ermessen,
V., unr. abl.;
in 1 Beleg regelmäßig flektiert.
1.
›etw. (in seinem Ausmaß, in seiner Tragweite, in seiner Bedeutung u. dgl.) einschätzen, beurteilen, erfassen‹; ›etw. bewerten, abwägen‹; rechtssprachlich auch: ›(aufgrund seiner Wertung, Einschätzung) urteilen, entscheiden‹; subst. vereinzelt in der Verbindung
nach ermessen, unseres ermessens
›nach unserer Ansicht, Einschätzung‹;
vgl.  4,
1
 4678.
Bedeutungsverwandte:
1
 45,  1,  4,  4, (V.) 3,  12,  2,  1,  15,  35,  2, , (V., unr. abl.) 1,  15,  6, (V.) 4, , .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den gerichtshandel, einen artikel des glaubens, die billigkeit / gnade / gerechtigkeit / handfeste, die gelegenheit der übeltat
)
e., die vernunft
(Subj.)
etw. e., etw
. [wie] (z. B.
fleislich / leichtlich, im herzen, mit fleis, mit vernunft, nach dem gewalt, nach notdurft
)
e., jn. recht e., j. e., ob [...], was [...], wie viel [...], das menschenherz
(Subj.)
e., was [...]
;
j. in e. S. e
.;
j. in e. S. zu e. haben, jm. etw. zu e. geben, der vernunft
(Dat.obj.)
etw. zu e. sein
.
Wortbildungen:
ermessung
1 ›Einschätzung, Beurteilung‹ (dazu bdv.: vgl. ,
2
 1).

Belegblock:

Luther, WA (
1518
):
Man lernth aber itzt nichs [...], dan wy man nund vil guter werck thun sal, was und wie vil ablas ader ander guts man sal dar van haben, daraus dan erwechsset eygener wolgefalle und ermessung, wy vil lohnes uns got darfur geben sal.
welch menschen hertz kan ermessen, was das ewige leben ist mit allen seinen guͤtern?
Ebd. (
1527
):
Yhe mehr einer den und ander artickel unsers glaubens mit vernunfft und menschlicher weisheit ergruͤnden und ermessen wil, yhe mehr wird er verblendt und nerrischer.
Ebd. (
1532
):
wenn man uns das kunde ein reden, das wir recht bedechten und jm hertzen ermessen und wegen kondten, wie ein gros kostlicher schatz es [Gottes Reich] sey gegen dem Mammon [...], so wuͤrden wir den Mammon anspeyen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
578, 2295
(
Magdeb.
1608
):
Wer vor ergangen ding betracht / | Vnd gegenwertigs hat in acht / | Draus zukuͤnfftigs ermessen
[›erschließen‹]
kan.
Köbler, Ref. Franckenfort
35, 8
(
Mainz
1509
):
welcher eydt zun zyten dem Cleger [...] gestattet wirt / nach gelegenheit der hendel / darinn dañ die richter zuermessen haben / nach ordenu͂ge der rechten.
Ders., Ref. Wormbs
277, 38
(
Worms
1499
):
darinn
[Streitigkeiten über die Errichtung von Gebäuden]
dan ein Burgermeister [...] nach notdurfft vnd gelegenheit der sach sehen vnd zuermessen haben soll.
Ebd.
341, 18
:
nach flyssiger vnd gruntlicher erkundung vnd ermessen der zügen sage.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
17, 3
(
Frankf./M.
1626
):
Es wolle sich auch der guthertzige Leser die / vnsers ermessens / wol zugelassene / vnnd in dieser vnserer Poësie von vns gefuͦhrte Freyheiten nicht jrren [...] lassen.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
die peinlich frag soll nach gelegenheit des Argkwons der personen Viell, offt oder wenig, hartt oder millter Nach ermessung eines guten Vernunfftigen Richters furgenomen Werden.
Franck, Decl.
346, 19
(
Nürnb.
1531
):
Hie erzele vnd ermiß / wie vil schlacht / auffruͦr / vnd niderlag hab gefüdert gemeyne trunckenheyt.
Turmair (
Nürnb.
1541
):
[die Giganten und gewaltigen risen oder recken] ermesseten auch die gerechtigkeit und billichkeit nur nach dem gewalt.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Die groß Gnad kan ich nicht ermessn, | Die mir auff heut erwisen ist.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
So sollen wir oder die Richtere die handtvesti [...] ouch die art des spanß / die natur der vermuͦttu͂gen / flyßlich ermessen.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
so man in [kuͤng] recht ermuͤst, er me scheltens denn lobens wert erfunden wirt.
Heydn. maister
16v, 6
(
Augsb.
1490
):
wenn du auß deinem haus geeßt / so ermiß was du woͤllest tuͦn.
Köbler, Ref. Wormbs
45, 4
;
ders., Stattr. Fryburg ;
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ;
Rot
310
;
Vgl. ferner s. v.  1,  4,  2,  2.
2.
›etw. messen, ausmessen, vermessen‹; ›etw. durch mathematische Operation (auch: durch astrologische Berechnung) ermitteln‹;
vgl.  48,
1
 13.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  1,  29,
1
 4.
Wortbildungen
ermessung
2 ›Vermessung, Ausmessung‹ (dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1550
/
1
):
Freitags [...] ist ein Schantzgreber, welcher von Hertzog Moritzen drei taler den graben zu ermessen empfangen, in graben gefallen.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
durch den Horizont wird ermessen / ob ein Stern oder ander punct des Himmels / uͤber oder unter der Erden sey?
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1525
):
mer zwerch linien zu machen diendt zu einer genewern ermessung
(des Bildes und seiner Längenteilung).
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Der planetten sunder wesen | Ward ermessen und gelessen, | Dar zü der glantzen sternnen brechen | Maisterlichen ward angesechen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Außmaͤssung. (die) Ermaͤssung. Metatio, [...]. Außmaͤssung der erden / Die ku͂st das erdtrich außzemaͤssen.