geschwind,
Adj.
– In 2-5 vielfach Gebrauch als Adv. oder präd. Attr.
1.
›gewandt, beweglich, rasch, einfallsreich im Denken und Handeln, schnell, scharf in der Auffassungs-, Beobachtungsgabe, klug von der Begabung her‹; oft mit Öffnung zu ›schlau, listig, tückisch‹, seltener zu ›erfahren, weise‹, je nach Bezugsgröße auch z. B. zu ›beherzt, unerschrocken, tapfer (z. B. von Rittern)‹; ›redegewandt‹; im einzelnen können Anerkennung und moralische Ablehnung mit einander verbunden sein.
Gewisse Beleghäufung für berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
 12, (Adj.) 45, , (Adj.) 25, (s. v.  1), (Adj.) 4, , , , (Adj.) 1, , (Adj.) 1, , (Adj.) 3, (Adj.) 45,
2
,  23, ,  12, , , , ,  6, , , , , .
Gegensätze:
(Adj.).
Syntagmen:
j
. (z. B.
der keiser
)
g. sein
(prädikativ selten);
g. triegen
;
der geschwinde anschlag / grif / kopf / rank
(jeweils mehrfach)
/ verstand / disputator / geselle / keib / kriegsfürst / meister / ritter / rostäuscher, die geschwinde finanz / frage / list / praktik / vernunft / tücke, das geschwinde volk / wort
.
Wortbildungen:
geschwindig
,
geschwindlistig
.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
der welt Gott, der Teuffel, [...], kan viel und mancherley geschwinde anschlege.
Ders. Hl. Schrifft.
Ps. 64, 7
(
Wittenb.
1545
):
Sie [feinde] [...] Sind verschlagen vnd haben geschwinde Rencke.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Callidus. Behendt spitzfindig verhauwen geschraufft geschyd schlaw fündig verschlagen kluͦg geschwind ränckisch.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
236, 5913
(
Magdeb.
1608
):
SOnst bin ich [Reinick] weiß vnd gar geschwind / | Meines gleichen man nirgend find.
Ebd.
593, 2755
:
Sie [Meusse] sind dazu auch viel zu geschwinde / | Das sie sessen im Regen vnd Winde.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Bey geraden Contracten vnd Vergleichungen / muß kein Betrug vnnd geschwinder Gaucklers griff / Gewalt vnd Forcht gebraucht werden.
Antonius hatte nichts studiert / war aber von natur scharffen geschwinden Verstands.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
rhfrk.
1523
):
nuͦn haben wir iezt nit geschwinder kriegsfürsten dann dein nochfolger, bäpst, cardinäl und bischof, die dann von dir gewalt haben, dein patrimonium künikreich, lant, lent, stet und schloß zuͦ regiern.
Ebd. (o. O.
1524
):
darumb aber wir all zuͦ gleich von unsern vorfarn durch manch mittel und subtile gschwindlistige behendigkeit dieselben Christen [...] bedrungen, das [...].
Perez, Dietzin
1, 323, 1
(
Frankf.
1626
):
da du zuvor fuͤr einen scharpffen vnd geschwinden disputatorn bist gehalten worden.
Jörg, Salat. Reformationschr.
78, 10
(
halem.
,
1534
/
5
):
[Luther] verbarg den schalk / schreib um sich / mit überschwencklichen gschwinden griffen und praticken / uff di schuͦlen.
Ebd.
121, 17
:
Der [Zwinglj] nun von jugend uf / besint sich by siner mitufzucht / schuͦlgsellen / und bywonern, eyner gschwinden vernunft / weltlich / wol gespraͤch / schimpfig / und spitzfündig allwegen ouch hoch tragen / und gsechen wellen sin.
Ebd.
599, 27
:
alls er [Murner] dann fast ein gelert / gschwind / erfaren / welltwys man was.
Qu. Schweiz. Gesch. (
halem.
,
1470
):
Dann ir bkennend in ein wysen, erfarnen, geschwinden und nun betagten gsellen zu syn.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
Magis, der geschwind rytter, was Beffes von Agremuntz sun [...]; wann iren wărend syben bruodern, all guot fromm rytter.
Maaler (
Zürich
1561
):
Geschwind / gescheyd etwas zuͦ erfinden. Acutus ad excogitandum, Celer, Agilis, Callidus, Cautus, Dolosus, Promptus, Versutus, Industrius. Geschwind / Gescheyd / wol besinnt zuͦ triegen. Alacer animus ad bellum suscipiendum. Er ist Geschwind von den sachen zuͦ reden vnnd zuͦ vrteilen. Callidus rerum iudex. Jn noͤten Geschwind vnnd gescheyd. In periculis cautus.
Gschwindigklich. Argute.
Haszler, Kiechels Reisen (
schwäb.
,
n. 1589
):
ihrem anzeügen nach kommen süe [Trusci] von den Franzosen her, [...], ist ein beherzt und sehr geschwind volckh, düe müt rohren oder büchsen wol umbgehn.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1564
):
daß er [knabe] arger prakticken, falschhait, betrugs und aller bueberei ain geschwinder maister ward.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein geschwind Weib solt wol einen Moͤnch auß seinem Kloster oder Kappen reden. [...]. Boͤse Weiber seindt geschwind abgericht / zu manches Gesellen nachtheil.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Doch begegneten si darnach dem obgenanten römischen hauptman mit einem andern geschwinden rank.
Es trib obgenanter päbstlicher legat Albrecht Behaim so vil seltsamer ränk und g’swind griff, das ich mich es scham zu schreiben.
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
›relative kurz im Zeitverlauf, im Vergleich zur üblichen Verlaufszeit schnell, geschwind, sich schnell vollziehend; auf schnellen Ablauf angelegt (z. B. vom Schritt, Gang)‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, (Adj.) 1, , , , ,
2
(Adj.) 3, (Adj.) 6, , , , , , .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
g. aufsitzen / aufstehen / eilen / fallen / faren / laufen / sterben, g. fertig sein, g
. [wohin]
gehen, etw
. (Subj.)
g. zugehen / auftauen, zur anmut helfen, die weberspule g. über den zettel faren, sich jm. g. zu dienste bieten, g. etw. darlegen / erweisen / geben / tun, jn. g. rächen
, [wohin]
bringen, jm. g. etw
. (z. B.
die klage
)
abnemen
;
der geschwinde abker / bolz / gang / lauf / schrit / strom, die geschwinde pestilenz
.
Wortbildungen:
geschwinde
Geschwindigkeit, Schnelligkeit‹,
geschwindstüklein
eine Hinterladerfalkonette (a. 1630).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Cito. Gehe schnelliklich schnell gehlings gethrad bald leufflingen gerad gering roͤsch flux eilends behend geschwind.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
raufft die Haar, laufft geschwinde auff vnd nieder, windet vnd krümmet sich.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
639, 4164
(
Magdeb.
1608
):
Mit seinen starcken Katzenbogen / | Davon geschwinde boltzen flogen.
Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
):
Frau Flora schläft nicht lange, | [...], kömpt mit geschwindem Gange | auf ihre Wiesen zu.
Dedekind/Scheidt. Grob.
189, 17
(
Worms
1551
):
Wer etwas gibt / vnd gibts geschwind / | Der ist ein zweifach guͦter fründ.
Knape, Messerschmidt. Bris.
21, 7
(
Frankf./M.
1559
):
Die Herren [...] warteten des Hertzogen / welcher denn geschwinde fertig vnnd aufgesessen was.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
106, 6
(
Frankf./M.
1568
):
Daß die Lauten vnd auch die Harpff | Geben jr Concordantz fein scharpff / | Mit gschwinden leufflein auff vnd nidr.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
was fuͤr ein Schiff oder Nachen dareyn kompt / kan schwerlich / vonwegen deß strengen vnd geschwinden Stroms wider heraußkommen.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
145v, 17
(
Leipzig
1588
):
Darauff balde grosse Kriege / schrecliche Kranckheiten / grewliche Geschwuͤr vnd Blattern / geschwinde Pestilentz / vnd andere Truͤbsaln gefolget sein.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
In disen gedenken stv́nt ich [mensche] gar geswinde von dem bette vf.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Du Gottes schrin, der gnaden vas, | Gang uf mit salden fúrbas, | Mit froͤden hin geswinde | Ze dinem lieben kinde.
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 93, 260
(
Luzern
1616
):
ich thuͤn gar groß vnd gschwinde schritt.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
ainsmals wolten sie hawen und stechen; in ainer geschwinde het er sie wider verglichen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Vil bawen / halten vil gesind / Das hilfft zur armut gar geschwind.
Geschwind wie der Wind.
Klein, Oswald
68, 8
(
oobd.
,
1417
):
Das mir mein klag unzweifelichen so geswind | ward abgenomen.
Holland, a. a. O. ;
Peil, a. a. O.
280, 611
;
532, 806
;
Müller, Faustb.
837, 21
;
Perez, Dietzin
1, 203, 28
f.;
Hoffmeister, Kuffstein. Gef.
A viijr, 21
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Stammler, Berner Weltger.
345
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
507, 5
;
Klein, a. a. O.
114, 45
;
Vgl. ferner s. v.  2,  1, ,
1
, ,  12.
3.
mit Tendenz zur Angabe des Zeitpunktes: ›sofortig, unverzüglich‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7.

Belegblock:

Weise. Jugend-Lust (
Leipzig
1684
):
ist es moͤglich / daß wir uns zu einem geschwinden Kriege schicken sollen?
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Wie kan das sein ich kenn kein Mann? | Der Engel antwort jhr geschwind, | Maria du solt nicht entsint.
Ebd. (
1610
):
du Jungfraw ohn alle Suͤnd, | Vom H. Geist empfangen gschwindt, | Als du des Engels Gruͦß gehort.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Dar komest du morne alczehant | Mit allem disem gesinde | Aͮn ærbait vil geswinde.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Elodius, sein sun, rach geswindt seinen vatter.
v. Keller, Amadis ;
Kehrein, a. a. O. ;
Adrian, Saelden Hort
7934
.
4.
›ungestüm, voreilig, vorschnell, jäh aus-, hervorbrechend (von Handlungen, Haltungen, Stimmungen); aufbrausend (von Personen)‹.
Obd.; Texte religiösen, oft mystischen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 1, (Adj.) 5,  3, , , , .

Belegblock:

Dietrich. Summaria
26r, 26
(
Nürnb.
1578
):
Solchs duͤnckt die Juͤnger ein geschwind vrtheil sein.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Ayrer. Phaenicia
160, 36
(
Nürnb.
1618
):
Vulcanus ist zornig und geschwind.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Es sint etliche lúte alzuͦhant alse in in uffstet ein guͦte begerunge eins nuwen wesens [...], alzuͦhant so sint sú also kuͤne und vallent in der innekeit der geburt alzuͦhant daruf mit eime geswinden ernste daz zuͦ tuͦnde.
die súben hoͮbetsúnden. die jagent ime noch mit grossen swinden bekorungen [...], wan do fúrkam in die bekorunge, mer nu wurt man ir jagen gewar; also sprach Salomon: ,sun min, wanne du intrittest Gotte zuͦ dienende, danne alzuͦhant so bereite din hertze gegen der bekorunge‘. So nu dis jagen starker und geswinder ist, so der turst den wir zuͦ Gotte hant.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz got und ellú ding ein einig ein sien; und [der mensch] kripfet die sachen ze geswintlich in einer unzitigen wise, er wirt in sinem gemuͤte floierende als ein uf jesender most.
Strauch, Schürebrand 22, Var. zu (
els.
,
E. 14. Jh.
):
das machent uch selb fruchtper und licht in demuͤtiger gelassenhait und behuͤtsamkait vor aller zornmuͤtiger ungedult und ergerlichen ussbrüchen der geswenden worten und gechen ungestuͤmen sitten.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Geschwind / behend / gaͤch [...]. Geschwinde / vnbedachtsam͂ / uͤbereilet [...].
5.
›über das übliche Maß hinausgehend‹; in einzelnen z. B.: ›sehr, gewaltig (von der Furcht)‹; ›streng, ernst (von einer Rede)‹; ›hart, fest (von Fesseln)‹; ›heftig (von Schlägen)‹; ›strömend (vom Regen)‹; im Unterschied zu 2 nicht auf die Zeiterstreckung bezogen.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7, (Adj.) 8.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
63, 620
(
Magdeb.
1608
):
Doch jhr nurt drey in der Welt sind / | Die ich fuͤr alles fuͤrcht geschwind.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Vnd bracht ein Fuder Reinschen wein | Jn eim grossen geschwinden Regen.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
Hans Busse solte auch gar geschwinde mit den vorschlegern geredet haben.
Gierach, Märterb.
17406
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
al hie ist sin knecht, | der an mich mit siner hant | hat gelait geswindiuͤ bant.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 62
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
sie sluegen in so geswint, | das er die stainein sewl begos | mit seinem bluet so rot.
6.
›unruhig, gefährlich, bedrohlich (oft von den Zeitläuften gesagt)‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
bitt ich, yr wollet euch in diesen geschwinden leufften keinem theil, [...], anhengig machen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
es machet auch die bulla des jetzigen bapst Leonis, wiewol sunst an ir selbs geschwind und grimmig, etlich meine biecher unschädlich.
Ebd. (zu
1548
):
daß zwischen inen, den burgern selbs, grausame aufruren und emporungen entstanden, [...], volgends allerlai geschwinde und verderbliche practiken undergelaufen, bis [...].
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Dieser geswinden zeit ist in zweifel getzogen, ob ain fegfewr sey.