erreichen,
V.
1.
›räumlich an etw. heranreichen, herankommen, sich bis zu etw. erstrecken; bis zu jm. / etw. reichen (um jn. / etw. zu berühren)‹;
vgl.  15.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,
1
 1,
5
 2,  1, (V.) 8.

Belegblock:

Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
186, 24
(
Magdeb.
1615
):
Es mag kurtzvmb Adam nach dem Fall seine Hand nicht außstrecken / vnd den Baum deß Lebens erreichen / viel weniger darvon essen.
Böhme, Morg.R.
150, 10
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
alsbald aber der fruͤhling kompt / daß die Sonne mit ihren strahlen die Erde erreichet und erwaͤrmet die.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Maria stund vnter dem Creutze, | Sie weynet fast vnd sehr, | Kund jhr Kind nicht erreichen, | Kund jhm nicht helffen mehr.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Vnd so die stangen derreichten
[Var. 1475
2
–1518:
erscheinen
;
Eck
1537:
fürgiengen
;
Luther
1545, 1. Kön. 8, 8:
waren so lang
]
so derschinen auch ir hoͤhe außwendig der heiligen dinge vor der bettofelen
(›Bettafel‹).
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Jnn der Abfart [...] kam vnser Schiff einem andern so nahe / das es daß ander mit dem forderen thail gleich erraichet.
Piirainen, Igl. Bergr.
26b, 5
(
slow. inseldt.
,
16. Jh.
):
in Soll mag Er woll hauen, vndersich vnd vbersich, also hoch, als Er mit ainer krazn
[›Hacke‹]
erraichen mag.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
13
;
2.
›an einem Ort ankommen, eintreffen‹; auch: ›jn. (physisch) erreichen, antreffen‹; temporal: ›ein bestimmtes Alter, einen bestimmten Zeitpunkt erreichen‹;
vgl.  15.
Phraseme:
j. seine jare / tage erreichen
›erwachsen werden‹.
Bedeutungsverwandte:
 5,  1; vgl.  1,
1
 2,  1.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Jes. 65, 20
(
Wittenb.
1545
):
Es sollen nicht mehr da sein Kinder / die jre tage nicht erreichen
[
Mentel
1466:
derfúllt
;
Wormser Proph.
1527 /
Dietenberger
1534:
seind komen zuͦ jren tagen
;
Eck
1537:
ain vnmündigs kind an taͤgen
]
/ oder Alten / die jre jar nicht erfüllen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Dein Herr viel guter Lemmer hat, | So will ich [Wolff] morgen fruͤh hinstreichen, | Vorm Holtz derselben eins erreichen
(hier: ›ergreifen‹).
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
[könig Tarquinio Prisco] regieret also mannlich und mit großer weisheit und vernunfft [...], biß daß er 80 jahr seines alters und 38 seiner regierung erreichet.
Wickram
4, 30, 35
(
Straßb.
1556
):
Also habend sie in wenig tagen die stat Lisabona erreichet.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Den 21 erraichten wir zum Morgen essen Veldkirch ein lustiges Staͤttlein.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
, Hs.
18. Jh.
):
ob er [ein kranker mensch, der eines fisch begehret] aber dem fischer nicht möcht erraichen, so soll er [...].
Moscouia
B 3r, 34
(
Wien
1557
):
Als pald aber der seine Jar erreicht / hat er tapfer aller khriegs arbeit sich vnderfangen.
Österley, a. a. O. ;
Rauwolf. a. a. O. ;
3.
›etw. (oft: ein abstraktes, auch: spirituelles Ziel) erlangen, gewinnen‹; ›qualitativ an etw. heranreichen, e. S. gleichkommen, ebenbürtig sein‹; auch speziell: ›intellektuell, geistig zu etw. (z. B. zum Verständnis) imstande sein‹; eng anschließbar an 1 und 2;
vgl.  15.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  1,
1
 5.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
wenn jr gleich schweer und viel leiden musset, so stehet doch das fuͤrbilde Christi da, welches jr nicht erreichen koͤnnet.
Ebd. (
1544
):
Doch wil ichs lassen hin gehen, weil jr noch zu schwach im geist seid [...], das jrs nicht alle koͤnnet erreichen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
189, 4441
(
Magdeb.
1608
):
DJß ist die Heubtkunst gar allein / | Daneben noch viel ander sein / | So auch silber vnd Gold erreichen / | Aber dieser nichts zuuergleichen.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
144r, 43
(
Leipzig
1588
):
weil ich bissher keine gelegenheit [Christliche danckbarkeit zubezeugen] erreichen koͤnnen / so habe ichs mit dedicirung [...] dieses Buͤchlins im Namen Gottes fortsetzen wollen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
17
(
Nürnb.
1517
):
Darumb ist gewisser dann gewies, das nie keiner durch eigne oder frembde sinreicheit den waren glouben Christi erreichen hat mögen.
Anderson u. a., Flugschrr.
8, 5, 9
([
Nürnb.
]
1524
):
menschen gedancken koͤnnen nit got erreichen oder gotformig machen.
Andreae. Ber. Nachtmal
58v, 14
([
Augsb.
]
1557
):
es bekennen bayde thail / das solchs nur gedancken [...] seind / die das Gehaimnus nicht moͤgen erraichen / in welchen wir gemainschafft des Leibs vnd bluͦts Christi haben.
4.
›(für etw.) genügen, ausreichen‹; ›mit etw. auskommen‹;
vgl.  8.
Bedeutungsverwandte:
 3; vgl. (V.) 1,
1
 4.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
3, 339, 16
(
preuß.
,
1451
):
Do wulden sy dem kumpthur abesagen dy tagefart, wenn sy nicht mochten dirreichen mit czerunge.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1544
/
5
):
darinnen [krieg und anstöß] ser vil gelts auffgangen, wölichs gemainer statt einkomen nicht hat ertragen noch erraichen mögen.
5.
s.  1.