getragen,
V., unr. abl.;
s. generell:
tragen
.
– Älteres und mittleres Frnhd.
1.
›etw. von gewissem Gewicht bzw. (ütr.) etw. Belastendes tragen, schleppen‹; mit Subj. d. P. (meist) oder S.; speziell: ›(Kleider) tragen‹; ›etw. hinwegtragen‹; ütr.: ›jm. etw. (z. B. Haß) entgegenbringen‹.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den orden, eine bürde, das joch / kreuz
)
g., der geist den leib, die steine js. namen, das schif das gut nicht g. mögen
;
der kleider
(Gen.obj.; falls nicht:
der eren kleider
; s. u. Beleg
Stackmann
)
g
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Durch waz denket ir daz joch | Uffe der jungen hals legen, | Daz wider wir nie geregen | Noch unser vetere getragen | Mochten bi den alden tagen ?
Froning, Alsf. Passionssp.
258, 20
(
ohess.
,
1501ff.
):
denne gebristet dem gaiste daz er den lip nit me getragen mag, won dez libes sterki und sin krafte ist úberwunden und ist dem gaiste von jamer und von minnen gebrosten und enmag den lip nit me getragen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
ir [Schrifftgelerten] burdet di luͤte mit den burden di si nicht getragen muͦgen.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 47, 6
(Hs. ˹
alem.
,
1. H. 14. Jh.
˺):
da bi manigen edelen man eren gar verderbet, | daz er wiget ringer dan er wag, e er getrug der kleider.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Das der mensche mag wol gevasten, gewachen, gebetten, den orden getragen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
der namme des almehtigen gottes ist so kreftig und also gros, das in die steine nüt getragen mügent.
Wiessner, Wittenw. Ring
1806
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Der [got] mein geruochet ane spot, | Dem mag ich auch nicht hass getragen.
Ebd.
6559
:
Der stangen mocht er [Twerg] getragen nicht.
Dreckmann, H. Mair. Troja
29, 21
(
oschwäb.
,
1393
):
so hab wir nit alz vil schiff, die daz gut allez mugend getragen.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
Swer mit dem andern spilt oder chugelt oder [...] puͤrg wirt, wan so vil er pey im verpfenten mag, daz man getreiben und getragen mag, daz sol unschedleich sein.
Klein, Oswald
111, 168
(
oobd.
,
1436
):
und legten im mit freuden | ain chreutz auf seinen rugken kranck, | das er allain da nicht getragen mocht.
2.
›etw. ertragen, aushalten, leiden; etw. vertragen, verkraften‹; eng an 1 anschließbar.
Phraseme:
als die sache getragen mag
›wie die Sache, der Rechtsfall, es nur zuläßt‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  1, , (V.) 9,
1
(V., unr. abl.) 1.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
190, 26
(
thür.
,
1474
):
unde schuldiget sy darnach pyniclichen unde also hoch, als dy sache getragen magk.
Feudel, Evangelistar
70, 19
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
Noch han ich uch me czu sagene, sundir ir muget iz nu nicht alliz getragen.
Stackmann u. a., Frauenlob
1, 16, 12
(Hs. ˹
omd.
/
schles.
,
14. Jh.
˺):
die menscheit unser eigen immer muz betagen, | kein zuschicht noch kein abeschicht er mac getragen, | ern si ein got den ich gebar.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Die wile sú [Gottes freunde] in irre eigenre maht stont, so kúnnent sú kume ein kleine werg tuͦn one grosse swerheit und ein kleine woͤrtelin kume getragen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Der Mann luͦd me Weins, dan er getragen mocht, und ward truncken.
3.
›(ein Kind) tragen‹; resultativ: ›ein Kind gebären‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5,  5,  30,  24.

Belegblock:

Wiessner, Wittenw. Ring
1729
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Der ist [...] so chluog: | Sein gleich die muoter nie getruog.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
11, 84
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
heilger kind getrug nie weib.
Piirainen, Stadtr. Sillein
144a, 35
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Dez kindez iar man nicht reyten sol von der czeyt daz iz dy muͤter enphink wan von der czeyt daz yz dy muter getruk vnd ist lebendik in dy werlt chvmen.
4.
›etw. an Ertrag erbringen, abwerfen, hergeben‹.

Belegblock:

Mon. Boica, NF.
2, 1, 73, 12
(
nobd.
,
1464
):
das die besiczer der genanten lehen [...] sagen, die lehen moͤgen des nicht getragen.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1445
):
wurde dero deheins [guͦter] also swach, dz es den zins nit getragen moͤge, dz der den herren ir guͦt moͤg uff geben.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
der fürst was weis und mändlich und übet mer herschaft dann sein reichtumb getragen möcht.
Vgl. ferner s. v. .
5.
›sich fügen, sich gestalten, ergeben‹, von Bezugsverhältnissen unterschiedlicher Art.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Nach deme der sin gevellet | Und sich der rim gestellet | Und die materie sich getreit.
War komen dan die geweren | Patriachen und wissagen ? | War sal sich ir lon getragen, | Sint Got den himelischen tron | Vorloubet hat ot den hon | Zwelfboten.
Als sitzen dar die grosten | Hoch veter nach den hosten | Vater in werden echten | Und loben unsen trechten | Nach dem ir ammecht sich getragen.
Als sich die zit dar zu getreit: | Die bleset uffe gevelle | Des tuveles und der helle.
Daz niemant an nimmer nichte | Mac irwenden noch irweichen, | Iz enmuze vollen reichen | Na dem daz urteil sich getreget.
6.
›sich gegenüber jm. in bestimmter Weise verhalten; sich mit jm. einrichten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11,  15, , ,  4.

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1494
):
Ich en han ouch, g. l. herren, den burgeren geine knechte, de [...] gerechticheit niet gedaen en haven, in ere werk heimgesant, [...], sonder gedragen mich des zo allen erberen burgeren [...], de sich mins und minre knechte werk, [...], bisherzo bedanken sollen.
Adrian, Saelden Hort
6186
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
ain mannin man, | der wol in allen sachen kan | gegen Got und der welt sich | getragen, uͤben ordenlich.
Wackernell, Adt. Passionssp. H.
2, 1280
(
tir.
,
1514
):
lass uns hinauf in das haus, | Damit wir uns mit im getragen | Umb salbn.