getäusche,
das
.
1.
›moralisch verwerfliche, mit betrügerischer Absicht auf jn. gerichtete Haltung, daraus resultierende Handlung und Lebensführung‹, oft im Orientierungs- und Wertefeld mit ˹
unkeusche, unkeuschheit
(mehrfach, möglicherweise schon aus Reimgründen)˺,  12, , , ,  1, , , , im Unterschied zu ,  13, .
Älteres und mittleres Frnhd.; meist Verstexte didaktischen Inhalts.
Syntagmen:
g. hören / verschmähen / treiben / tun / volbringen, jm. das g. leren / zerstören
;
die unkeusche ein g. sein
;
das grosse / heimliche / unendliche g
.

Belegblock:

Thiele, Minner. II,
26, 96
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
Sy leert den mynner wesen kuysch, | sy leert ym schuwen al getuysch.
Neumann, Rothe. Keuschh.
5, 199
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ein unkusche rede saltu nicht | uss dime munde oppecklichen lassen | [...] | nummer werde gehort di unkuscheid | unnd ander getusch der unreynikeid.
Gille u. a., M. Beheim
116, 131
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der romischen phaffheite | Wirt er czerstoren ir geteusch | durch symoney und ir unkeusch.
Ebd.
202, 78
:
den ern ist sy [unkeüsche] ain wider treib, | dem gut ain swendung und abscheib. | da ist nichcz wann geteüsche.
Ebd.
240, 54
:
Ir lëbm ist rain und dar zu keüsch, | wann sy ver schmehen als geteusch.
Ebd.
444, 242
:
Wann fraw unkeüsch | ist aller welt gemaine. | sy hilfft volbringen gross geteüsch.
Wiessner, Wittenw. Ring
4960
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Dennocht ist ein mensche keusch, | Treibt es ander kain geteusch | Dann allaine bei der ee.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3332
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Etlich sind mitt werken kúsch | Die doch trÿbent vil getúsch.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
So ist mit suͤnden dir so wol, | Spil, luder, und geteusche, | Tantz, frazhayt und uncheusche.
Gille u. a., a. a. O.
308, 187
;
Adrian, Saelden Hort
4797
;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin ;
Schmitt, Ordo rerum
281, 17
.
2.
›Täuschung, in der Regel einzelne auf Betrug zielende, moralisch verwerfliche Handlung‹; in 1 Beleg (
Strehlke, s. u.) mit positiver Wertung: ›auf Verstellung beruhende Posse, Scherz, Spiel‹; Spezialisierung zu
1
.
Vielfach Verstexte des älteren und mittleren Frnhd.
Phraseme:
ane getäusche
(Verwahrformel).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Nû wold er zu vroidin | ein getûsche machin | des man mochte lachin.
Altmann, Wind. Denkw. (
wmd.
,
um 1440
):
er sprach und nam sich an, sehe er den konig, er müste von rechten froiden sterben; es was aber ein gedusch.
Valli, Baldemann
311
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Got und mich on getuͤsche | Mint her in reyner kuͤsche, | Die von untat nie wart gehoͤnt.
Gille u. a., M. Beheim
124b, 813
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Auss dem man nymet oder rait, | daz dises puchlin der kinthait | ist ain geteusch und plinthat.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Die funfft Mari, die keusche, | Die selb der gegenwurff do was, | Wie möcht ich an geteusche | Mit persanen die ding bezeugen baß.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Und machend grosz hüllan und büsch | Und tribend damit grosz getüsch.
Adrian, Saelden Hort
304
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
ez ist nit war daz man dir sait | von hohfart und der gitikait, | von zorn und der unkúsche: | ez ist allez ain getúsche.
Klein, Oswald
13, 19
(
oobd.
,
1431
/
2
):
ei du traut minnikliche, keusche creatur! | dein klarheit glenzet an geteusche uber alle figur.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1932
.