gewönlich,
Adj.
1.
›dem Herkommen, sozialen Brauch, der Gewohnheit entsprechend, gesellschaftlich, sozial eingespielt und daher als regelhaft anerkannt, Erwartbarkeit sicherstellend, üblich, zeichenhaft für eine Ordnung stehend‹; mit letzterem tendenziell auch: ›gewohnheitsrechtlich geltend‹; Phraseme:
als (etw.) gewönlich ist
o. ä. ›wie es üblich ist‹.Syntagmen:
etw
. (z. B. der sitte, das wandern
) g. sein, etw. von alter (her) g. sein
; etw. g. tun, etw. g. gepflogen werden, ein recht g. halten
; der gewönliche almosenstok / bachgrosche / brauch / bau / dienst / eid / grus / lon / sitte, die gewönliche banteiding / behausung / busse / gebür / münze / pflicht / steuer / stunde / tagzeit / übung / wonung / zeit / zeremonie, das gewönliche gelübde / herkommen / opfer / recht / ungeld / zeichen
.Belegblock:
Gemein gebreuchig gewoͤnlich pfleglich uͤblich gewon gepreuchlich ganghafft gangbar jm schwange leufftig gänge.
der richter der sal sine gewonlichen buͦzen nemen.
dat hey vssgeschickt wart [...] der Stede Assijssen zo verpechten, as dat gewoinlich ys.
unde han [...] dit vurgenante testament in eẏne uffinbar instrument gemachet unde han daz gezegent mẏt mẏme gewontlichen zechen.
vor eyn iczlich solch bret wir vnde dacz Closter czu fumff heller gewanlicher moncze [...] beczalen sollen.
so haben wir [...] iren vormunden, buwemeistern und pflegern das vorgenant winwahs ufgegeben mit munden, mit handen und mit halmen als gewonlich ist zu tunne zu Franckenlande.
und meinde, er [...] woͤlti och sinen gewonlichen morgengruͦz underwegen lassen.
Es ist ein gewonliche uͤbung an den gerichten / das mã dem antwuͤrter eyde vfflegt.
Da warent siben kruͤge berait, | Grossú, michelú wasser vas, | Als gewonlich do den juden was.
Und fuͦrt man sú gevangen hin | Mit banden zuͦ des todes pin; | Und volgetont vil lúte mitte, | Als gewonlich ist der selbe sitte.
sol er den selen ze hilff [...] hundert kertzin tragen igleichin mit ainem pfund wachs zuͤ dem opfer und zu der par alz sitleich und gewoͤndlich ist.
nach ordnung des rechten leben, wie dann gewonlich von andern gerichten an der art gepflegen wirt.
so ist im diu stat verpoten pey der gewonleichen puͦzz.
sie sollen auch über die gewönnliche Tagzeit zu robaten durch den Herrn nit getrungen werden.
Es war zur selben zeit das umbziehen und wandern gewonlich und auch nötig.
Anderson u. a., Flugschrr.
24, 5, 1
; v. Birken. Erzh. Österreich ;
Völker, Antichrist
664
; Vock, Urk. Hochst. Augsb.
169, 15
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
6, 2
; Schwartzenbach
E iijr
; 2.
›gewohnt, üblich(erweise), immer wieder, oft, nach seiner privaten Gewohnheit‹; im Unterschied zu 1 von nicht sozial eingespielten Handlungen; Belegblock:
Were aber derselb inwoner berüchtiget gewonlicher hadery. schlagens. verletzung oder totschlagens. vnd eins boͤsen lebens.
Ein priester gienc gewonlichen zv einem einsidele vnd segente im unsers herren lichamen.
das du denne nút dine ufsetze, dine gewonlichen gebettelin út anhebest.
[Ihesus] pflag dike úber nacht mit in | Gewonlich dar in [garte] sin.
flyechen die person mit der du gewonlich / in [...] unvernü(n)ftige wort fallest.
Zu Malzeiten hat er [Großfuͤrst] sich gwoͤndlichen betruncken / das er am Tisch entschlaffen ist.
3.
›gewöhnlich, normal‹; teils in Richtung auf: ›ein bestimmtes Niveau der Wertschätzung kaum erreichend‹; damit im Unterschied zu 1 und 2 ansatzweise pejorisiert.Phraseme:
die gewönliche stat
›Stelle zur Lagerung von Tierkadavern‹.Belegblock:
Von den Hochgelehrten vnd jren gewoͤnlichen Gradibus, vnd freyen Kuͤnsten / von allerley Handwercken / vom groͤsten biß zum kleinesten.
Diz zwingt die usser dinck ze lauzend, gewonlich dinck ze mident, úber sich selber dringen und an die blozen gotheit springen.
Seynd hernach bemeldte drey [Vnfall / Jammer / Schmertzen] vmb meine gewoͤnliche Speisen gegangen.
4.
charakterisiert die außerhalb der menschlichen Verfügbarkeit stehende natürlich, religiös, medizinisch oder allgemein psychologisch, auch sozial begründete Gesetz-, Regelhaftigkeit: ›der Existenzweise e. S./ P. entsprechend, in aller Regel, von Natur aus, gottgewollt, dem Schöpfungsgesetz entsprechend, üblich(erweise), natürlich(erweise)‹; Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
die gewönliche heimlichkeit
›Menstruationsblut‹; der gewönliche siechtag
›Menstruationstag, -zeit‹.Syntagmen:
j. g
. ›von Natur aus‹ harig sein, j. g
. ›von seiner Natur getrieben‹ etw. tun, j. g. bleicher gestalt sein, j. g. js. augen an sich ziehen, etw
. (z. B. die kunst / liebe
) g. eitel sein, der geist bei js. sterben g. anfechtig sein, das leben g. im märzen hinnen faren, die creatur sich g.
[wie] stellen, der oberen natur etw. g. sein, die sonne g. liecht sein
; der gewönliche lauf (des gestirnes), der gewönliche zwek, die gewönliche stimme / zuneigung
.Belegblock:
Die Creaturn sich anders stelleten denn gewonlich und damit bezeugeten, das [...].
daz unmügelich ist der undern natûre, daz ist gewonlich und natiurlich der obern natûre.
Mortuus est. Jst so viel gesagt: Er hat den Lauff seiner Jahre vollendet / ist zum gewoͤhnlichen Zwekk gelanget.
es wolle dann GOTT der einige Schoͤpffer [...] deß beweglichen Gestirnes / [...] / gewoͤhnliche und ohnveraͤnderte Laͤuffe / haͤmmen.
die andern künst, die sein gewonleich vierbicz, eitel und aufplasent den menschen.
Der mensch ist gwunlich harig, rauch | an den prüsten.
Enteuserung von den gewonlichen zuneigungen ist ein würkung widerwertiger gewonheit.
so sich myn leben krencket | und hynnen fert die sell mit schneller flucht, | als andern alten gewonlich in dem merczen.
Gewonlich, wie do ist ein gemeyn, | Also handt sy der prediger eyn.
Dú sunne zwúrend liechter wart | Denne sú gewonlich ist von art.
So seyn die Fürsten Prelaten / vnd herren / gwonlich von angeborner tugent.
Wann gewonlich so ain mensch ufmercken hat zuͦ aim andern. was dann das selb ansicht dar uff wirt es auch sehen.
das solliche menschen die sich aines schauwennden lebenns understonnd / gewonlich gantz thorechte menschen werden.
Kichern [...] machent bruntzen vnd den frauwen iren gewonlichen sichtagen tzu vier wochen eynes kommen.
welheu frawe ir gewonleich haimleichait well pringen oder des kindes pälgel her für well pringen [...] oder die tôten purt von ir treiben well, diu trink rautensaf.
die anhaͤbigen und ungestúmen poͤsen geiste, die pey der gerechten menschen sterben gewóndleich anfechtig sind.
Quint, Eckharts Pred. ;
v. Birken. Erzh. Österreich .