ersam,
Adj.
– Ansatz 1 betont die religiöse, 2 die moralische Qualität e. P., 3 deren soziohierarchische Anerkennung, 4 das ehrende Verhalten angesichts besonderer Gegebenheiten.
1.
›heilig, ehrwürdig‹ (von heiligen Handlungen, oft als Namensattribut von Heiligen, Priestern und besonders glaubensfrommen Personen gesagt);
vgl.  12.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
der ersame aufgang / Eusebius / Hieronimus / man / priester / vater, die ersame auffartung, die ersamen zeichen
.
Wortbildungen
ersamen
›jn. auserwählen, erhöhen‹ (dazu bdv.:  1,
1
 1).

Belegblock:

Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
16, 70
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
ersamme und lobliche dinge sein gesagt von dir, o du stat gots.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
wann du also geersampt hast
[
Luther
1545, 1. Chr. 17, 18:
herrlich machest
]
deinen knecht vnd hast in derkant?
Buijssen, Dur. Rat.
256, 13
(
moobd.
,
1384
):
dy heilig marter und auch dyͤ uͤrstend von der hell, sunder auch die ersamb auffartung in dyͤ hymel.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
12, 23
(
tir.
,
1464
):
die hörner sint in seinen henden vnd die gëgenwürtikhait seines ersamen aufgannges oder sterben.
Ebd.
52, 27
:
da enphing der ersam man des herren den heiligen leichenam Jesu Christi.
Ebd.
55, 10
:
der herr der hat souil ersame zaichen tan [...] durch seinen heiligen sun Jeronimum.
Ebd.
66, 14
:
[Ich pin die sël des priesters Jeronimi] vnd ich pin nu faren als gar ersamikleichen vnd vnaussprechenleichen zu dem reich der himel mit Christo.
Bauer, Imitatio Haller
99, 2
(
tir.
,
1466
):
Du solt dir iczund freunt machen die ersamen heiligen gottes.
Dies., Haller. Hieronymus-Br.
60, 31
;
62, 4
;
27
;
68, 25
;
78, 2
;
93, 40
.
Vgl. ferner s. v.  3.
2.
›unbescholten, anständig, rechtschaffen, ehrlich, moralisch integer, tugendhaft‹ (allgemein Personen bzw. Gruppen als Charaktereigenschaft bzw. Haltung zugeschrieben und deren Zuverlässigkeit im gesellschaftlichen Umgang betonend); ›keusch, züchtig‹ (von beiden Geschlechtern gesagt); ›anständig, rechtmäßig, moralisch unbedenklich‹ (von Handlungen und Affekten gesagt);
vgl.  5.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
etw. e. sein, in seinem fürgang / vor den leuten ersam sein, e. reden, e. zu jm. gehen
;
der ersame anblik / man, die ersame frau / furcht, das ersame gemüt / kloster / weib, ersame leute
.
Wortbildungen:
ersame
(
die
) ›Leumund‹ (a. 1627; dazu bdv.: vgl. ,  1).

Belegblock:

Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Nu wil ich werden hie begraben. | [...] | Wan diz ein ersam closter ist.
Dedekind/Scheidt. Grob.
149, 23
(
Worms
1551
):
Ersam / Dapffer / gelerte leut / | Vertriben da freundtlich die zeit.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
9, 18
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Freue dich, ersamer man, reines weibes, freue dich, reines weib, ersames mannes!
Gille u. a., M. Beheim
82, 472
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Als do waz nieman fruter | [...] | Und guter sit und gevelligs | ersames tugendlichs anbliks.
Köbler, Ref. Nürnberg
318, 9
(
Nürnb.
1484
):
das solch verding. ersam. redlich. vnd zymlich [sey].
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
das der zuͦ achtagen dar gange mit einer ersamen vorchte, umbe das er nút vervalle.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Ein ersams
[Var. Hs. 14./15. Jh.:
vnfleckhaftig
; 1476:
vnuermaßgetes
; 1477-1518:
vnvermeyligtes
; nd. Bibel 1478:
vnbeulecket
;
Luther
1545, Hebr. 13, 4:
ehrlich
]
gemecheln sey in allen: vnd ein vnfleckhaftigs bett.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
wir súllent ersam sin vor den lúten und wol geordnet vor Got.
Warnock, Pred. Paulis
4, 92
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Sy was prudens [...] ersam in irem fürgang.
Maaler (
Zürich
1561
):
Eersam vnbefleckt vnd vnschuldig laͤben.
Steer, Schol. Gnadenl. 3, A
2
,
130
(
schwäb.
1447
):
Güte werck sint lüstlicher, nücz vnd ersam.
Bauer, Imitatio Haller
59, 15
(
tir.
,
1466
):
die geistleichen freuden die sint lustig vnd ersam als die sunn, die kchömen von den tugent.
Kurrelmeyer, a. a. O. ; ;
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 9, 27
;
Lauater. Gespaͤnste
22v, 9
;
Klein, Oswald
22, 38
;
Wolf, Norm im sp. Ma.
24
;
38
;
Vgl. ferner s. v.  3.
3.
›gesellschaftlich angesehen, geachtet, geehrt, vornehm, berühmt‹; in der Regel als ein die soziale Vorrangstellung kenntlich machendes Namensattribut in der Anrede geistlicher sowie weltlicher Personen höheren Standes (oft kumulativ), dann: ›zum Patriziat einer in der Regel städtischen bzw. bürgerlichen Gesellschaft gehörend und diese verantwortlich verwaltend‹ (z. B. Richter, Bürgermeister, Kanzler, Schreiber oder Schöffen); davon nur selten unterscheidbar: ›adlig, edel von Geburt, zum Kleinadel gehörend, frei‹ (z. B. Meier, Freibauern, Ritter);
vgl.  37.
Oft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
 3,  1,  2, , ,  3, .
Syntagmen:
jn. e. machen
;
der ersame bürgermeister / goldschmid / herre / magistrat / man / rat / richter / ritter / vogt, die ersame frau, bürgerschaft / landschaft / zunft, die ersamen freunde / schöffen, js. ersame weisheit
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
GNad und frid in Christo Jhesu unserm heyland. Ersamen weysen lieben herren, es haben mich guͦte freuͤnd gebeten [...].
Voc. inc. teut.
f iijv
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Ersammache͂ Honorificare honorare venerari.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
230, 37
(
thür.
,
1474
):
Sollicher zcweyer orteyl betin wir uch ersamen schepphin uns eyne besserunge zcu sprechin.
Ebd.
245, 14
:
daz das belernte orteyl [...] unrecht sin solde, unde worde daz gestrafft vor uwer ersamen wisheyt
(Anredepersonifikation).
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica (
schles. inseldt.
,
1481
):
ir weÿssenen vnd clwgen irssamnen herren, wir bitten ewer lipliche ere vnd trewe, das ir woldet [...].
Gerhardt, Meister v. Prag
181, 21
(Hs. ˹
nobd.
,
1477
˺):
wann du geladen pist an die hohtzeit So sitz nicht an die hohsten stat das nicht (leicht) ein ersamer kum.
Sachs (
Nürnb.
1551
):
Das ich auch reych werdt und ersam.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
darumb yr ersamen reichstet seyt ermant [...].
Edlib. Chron. (
ohalem.
,
um 1500
):
Strengen ersamen fürsichtigen und wissen besundren gutten fründ und trüwen eignossen unss wil nüt zwifflen jr [...].
Maaler (
Zürich
1561
):
Eersam / Eeren waͤrt / Eerwirdig / Der ein eeren ampt hat.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Die ersame fraw Elizabeth, chünig Albrechtz witib, gieng [...].
Küther, UB Frauensee
265, 31
;
302, 20
;
355, 2
;
Wattenbach, Urk. Czarnowanz ;
ders., Urk. Rauden ;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
45, 27
;
Gille u. a., M. Beheim
96, 126
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Wickram
4, 5, 1
;
Rapp, UB Stuttg. ;
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 3, 30
;
Seemüller, a. a. O. ;
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
226r, 1
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
30, 4
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
27
;
46
;
70
;
Rechn. Kronstadt
2, 382, 33
;
4.
›jm. (die letzte) Ehre erweisend; sich jm. gegenüber respektvoll, höflich, standesgemäß, angemessen, würdig verhaltend‹; in 1 Beleg: ›dem Anlass angemessen, feierlich‹;
vgl.  810.
Oft berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
 2, .

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
daz du den, der mit rehter klage | an daz cruze wart gehangen, | als ersame has begangen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
wurden die [...] dreu panier durch den rate mitsampt iren edeln und erbern dienern von dem rathaus ersamlich getragen in unser lieben frawen cappel.
Sachs (
Nürnb.
1560
):
ich wil dir eben | Wol ains küniges dochter geben | Von grosem adl und hohen stam, | Mit lant und lewten dir ersam.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Der erst tage wirt heilig vnd loͤbliche: vnd der
.
vij
.
ersam
[
Dietenberger
1534:
in gleicher herrligkeyt verehrt
;
Luther
1545, 2. Mose 12, 16:
heilig
]
mit der selben feyre.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1398
):
Unsern gunstlichen grus bevor, ersam weiz und besunderlich.
Ebd. (
1540
):
stund ain erber klainer rat gar ersamlich auff.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
Alles almüsen sol demütiglichen und ersamlichen entpfangen werden.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
het er inn gar ersamlich lassen fueren und belaitten von einem wascha inn der stat.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
nachdem kam er gen Rom und ward von dem babst [...] gar ersamigelich empfangen.