erstatten,
V.;
in semantischer Hinsicht nur punktuelle Berührung mit der Basis
statten
; vgl. dazu ff.
1.
›etw. kompensieren, beheben, ausgleichen (teils spiegelbildlich gesehen), auffüllen, nachholen‹; ›etw. vergelten, wiedergutmachen‹; gelegentlich mit Objekt der Person: ›jn. (z. B. in einem Amt) ersetzen‹;
vgl.  7.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den fal / mangel / mond, die schmach / zal, die jare
[der Missernte]
, die sündliche lust
)
e
.,
der glaube etw. e
.,
etw
. [wie] (z. B.
reichlich / wol, mit krieg / undankbarkeit / unruhe, mit geld, mit guter kundschaft
)
e
.,
den rat mit neuen herren, die zeit mit dem bösen e
.
Wortbildungen:
erstatter
›j., der eine Kompensationsleistung erbringt‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1528
):
drey guͤtter [...] ym ehelichen stande, durch welche die sundliche lust, die mit unterleufft, widder erstattet und nicht verdammet wuͤrde.
Perez, Dietzin
1, 206, 30
(
Frankf.
1626
):
daß wenig gefehlet / er [der Esel] were daruͤber todt blieben / vnd vns zu einer Pasteten worden: welche vns dann allen sehr gesundt gewesen / dieweil wir wenig Hirn inn vnsern Koͤpffen hatten / vnd derowegen solchen Mangel von dem Eselshirn sehr fein erstatten koͤnnen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1584
):
der glaub soll erstatten fein, | Was mangelt an vnsren sin.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1516
):
pin ich doch durch kürtz der zeit [...] daran
[am Verfassen eines weiteren Werks]
verhindert worden, im selben aber soll alles was hierinn versaumpt, reichlich erstattet werden.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
ich [Petrus] hab verlaugnet sein, | So wird er [Christus] auch verlaugnen mein | Vor seinem himelischen vatter; | Wer wird sein meins falls ein erstatter?
Dietrich. Summaria
30r, 1
(
Nürnb.
1578
):
ob gleich [...] das fleisch zu eygner lieb jmmerdar vns zeuhet / so ist doch solcher mangel von Christo erstattet.
Goldammer, Paracelsus
2, 282, 21
(
1530
/
5
):
die pfaffen, die eheweiber haben wöllen, müessen mit krieg, unrue, undankbarkeit dasselbig erstatten.
Ders., Paracelsus. B. d. Erk.
37, 26
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
dann der tag gut gehabt hat / vnd gut ding eingenommen hat / der muß die zeit erstatten mit dem bösen / domit maß auf maß gemessen werdt.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1403
):
Aber was ir von todes wegen abgeet, die mag man wol erstatten, also das die zal des ratz wider gantz werde.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Disen fal
[der Engel]
zu widerbringen und zu erstatten, hat got der herr ein neus geschöph, den menschen, [...] wöllen machen.
Wo ainer an der bestimbten zal [kriegsleut] abgieng [...], nam man von stundan ainen jungen kriegsman, die zal zu erstatten.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Rot
319
;
2.
›etw. (z. B. einen verursachten Schaden, Unkosten) begleichen, finanziell / materiell ausgleichen‹; ›etw. (z. B. ausstehenden Lohn, Sold, Strafe) bezahlen‹; selten mit Objekt der Person: ›jn. (mit etw.) bezahlen, versehen‹ (dies auch ütr.); ›jn. (z. B. einen Erben) auszahlen‹; als Spezialisierung zu 1 auffassbar.
Gehäuft Rechtstexte und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
 3,  3,  2,  2,
1
 3, , ; vgl.  2.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den abgang / kauf / schaden, die atzung / expens / unkost, das ärgernis / arztlon / gut / interesse, den billigen wert, die kosten
)
e
.,
jn. (mit etw.) e
.,
jm
. (z. B.
dem bruder, der witwe, dem gegenteil, den klägern
)
etw. e
.,
etw
. [wie] (z. B.
unnachlässig, mit geld
)
e
.,
einen schilling in den armenkasten e
.

Belegblock:

Lau, Qu. Neuß (
rib.
,
1562
):
wes irer einich mit dragen of verschudden versuimden, sollen sie zugleich erstadten und bezalen.
Köbler, Ref. Wormbs
239, 5
(
Worms
1499
):
so einer wissentlich eine͂ andern lyhe ein stinckendt vasß oder anders das nit rechtfertig were schuldig demselben synen schaden zu erstatten.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
133, 18
(
omd.
,
1616
):
Die unkost aber, so mitlerzeit darauf gehet, sol in die klage nicht gezogen, auch den klägern nicht wiederumb erstattet werden.
Neumann, Rothe. Keuschh.
529
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
god gab deme menschen unnd erstate | en mit den liebesten daz er hatte.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
201, 15
(
thür.
,
1474
):
waz auch Heinrich Smedes bruder [...] schadens emphangen hette [...] irstatit ym Hans Smedt.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
derhalben uns [...] nit christlich und bruderlich were, uns mit irem getraid vergleychen oder erstatten zu lassen.
Ich versehe mich auch zuvor von ewer erberkait meiner besoldung und lons erstatt und belont werden.
Kohler, u. a. Bamb. Halsger. 268c, (
Bamb.
1507
):
wo dieselbig hab [...] abging oder geergert wurde, solchen abgangk oder ergernuss [...] zu erstatten.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1611
):
so oft soll er in armenkasten oder heiligen einen schilling zu erstatten schuldig sein.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
dem solle nur das arztlohn und nit merers zu erstaten und sonsten kain weitern abtrag zu laisten sein.
Piirainen, Stadtr. Sillein
151a, 29
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
ez en ist doch nicht lant recht daz er
[einer von mehreren Brüdern]
ez
[ein Lehen]
alleyn behalde Meren erstatte seynen bruder noch dem daz ez gepuͤrt an der teylung.
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
134, 18
;
Köbler, a. a. O.
83, 6
;
89, 23
;
26
;
238, 23
;
324, 8
;
ders., Stattr. Fryburg ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 703, 49
;
Wintterlin, a. a. O. ; ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
84, 19
;
3.
›etw. durchführen, vollziehen, vollstrecken, in Kraft setzen‹; ›etw. (vertrags-, erwartungs-, pflichtgemäß) erfüllen, umsetzen‹;
vgl.  4.
Überwiegend wobd.; 16. Jh.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11,  10,
1
 2,  4,  13,
1
 1.
Gegensätze:
 22.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den auszug / befel / frieden / vertrag, die beschirmung / eidespflicht / forderung / verheissung, das ampt / antworten / handeln / gesez / gesicht / verlöbnis, die rechte form des bannens, die worte, den lezten willen
)
e
.,
die wächter das blasen e
.,
etw
. [wie] (z. B.
reichlich / treulich / ungleich, mit freuden
)
e
.,
etw. nach js. willen e
.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
weil der ersten frawen
[deren Verlobter fremdgegangen ist]
angeboten wird, das erste offentliche verloͤbnis widder zu erstatten.
Wickram
4, 28, 21
(
Straßb.
1556
):
sollichs ward alles nach seinem willen erstattet.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
vnd haben wir darnach vollen gewalt selbs die letsten willen helffen ze erstatte͂.
Adomatis u. a., J. Murer. Ufferst.
109
(
Basel
1567
):
Ir wüssend wol ir lieben frommen | worzuͦ in kurtzem es moͤcht kommen | So das erstattet wurd von im | als ich [Caiphas] von gmeinem volck vernim
(bezogen auf Christi Ankündigung seiner Auferstehung).
Jörg, Salat. Reformationschr.
226, 21
(
halem.
,
1534
/
5
):
das man saͤch und merck / wie jr [der Zürcher] anntwurten / und handlen / ein andern so gar unglich [...] was von jnen erstattett / zeygtt jr handlen.
Ebd.
593, 4
:
ward [...] der friden erstattett mit uͤbergebung der verdinandischen vereynungsbriefen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
deßhalb ernnstlichen nachtrachtenns gepflegt, durch was fuͦg vnnd weg semliche beschirmung zu geschicktestenn erstattet werden moͤge.
Volz, Prophet Daniel Z
9, 12
(
Zürich
1529
):
er hat sine wort die er wider vns vnd vnsere richter [...] geredt hat / erstattet / soͤliches grosses vnglück über vns zuͦ bringen.
Ebd.
11, 14
:
also das ouch die schalckhaffttigen sün dines volcks sich erheben werdend / damit sy das gsicht
[›Prophezeiung‹]
erstattind.
Andreae. Ber. Nachtmal
570, 7
([
Augsb.
]
1557
):
vnnd vnser Herr Gott reichlich in jnen erstattet / was seine wort verhaissen vnd züsagen.