geile,
gaile,
die
;
–/-n
,
1
geil,
der / das
.
1.
›Fröhlichkeit, Lust, Ausgelassenheit, Übermut‹;
vgl.
1
(Adj.) 1.

Belegblock:

Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Seid mein höchstes hail | Machet fail | Die gail.
Klein, Oswald
9, 46
(
oobd.
,
1421
?):
Ist ainer junck, schon, mütig, hoher gaile, | der ander stark, gerad an alle maile, | der dritte weis, er wirt ain kind, | kompt er zu verren tagen.
Ebd.
26, 38
(
1427
):
mein gogelheit mit aller gail | geriet vast trauriklich ab in ain keichen.
Ebd.
68, 1
(
1417
):
Mein herz jüngt sich in hoher gail.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
280
(
tir.
,
1486
):
Dar umb wiert er meinem gewalt ze tayll, | Ich vertreyb im schertz und alle gayll.
2.
›geschlechtlicher Drang, Geschlechtslust, Wollust, Geilheit‹;
vgl.
1
(Adj.) 3.
Syntagmen:
die geile ersettigen
.

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
79, 106
(
Mainz
1485
):
das gebluͦde vurt zuͦ geyle.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
er hat den geyl: | Es hilft kein Kraut für diesen feyl.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
15. Jh.
):
Das er manche dirn hat peschissen. | So setz ich das zu eim urteil, | Man schol im auß werfen sein geil.
Fischer, Folz. Reimp.
41, 147
(
Bamb.
1485
):
Die geil der menschen er geleckt, | Wer sein zu vil nüczt oder smeckt.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
247, 31
(
Augsb.
1476
):
hofieren vnd des gleichs die den menschen czuͦ der gayle reytzend.
Sudhoff, Paracelsus (
1530
):
also sol der arzt rein und keusch sein, [...] das sein gemuͦt zu keiner geile, hoffart, argem [...] stande.
Goldammer, Paracelsus
4, 247, 14
(
1530
):
so got auch denen feind ist, die sein geschepf [...] mißbrauchen [...] damit ire geile ersettigen.
3.
›Hoden, Gechlechtsteil (von Tieren)‹.
Syntagmen:
die geilen ab- / ausbeissen
.

Belegblock:

Ermisch u. a., Haush. Vorw.
217, 15
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Nim die gail vom hasen, drey oder vier agrimonia das ist eberswurzel und drey lott zucker und durch einander gemacht.
Ebd.
225, 40
:
nim [...] schmalz von einer fuchsin, item die gail und die plattern sambt dem harn.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
man jag in [piber] allain durch der gailn willen.
sô die jungen eselein geporn werdent daz männel sint, die verpergent die alten esel und peizent in irn gailn ab.
wenne ez [tier] der jäger jagt, sô peizt ez im selber sein gailn auz.
4.
›(den Acker fruchtbar machender) Dünger, Mist‹; metonymisch: ›mit Dünger angereicherter, fruchtbarer Boden‹;
vgl.
1
(Adj.) 4.
Wortbildungen:
geilbreiten
›das Austeilen von Dünger, Jauche‹ (16. Jh.).

Belegblock:

Ermisch u. a., Haush. Vorw.
55, 38
(
osächs.
,
1570
/
7
):
So kan der frost das felt fein mürbe machen und verzehren die schnee die gaile nicht.
Winter, Nöst. Weist. , Anm. (
moobd.
,
16. Jh.
):
das gailbraiten aber auf denen äckern müssen die übrige unterthannen verrichten.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1625
):
ain ieder soll gemelte sein gail außfüern, ehe man an das pan fahrn thuet.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1638
):
das die hernach gesözte des ambt Gambs ruckseßige undertonen schuldig seind zu des gotshaus weingarten gail herzugeben.