
13, 2
(o. O.
1648
):
Es muß je das Gestirn gewaltig verunreinet / vnd durch vnd durch verschleidert [...] syn.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe (
Wolfenb.
1593
):
Aber sonsten hat sie ein gewaltig böses gerüchte hie in der Stadt.
11.
bedeutungsverwandt zu .
12.
bedeutungsverwandt zu  3.