gerichten,
V.
– 1 und 2 motivationell deutlich auf
gericht
I, 3; 4; 5; 6 auch auf
gericht
II beziehbar.
1.
›Recht sprechen; jn. verurteilen; über etw. urteilen, richten; etw. zur gerichtlichen Entscheidung bringen‹;
vgl. I, 25.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 9,  2, , ,  2,  3.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
der richter sal sin gerecht | Ober ieslichen sinen knecht, | Daz her gerichte rechte.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
183, 33
(
thür.
,
1474
):
so mogen sy yn von deswegen, ap sy ettliche stugke by ome funden habin, dy vormals ettliche yre nagkebur vorlorn hatte, met rechte nicht gerichten nach vororteyln laßin.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1347
):
Waer iemant in ainer inzicht, die er gerichten wil, oder waz im an den leip gieng oder an sein er, den sol der richter darumb gerichten lan.
Bischoff, Steir. Landr. (
m/soobd.
, Hs. 
v. 1425
):
Dennoch mûgen die richter, [...] nicht gerichten vber menschen plût.
Wer des pans nicht hat, der mag als wenig gerichten vber das or sam vber den halls.
2.
›sich durch Reinigungseid rechtfertigen, seine Unschuld beweisen, sich einem Gottesurteil unterwerfen; etw. (eine Bezichtigung, js. Unschuld) auf die genannte Weise widerlegen, als unbegründet beweisen‹;
vgl. I, 11.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
wenne ich yn us der vrone mit gerufte brecht habe vor gerichte, ab her nu mit eynis hant dovor gerichten moge adir waz eyn recht sey.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Man schuldigt des frawen Paulinam von Lutringen, die es
[bezogen auf
grosse sucht
ihres Mannes]
auch hernach gerichten muest. Als pald aber sy gerichtt für dise tat und misshandlung, an stund ward sy unsinnig.
der [künig] schuldiget sein frawen, sy hiet verprochen mit ainem Bischof von Zell. Do erpot sy sich des zu gerichten vor allen fürsten des reichs. [...] do schuef die künigin ain gross fewr zu machen [...] und sprach vor allen fürsten [...]: Ich wil hewt gerichten für all man der welt und wil des Got piten, das er mir gestee, als war ich aller man unschuldig pin [...]. Mit dem gieng sy unerschrocken in das fewr und stuend also enmitten darinn an alle verserung ires leibs.
Der graf schickt nach seiner frawen, pat sy, das sy unerschrocken für sein unschuld gerichte.
Ebd. :
Der kaiser schuldigt sein frawen des eepruchs, dafür gerichtt sy mit dem glüenden eisen.
3.
›etw. (Strittiges) schlichten, beilegen‹; refl.: ›sich mit jm. einigen, vergleichen‹; resultativ auch: ›jn. aufgrund einer Einigung in einen Besitz einweisen‹; ›etw. bezahlen, finanziell begleichen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  13,  23,
1
 3, ,  7.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen handel
)
g
.;
sich mit jm
. (z. B.
mit dem grafen, der stat
)
g., sich gütlich g
.

Belegblock:

Wilkes, Ev. Gem. Duisb.
45, 2
(
rib.
/
snfrk.
,
1463
):
Anspruch [...] auf alle Güter [...] und wird in den Besitz derselben eingewiesen (
ys dairan gerichtet
).
Mitzschke, UB Bürgel (
thür.
,
1428
):
ab sy sych under enander mochten gutlich gerichten.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
129, 4, 24
(
schles.
,
1385
):
vnd wellen sich mit hartlibe vnd mit synen Cumpann vmb ir gelt gutlich vorrichten; ab sy des geldis nicht gerichten mochten, das sy sich by yren truwen vnd eren in das gefengnisse wedir wellen gestellen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
da soll man hinkommen und versuechen, ob man es gantz gerichten müg.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1654-68
):
soll erß [er ⸗ der pflëger
;
es ⸗ die parthei] den driten tag geen Lëbenau erfordern, daselbs gueten fleiß ankeren, wo ers gerichten mecht.
4.
›sich orientieren; sich in seinem Handeln nach etw. richten, einem Sachverhalt entsprechend handeln‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
227r, 7
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
dy selben dinge sol der / arcz wyßen, das er sych dar nach kunne / gerichte.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
Man soll dreyerley montz slahen und nit mer [...]; do kan sych yederman woll gerichten.
Morrall, Mandev. Reiseb.
113, 24
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
dar umb so múgent sich die schifflút uff dem mer nach den zwain sternen gerichten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
):
ob unns durch unnser hoptman und ratsfrund verkündt wurd, unns darnach haben zuͦ gerichten.
5.
›sich über etw. klar werden, sich einen Reim auf etw. machen, etw. auf die Reihe bringen‹.
Texte religiösen und didaktischen Inhalts.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1550
):
Ich [Marcolfus] kan mich aber auß den gschichten | Weder wenig noch viel gerichten, | Was auff der genßpruck ist geschehen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Es hant soliche lúte also wunderliche liden under in, also sunderliche mirre, daz kume ieman sich darabe gerichten kan.
Rieder, Gottesfr. (
els.
,
1390
/
1402
):
daz nieman, so wis er ist in geschrift oder in naturen, der sich daruz
[aus:
pflogen
›Plagen‹]
gerihten kúnne und wißen moͤge, waz gebresten es ist.
Ders., St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
swa der mentsch dekainen zwivel oder dekainen ierrat hat, dar us er sich niht wol kan gerihten, dez sol er wise lút fragen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
zeytlich böße gewin hat den lauff; wer sich darinne woll gerichten kan, den schatzet man für weyße.
6.
›etw. (einen Text) ausführen, gestalten‹.

Belegblock:

Pyritz, Minneburg
3188
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
E ich nu gar betichte | Daz letzte capitel und gerichte.