eröfnen,
V.;
2 und 3 als Ütr. zu 1 auffassbar.
– Besonders dichte Belegung für das 16. Jh.
1.
›etw. (räumlich Gedachtes) öffnen, aufmachen; eine Öffnung (in etw., auch: in js. Körper) schaffen‹ (räumlich gesehen); teils mit Tendenz zu: ›(mit) etw. beginnen, anfangen‹ (zeitlich gesehen); refl. und ütr.: ›sich zeigen, zutage treten; erscheinen, offenbar werden‹;
vgl.  38.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl.  1,  1, ,  46913,  1,  3.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den bogen, ein buch / tor, die grundfesten des umringes
)
e., Christus sich, ein bergwerk sich e., der saft des krautes
(Subj.)
die inneren teile des menschen e., einen kasten mit einer hacke e., jm. die tür e., got jm. die augen e., Christus jm. den weg zum himmel, den eingang zum ewigen leben e., ein ritter mit einer lanze Christus die seite e
.

Belegblock:

Luther, WA (
1526
):
wo er [Christus] sich offenbar wolt machen, soͤhe yhn alle Creatur wesentlich an, so nahe als ich yhn moͤchte ansehen, so er auff meiner hand sich eroͤffnet.
Ebd. (
1527
):
[Christus] hat sund, tod, teuffel, hell uberwunden und uns [...] den weg zum himel eroͤffnet.
Perez, Dietzin
1, 411, 4
(
Frankf.
1626
):
so wolt sie jhme die Thuͤr lassen eroͤffnen / vnnd ohne Liecht in jhr Schlaffkammer verhelffen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
[Christus] Am creutz hengend Heli sang, | Sein Geist dem Vatr befielet, | Die seitt darnach mit einer Lantz, | Ein Ritter thet eroͤffnen.
Skála, Egerer Urgichtenb.
151, 3
(
nwböhm.
,
1575
):
[das Diebesgut]
Sej (alles) In eim Kasten vorspertt gewesen den er mit einer hacken eröffnet.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1532
):
Ich [...] thue kund vor menniglichen, dass sich durch die güte und gnade des allmächtigen gottes ein bergwerk auf meinen gründen [...] eröfnet.
v. Ingen, Zesen. Ged.
383, 9
(
Breslau
1641
):
weil ich das Erste
[von den
Poetischen Buͤchern Opitzens
]
eroͤffnet / werde ich alsbald desselben Lobgetichts vom Feld⸗Leben ansichtig.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
die gruntuest des vmbringes seint eroffent
[
Luther
1545, 2. Sam. 22, 16:
auffgedeckt
]
von der berespunge des herrn vnd von der inetnung des geistes seiner tobheit.
Maaler (
Zürich
1561
):
Man sagt der safft deß krauts Eroͤffne die inneren teil deß menschen / als laͤber vñ miltze / so die verstopfft sind.
2.
›etw. darlegen, mitteilen, vorbringen; etw. (öffentlich, rechtswirksam) bekanntgeben‹; speziell: ›etw. bei Gericht vorbringen, einen Prozess beginnen‹; oft von rechtsrelevanten Sachverhalten.
Häufig in Rechtstexten.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 12, ,  4,  3, ; vgl.  1, (V.) 7.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen handel, ansprachen / endurteile / forderungen
)
e
.,
etw
. [wo] (z. B.
in schriften, vor der oberkeit
), [wann] (z. B.
in js. anstand
›beim Amtsantritt‹,
zu füglicher zeit
), [wie] (z. B.
getreulich / schriftlich, durch den gerichtsschreiber, mit begerung, nach js. vermögen
)
e
.,
die parteien etw. gegeneinander e
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
110, 34
(
Worms
1499
):
[die Endurteil] vff des gehorsamen teils erschiene͂ Bit vnd beger gesprochen vñ eroffent soll werden.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1469
):
so het er [Niclas Muffel] sich zu dem [...] herrn Jobsten Tetzell dietzeit burgermaistere gefugt, im den handell eroffnet mit begerung, im in den dingen zu verrer ubung underrichtung zetun.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
115
(
Nürnb.
1517
):
Von dannen werden die offenbarung der lieb des ewigen breutigams – itzo mit kussen, itzo mit halsen [...] – in den reinen schriften keuschlich eroffnet, wiewol [...].
Anderson u. a., Flugschrr.
4, 3, 21
([
Straßb.
]
1524
):
sein wort vnd ewiger goͤttlicher will [...] durch heylige Biblische geschrifft [...] angezeygt vnnd eroͤffnet ist.
Jörg, Salat. Reformationschr.
312, 9
(
halem.
,
1534
/
5
):
das spenn umm eesachen ouch ee mans an geystlich gricht wyse / vor welltlicher oberkejtt eroffnett.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
die freuel vnd bußwürdig sachen durch die saͤcher oder den grichtschryber am rechten geclagt vnnd eroffnet.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
ob er einich ansprach hett an die kind / oder personen / deren vogt er werde͂ woͤlt [...] so sol er solichs in sinem anstand eroffnen / vnd nit verhalte͂.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
, Hs.
2. H. 17. Jh.
):
Die blödigkeit der gedechtnus menschlicher beschaffenhait erfordert, daß die ding so ewig weren sollen [...] schriftlich eröffnet und kunt gemacht werden.
Anderson u. a., a. a. O.
24, 7, 13
;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
3.
›etw. (bisher) Verborgenes, Geheimes offenlegen, bekanntgeben, jm. mitteilen‹; ›jm. etw. anvertrauen, offenbaren‹; ›etw. erklären, jm. zu verstehen geben‹; teils speziell: ›Interna, Vertrauliches nach außen tragen, etw. preisgeben, ausplaudern‹.
Phraseme:
˹
das gehirn eröfnen
;
das gewissen eröfnen
;
(jm.) das herz eröfnen
˺ ›private, persönliche, geheime oder intime Gedanken preisgeben, offenbaren‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Wenn das gewissen ym sterben oder sterbens noͤtten eroffent wirtt, ßo wirtt es gewar seyns unglawbens.
Daruͤmb soͤl kein fuͤrst den Rethen gar nichts vertraw̆en und in sein gehirn eroͤffen, es ist nit gutt, er regir selbst mit.
Wann er
[
Ain grosser schatz
, hier bildlich für
die geburt des Herrn Christi
]
aber eroͤffnet ist und ganghafftig worden, so [...] ist er nutz und koͤstlich.
Ebd. (
1532
):
[Christus] darinnen hat wollen aller falschen lere begegenen und den rechten synn der gebot Gottes eroͤffenen.
Ebd. (
1537
):
Do kommen die Phariseer, der groß hauff der heilgen lewt und eroffnenn yhre gifftigen hercznn, daß sie Christus leer und werck keczerey schelttnn.
Ebd. (
1538
):
Das mus warlich ein Freund sein, der einem andern sagt alles, was er weis, und alle seine heimligkeit offenbart, vertrawet und gibt, Das erzeige ich [...] damit, das ich euch beide, mein gantzes hertz und auch des Vaters, eroͤffene.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
159, 19
(
Magdeb.
1615
):
Gott selber den Verstand deß Buchstabens eroͤffnen muͤsse / vnd niemand moͤge jhn lesen [...] one die vorgehende erleuchtung.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Iroffene gode dinen weg und hoffe an in.
v. Ingen, Zesen. Ged.
394, 21
(
Breslau
1641
):
habe ich folgendes dem Herrn zu Ehren auffgesetzt / mein Gemuͤthe nicht allein gegen Ihn / sondern auch gegen alle der Poesie Ergebene zu eroͤffnen durch folgende ODE.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
134
(
Nürnb.
1517
):
Erstlich redt got mit dem menschen, wann er im die warheit eröffnet; wann es sol ie die red anderst nichts sein dann ein auftuung der warheit.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1547
):
welcher ein gehaime sachen eröffnet, der soll ohne alleß mitl auß den rath gethan werden.