gerichtszwang,
der
;
-s
, auch -
Ø/gerichtszwänge
.
1.
›Gerichtsbarkeit, Gerichtsgewalt; Zuständigkeit eines Gerichts‹; als Metonymie: ›mit der Gerichtsbarkeit verbundene Einnahmen‹;
vgl. I, 2.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte, auch Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
2
 1, ,  2, ,  6, (
der
5,  45, ,  1, ; zur Metonymie:
1
 2, , (s. v.  3), , , .
Syntagmen:
g. haben / dulden, den g. machen / setzen / bewilligen, gerichtszwänge vermischen
;
der g. unteilbar sein, dem spital zugehören, schwert und g. einander hülflich sein
;
der gerichtszwänge
(Metonymie)
frei sein, sich des gerichtszwanges gebrauchen
;
jn. dem g. unterwerfen, dem g. unterwürfig sein
;
jm. in den g. greifen, etw. mit dem g. verleihen, unter js. g. gehören, unter einem g. sitzen / wonen, dienstbar / steuerbar sein, eine stat unter einen g. bringen
;
der g. des amptes / kamergerichtes / apostolischen stules / ehemannes, des hauses Burgundie
;
der g. über die bürger
;
der bürgerliche / freie / fremde / geistliche / weltliche / hohe / niedere / kleine / ordenliche / wilkürliche
›unverbindliche‹
/ häderische g
.;
der gebrauch, die ausübung des gerichtszwanges
.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
das den mit nicht getzimen sall, ßo den weltlichen gerichtstzwang haben, stewir und schoß den geystlichen personen ufftzulegen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1587
):
das der die stat Coln under des haus Burgundie gerichtzszwank understunde zu bringen und dem hilligen rich abzustricken.
Aubin, Weist. Hülchrath (
rib.
,
1607
):
das beider Symons und Heinrichen vurschr. erblenderei [...] im erzstift Cöllen [...] dingpflichtich gelegen seien, [...], auch gleichs anderen, under ehegerurtem unserem gerichtszwang und bän gelegenen guteren schatz-, steur- und dienstbar seien.
Köbler, Ref. Wormbs
98, 23
(
Worms
1499
):
So aber die güter vnteilbar weren als dinstparkeit, gerichtszweng vnd der glichen gerechtikeit unlyplicher ding soͤllen nit verteilt sonder by einem erben blyben.
Laufs, Reichskammergo.
145, 24
(
Mainz
1555
):
und sollen daselbst cammerrichter, urtheyler, advocaten, redner, schreyber, [...], zum cammergericht gehörendt, [...], ungelts, datz, zols und aller beschwerung, auch anderer gerichtßzweng frey sein.
Ebd.
167, 2
:
vom gewalt und gerichtszwang deß keyserlichen cammergerichts in erster instantz.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1494
):
ordentlichen gherichtszcwangk und jurisdiction ubir den rath und burger zw gebrauchen.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wir [...] wollen ouch unsern gerichten, [...], iglichem synen uffrichtigen loufft unnd dye gerichtsczwenge in deme erkentnisse nicht vor misschen.
Schottenloher, Flugschrr.
111, 4
(
Bamb.
1523
):
ob sy gleich unter iren gerichtszwang gehoͤrt, hetten sy noch kein beweißliche trohe von denselben Edelleütten gehoͤrt.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1516
):
iedoch haben sie kainen häderischen oder genotten sonder ein willkürlichen gerichtszwang, das ist, sie [...] vermanen gütlich zu dem das recht ist.
Köbler, Stattr. Fryburg f. (
Basel
1520
):
So ein frembder hie contrahiert oder freuelt / so ist er dem gerichtß zwang vnderworffen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 146, 14
(
schwäb.
,
1473
):
das hinfür zü ewigen zyten der gerichtzwang mit aller zügehörd des vermeldten dorffs Baltringen dem obgenanten spital [...] zügehören sol.
Ebd.
435, 38
(
1535
):
dieweil aber bißher dhain gepott, verpott, gerichtzzwang, ordnungen, satzungen, frävel und statuta in vermeltem unserm dorf Oberwachingen gewesen, dardurch dann das dorf gar schädlich gemindert.
Loersch, Weist. Boppard ;
Köbler, Ref. Wormbs
113, 19
;
256, 16
;
Hertel, a. a. O. ;
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. ;
Geier, Stadtr. Überl. ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Merz, Urk. Lenzb.
97, 26
;
Uhlirz, Qu. Wien ;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›gerichtliche Anordnung, Maßnahme‹; auch ›Urteil‹;
zu I, 46.
Syntagmen:
g. erleiden / fürchten, gerichtszwänge üben
;
dem g. nachkommen
;
jn. mit g. geschweigen, zu etw. bringen, jn. durch g. abstrafen, zu etw. anhalten, etw. wieder den g. fürbringen
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
152, 8
(
Worms
1499
):
vnbegrifflicher vnnd vnlyphaffiger dinge mag einer entsetzt werden als dinstparkeit oder gerechtikeit gerichtszwenge zuuͤben.
Ders., Ref. Nürnberg
82, 7
(
Nürnb.
1484
):
EJn Burger sol seinem verpott Jn vierzehen tage͂ [...] mit verkundung vnnd Clag oder verrerm gerichtszwãg nachkome.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Nach dem richtet man mit dem strang | Die mordbrenner nach dem grichtszwang.
Turmair (
Nürnb.
1522
):
Wir setzen auch [...], das kein person, [...], in dem herzogtumb Osterreich ainicherlai rechfertigung oder gerichtzwang ân des herzogen verwilligung und zulassung zu üben oder treiben sich vermesse.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. f.;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 693, 17
;
3.
›Gebiet, Sprengel, Bezirk, das / der unter die Gerichtsbarkeit einer Rechtsinstanz fällt, Zuständigkeitsbereich eines Gerichtes‹;
zu I, 7.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
einen g. meiden
;
der g
. [wo]
anfangen, sich
[wohin]
erstrecken
;
in einen g. gehören, in einem g. sterben, gesessen sein, eine tat geschehen, in einem g. sich gestolene güter erfinden, zu einem g. gehörig sein, ein gut in einem g. gelegen / begriffen sein, unter einem g. seshaft sein, (etw.) sich unter einem g. begeben, ausserhalb des gerichtszwanges wonhaftig sein, ein gesez ausserhalb eines gerichtzwanges brauchen, ausserhalb dem g. seine wonung haben
;
der g. des gotteshauses, der stat
;
der geistliche / ordenliche g
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
155, 14
(
Worms
1499
):
So aber solich vnser Statrecht. statut. oder gesetz vsserhalb vnnser Stat gerichtszwengen angezogen vnd gebrucht wolten werden.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
so sich also mit angezeigter peinlicher hanndlung gestollene vnnd geraubte farende guttere jnn einem gerichtszwang erfunden.
Ders. u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
so sol vnser Richter, in des gerichtszwang die tat gescheen ist, den andern richter, in des gerichtszwang der erschlagen gestorben wer [...], ersuchen, jme das leybzeychen volgen zu lassen.
Ebd. Corr. :
dem geistlichenn richter, in des geistlichenn gerichtszwang gemelt annemen geschicht.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 297, 11
(
schwäb.
,
1592
):
in irem ordenlichen gerichtszwang, da sie gesessen und hingehörig sind.
Turmair (
Augsb.
1517
):
dioecesis ,gricht‘ apud Ciceronem ,piet, grichtzwang‘.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
17. Jh.
):
der soll durch ainen jeden anwalt, [...], als fehr sich sein gerichtszwang erstreckt, [...] gestraft werden.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. Anm. 2;
Köbler, Ref. Wormbs
38, 5
;
108, 5
;
ders., Ref. Franckenfort
43, 10
;
Schnurrer, Urk. Dinkelsb.
5
;
Müller, Nördl. Stadtr. ;
Gehring, a. a. O.
3, 758, 27
;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Bischoff u. a., a. a. O. ;