ernären,
V.
1.
›jn. / etw. / sich (be)schützen, (vor etw.) bewahren, erhalten‹; auch: ›jn. retten‹; speziell: ›jn. (von einer Krankheit, Verletzung) heilen‹; mit Bezug auf Gott bzw. Jesus auch: ›jn. erlösen‹;
vgl.  8,  35.
Bedeutungsverwandte:
 5,  14, ; vgl.  7, (V.) 1,  1,  4.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
die kinder, etliche leute
)
e., die salbe
(Subj.)
den siechen e., j. sich (vor frost) e., j., die tiere sich des frostes e., got / Christus / der herre
(Subj.)
etw., jm. leib und sele e., jn. aus durstes not, von seinem siechtag, vor dem tod e., jn
. [wie] (z. B.
dik / wol, durch seine feinde, in freise
),
jn. aus grosser pein, vor der helle e
.
Wortbildungen:
ernärer
1 ›Beschützer; Erlöser (von Jesus Christus gesagt)‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
Es wird aber in dieser historien [...] uns der glaube geleret, nemlich, das uns Gott auch durch unsere feinde und widersacher erneeret und schuͤtzet.
Ebd. (
1537
):
Das Er [Christo] Schepffer, erhalter und Erneerer sey aller Creaturn, Und ist doch nicht Gott der Vater, Sondern Gottes des Vaters Ebenbilde.
Ebd. (
1541
):
der Ehestand von Gott geschaffen, gestifftet [...], wird auch von dem selben allein erneeret, erhalten, geschutzt, gesegnet vnd gemheret.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
110, 2065
(
Magdeb.
1608
):
Was Gott nicht helt / das geht zu grund / | [...] | Was aber Gott auch wil ernehren / | Das kan je kein vnfall verzehren.
Karnein, Salm. u. Morolf
619, 5
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
kumest du also siech uff das mere, | ergriffent dich die winde, | alle die welt kundent dich nit ernern.
Gille u. a., M. Beheim
82, 139
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Mit seinem tod und marter | [...] | was er [Jhësu] uns hailen und ernern | auss grasser pein vil harter.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Moyses mit eyner gert | Schlug wasser auß dem felsen hert, | Das die von Israhel ernert | Auß durstes not | Und vor dem tot.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
Straff der Weiber, so jre kinder [...] jn geferlickheit von jnen legen, die allso gefunden vnnd ernert werdenn.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
ouch wurdent etteliche lute erneret die die bulen hettent, den sü usgingent und ir genosent.
Menge, Laufenb. Reg.
434
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Wann der winter kompt mit yl | Mit siner kelti also ser | Alsus vor froste dich erner.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
Aynen
[Verletzten]
trugen die schuler [...] in das spital [...], ward ernert.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
wol her, tor es îmant gewagen, | dem slach ich ab seinen chragen, | der teufel moͤcht in nicht ernern.
Wackernell, Adt. Passionssp. H. II,
1209
(
tir.
,
1514
):
Sein edles pluet der herr verreret, | Damit er uns vor der hell erneret.
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Froning, Alsf. Passionssp.
2108
;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
76, 6
;
Henschel u. a., Heidin
814
;
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Munz, Füetrer. Persibein
396, 4
;
2.
›jn. / sich / ein Tier mit Nahrung versorgen, speisen, füttern‹; speziell: ›sich ausreichend, bedarfsdeckend mit Nahrung versorgen; sich mit Nahrung am Leben erhalten‹; in religiösem Kontext auch mit
leib
bzw.
bauch
als Bezugsgröße und damit die Nahrungsversorgung des Körpers (im Gegensatz zur
sele
) betonend;
teils bildlich sowie offen zu 3; vgl.  8,  2.
Bedeutungsverwandte:
 1,  413,  1,  1, (V.) 1, , ; vgl.  7, .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
das kind, die witwe
)
e., etw
. (z. B.
den bauch, seinen leib, die sele, das vieh, die schweine
)
e., got
(Subj.)
jm. den bauch / leib e., eine schlange im busen, den son mit den brüsten, j. sich einer speise e., jn. / sich mit, von etw. e
.
Wortbildungen
ernärung
1 ›Nahrung‹ (dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Wer ein Schlang im Busen ernehret / der wird mit Gifft belohnet.
Luther, WA (
1521
):
von einer hand vol meelsz wart ehr [Helias] erneret mit der witwe zu Sarepta eine lange zeit.
Ebd. (
1518
):
Sall aber die szele, dye do ein geist ist, ernerth und ersettiget werden, so musz sie auch geistlicher speysze genyessen und brauchen.
Auff das sy [der geistlich stand] sich allain behülffen und den bauch ernerten und nit arbayten dürfften, seind sy in die kloͤster geloffen.
Hie hat Gott eyne weyse und weg furgestellet, da man die seele ewiglich auff das allerreichlichst on allen mangel erneeren kan, nemlich Christum unsern heyland.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
298, 12
(
thür.
,
1474
):
daz er daruff [schaefftrifft] nicht meher vyhes nach schaeff lege [...], denne sich darvon behelffin addir erneren mogen.
Gille u. a., M. Beheim
8, 69
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sy mochten sich der speis nicht wal ernern, | wann da die pesten frucht verdorben worn.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
[ein frowe] sprach zuͦ irme kinde: ,nu werdent mich die vigende doͤten, so verdirbest du ouch. es ist doch weger, das ich dich esse, das ich minen lip mit dir ernere [...]‘.
Maaler (
Zürich
1561
):
Erneerung (die) Narung.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1397
):
man nam an ettlichen steten uff dem land die schaub
[›Stroh‹]
ab den hüsern, daz man daz fich ernern mocht.
Brandstetter, Wigoleis
194, 32
(
Augsb.
1493
):
wolt sy [künigin] den [sun] [...] selbs zyehen vnnd mit jren prüstlin ernoeren.
Pfaff, Tristrant (
Augsb.
1498
):
Wir haben kein brot [...], auch sunst eynicherley speiß, on allein bon, do erner wir uns mit, das wir nit gar hungers sterbende.
Stoltzius, Chym. Lustg. ;
Küther, UB Frauensee
267, 5
;
Goedeke, P. Gengenb. ;
3.
›jn. mit Unterhalt, Lebensnotwendigem versorgen; für js. Lebensunterhalt sorgen‹; ›jn. am Leben erhalten‹; auch: ›jn. großziehen‹; häufig refl.: ›seinen Lebensunterhalt (durch Arbeit u. dgl.) verdienen, erwerben‹; im Unterschied zu 2 ein umfassenderes, auch allgemeineres, nicht auf Nahrung fokussiertes Versorgen charakterisierend;
vgl.  8,  12.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
einen knecht, den vater, die mutter, die kinder / klöster
)
e., etw
. (z. B.
einen hengst, eine katze
)
e., der man
(Subj.)
weib und kinder, die arbeit jn. e., gold
(Subj.)
jn
. (im Beleg auf personifizierte Tiere bezogen)
e., j. sich (bei / mit etw.) e., j. sich e. S
. (z. B.
fremdes tisches, der dieberei, des bettelns
)
e., jn. christlich e
.
Wortbildungen
ernärer
2 ›Versorger; j. der jn. aufzieht‹ (dazu bdv.: ; vgl.  2, ),
ernärerin
›Versorgerin‹ (im Beleg bildlich),
ernärung
2 ›Versorgung mit Lebensnotwendigem‹ (dazu bdv.: vgl.  2, ).

Belegblock:

Luther, WA (
1520
):
Du wirst dich erneren mit der erbeit deiner hend, darumb wirstu selig sein.
das der Mann fleissig soll arbeiten, damit er sein Weib und kinder ernere, denn von arbeit stirbet kein mensch.
Ebd. (
1535
):
Befehl dir auch haus, hof, weib und kind, hilff, das ich sie wol regire und Christlich erneeren und erziehen muͤge.
Ebd. (
1547
):
das es [Gottes Wort] nicht ein zeitlich Erbgut ist [...], sondern ein ewiges Erbgut, das vns ewiglich erneeren vnd erhalten mag.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
168, 3834
(
Magdeb.
1608
):
[Embsen] aus Jndia kommen waren / | Jn Teudschen Bergen zu erfahren / | Ob darin auch wer Gold zu finden / | Das sie ernehrt mit jhren Kinden.
Schoop, Qu. Düren
261, 31
(
rib.
,
1626
):
dass hinfuro alle und jede auswendig Ankommende, welche des Brewerambachts hieselbst sich ernehren [...] neun Goltgulden dem Ambacht geben sollen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
161, 7
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Kanst du auch ycht / da mit dü dich erneren mögest.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Was Vatter vnd der Son ernehrn
[hier allgemein: ›verdienen, erwerben‹]
, | Thut vnser liebe Fraw verzehrn.
Jch hab mich all mein tag ernehrt | Der Dieberey, nit anderst glert.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
129, 21
(
thür.
,
1474
):
eyn rechtspruch getan umbe uffzcyhunge unde ernerunge ettlicher kindere.
Ebd.
164, 14
:
her wolle sy zcu der ee nemen, unde ap her sy in rede brenge, so habe er so viel, daz er sy wol zcu eren brenge unde erneren wolle.
Lemmer, Brant. Narrensch.
73, 5
(
Basel
1494
):
Jeder buwr / will eyn pfaffen han | Der sich mit muͤssig gan erner | On arbeit leb / vnd syg eyn her.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
alledieweil die kind vnmundtbar [...] sind / dz der vatter schuldig sige / die selben kind by im zebehalten / ze erziehen / vñ erneren.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
tod ist der beschirmmer der wytwen und weyßlinen; tod ist der uffenthalter der frowen und junckfrowen [...]; nun ist tod der ernnerrer der armmen
(d.i.
Ruolland
).
Maaler (
Zürich
1561
):
Erneeren / Auferziehen [...]. Erneerer (der) Erzieher.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1536
):
für sich und die seine kostliche behaussung hat [Jacob Fugger] bauen, nit allein im zuͦ ainem lust, sunder auch armen leutten zuͦ auffenthaltung und nutz, die daran arwaitten, sich dasverbaß erneren migen.
Bauer, Geiler. Pred.
99, 18
(
Augsb.
1508
):
kinder die da haben vater und muͦtter die sich selbss nitt mügen ernoͤren. sind schuldig sy hinzuͦbringen.
Ebd.
103, 30
:
sy [rechte nidergeschlagne demuͦt] ist ain fuͤrerin und ernererin / goͤtlicher lieb.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Es ist ein arm elendig ding [...] sich frembdes Tisches vnd Schüssel ernehren vnd behelffen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
77, 4
;
Küther, UB Frauensee
409, 3
;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 278, 5
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
200, 13
;
Vgl. ferner s. v.  7, (Adj.) 2,
1
 2,  13.