erschrockenlich,
erschreckenlich,
verkürzt
erschroklich,
erschreklich,
Adv.
/
Adj.;
erstere Adjektivbildung ist auf
erschrecken
(V., unr. abl.), letztere einschließlich der gerundeten Varianten
erschröckenlich, erschröklich
auf
erschrecken
(V.) beziehbar; mit Ausnahme der spärlich belegten Wortbildungen erscheint die Verteilung der Formen semantisch nicht distinktiv. – Eng vernetztes Bedeutungsfeld mit fließenden Übergängen.
1.
›auf verängstigte, verzagte Weise‹;
vgl. (V.); (V., unr. abl.) 1;  1.
Bedeutungsverwandte:
(s. v.  12), .
Wortbildungen:
erschroklichkeit
›Zustand des Erschrockenseins, Verängstigtseins‹.

Belegblock:

Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Fachten fir mercklich sach mich an: | Von erst erschroklikeyt.
Thiele, Minner. II,
31, 43
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
ich suchten ir wiessen hende tzairt | so sere das sy erveret wairt. | erschreckentlich si sprach zu mer.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
abe der [gesihte] ich gar sere erschrack; vnd sprach ich doch gar erschrockenliche zuͦ ime [man].
2.
›auf schreckliche, beängstigende Weise; grauenerregend, furchteinflößend‹; im Unterschied zu 3 eher objektivierbare Bezugsgrößen und Tatbestände kennzeichnend;
vgl. (V.); (V., unr. abl.) 1;  2.
Bedeutungsverwandte:
 1, ,  1,  1,  1, , ; vgl.  1,  1, .
Gegensätze:
 15.
Syntagmen:
j
. (z. B.
die kriegshelden
)
/ etw
. (Subj.,
der tod, das gericht gottes
)
e. sein
;
jn. e. anfechten, jm. e. träumen, die engel
(Subj.)
e. mit hornen blasen
;
der erschrockenliche herre, fluch / zorn gottes, die erschrockenliche helle / stimme / wüste, das erschrockenliche urteil, die erschrockenlichen plagen
.
Wortbildungen:
erschreklicherweise
›auf schreckliche Weise‹,
erschreklichkeit
›Schrecknis, Wirrnis, Widrigkeit‹ (dazu bdv.: ,  2,  4).

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Ri. 13, 6
(
Wittenb.
1545
):
Es kam ein man Gottes zu mir / vnd seine gestalt war anzusehen wie ein Engel Gottes / fast erschrecklich
[
Mentel
1466:
erschroͤckenlich
; nd. Bibel 1478:
vorueerlik
;
Froschauer
1530 /
Eck
1537:
erschroklich
].
Müller, Faustb.
839, 29
(
Frankf.
1587
):
biß jm [...] der Teuffel [...] den Halß erschrecklicher weiß vmbgedrehet.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
79, 3
(
omd.
,
1487
):
vnder allen irschrecklichen vnd graúsamen dingen ist nichtes irschrecklicher noch graúsamer wen der thott.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Erwirb vns huͤlff vnd raht, | [...] | Daß alle faͤhrlichkeit, | Vnd auch erschroͤcklichkeit, | Christ ein Brunn deß Liechts von vns leit.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
alse wir in dem ewangelio gehoͤrt hant die erschröckenliche und ouch die troͤstliche stimme.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
wir vbergiengen durch die fraislichen
[Var. 1475
2
–1518:
erschrogkenlichen
;
Luther
1545, 5. Mose 1, 19:
grausam
]
wúst.
Stammler, Berner Weltger.
230
(
ohalem.
,
1465
):
Zehand so blasent die engel mit vier hornen gar | eigenlich vnd gar erschrokenlich.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
57
(
mslow. inseldt.
,
1537
):
auch d(er) grausam Erschrecklich fluech gottes d(er) grannitz Enngerung halben Cristlich gemiden wert.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
194, 4595
;
680, 5465
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
9, 8
;
Bachmann, Haimonsk. ;
Drescher, Hartlieb. Caes. ;
Piirainen, a. a. O.
52
;
3.
›hässlich‹; auch: ›ekelhaft, widerlich, abstoßend‹; eher visuelle bzw. ästhetische Werturteile des Sprechers charakterisierend.
Syntagmen:
j
. (z. B.
leute
)
/ etw
. (Subj., z. B.
das crocodille, die früchte
)
e. anzusehen sein
;
der erschrockenliche anblik / wurm, das erschrockenliche unziefer / wundertier
.

Belegblock:

Knape, Messerschmidt. Bris.
35, 58
(
Frankf./M.
1559
):
schwartz schuͤppechtig wie ein fisch / ja also gar erschrockenlich vnd so grausam / vnd gantz abscheulich / was er [Crocodill] an zu sehen.
Volz, Prophet Daniel E
7, 7
(
Augsb.
1537
):
Darnach sahe ich [...] vnd nim war das viert thier erschrocklich vnd wunderbarlich / vnd vast starck / het groß eise zaͤn.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
87, 24
(
tir.
,
1464
):
vnd rëdet als erchrikhenleiche vnd grobe wort vnd vncheüsche wort, das die niemant geleiden noch gehören möcht.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
114, 2203
;
Knape, a. a. O.
35, 142
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
30
;
Bihlmeyer, Seuse ;
4.
›furchtbar, erschütternd‹ im Sinne einer subjektiv-empathischen Bewertung von Tatbeständen und Berichten über diese; auch: ›unerhört, aufsehenerregend‹; mit verstärkter negativer Wertung: ›erbärmlich, schändlich, bösartig‹;
vgl. (V.); (V., unr. abl.) 13.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 258,  1,  3, (Adj.) 7,  3,  1, , , , ; vgl. (Adj.) 4,  3,  3.
Gegensätze:
(Adj.) 15,  35,  3.
Syntagmen:
die predigt erschreklich sein
;
der erschrockenliche krieg, die erschrockenliche handlung / sache / tat, das erschrockenliche blutvergiessen / ding / zeichen, ein erschrockenliches wesen, erschrockenliche exempel / lügen
.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
an solcher aller erschrockenlicher grewlicher luͤgen und lesterung des leidens Christi [...] seid jhr geistlichen alle sampt schuͤldig.
Wie wol es erschrecklich ist, das man fur nimpt, solchen iamer zu bergen vnd sich daruber noch rechtfertigen.
Das ist so gar erschrecklich, das jch nicht gern dran gedencke.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
vil todter corper in den weingarten am weg [...] lagen [...]. Es was ain jamerlich und erschrockenlichs wesen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
[damit] auch die uff den Schloͤssern und Bergen wonen [...], erschrockenliche und ernstliche Ding finden, davon sie gebessert werden.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
das diese Traurige erschröckliche Geschichte zu euerer aller Besserung vnd Bekehrung gereichen möge.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
Du frumer, cristenlicher leser, so du vernomen hast die unerherten, uncristenliche, grausame, erschrockeliche handlungen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
v. Keller, Amadis ;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
50, 11
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Lauater. Gespaͤnste
17v, 23
;
Barack, Zim. Chron. ; ;
Drescher, Hartlieb. Caes. ;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 336
.
5.
›über das gewöhnliche Maß hinausgehend, überdimensional, stark ausgeprägt‹ (von unterschiedlichen Bezugsgrößen, Gegebenheiten und Handlungen); im Einzelnen auch: ›übermenschlich, gewaltig‹; ›unergründlich, den menschlichen Verstand übersteigend‹; ›drastisch‹; ›eindringlich, scharf, nachdrücklich‹ (von Worten und ihrer Wirkung); mit Tendenz zur Gradpartikel; Spezialisierung zu 1.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 315, (Adj.) 14,  25,  12,  3,  2, (Adj.) 4,  10, ; vgl. I, 1.
Gegensätze:
(Adj.) 1.
Syntagmen:
j
. (z. B.
got
)
/ etw
. (Subj., z. B.
der ton
)
e. sein
;
der erschrockenliche got / nachdruk / tag / wind, die erschrockenliche rache / strafe / wolke, das erschrockenliche sacrament / wunder, die erschrockenlichen berge / mittel / taten / worte
;
erschrockenlich elendiglich
.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Der Patient / so ein faulen schwuͤrigen Schaden hat / muß mit strengen erschrecklichen mitteln curirt werden.
Luther, WA (
1524
):
weyl Gottes gericht heymlich, wunderlich und erschrecklich sind.
Ebd. (
1525
):
Die wort der drawung lauten geringe, aber sie werden einen hefftigen harten und erschrecklichen nachdruck haben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
157, 3516
(
Magdeb.
1608
):
Versuch ich alle meine list / | Die sehr groß vnd erschrecklich ist.
v. Ingen, Zesen. Ged.
386, 21
(
Breslau
1641
):
Schaue ich die erschroͤcklichen und Mannhafften Thaten des Großen Alexanders an [...] so muß ich erzittern.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
um 1525
):
Aldo wart angezaigt [...] die groß und schwer ungnad, [...] darzw zerschlaisung der ganzen stat mit vil andern erschrocklichen, heftigen, gestrengen worten.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Gedenckt des micheln herren
.
vnd des derschrockenlichen.
Peil, a. a. O.
543, 1155
;
680, 5445
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Brett-Evans, Bonaventuras Leg. S. Francisci
51, 26
;
Bachmann, Morgant ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
5, 25
;
99, 19
;
Vgl. ferner s. v.  2, .