gerichten,
V.
– 1 und 2 motivationell deutlich auf gericht
I, 3; 4; 5; 6 auch auf gericht
II beziehbar.1.
›Recht sprechen; jn. verurteilen; über etw. urteilen, richten; etw. zur gerichtlichen Entscheidung bringen‹; Belegblock:
der richter sal sin gerecht | Ober ieslichen sinen knecht, | Daz her gerichte rechte.
so mogen sy yn von deswegen, ap sy ettliche stugke by ome funden habin, dy vormals ettliche yre nagkebur vorlorn hatte, met rechte nicht gerichten nach vororteyln laßin.
Waer iemant in ainer inzicht, die er gerichten wil, oder waz im an den leip gieng oder an sein er, den sol der richter darumb gerichten lan.
Dennoch mûgen die richter, [...] nicht gerichten vber menschen plût.
2.
›sich durch Reinigungseid rechtfertigen, seine Unschuld beweisen, sich einem Gottesurteil unterwerfen; etw. (eine Bezichtigung, js. Unschuld) auf die genannte Weise widerlegen, als unbegründet beweisen‹; Belegblock:
wenne ich yn us der vrone mit gerufte brecht habe vor gerichte, ab her nu mit eynis hant dovor gerichten moge adir waz eyn recht sey.
Man schuldigt des frawen Paulinam von Lutringen, die es
[bezogen auf
grosse sucht ihres Mannes]
auch hernach gerichten muest. Als pald aber sy gerichtt für dise tat und misshandlung, an stund ward sy unsinnig. der [künig] schuldiget sein frawen, sy hiet verprochen mit ainem Bischof von Zell. Do erpot sy sich des zu gerichten vor allen fürsten des reichs. [...] do schuef die künigin ain gross fewr zu machen [...] und sprach vor allen fürsten [...]: Ich wil hewt gerichten für all man der welt und wil des Got piten, das er mir gestee, als war ich aller man unschuldig pin [...]. Mit dem gieng sy unerschrocken in das fewr und stuend also enmitten darinn an alle verserung ires leibs.
Der graf schickt nach seiner frawen, pat sy, das sy unerschrocken für sein unschuld gerichte.
3.
›etw. (Strittiges) schlichten, beilegen‹; refl.: ›sich mit jm. einigen, vergleichen‹; resultativ auch: ›jn. aufgrund einer Einigung in einen Besitz einweisen‹; ›etw. bezahlen, finanziell begleichen‹.Syntagmen:
etw
. (z. B. einen handel
) g
.; sich mit jm
. (z. B. mit dem grafen, der stat
) g., sich gütlich g
.Belegblock:
Anspruch [...] auf alle Güter [...] und wird in den Besitz derselben eingewiesen (
ys dairan gerichtet).
vnd wellen sich mit hartlibe vnd mit synen Cumpann vmb ir gelt gutlich vorrichten; ab sy des geldis nicht gerichten mochten, das sy sich by yren truwen vnd eren in das gefengnisse wedir wellen gestellen.
da soll man hinkommen und versuechen, ob man es gantz gerichten müg.
4.
›sich orientieren; sich in seinem Handeln nach etw. richten, einem Sachverhalt entsprechend handeln‹.Belegblock:
dy selben dinge sol der / arcz wyßen, das er sych dar nach kunne / gerichte.
Man soll dreyerley montz slahen und nit mer [...]; do kan sych yederman woll gerichten.
dar umb so múgent sich die schifflút uff dem mer nach den zwain sternen gerichten.
ob unns durch unnser hoptman und ratsfrund verkündt wurd, unns darnach haben zuͦ gerichten.
5.
›sich über etw. klar werden, sich einen Reim auf etw. machen, etw. auf die Reihe bringen‹.Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Belegblock:
Ich [Marcolfus] kan mich aber auß den gschichten | Weder wenig noch viel gerichten, | Was auff der genßpruck ist geschehen.
Es hant soliche lúte also wunderliche liden under in, also sunderliche mirre, daz kume ieman sich darabe gerichten kan.
daz nieman, so wis er ist in geschrift oder in naturen, der sich daruz
[aus:
pflogen ›Plagen‹]
gerihten kúnne und wißen moͤge, waz gebresten es ist. swa der mentsch dekainen zwivel oder dekainen ierrat hat, dar us er sich niht wol kan gerihten, dez sol er wise lút fragen.
6.
›etw. (einen Text) ausführen, gestalten‹.Belegblock:
E ich nu gar betichte | Daz letzte capitel und gerichte.