gestüle,
das
;
-s/-Ø
;
auch Schreibungen ohne finales
-e
und ohne Umlautzeichen:
gestül,
gestul,
gestule
.
1.
›einzelner Stuhl, Sitzgelegenheit, Sitz‹; ütr.: ›Sitz, Ort‹ (z. B.
sele
als
gestüle der weisheit
).
Bedeutungsverwandte:
.
Wortbildungen:
gestulen
›sich niederlassen‹ (anschließbar an die ütr. Verwendung).

Belegblock:

Lippert, UB Lübben 2, Einl.
54, 15
(
osächs.
,
1563
):
gegen Wei(n)achten die kirch auspoliert und die gestul gebessert; 4 d zun negeln, darmit die gestuel zusammengeschlagen.
Karnein, Salm. u. Morolf
188, 3
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
dar under [linde] stunde ein gestule wonesan, | da geturste nieman uff gesitzen, | er were dann von art ein edelman.
Bobertag, Schwänke (o. O.
1555
):
Nun was ein gestiel in dem beinhauß; darinn fiel er gantz vngestümicklichen vnnd brach ein bein darinn ab.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
ich bitte die ewige wiszheit, daz sú in dime hertzen zuͦ huse vach und alles daz kreftklich dar us stosse, daz ie dar inne gestuͤlet.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
dú reht sele ist ain gestuͤle der wishait.
Adrian, Saelden Hort
8368
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
si [Marcilla] daz gestúel zierte | mit rilichen stuͦllachen.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Dar pracht man ein gestuͤele, | Dar auf man satzt di Mynn enpor.
Vgl. ferner s. v.  10.
2.
›in bestimmter Weise rangierte Gesamtheit, Menge von Stühlen‹; meist speziell: ›Kirchengestühl; Chorgestühl‹; auch ›Gerichtsgestühl‹ sowie ›Ruderbank‹.
Bedeutungsverwandte:
 6, ; vgl. ,  2.
Syntagmen:
das g. köstlich mit etw. umhängen
;
sich auf das g. niedersetzen, in einem g. stehen
;
das köstliche / schöne g
.;
die wand des gestüles
;
das laken über das g
.
Wortbildungen:
gestült
›im Besitz eines Chorstuhls‹,
gestulte
(zum Suffix s.
Henzen, Dt. Wortbildung.
1965, 139
; falls nicht Schreibung für
gestulde
),
gestülze
.

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
515, 11
(
preuß.
,
1452
):
eyn megdeborthen mit silbern pokelen und etliche blech von sylber hinden an der wand des gestules.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1430
):
da sie [zentschöpfen] dann zu gericht sassen, und berieten sich und quamen da wider und satzten sich nider uf ir gestülz und sprachen.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
gestult und hoch gebritt, | mit sammet uberzogen | stund dar by uff gebogen.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1520
):
Do ist ein überköstlich schön gestul jn der abtey.
Diefenbach, Mlat.-hd.-böhm. Wb. (
1470
):
Stallum est sedes sicut in ecclesia ein gestul.
Voc. Teut.-Lat.
m iiijv
(
Nürnb.
1482
):
Gestule als pencke in kirchen. sedilia.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
da fragt sie [Frawen] der Fuͤrst und sprach, wie vil gestielter und Chorfrawen het.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gestuͤl (das) Eyn ort voll stuͤlen oder sitzen vnd baͤncken / da man gewonlich ein gespraͤch haltet.
Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1553
):
Vom gestiel und gang in der bruderkirchen dreuhundert vier und sechtzig pfund.
fori, ait Diomedes, pro sedibus et penatibus loca spectaculorum, item in navibus, ubi nautae sedentes remigant, apud Livium lego ,gstiel, sitz, stend‘.
Ziesemer, a. a. O.
133, 7
;
Rupprich, a. a. O. ;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
703
;
Chron. Augsb. ; Var. zu Z. 6; Var. zu Z. 24;
Rechn. Kronstadt
2, 170, 1
;
Schmitt, Ordo rerum
61, 22
;
Voc. Ex quo S
981
;
Vgl. ferner s. v. .
3.
›erhöhter Sitz als Dokumentation politischer, seltener auch rechtlicher sowie kirchlicher Herrschaft‹; mehrfach auch in seiner Funktion zur Hochschätzung, Überhöhung religiöser Verhältnisse, dann: ›Thron, Thronsitz‹; ›Bühne (für Vorträge)‹; als Metonymie: ›Gebiet eines Kurfürstentums‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, ,  4; vgl. , ,  1,  2.
Syntagmen:
ein g. (auf)machen / würken, jm. ein g. aufrücken / bereiten / machen, jm. das g. nemen, das g. mit teppichen zieren
;
das g. bar werden, ein g. wo stehen
;
j
. [Maria]
ein g. gottes sein
;
auf einem g. sein / knien, auf einem gestülde schweben, in einem g. sitzen, sich mit dem g. zugerüsten, von dem g. aufspringen
;
das g. von kost, von helfenbeine
;
das g. von Köln
›Erzbistum Köln (als Gebiet)‹;
das reine g
.;
die stollen des gestüles
.
Wortbildungen:
gestülde
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Sin gestule
[
Luther
1545, Offenb. 4, 3:
Stuel
]
der da saz, | Waz mit eime regenbogen | Um in cirkelwis bezogen.
Grimm, Weisth. (
rib.
,
1401
):
[gotzhuis] buissen der mure der stat van Bunne in deme gestuhle van Colne gelegen.
Valli, Baldemann
88
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
Die frawe uff eym gesthulde | In schinden luften swebete.
Pyritz, Minneburg
163
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Ein gestule stund dar inne: | Daz waz mit spehem synne | Geworcht.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
v. 1407
):
do waz ein gestul gemacht, dar auf der kung und di kuͤrfursten waren.
Ebd. (
E. 15. Jh.
):
da ward gesungen Te deum laudamus [...] und ein gestül vor sant Sebolts altar auf gemacht, darauf der künig kniet.
Karnein, Salm. u. Morolf
367, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Salmon von dem gestule uff sprang, | er winckte sinen helden mit der hant.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
won si [Maria] waz ain gestuͤle und ain gezelt des obrosten Gottes.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Da Samlon der wise sasz | In ainem gestülle raine | Von lïchtem helffen baine.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
do der herzog sich mit siner crone, dem zeptrum, dem gestuͤle und mit andern wirden ganz zuͦgerúste.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gestuͤl / Erhoͤcht ort darauff man zum volck redt.
Niewöhner, Teichner
325, 55
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
der teuffel viel von himelreich | und wart daz gestuel par.
Helm, a. a. O. ;
Hübner, Buch Daniel ;
Munz, Füetrer. Persibein
466, 1
;
Vgl. ferner s. v.  2,  1.
4.
›Gestell, Gerüst, Aufbauten verschiedener Art und Funktion‹; im einzelnen Bezug auf: ›Fußgestell‹; ›Tabernakel, Sakramentshäuschen‹ (dafür auch
heiligtumstul
; Beleg in
Lexer, Tucher. Baumeisterb.
); ›Gerüst auf der Richtstätte‹ (; a. 1535); möglicherweise am ehesten hier anschließbar auch der Beleg
Kurrelmeyer
(s. u.).
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, .

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Kön. 7, 27
(
Wittenb.
1545
):
ER machet auch zehen eherne Gestüle
[
Eck
1537:
fuͤße
;
Mentel
1466:
grund
, 1475
2
:
gruntfeste
]
[...]. Es war aber das gestüle also gemacht / das [...] ein jglich gestüle hatte vier eherne Reder / mit ehernem gestell.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1440
/
4
):
außgenomen, das die weppner, die umbreiten und auch unter dem gestule und deß gleichen auf dem rathauß mit ettlichen werdenlichen weppnern gesterkt wurden.
Chron. Nürnb. Anm. 6 (
nobd.
,
1434
):
on das, das die schranken und gestül bey dem turney an des Rieters hauß gekost haben.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
salomon hett gemacht ein erin gestúl
[
Luther
1545, 2. Chr. 6, 13:
Kessel
]
vnd het das gesatzt in die mit des kúnigklichen sals.
Dietz, Wb. Luther .