ermanen,
V.
1.
›jn. zu etw. veranlassen‹; im Einzelnen: ›jn. um etw. bitten‹; ›jn. (nachdrücklich) zu etw. auffordern; etw. von jm. verlangen‹; vom Reitpferd auch: ›antreiben‹; jeweils von direktiven Äußerungen, die ein bestimmtes Verhalten, eine bestimmte Handlung vom Adressaten fordern bzw. diese initiieren sollen;
teils offen zu 2; vgl.  5,  12.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2, (V.) 12,  3,  3; vgl.  4,  7,  6,
1
 5.
Syntagmen:
das pferd / ros (mit dem sporn) e., jn. e. S
. (Gen.obj.)
e., jn. um ausreutung e. P. / e. S. e., jn. e
. [+ Inf. mit
zu
],
jn. e., das [...]
,
got die Christen herzlich e., das [...]
; subst.:
auf das ermanen nichts bekennen
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
hierauf folget die gleychniß des heuͤttigen Euangelij, darynnen Christus unß auffs hoͤchst ermanet, bey Gottis ungenaden unserm nehisten zuͦvertzeyhen on alle wegerung.
Ders. Hl. Schrifft.
Röm. 12, 1
(
Wittenb.
1545
):
JCH ermane
[
Mentel
1466:
bit
]
euch / lieben Brüder / durch die Barmhertzigkeit Gottes / Das jre ewre Leibe begebet zum Opffer.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
661
(
pfälz.
,
1436
):
der off eynem pferde sietzt, mit dem sporn ermanet das pfert, naher oder fur sich zu geen.
Köbler, Ref. Wormbs
338, 32
(
Worms
1499
):
ayn yeder [...] mag vñ soll so er vffrure [...] hoͤrte oder sehe rüffen zuschryen friden zuhalten ermanen vnd gebieten.
Skála, Egerer Urgichtenb.
25, 4
(
nwböhm.
,
1562
):
welcher
[j., der beschuldigt wird, jn. beleidigt zu haben]
, Auf das gutlich ansPrechen vnd Ermanen gar nichts bekhent.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
kam obgenanter legat wider und ermant d’ Eidgnossen [...] ouch um ussruͤtung des vermaledieten Luthers und siner buͤecheren.
Weber, Füetrer. Poyt.
350, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
seyet des von mir ze erstt ermant, | das ir vartt in Pritan zu künig Artause.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
[Arnolfus] bard gar wirdiklich enpfangen von den Bairen, auch von in ermont, das er solt küng werden.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
110, 30
(
tir.
,
1464
):
Ich pit dich vnd erman dich durch der lieb willen Jeronimi [...], das tu mir gebest ain chlaine fristung.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
672, 5189
;
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
20, 15
;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
15, 31
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
690, 29
;
Sappler, H. Kaufringer
2, 148
;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›jn. mahnen; zu etw. (besonders zu erwünschtem, als positiv erachtetem Verhalten) anhalten, anleiten, ermuntern‹; auch: ›jn. zurechtweisen, zur Ordnung rufen; zu einer Verhaltensänderung, zur Aufgabe unerwünschten Verhaltens bewegen‹; im Unterschied zu 1 eher indirekt auffordernd; häufig in religiösem Kontext;
vgl.  58,  2.
Bedeutungsverwandte:
,
2
 234, (V.) 1,  3, (V.) 6, , ; vgl.  6,  1,  6.
Syntagmen:
jn. e., die not
(Subj.),
das gewissen jn. e., jn. von den sünden, zu dem glauben, zu der busse, besserung des lebens, zu gutem, zu rechten fürstlichen tugenden e., jn
. [wie] (z. B.
brüderlich / gröslich / tief / treulich, als ein vater, bei seinem gewissen, durch strafe, in den episteln
)
e., jn. e., das [...], jn. e., damit [...], j. sich e., das [...]
.
Wortbildungen:
erman|epistel
Bezeichnung für den Brief des Paulus an die Kolosser bei Luther,
ermaner
›j., der die Christen kontinuierlich zu glaubenskonformem Verhalten anhält‹ (dazu ggs.:
2
 12).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
wann jr sehent einen wuͦcherer, eebrecher, raüber, saüffer, so solt jr [...] jn vermanen [...]; keret er sich nit daran, so saltu zwene zuͦ dir nemen und jn noch ein mal brüderlich ermanen, damit er von solchem laster abstünde.
Ebd. (
1525
):
Ermanen aber sey, wenn man die, so es nuͦ wissen und verstehen, durch stettiges anhallten reytzet, erweckt, treybt, strafft und flehet.
disen lerern und ermanern soll die weyssagung vorrad schaffen.
Dis [Epistel S. Pauli zu den Colossern] ist auch eyn erman Epistel, Die da leret, was der glaube fur fruͦchte tragen sol.
Ebd. (
1544
):
die art hat Got, das er wie ein frommer Vatter mit der ruten ymmer hinder seinen kinden her ist, auff das sie durch solche straffe ermanet unnd von sünden abgehalten würden.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
656
(
pfälz.
,
1436
):
dar durch [pine vnd ellendickeit] sie [menschen] ermanet werden von jren begangen sonden vnd sich bekeren von den sonden.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
[die schrifft] stellet uns vor viel schöner exempel, die im regiment von nöhten und dienlich, die fürsten zu rechten fürstlichen tugenden zu ermahnen und lehren.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
94, 8
(
Nürnb.
1548
):
wie sollen wir vnns ermanen / das wir vom beten nicht weg lauffen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
174, 6
(
els.
,
1362
):
Do von werden wir in der epistolen ermanet daz wir súllent die betrubnisze dirre zit getúlteklich liden.
Wickram
4, 48, 28
(
Straßb.
1556
):
Wißt ir nit wie Salomon in seinen sprüchen [...] ermanet / das wir den armen alle zeit sollen guͤts beweisen?
Bauer, Geiler. Pred.
473, 26
(
Augsb.
1508
):
Du vahest etwann an tzureden in guͦter mainung / du wilt dein swoͤster troͤsten. und sy zu guͦttem ermanen.
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 11, 36
([
Augsb.
]
1524
):
Den eltesten schilt nitt sonder erman jn als ein vatter.
Anderson u. a., a. a. O.
17, 10, 16
;
Gille u. a., M. Beheim
73, 89
;
Andreae. Ber. Nachtmal
77v, 14
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
41, 26
;
Vgl. ferner s. v.  1, ,
1
 5,  4.
3.
›jn. an etw. / jn. erinnern, jm. etw. ins Gedächtnis rufen, (erneut) bewusst machen (um ein Verhalten, eine Handlung u. dgl. zu bewirken)‹;
zu  7,  5.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 2, , ; vgl.  1.
Syntagmen:
etw. e., die geschichte
(Subj.)
zweierlei e., jn. e. S
. (z. B.
des eides, der minne / treue, des leides / versprechens
)
e., jn. an etw
. (z. B.
an sein ampt, an seine pflicht, an eine alte freundschaft
)
e., jn. e., das [...], wie [...]
.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
Also
[durch den
Regenbogen
]
ermanet er [Gott] uns des schrecklichen zorns [sindflut], den die welt verdienet hatte und auch noch wol verdienet.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
Zweyerley die geschicht ermahnt, | Daß auch die Heyden strafften schand.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
her richter unde scheppin, ich dirmane uch des, das ich vormols eynen andirn briff in gehegetem dinge habe gehat.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
der herzoge [...] ermanete in [den bischof], wie er im gesworen hette, in wider in die vesten gesunt zuͦ entwurtende.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bodenseegeb.
1517
):
O Jesu mein herr, warer gott | Jch armer mensch in sünden tod | Erman dich deses bittern laid | Das du vnd din hailig muͦtter baid | Erlittend.
Schmidt, Rud. v. Biberach
94, 13
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Dis ist dvͥ hertzgunge, dvͥ vns reizzet vnd enzvndet zvͦ vnsaglicher suͤsser andacht [...], so wir ermant werden an daz menigvaltig minrich liden der martreren.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Man solt auch den kayser ermonen, wie er gunst und willen hyet geben, frid ze machen.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
[Karl] lies Tassilo ermanen des aides, den er im [...] gethan hett.
das
[sein Fehlverhalten]
im [konig Wentzlaus] vil und oft von den kurfursten furgehalten, zuͦgeschrieben und ermont ward zuͦ pesserung seines lebens.
Gropper. Gegenw. ;
Grossmann, a. a. O. ;
Munz, Füetrer. Persibein
140, 4
;
Roth, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  6.
4.
›etw. (z. B. eine Zahlung) einfordern, einmahnen‹;
vgl.  5, zu  4.
Vorwiegend Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1,  2,  8; vgl. (V.) 5, (V.) 3, (V.) 5.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Tob. 5, 2
(
Wittenb.
1545
):
Wie ich aber das Geld ermanen sol
[
Mentel
1466:
suͦche
;
Froschauer
1531 /
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
sol nachfragen
]
/ das weis ich nicht.
Küther, UB Frauensee
252, 30
(
thür.
,
1487
):
worden die furkauffer [...] sumigk ane der zcynße tagetzyt betzalunge, waß dann die kaufferin [...] schaden daruff thedin, daz sie ir zcynße ermanten, den schaden gereden [...] wir furkauffer gentzlich zu betzalen.
Ebd.
312, 25
(
1511
):
Wurde auch wyr vorkauffer [...] sumigk (an) der zcinß [...], was dan unser her keuffer [...] schaden doruff wenthen [...] dy zcynß zcu ermanen.
Köbler, Ref. Nürnberg
323, 12
(
Nürnb.
1484
):
es haben auch die aigenherren macht [...] dieselben erbe [...] vmb die versessen vnd außstendige͂ guͤlt [...] die zebezalen. zeermanen vnd zeeruordern.
Hör, Urk. St. Veit
72, 5
(
moobd.
,
1352
):
Waͤr awer daz [...], daz wir nicht begiengen den jartag, der voruerschriben stet, vnd man vns dez ermonet mit disem brief.
Rwb . –
Küther, a. a. O.
343, 38
.
5.
›etw. (z. B. ein Pfand) auslösen, durch Zahlung einer Summe (wieder) in seinen Besitz bringen‹;
resultativ zu 4; vgl.  45.

Belegblock:

Leisi, Thurg. UB
5, 625, 25
(
halem.
,
1358
):
wenn die obgenanten [...] mit fúnfzig guldinen, guͦten und loͤtigen, ermant werdent, so sont si die [...] vogthye [...] unverzogenlichen [...] uff geben an des bischofs ze Costentz hant.
Herzog, Landsh. UB
413, 3
(
moobd.
,
1371
):
all die hab [...], di di burger zü Lantzhüt [...] alz lang inn haben vnd niezzen süllen mit allen nützen vnd gülten, bis daz si vͤnser lieber sun hertzog Stephan ermant mit vier hundert phunt Regensburger phennig.
6.
bedeutungsverwandt zu (V., unr. abl.) 4.