getreu,
getreulich,
Adj.,
letzteres vorwiegend (aber nicht nur) als
Adv.
gebraucht.
1.
›gegenüber einer anderen Person oder in einer auf eine andere Person bezogenen Handlung treu, zuverlässig, pflicht- und verantwortungsbewußt, ergeben, rechtschaffen; erwartbar agierend‹; die in diesem Sinne als
getreu
gekennzeichnete Person, Haltung, Handlung impliziert nicht die Erwartung einer Gegenleistung, obwohl diese von der Seite des anderen aufgrund von dessen Haltung erfolgen kann.
Phraseme
(in Verwahrformeln):
getreulich ane alles gefard
;
getreulich und ungefärlich
;
getreulich und ane arge list
.
Bedeutungsverwandte:
, ,
2
(Adj.) 6,  2, , (Adj.) 13,  2, , (Adj.) 1,  3, , .
Syntagmen:
j. jm. g. sein, j. gegen jn., an jm
. (z. B.
an dem minsten, dem ungerechten
)
g. sein
;
e. S
. (Gen.obj., z. B.
des hauses
)
getreulich warten, jm. getreulichen raten, etw
. (z. B.
barchent
)
getreulich beschauen, etw. getreulich handhaben / vollenfüren, sich getreulich in etw. halten
;
der getreue arzet / beichtvater / bote / bruder / diener / dienst / freund / got / knecht / messer / nachbauer / rat
›Ratschlag‹
/schäfer / vater, die getreue arbeit / lere / liebe / mutter / tat / vermanung, das getreue aufmerken / aufsehen / herz
(mehrmals),
das getreuliche mitleiden
.
Wortbildungen
getreuekeit
(dazu bdv.: ),
getreuheit
,
getreuigkeit
,
getreulichkeit
,
getreurat
,
getreuwirdig
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Fidelis. Getrew trewfäst glaubhafft glaubhältig waarhafftig.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
der ist ein getriuwer dienære, der an allen sînen werken niht engesuochet wan gotes êre aleine.
Schmitt, Ordo rerum
496, 5
(
rhfrk.
,
1414
):
Credulitas [...] getruwekeyt [...] trewhait.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Es enist keins das bose sij | Wann getruwekeit da bij sij, | Is schadet nit, wie is sij.
Strauch, Par. anime int.
112, 11
(
thür.
,
14. Jh.
):
wer vindit einen getruwin und wisin knecht, der also getruwe sî daz he sines nutzis nicht insuche?
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Got wil dich heische unnd zu sinen gnaden neme umbe dines langen getruwen dinstes willen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
4, 15
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Guter gewissen, freuntholt, getreu, gewere und zumale gütig was sie gen allen leuten.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
Wer wênis du der da ist ein getrûwe scheffir und klûg, den der herre gesatzit hât ubir sîn gesinde, daz her en gebe zuͦ rechtir zcît eine mâze weiszes ?
Anderson u. a., Flugschrr.
13, 11, 30
(
Leipzig
1522
):
der [got] wirdt dir den lone / umb deyn getraw arbeit geben
[ironisch].
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
22, 45
(
schles.
,
1347
):
Peter von Czedelicz, [...], deme wir desen Brif beuolen haben vnde von des handen her gegeben ist, vnde anderr getruwirdeger lute vil.
König-Beyer, Reichenb. Stadtb.
6, 15
(
nböhm.
,
1548
):
also das ehr nach niemandt von seynet wegen seynes erben teilles halben gar nichtes tzefordern [...] wollen nach sollen. alles getreulich vndt vngeferligk.
Opitz. Poeterey
50, 188
(
Breslau
1624
):
Getrewe hertzen bleiben rein | Von kummer schaͤtz vnd Goldt zue kriegen | Jhr meistes hoffen vnd genuͤgen | Jst lieben / vndt geliebet sein.
Voc. Teut.-Lat.
m iiijv
(
Nürnb.
1482
):
Getrewheit getrewigkeit. aritura fiducia. [...] Getrewligkeit. fidelitas. [...] Getrewligkeit. fiducialitas.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 76, 19
(
Hagenau
1534
):
Getrewen dienst belohnet Gott.
Wickram
4, 6, 11
(
Straßb.
1556
):
von einem guͤten und getrewen nachbauren / wie dapffer und mannlich er sich gegen seines nachbauren feinden gehalten hat.
Glatz, Chron. Bickenkl. (
önalem.
,
um 1640
):
gleich wie sie zuevor im weingarten des herren mit getrauer lehr und fleißiger haltung der hailigen regel aller tugenten und gaistlicher ortnung den bauw [...] gepflanzt und geregiert hett.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
die alle haben [...] gros lob und ere erholt, ouch sich in dem letsten abscheid, [...] gegen únsern houplúten gunstlichen erbotten so vil, das wir úwer bruͤderlichen getrúwikeit [...] grossen ruͦm und dank sagen.
Morrall, Mandev. Reiseb.
136, 22
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Die wil ir ain ander haltend und getrúw ain ander sind und by ain ander belibent, so mag uch niemen úber winden.
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 293, 22
(
schwäb.
,
1451
):
ze thunde was recht ist, daz sie sich darinne nit anders dann redlich getruwlich und ungeverlich gehalten haben.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein getrewe Mutter sihet mehr mit einem / denn der Vatter mit zehen augen.
Ein getrewes Hertz ist aller ehren werth. [...] Getrewen vnd guten Freunden ist man vil schuldig. Getrewe lieb von Hertzen / Kan nicht wol sein ohn schmertzen.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Die chamrer sullen swern, der stat guͤt enzenemen und wider auszegeben an der stat nuͤtz und frumen, getrewleich ân alz gevared.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Der erste [Ritter] Gotlieb ist genant, | Her Erwart und Getrewrat, | Der chainer nie von im getrat; | Her Mildemar, Her Adelger, | Di gaben im di weisen ler.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
1, 92, 10
(
moobd.
,
1524
):
das seiner Furstlichen gnaden Stat Richter [...] Rat sonnderlich auf solh Spital Ir getrewes, vnd vleissigs aufsehen haben vnd Nämblich die verwaltung desselben alzeit ainen tewglichen Erbern Burger [...] beuelhen.
Rechn. Kronstadt
2, 122, 32
(
siebenb.
,
1528
):
Als Nicasius herr Gerg Reicherstörffer prueder geschickt ist worden gen Reppes, das folk auff czw wegen, beÿ getrayheit kÿnyglich majestät Ferdinandi czw steen, haben myr ym geben yn parem gelt flor. 300.
Mieder, Lehmann. Flor. ;
Wyss, Limb. Chron. U ;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
137, 21
;
Feudel, Evangelistar
114, 29
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
2, 15
;
Jungbluth, a. a. O.
27, 4
;
König-Beyer, Reichenb. Stadtb.
8, 18
;
Köbler, Ref. Nürnberg
132, 21
;
Vetter, Pred. Taulers ; ;
Bauer, Geiler. Pred.
80, 22
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
53
;
Vgl. ferner s. v.  3,  3,  2,  1, ,  1.
2.
›charakterisiert aus der Sicht des sozial und rechtlich Höherstehenden / Mächtigeren die zugleich personen- und sachenrechtliche, zum Teil lehnsrechtliche oder in Denkkategorien des Lehnsrechtes formulierte (vgl. in den Belegen
eid, gnade, huld, geloben, schwören, hold
) ideale Haltung des sozial auf einer unteren Ebene Stehenden gegenüber Höherstehenden oder einer sozialrechtlichen Einheit (wie dem Kloster, der Stadt)‹; die Wechselseitigkeit der Beziehung ist eher selten mitgedacht; mehrfach werden auch
untertanen
als
getreu
bezeichnet.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  1,  5,  35,  4, (Adj.), , (Adj.) 1.
Syntagmen:
j. jm. g. sein, j. der gemeinde / herschaft, dem kloster / stift g. sein, die stat jm. g. sein
;
die getreuen des eides ledig sagen
;
dem getreuen seine huld bieten
;
der getreue bürgermeister / diener / fürmund / graf / herre
(mehrmals)
/ knecht / prälat / ritter / schöpfe / verweser / untertan / zölner, die getreuen ambtleute / hauptleute / landleute
; oft formelhafter Gebrauch.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
Denn Herr und Unterthan zu gleichem einer dem andern verbunden ist, und ist schuͤldig zu halten, was er zugesagt und gelobt hat, nach dem gemeinen Sprichwort: Getrewer Herr, getrewer Knecht.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
199
(
Eisleben
1565
):
Luciper Herr / ich bin dein getrewer knecht.
Chron. Köln
1644
(
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Sy [burgeren] sworen eme ind daden hulde, | dat die stadt getruwe eme wesen sulde.
Küther, UB Frauensee
172, 32
(
thür.
,
1380
):
So glabe ich Fricze vorgenant an disßen uffin brieffe myme gnedigen herren von Hersfeld syme stifte und deIͤ cloistere czumIͤ See getruͤwe zuͤ sine.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
wanne wir haben vollenemmen getrŭwe prelaten, von der halben wir alle unser notdurft und alle genade haben, des got sie bendiet.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 16, 2
(
schles.
, Hs.
n. 1350
):
Karl, von gotis genaden Romischir kung, [...], synen getruen liben, deme heubtmanne vnd den Rathmannen d‘ stat Breslow, eyn puͤtit syne holde.
Gille u. a., M. Beheim
26, 20
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Der lew peteüt ein fursten lobesan, | der pantel seinen undertan getreuen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
37, 12
(
nobd.
,
1488
):
die gemaine knecht, [...], sollen mit rechten beladen werden, zu Gott und den hailigen schweren, einer gemain holt und getrew zu sein.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
yr lieben getrewen, ir fursten und herrn, dye lehen niessen von dem reich.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
do entsattent mit urteil die drie erzebischofe [...] den vorgenanten künig Wentzeslaus [...] von dem riche und von würdikeite, und seitent lidig alle verlehente manne und getruwen des riches ir eyde.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1522
):
darauf sol ain jeder 2 finger aufheben und ainem rat auf ire ordnung und statuten, [...], schweren, inen getreu, gewertig und gehorsam zuͤ sein.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1400
):
daz wir [pfallentzgrafen / hertzogen] unserm lieben getrewn Petern dem Gressaͤr, unserm münssmaister zu München, unser münzz daselbs verlihen haben.
Klein, Oswald
113, 32
(
oobd.
,
1438
):
herwidrumb, ist er getreu, | als ainem pawman zü gebiert, | stirbt er also mit güter reu.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
an des kaysers abschydt schrayb er seinen lanndtlewten und phlegern gen Kernndten und ermanet die als sein getrew lanndtlewdt, das sy sich gegen sein gnaden in seinem abbesen hyelten als frum getrew lanndtlewt.
Behrend, Magd. Fragen ;
Küther, a. a. O.
152, 8
;
177, 37
;
220, 34
;
338, 9
;
348, 5
;
Gille u. a., a. a. O.
444, 169
;
Dirr, a. a. O. ;
Fuchs, Kart. Aggsbach ; ; ;
Grossmann, a. a. O. .
Vgl. ferner s. v. ,  3,  3, , .
3.
phras.:
die getreue hand, zu getreu, zu getreuer hand
o.ä. in Syntagmen wie:
etw
. (z. B.
das gut
)
zu getreuer hand stehen, die getreue hand vornemen, jm. etw. zu getreuen handen
(o. ä.)
abrichten / einantworten / erlegen / vertrauen, zu verwaren geben, etw. zu getreuer hand
(o. ä.)
niederlegen / tun / annemen / behalten / empfangen / gebrauchen / geniessen, bei jm. etw
. (z. B.:
einen brief
)
zu getreuer hand legen
, jeweils ein treuhänderisches Rechtsverhältnis betreffend: j. gibt jm. für eine bestimmte Zeit einen wirtschaftlich und rechtlich relevanten Gegenstand (auch eine darauf bezügliche Urkunde) mit dem Zugeständnis, daß er diesen einerseits nutzt, andererseits so behandelt, daß er nach Ablauf der vorgesehenen Zeit in unbeschädigtem Zustand an den Berechtigten zurückgegeben wird; als rechtssprachliche Spezialisierung zu 2 auffaßbar.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
249, 1
(
Worms
1499
):
Von erlegen habe oder guter zu getruwer handt genant depositum. [...] So guͦt oder habe einem zuuerwaren gebben oder zu getruwen handen erlegt beuolhen vnd vertruwet wirdet soll derselb der soͤlich guͦt oder habe vff od’ an nimpt allen flyss thuͦn dasselb gelegt guͦt oder habe zuuerwarn.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
Umb das vorsetzen der gutter uff ander leute, das genant ist die getreue handt etc.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Gelt zu getrauer hand geantwort.
den brif, den die tumbhern uber hauptgut und zins inne haben, sollen sie moglichen vor der schiedung furpringen und pei einem zu getrauer hand legen so lang, das der ine mit recht zu- oder abgesprochen werde.
umb die andern guter, [...], die inen von irer muter warn anerstorben, ließen sie dem vater bestehn [...] zu genießen zu getreuer hand.
Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Ditz obgeschriben alles hat Jacob Hirsingk als ein vormundt den obgenanten knaben zu getrewer hant enpfangen, bis sie zu iren tagen kumen.
Ebd. (
1414
):
Conrad und Mercklein [...] haben empfangen zu getrewer hand zu tragen ein wysen.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
welcher hab vnd guͦt [...] zuͦ sinen getrüwen handen zuͦ behalte͂ annimpt / oder weñ etwas von der obrikeit hinder yemants zuͦ behalten gelegt würdt / der sol das trüwlich [...] bewaren.
Opel, a. a. O. ;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
5, 21
;
Vgl. ferner s. v.  5, (
die
4.
4.
›gutmütig, vertrauensselig, einfachen, gutgläubigen Gemütes‹.

Belegblock:

Jahr, H. v. Mügeln
2405
(
omd.
, Hs.
1463
):
welch mensch darin
[im Zeichen des Zwillings]
geboren wirt, | der argen list es gar enpirt: | es ist getrüw und dabi gut.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
O du getrewer ainfältiger künig ! Wie bevilchst du dem reissenden schalckhaftigen wolf dein allerliebstes unschuldiges lämlein.
Bauer, Imitatio Haller
76, 7
(
tir.
,
1466
):
Wild du dir aber nüczleichen lesen, so solt du diemuetikchleichen lesen vnd ainueltikchleichen vnd getreuleichen.
Ebd.
80, 26
:
Sellig sint die ainuelttigen getreuen menschen, wand sy haben grossen frid.
5.
›hilfsbereit, fürsorglich, um des Wohl des anderen bemüht‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  1, , (part. Adj.) 1.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
97, 1712
(
Magdeb.
1608
):
Wenn alle frewnde von dir gehen / | Wird sie [from Weib] getrewlich bey dir stehen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Leipzig
1537
):
Joannes nim deiner mutter war, | Wolst jhr getreulich pflegen.
Anderson u. a., Flugschrr.
25, 3, 23
([
Augsb.
1522
]):
die Bischof habe͂ jren namen by schaf / daru͂ dz sy soltñ sein bey jren schauffen [...] / als ain getreüer hirt.
Bauer, Geiler. Pred.
465, 26
(
Augsb.
1508
):
Die sybend frucht des mundes / ist. Ain getreüwes wider streyten unnd schreyen / die armen und unschuldigen tzu beschirmen. [...] wer findet ain getrewen man der da hilff beweiset dem vertrukten.
Rudolf, Peuntner. Sterbek.
148ra, 35
(
moobd.
,
n. 1434
):
Dye selb getrew selsarig vnd erparmung ist sunderleichen not einem yeden menschen zu der czeit seiner ableÿbung.
6.
›treu (in der Ehe oder einer eheähnlichen Verbindung)‹; in den Belegen meist auf die Haltung der Frau gegenüber dem Mann bezogen.

Belegblock:

v. Ingen, Zesen Rosenw.
71, 30
(
Hamburg
1646
):
ich lebete mit ihr eine zeitlang so gnau verbunden / daß auch unter zweien turtel⸗taͤublein eine getreuere geselschaft niemahls gewesen ist.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
402, 13
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
swer sîn getriuwe sælic wîp durch valsche minne mîdet.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
17, 13
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Ir wip sint [...] gar gewerbik in alle deme das do gehort czu husrote, unde sint getruge iren mannen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
13, 12
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
allzu schier habt ir mir sie enzücket, die getreuen, die geheuren.
Ebd.
21, 8
:
unvolsegenlich herzenleit ist mir geschehen, do mein züchtige, getreue und stete hausere mir so snelle ist enzücket.
Klein, Oswald
86, 12
(
oobd.
,
1428
):
ouch freuen dich die frauen, permafoi, | hort ich von deim getruen | gemaheln von Sophoi.
7.
charakterisiert in Kategorien des
dienst-lon
-Gedankens die Haltung des Minnenden gegenüber der Minnedame, vereinzelt auch die Haltung der Dame: ›treu, liebevoll ergeben, sehnsüchtig, aufrecht‹; anschließbar an 1; 2.
Obd.; älteres und mittleres Frnhd.; minnebezügliche Texte.

Belegblock:

Pyritz, Minneburg
4397
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Ob sich niht truwen wider regt | In yenes menschen synne, | Daz man mit lutterrer mynne | Getrulichen ist mynnig.
Ebd.
5345
:
O Venus, keyserynne, | Hie horet ware mynne | Von dem getruwen diner min !
Thiele, Minner. II,
2, 9
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
nun czwingt mich ein ander not | von dem gedruwen frund, | den ich nit gern künd | allen luͤten offenlich.
Ebd.
21, 110
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
do es mit froͤden zuͦ ir floch, | zuͦ der kúnschen, reinen, | da es sich wolt vereynen, | mit dem getrúwen hertzen | in wonnenclichem schmertzen | und beyd ir glúck volbrachten, | das blyck mit blyck fachten | und keins dem andern gab einpfor.
Ebd.
27, 357
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
die getruwelic mynnet, | wa by daz man sy kennet?
Ebd.
31, 682
:
getruwe geselle, nu nym war | das du mer ein m machis | [...]: das m bedudet mynne | end mynne ist den jongen gut | und gebet den wapen hogemuͦt.
Klein, Oswald
106, 21
(
oobd.
,
1411
):
getreuer was ichs ie ir knecht, | secht, desgeleichen bin ichs nu ir ritter.
Pyritz, a. a. O.
4617
;
Thiele, a. a. O.
2, 6, 166
.
8.
zusammen mit
gut, himlisch, lieb, minnend, (ge)recht, zart
und anderen Adjektiven regelhaft, teils formelhaft gebraucht; Attribut oder Prädikativ für Gott (Gott-Vater und Gott-Sohn), auch für Gottes Liebe (o.ä.) zu den Menschen; inhaltlich schwierig umreißbar; im Kontext überwiegen die Erlösungstat durch den Tod Christi, damit die Rechtfertigung des Menschen, seine Erhöhung, seine Seligkeit, aber auch die liebende Zuwendung Gottes zum Menschen in seiner irdischen Situation (z. B. in Krankheit); die Bedeutung ist insofern am ehesten mit ›barmherzig, treu, gnädig, liebend‹ zu umreißen.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen:
got, der herre g. sein
;
got jm. getreulich helfen, jn. getreulich bewaren / behüten
;
der getreue got / gottesson / heiland / herre / vater / fürsprecher / seligmacher, Christus als der getreue hirte, die getreue minne (gottes), das getreue herz (gottes) / erlöserlein
.
Wortbildungen:
getreue
›Treue, Liebe (Gottes)‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
als das Gott getrew, warhafftig, allmechtig, gerecht und weise sey.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
daz sprach der getruͦwe Vnde des gerine gere
e
yne gottes sone, Vnse here Ihesus Christus.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz der getriuwe minnende got den menschen hât brâht ûz einem sündigen lebene in ein götlich leben.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1629
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
sein minne getrewe, suß und zart, | gepot im, daz er mensch wart.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
O getrewes Erloͤserlein, | Ach sey Du mein, vnd ich bin dein.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz er [got] oͮch alz ein wiser arzat und also ein getruwer vatter einem iegelichen zuͦ fuͤget, daz er alleine erkennet, daz ir aller bestes ist.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
13, 20
(
tir.
,
1464
):
der herr hat auf tan sein hant, der da getrüi ist in allen seinen worten vnd heilig in allen seinen wërchen, das er mein ëlende sel widerum voder in das öbrist vater lant.
Dies., Imitatio Haller
52, 24
(
tir.
,
1466
):
Du solt dich halten mit Jesum lebendiger vnd totter, vnd enpfhilch dich in sein getreu.
Große, a. a. O. ;
Quint, a. a. O. ;
Kehrein, a. a. O. ; ;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
104, 27
;
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 9, 4
;
5, 6, 26
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Wyss, Luz. Ostersp.
10901
;
Bauer, Imitatio Haller
54, 30
;
Vgl. ferner s. v.  5, (
die
2,  4.
9.
›treu, vertrauensvoll, standhaft, jm. ergeben, unerschütterlich, beharrlich, verläßlich vor allem im Glauben, seltener in weltlichen Angelegenheiten (dann semantische Nähe zu 1; 2)‹; auch: ›anhänglich‹; in der Regel eher die Festigkeit der
getreuen
Haltung als die damit verbundene Zeitkomponente meinend; letztere aber oft impliziert und vereinzelt, vor allem in weltlichen Beziehungen dominierend, dann ›anhaltend, beständig, stetig‹.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
, (Adj.) 13,
1
 5, (Adj.) 3,  1.
Gegensätze:
 2.
Syntagmen:
jm. / got, dem glauben g. sein, der hund seinem herren g. sein
;
sich getreulich zu got halten, got getreulich dienen, etw. getreulich ermessen
;
der getreue beschirmer / christ / diener / dienst / fleis / man / mensch, der getreue David, die getreue andacht / anhangung / arbeit / dienerin / geselschaft / sele / tochter
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Spr. 11, 13
(
Wittenb.
1545
):
wer eins getrewen hertzen ist / verbirget dasselb.
Ebd.
Offb. 2, 10
:
Sey getrew bis an den Tod / so [...].
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Des nemet ein glîchnisse an dem hunde, der ein unvernünftic tier ist. Der ist sînem herren alsô getriuwe, allez daz sînem herren wider ist, daz hazzet er.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Diz mac der mensche sô getriulîchen nemen, daz er rîcher wirt an gnâden dan kein mensche.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
78, 29
(
thür.
,
1474
):
Hat eyn geselle [...] durch syne getruwe unde flißige arbeyt gelt unde gud erworbin.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
65, 38
(
omd.
,
1487
):
Das ist sÿe gott ob allen dingen lieben vnd den als ÿren schepffer vnd irlöser durch ÿren teglichen vnd getrewen dinst irkennen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz enmúgent wir nút erwenden denne mit eime geswinden dappferen ernste und mit hertzelichem innigem steten gebette, [...], und anders nút, und ein minneklich getruwen der grundelosen barmhertzekeit Gottes, [...], und ein flissig und getrúwelich anhangen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
das aller geprest leichtiglich gewent wirt, wer got und den heyligen glauben getrew wil sein.
Bauer, Geiler. Pred.
462, 14
(
Augsb.
1508
):
wann er ist geweßen ain getrüer beschirmer der warhayt unsers christenlichen glaubens.
Dies., Zist.-Pred. Haller
41, 58
(
tir.
,
1466
):
Kchristus der hat nur alain erschinen nach seiner vrstent den gueten getreuen menschen vnd nicht den pösen vnd widerwertigen liebhabern der welt.
Dies., Imitatio Haller
43, 16
(
tir.
,
1466
):
du getreue sel, du solt dein hercz peraiten dem preutgeben, das er czue dir kchöm.
Ebd.
66, 27
:
Du solt mandleichen tragen das kchreücz deines herren als ain gueter getreuer diener Kchristi.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
116, 22
(
tir.
,
1464
):
als der tot leichenamen nu tragen ward in die chirchen vnd pegangen ward mit [...] aller zue gehörung, das denn gehört zue der pegrëbnus der getreüen christen menschen.
Quint, Eckharts Pred. ;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
23
;
136
;
Vetter, a. a. O. ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
160, 32
;
Koller, a. a. O. ; ;
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
61, 354
;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
75, 15
;
85, 22
.
Vgl. ferner s. v.  3,  1,  1.
10.
›streng, ernst, mit Nachdruck; inständig‹.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  2,  4, ,  7.

Belegblock:

Anderson u. a., Flugschrr.
12, 4, 8
(
Wittenb.
1522
):
ir wisset dz der h. Augustin getreulich verbeut. dz wir om ye nit glaube͂ geben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
641, 4230
(
Magdeb.
1608
):
Denn zu beiden seiten der Feindt / | Es mit jhnen getrewlich meint.
Froning, Alsf. Passionssp.
5845
(
ohess.
,
1501ff.
):
lieber Andreas und Peter: | gehen mer zu Maria semelich! | das loisßet sie uns bidden getruelich, | das sie doch drost an unß habe !
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Hier umbe bat der diener got getrúwlich úber dich, moͤhti es sin wille sin, daz er dir denne gesuntheit gebi.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
das alles und jedes thuͦt ain ersamer rat hiemit [...] alle liebe burger, inwoner und verwandten diser statt getreulichen ersuͤchen und ermanen, daß [...].
Karsten, Md. Paraphr. Hiob .
11.
›echt (von einer Pflanze)‹.

Belegblock:

Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. (
osächs.
,
1343
):
Maria nam ein pfunt salbin tuͦres getrûwelîchen
[
Luther
1545:
vngefelschster köstlicher
]
nardi und salbite di fuͦze Jhêsû.