erwerben,
V.; unr. abl.
1.
›etw. durch aktives Handeln (z. B. durch Arbeit, Anstrengung, Kampf) erlangen, gewinnen, verdienen‹; ›sich etw. (z. B. den Lebensunterhalt, Besitz) erarbeiten; etw. (rechtmäßig, z. B. durch Kauf, Tausch) in seinen Besitz bringen‹ (von materiellen und immateriellen Bezugsgrößen, wie z. B.  1,  23 bzw.  34567,
1
 12, ); vereinzelt von Personen: ›jn. für sich gewinnen‹; in religiösen Zusammenhängen überwiegend auf den Opfertod Christi im Sinne einer die Last der Erbsünde ausgleichenden Wiedergutmachungsleistung als Voraussetzung für die erneuerte Teilhabe des Menschen an der göttlichen Gnade bezogen: ›jm. etw. (z. B.
das ewige leben, die vergebung der sünden
u. dgl.) verschaffen‹; selten von negativ bewerteten Bezugsgrößen, dann teils mit Tendenz zu: ›sich etw. einhandeln‹;
zu  5.
Bedeutungsverwandte:
,  1,  1, , ; vgl.  1,  4,  1,  7.
Gegensätze:
 2.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den schaden / sieg / vorteil / weingarten, die narung / schande, das brot / geld / grosfürstentum / gut / recht / ros, etwas heiltum, ein haus, das ewige leben, abenteuer
[Pl.],
viel
)
, lob und ere in e. S. e., jn
. (z. B.
anhang
›Anhängerschaft‹,
eine magd, eine frau
)
e
.,
etw
. [wie] (z. B.
in js. dienst, durch arbeiten, mit schweis / preis, mit der arbeit / sünde, mit ritterlicher tat
)
e., jm. das Wendland e., j
. (Subj.)
sich ewige pein e., sankt Michael
(Subj.)
jm. den sieg von got e., der schöpfer das fleisch durch das fleisch e., Christus
(Subj.)
das ewige leben, jm. den geist / schaz / sieg, die vergebung der sünden (mit seinem blut), grosse schätze mit seinem tod (und leiden) e., j. e., das [...]
;
j. miteinander des erbes / gutes e
.;
j. durch das heilige blut, mit dem blut gottes erworben sein
.
Wortbildungen:
erwerbung
(dazu bdv.: vgl.  2; ggs.:  1).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
NJeman ime selben eyn ander recht irwerben mach, wan also im angeboren ist.
Luther, WA (
1522
):
Das Euangelion aber ist eyn rede und vorkundiung [...] des ewigen lebens durch vorgebung der sunde, die uns Christus erworben hat.
Ebd. (
1523
/
4
):
Alle welt hat ihre kynder darzu auffgezogen, das sie geystlich solten werden [...] und [...] ane sorge ym sause lebten und eynen gutten mut hetten von dem gute, das arme leut mit yhrem schweys erwerben.
Ebd. (
1525
):
gleich wie Christus nicht durch werck zuvor verdient odder durch seyn mensch werden erworben hatt, das er Gott ist, Sondern hatt dasselbig von der gepurt on alle werck.
Ebd. (
1525
):
Die erwerbunge [der vergebunge der suͤnden] ist eyn mal geschehen am creutze, Aber die austeylunge ist offt geschehen.
Ebd. (
1529
):
Warlich was du erlangest von deinen Eltern, das hast du nicht erworben noch verdienet, sondern Gott hat dirs gegeben durch die Eltern.
Ebd. (
1530
):
Ein Hausvater bedarff nicht allein, das er gut und gelt erwerbe, sondern wenn er die Kunst weis, so mus er auch lernen, daß ers verware.
Ebd. (
1537
):
Was hat uns Christus erworben? Die Erloͤsung.
Rueff, Rhein. Ostersp.
349
(
rhfrk.
,
M. 15. Jh.
):
mit der sunde hatte ich erworben | daz wir ewiclichen worn gestorben.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
Er gibt und hilfft erwerben nahrung, | Allein bitt ihn umb seinen segen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
78, 32
(
thür.
,
1474
):
habin sye
[Ehepaar]
auch met eynander mer erbeß unde gutes erworben, erarbeyt unde geczuget.
Sermon Thauleri
4rb, 25
(
Leipzig
1498
):
ob ym [mensch] nutzer sey. das er eynn mit wircken hie mit habe da mit er erwerbe vnd vordine das diße geburt yn ym geschee.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
wie wir vns diese grosse Schaͤtze / so vns der HERR Christus mit seinem leiden vnd Todt erarnet vnd erworben [...] sollen vnd koͤnnen zu Gerechtigkeit / Seligkeit vnd zum ewigen Leben / appliciren.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
148v, 23
(
Leipzig
1588
):
Manche wolten gerne arbeiten / das Brod zu erwerben / sind aber vom Hunger so math [...] / das sie kaum die Hende auffheben koͤnnen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Der selig Schoͤpffer aller ding, | Zoch an eins knechtes leib gering, | Das er das fleisch durchs fleisch erwuͤrb, | Vnd sein geschoͤff nicht alls vertuͤrb.
Ebd. (
München
1586
):
[Sanct Michael] Also
[durch den Sieg über den Drachen]
erwuͤrb vns sig von Gott, | Das vns der Feind nit bring in spot.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
186, 5
(
Nürnb.
1548
):
vnser glaub ist der sieg / der die welt vberwunden hat. Den sieg hat vns Christus vnser seligmacher erworben mit seinem todt.
Dietrich. Summaria
28v, 45
(
Nürnb.
1578
):
Die Hochzeit ist vergebung der suͤnden / vnnd das ewige leben / durch Christum den Son Gottes [...] erworben.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
160, 7
(
els.
,
1362
):
Sú [sant Paula] floch ere, vnd erwarp do mitte die ewige ere.
Anderson u. a., Flugschrr.
14, 4, 13
(
Straßb.
1524
):
Herr was muͦß ich thuͦn das ich dz ewig leben erwerb?
Roloff, Brant. Tsp.
2227
(
Straßb.
1554
):
Ir Heldt sagen Hercules hie frey | Was ewer wesen und leben sey | Wo mit ir das erworben hant | Das ir die nün theüren sint genant.
Sappler, H. Kaufringer
13, 146
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
wil er
[
minner
›Liebhaber‹]
die frawen lieb han, | er sol erwerben iren man.
Klein, Oswald
18, 10
(
oobd.
,
1416
):
Ich loff ze füss mit swerer büss, bis das mir starb | mein vatter zwar, wol vierzen jar, nie ross erwarb, | wann aines roupt.
Ebd.
112, 73
(
1438
):
möcht er richten baid partei | und tët sein güten vleiss da bei, | darinn erwurb er lob und eer | von got und von der welde ger.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
466, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Wie dick wir sy an reitten, | so erwerb wir nicht wann schaden.
Weber, Füetrer. Poyt.
13, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Lorandin dise märe | zw hannd den fürsten sagt, | wie man mit mannger schwäre | erwerben müestt zu Babilon ain magdt.
Munz, Füetrer. Persibein
283, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
fraw, ich wil ye hie ersterben, | oder an dem serpannde | mit sige da den preyse gar erwerben.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
sie [fursten, die da irdisch guͦt versmächten] wärn aus irn landen getzogen durch gotz willen, und das sie etwas hältumb möchten erberben.
Moscouia
C 1r, 3
(
Wien
1557
):
Hertzog Andre [...] erwarb das großfuͤrstenthumb / das der Demetrj verfangen hette / den verjagt Andre mithilff der Tartern.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe ;
Peil, Rollenhagen. Froschm.
60, 521
;
Valli, Baldemann
286
;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
131, 34
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
57, 6
;
Grosch u. a., a. a. O.
27, 13
;
Mathesius, a. a. O. ;
Kehrein, a. a. O. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 99
.
Vgl. ferner s. v.  2, .
2.
›etw. (von jm., unter bestimmten Bedingungen, aufgrund einer bestimmten Handlungsweise) erhalten, empfangen, gewährt bekommen‹; vereinzelt von personalen Bezugsgrößen: ›jn. zur Verfügung gestellt bekommen‹; speziell von Christus: ›js. teilhaftig werden‹; insbesondere in religiösem Kontext stehen oft zwei Handlungsträger in einem Verhältnis von Agens und Benefizient (im Dat.), dann: ›veranlassen, bewirken, dass jm. etw. zuteilwird; jm. etw. verschaffen; jm. zu etw. verhelfen‹; anschließbar an 1;
vgl.  15.
Gehäuft Texte religiösen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7,  6,  1113,  4.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den segen / urlaub, die gnade / gunst / hilfe / huld, das ewige leben, freiheiten
)
e., von jm. e., etw
. [wie] (z. B.
durch die gerechtigkeit, mit dem gebet, mit blutigen trähen
)
e., jn
. (z. B.
Christum, soldaten von jm
.)
e., j. jm. etw
. (z. B.
den ablas der sünden, die gnade / kraft / macht / sälde, die gabe des heiligen geistes
)
e., j
. (z. B.
die reine magd, die engel / patriarchen / propheten, alle heiligen / kreaturen
)
jm. etw. e., der mensch von got ein gutes ende, die sele den schein des paradieses, das gebet
(Subj.)
von got gnade e., der son gottes den armen sündern gnade e
.;
j. nicht der gnade e
.;
jm. e., das [...]
.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Darumb merckt nun wol, das zuͦm ewigen leben zuͦ erwerben nur ain ding not sey, das ist der glaub.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Diu heilige kristenheit bitet sie [muoter Kristî] umbe gnâde, und die mac si erwerben, und daz ist billich.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Daz kreftigeste gebet und vil nâch daz almehtigeste, alliu dinc ze erwerbenne [...], daz ist, daz dâ gât ûz einem ledigen gemüete.
Froning, Alsf. Passionssp.
1685
(
ohess.
,
1501ff.
):
wer hot mer das erworben, | das mer widder ist worden myn vornunfft?
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
nach dem er dem Koͤniglichen Statthalter [...] seinen Anschlag sampt dem vberschwenglichen Reichthumb der Landtschafft Guianæ hatte offenbaret / erwarb er von jm noch 50. Soldaten.
Langen, Myst. Leben
181, 6
(
nobd.
,
1463
):
dadurch [wetrachtung des leidens Iesu Cristi] / der mensch erwerb von got / ein gut end zw sein leczten zeiten.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
O heiliges Creutze vnsers HErrn, | [...] | Laß vns in keiner noht verderben, | Sondern laß vns deine Huld erwerben.
Ebd. (
Leipzig
1537
):
halt fuͤr du reyne magdt, | Der sunden ablaß mir erwirb.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
was der mensche nu versumet, das enwurt ime niemer me: alle heilgen und alle creaturen enmoͤhtent mit bluͦtigen trehen ime nút ein einig hor breit me erwerben.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 3, 26
(
Straßb.
1524
):
Alle vnser gerechtigkeit ist Gott ein grawell. Darumb moͤgen wir durch sy weder gnad erwerben noch vns dar zuͦ schicken.
Lemmer, Brant. Narrensch.
38, 71
(
Basel
1494
):
Vil sindt yetz ful / vnd langest dott | Hetten sie vor gesuͦchet gott | Syn gnad erworben / hülff / vnd gunst | Ee dann sie suͦchten artzet kunst.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1415
):
so geloben wir [...] der stat von Arow [...] laszen ze beliben by allen iren fryheiten, gnaden, handvestinen [...] und guͦten alten gewonheiten, die sy von keyssern, kúnigen [...] erworben, gehebt, genossen und redlichen herbracht hant.
Bauer, Geiler. Pred.
77, 2
(
Augsb.
1508
):
bit sy [patriarchen und propheten] / das sy dir erwerben die drit gab des hailigen gaists / die ist Erkantnus.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
3, 10
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Hail und seld hast uns erworben | als wir solten sein gestorben | von dem / allerersten weib.
Ebd.
16, 65
:
wann der leib alhie ersterbe, | das die sele dort erwerbe | des paradises klaren schein.
Klein, Oswald
1, 10
(
oobd.
,
1421
):
[ich] bitt dich, junckfrau Sant Kathrein, | tü mir genad erwerben | dort zu Marie kindelein.
Munz, Füetrer. Persibein
348, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
ich wil dir gnad zw meinr frawen erwerben.
Ebd.
452, 7
:
ob deiner sechse wären hie; | dy all möchten der magdt nicht gnad erwerben!
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
[hertzog Heinrich] suͦcht genad bei konig Konradus, aber er erbarb der nicht.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
37, 13
(
tir.
,
1464
):
Das gepët [...] macht den menschen rëden mit got vnd erbürbet von got gnaden, wenn das gepët andechtig ist.
Ebd.
113, 45
:
Tu solt auf hören vnd solt nimmer nider chnien für die pildnus vnd für das gemël des heiligen Jeronimi, so erwürbstu als pald alles, das tu pegëren pist.
Ebd.
126, 5
:
Ich pin hungrig, erbürb mir mit deinem güetigen gepët, das ich gespeiset werd vnd ersatt werd mit dem lebentigen prot.
Dies., Imitatio Haller
74, 21
(
tir.
,
1466
):
Fürwar der mensch ist weis, der die irdischen ding scheczen ist als den mist, darumb das er Kchristum müg erwerben.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
2, 3
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
156, 33
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
920
;
Bauer, Geiler. Pred.
77, 19
;
80, 32
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
125, 32
;
dies., Imitatio Haller
71, 1
;
104, 29
.
3.
›etw. (Gewünschtes) erreichen, erwirken‹; ›etw. (bei jm.) durchsetzen‹; ›jn. von etw. überzeugen‹; häufig von rechtsrelevanten bzw. institutionalisierten Sachverhalten (z. B. von Rechten, Privilegien, Urteilen);
zu  5.
Gehäuft Rechtstexte und Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
(V.); vgl.  8,  4.

Belegblock:

Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
sy [scheppen] musen antwerten ab sy beclaget werden. ab der cleger das myt rechten orteylen irwyrbet.
Welti, Pilgerf. v. Walth.
61, 5
(
omd.
,
n. 1474
):
die von Solethorn an vnserm aller heiligisten vatere deme babiste erworbin hetten, das syne heylickeit ettlichen bisschoffe beüolen hette, die [...] heyligin merterer zcu erheben.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
, Hs.
um 1536
):
Da erwurben die kuͦffer [...] an her Burckharten Munchen von Lantzkron [...], das er innen vergunnen wolt in
[den gehängten
kuͦfferknecht
]
herab zuͦ schniden lossen.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
under dem [Phocas] wart erworben, daz sant Peters stuͦl zuͦ Rome ein houbet were aller der cristenheit.
Ebd. (
A. 15. Jh.
):
[Gregorius] was ein siecher cardinale und erwarp kume, daz in der bobest zuͦ Avion lies.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
So iemannts den anndern in gefenngnus oder verwarung ze legen pittet, erschaffet vnnd erwirbt, wenn [...].
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
do underkamen das die bischof und fürsten, also das sie von der witib erburben frist zehen tag zuͦerfarn.
4.
›etw. / jn. hervorbringen‹.
Phraseme:
ein kind / einen son erwerben
›ein Kind / einen Sohn bekommen‹; vgl.  5.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  3,
1
 17.

Belegblock:

Klein, Oswald
8, 20
(
oobd.
,
1423
?):
ain jetzs gewächs nach seiner zeit, als im die frist | ist auf gesatzt von got, sein frucht zu erwerben.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
was sie [die Francken] do kind erworben mit den gallischen, die wurden darnach genannt Frantzosen.
Moscouia
C 1r, 22
(
Wien
1557
):
er het sein weib ANASTASIA / dabey er denselben Sun erworben / im verdacht des Ehebruchs.
Päpke, Marienl. Wernher .