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geruhen,1.
›jm. belieben, geruhen, etw. zu tun, sich zu etw. herbei-, herablassen, die Freundlichkeit, Güte, Huld haben, einer Erwartung zu entsprechen‹; meist von Gott, einer religiös herausgehobenen Person oder vom sozial Höhergestellten gesagt.Gewisse Beleghäufung für Texte religiösen und didaktischen Inhalts und literarischer Gestaltung.
Syntagmen:
j. g., etw. lesen, jm. etw. erwerben
(jeweils mit Inf. ohne zu
), j. g. etw. zu bestäten / confirmieren / erneuen / sehen, der sele gnädig zu sein, der stat zu verzeihen, etw. anzuhören / zu nemen, jm. etw. zu geben / verleihen / gestatten, jn. zu begnaden / tränken, sich zu erbarmen, sich nicht zu beschweren
(jeweils mit zu
+ Inf.).Belegblock:
v. Ingen, Zesen Rosenw.
74, 31
(Hamburg
1646
): das herze saget miers / daß sie dir noch endlich gehoͤhr zugaͤben geruhen wuͤrd.
Fischer, Brun v. Schoneb.
10463
(md.
, Hs. um 1400
): daz ich dar an
[
an dem troste ›in dieser Gewißheit‹]
muze irsterben, | daz geruche Maria mir irwerben. Bömer, Pilgerf. träum. Mönch
3705
(rhfrk.
, um 1405
): der stab | Gefellet mir mit solichem underhab | Das ir mir wollet suͦchen | Die wappen und mir die geruͦchen!
[Ellipse von
zu geben].
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 58, 3
(Köln
1583
): Hast angenommen Jesu Christ | Ein fleischen deck, vnd dich gerügt | Zleiden das Creutz dir vnbefugt.
Dubizmay, kurß zu Teutze
59, 4
(hess.
, 1463
): Mit deyner gestalt vnd mit deyner schone Geruch mir gestatten dich zu loben.
Gille u. a., M. Beheim
69, 13
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): also geruch [Heiliger geist] czu fliessen | In mein unreines vinsters hercz.
Bihlmeyer, Seuse
447, 22
(alem.
, 14. Jh.
): uns armen súndigen menschen, die du also gar unverdienet geruͦchest zuͦ begnaden.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 62, 13
(Straßb.
1466
): Nu schaw die herbergen der assyrier
.
als do du geruͦchst zesehen die herbergen der egipcier. Schmidt, Rud. v. Biberach
40, 19
(whalem.
, 1345
/60
): wen got geruͦcht [...] ruͥnen mit der sel, [...], so mvͦs och dvͥ sel mit gotte ruͥnen.
Chron. Augsb.
2, 375, 13
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): uns armen gnädiklich geruͦchen zuͦ gunnen und [...] ze empfelhen, die judischhait in unser statt wonhafft uß ze bezaichnen mit zaichen uff ir gewand ze machen.
Ebd.
8, 324, 19
(zu 1547
): Euer kay. mt. geruche aus angeborner guͤte und grosmietigkait dem rat und gemainer stat Augspurg, [...], allergnedigest zuͦ verzeihen.
Henisch
1526
(Augsb.
1616
): Sollen wirdt gebraucht / wann man etwas zu thun verbunden / woͤllen so man es nicht schuldig / vnd diß Woͤrtlin geruhen gegen Keys. Koͤnigen / Fuͤrsten, Herren vnnd Obrigkeiten / von denen etwas gebeten wirdt / daß sie auch nicht schuldig sind / jnnmassen zu schliessen / daß es noch muͤlterer bedeutung / weder das Woͤrtlin woͤllen seye.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
195, 39
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): Der allmechtig Got geruech seiner sel genedig zu sein.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
63, 45
(m/soobd.
, 16. Jh.
): Und bat uns diemuttiklichen, das wir di [briefe] seinem oft genanten closter im Neunperg ze confirmiren, und ze bstäten geruechten.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 504, 22
; Dubizmay, a. a. O.
16, 6
; Hübner, Buch Daniel
5150
; Schönbach, Adt. Pred.
10, 12
; Chron. Strassb.
2, 1043, 37
; UB ob der Enns
9, 842, 5
; Roth, E. v. Wildenberg
43, 14
; Bischoff u. a., a. a. O.
83, 10
.2.
›nach etw. trachten, streben; etw. wünschen, wollen, begehren; jn. suchen‹.Syntagmen:
j. jn. / etw
. (z. B. die gnade / gerechtigkeit, das wort
) g
.; j. js
. (z. B. sein, gottes, der feinde
) / e. S
. (Gen., z. B. des lobes / trostes, der speise
) g
.; j. von jm. etw. g., etw. willigklich g., js. mit wer g
.; des
[korrelativ] g., das
[Korrelat]; sich g
. + Inf. (z. B. neigen
).Belegblock:
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
35, 5
(md.
, Hss. 14.
/15. Jh.
): den die gein der krône sich niht geruochent neigen.
Mone, Adt. Schausp.
1, 329
(Hs. ˹omd.
, 1391
˺): wir han alle al hye gelebit, | alz eyn vye in unvornunft strebit, | daz wir gotes nye geruchten | noch siner gnade nye gesuchten.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 64, 6
(Hs. ˹nobd.
, Hs. 3. V. 15. Jh.
˺): so sol man des geruchen, Daz (ie) den hunden sin die krapfen ungesunt.
Bihlmeyer, Seuse
308, 26
(alem.
, 14. Jh.
): minneklicher herr, sider du nu geruͦchst von mir armen súndigen menschen lobes.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
1, 168, 10
(Straßb.
1466
): Maister: wir wissen das du bist warhafftig vnd geruͦchst
[
achtestLuther
1545, Mk. 12, 14: ]
keins. Lemmer, Brant. Narrensch.
38, 32
(Basel
1494
): Eyn narr ist / der eyn artzet suͦcht | Des wort / vnd ler / er nit geruͦcht.
Rieder, St. Georg. Pred.
66, 17
(Hs. ˹önalem.
, 1387
˺): únser herre ist ain offen brunne und git sich allen den die sin geruͦchent, den git er volleklich sin gnade.
Päpke, Marienl. Wernher
218
(halem.
, v. 1382
): Enkain flaisch er versuͦchte | Noch guͦtter spis geruͦchte.
Ebd.
6115
: Weder lutertrank noch win | Und was dem gelich mag sin: | Doch baider er geruͦchte | Etwenne und sú versuͦchte.
Sappler, H. Kaufringer
3, 522
(schwäb.
, Hs. 1464
): er will auch des nit geruochen. | das er sich vor der hell bewar.
Chron. Augsb.
3, 324, 23
(schwäb.
, 1452
): also geruͦch und fleisse dich, inwendig geziert (zuͦ) werden.
Primisser, Suchenwirt
10, 100
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Do man mit stoltzes heldes chraft | Di veinde dike suͦchte | Und ir mit wer geruͦchte.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
644
(tir.
, 1486
): Er ist nit hie, den ir suecht, | Secht her ein, ob ier sein geruecht.