ergetzen,
ergötzen,
V.;
nur Belege mit Affrikataschreibung.
Zum Verhältnis (formal und semantisch) zu
mhd.
ergëssen
s.
Dwb, Neub.
8, 1768
.
1.
›etw. wiedergutmachen‹; ›jn. / sich für etw. (Erlittenes) entschädigen, schadlos halten‹; ›jm. etw., das als Verlust begriffen wird, ersetzen‹; ›jn. für etw. (z. B. für Dienst, Treue) belohnen‹;
vgl.  7.
Bedeutungsverwandte:
 12,  2; vgl.  9,  9,  9.
Syntagmen:
etw. e., etw
. [wie] (z. B.
ewiglich / genug / gnädiglich / reichlich / schwachlich / tröstlich / wol, mit liebe
)
e
.,
jm. etw
. (z. B.
den dienst / schaden, das trauern / verziehen
)
e
.,
jn. / sich e. S
. (Gen.obj., z. B.
des druckes / hungers / schadens / verlustes, der arbeit / mühe / not / pein / treue, des elendes / gedränges / kriegskostens / leides / trübsals / ungemaches, des zeitlichen leidens
)
e
.,
sich seines unmutes e., sich mit den frauen der arbeit e
.

Belegblock:

Enders, Eberlin (
Wittenb.
1525
):
itzt aber wil ich meyn voriges verziehen widder ergetzen.
Luther, WA (
1524
/
7
):
er [Gott] kans aber wol widder hereyn bringen, nemlich kan wol ergoͤtzen die, so betrogen sind worden.
Ders. Hl. Schrifft.
Jer. 8, 18
(
Wittenb.
1545
):
Da wil ich mich meiner mühe vnd meines hertzenleides ergetzen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Bat, das er sich zum Tisch wolt setzen, | Vnd sich des hungers auch ergetzen.
Sein rechnung hett also gesetzt, | Er wuͤrd da all seinr trew ergetzt.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
13, 25
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Fürste himelischer massenie, ergetze mich ungeheurer verlust, michels schadens, unsegeliches trübsals.
Ebd.
22, 33
:
Du wilt, das sie [kinder] der muter ergetzet werden
(wenn diese stirbt).
Reichmann, Dietrich. Schrr.
230, 24
(
Nürnb.
1548
):
Gott im hymel / der sie inn ewigkeit troͤsten / vn̄ des zeitlichen leyden reychlich ergetzen wil.
Sachs (
Nürnb.
1553
):
Und wölln uns heut zusammen setzen | Zum wirdt, uns alls unmuts ergetzen | Beym wein.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
do ergetzet er [der herre] in [den menschen] alles sines ellendes.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
[herzoge Lüpolt] wolte sich do mit den frowen sinre erbeite ergötzen
(auf den Rat seiner Ärzte).
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1525
):
dann das der pfruͦnd [...] kein abgang geschechen, sonder des wider ergetzt und erstattet sig.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1561
):
[Der Herzog hat]
ime dieselben [schlösser] eingenumen, um sich seines schadens und kriegskostens zu ergetzen.
Klein, Oswald
26, 64
(
oobd.
,
1427
):
der [ain alter Swab] ward mir an die seitten dick gesetzet
[im Kerker] |
Ach got, wie bitterlich er stanck! | von seinem leib wird ich des nicht ergetzet!
Ebd.
118, 18
(
n. 1438
):
schreck | den, der uns neur wil verhetzen, | unser dienst swachlich ergetzen.
Weber, Füetrer. Poyt.
354, 3
(
moobd.
,
1478
/
84
):
mit vleis er auch ergetzet | dy frawėn ir not.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Die künigin [...] gedacht, wie si sich wider rechen und irs laids damit wider ergezen möcht.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1604
):
derselbig ist allen schaden zu ergözen schuldig.
Kurz, a. a. O. ;
Hoffmeister, Kuffstein. Gef.
B iiv, 23
;
Strauch, Schürebrand ;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Welti, Stadtr. Bern ;
Rennefahrt, Gebiet Bern ;
Stammler, Berner Weltger.
257
;
Gereke, Seifrits Alex.
4017
;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›jn. trösten, ermuntern, aufheitern‹; auch: ›jn. erfreuen‹;
vgl.  2.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  1, ,  1,  2,  3,  1.
Syntagmen:
j. jn
. (z. B.
den kranken / son, die freundin, das volk, den betrübten man, die freunde
)
e
.,
die rede
(Subj.)
jn. e
.,
etw
. (Subj.)
jn. nach dem tod e
.,
jn
. [wie, womit]
freundlich, mit der harfe e., js. gesicht mit künstlichen figuren e
.;
j
. (z. B.
got, ein treuer bote, die weiber
)
jn. e
.; subst.:
dem herrn des gnädigen ergetzen danken
.
Wortbildungen:
˹
ergetzenlich
,
ergezlich
˺ ›wonnevoll, genussreich‹ (dazu bdv.: ),
ergetzerin
›Freudenspenderin‹,
ergeznis
›Freude, Vergnügen‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Spr. 29, 17
(
Wittenb.
1545
):
Züchtige deinen son / so wird er dich ergetzen
[
Mentel
1466:
troͤst
, Var. 1475
2
–1518:
erkúcken
; nd. Bibel 1478:
erkelden
;
Froschauer
1531:
erfroͤwen
;
Eck
1537:
erkuͤlen
].
Peil, Rollenhagen. Froschm.
197, 4695
(
Magdeb.
1608
):
Mein freund auch wolt ich all ergetzen / | Solten auff mich jhr hoffnung setzen.
Thiele, Minner. II,
24, 118
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
de sal sycher wesen daz | he wirt van wyben noch irgatst.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8123
(
rib.
,
1444
):
Engeyn gengeler noch kouchelere | En kan machen ergetznisse meerre | Dan ich [de Syrene].
Ebd.
8291
:
Doe he yn
[David König Saul]
mit der harpen ergetzen soulde.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Mainz
1605
):
O Jungfraw schon, | Mein red soll dich ergetzen.
Ebd. (o. O.
1517
):
Herr biß vnser hilff vnd schirm | Vnnd ergoͤtzlich süesse.
Stoltzius, Chym. Lustg., Vorr. (
Frankf./M.
1624
):
Derhalben gedachte ich mir ein solch Stamm: Freund: vnd Gesellenbuch zuverfertigen / welches mein Gesicht mit kuͤnstlichen Figuren ergetzete.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
15, 15
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Eia Got, aller betrübten herzen tröster, tröste mich und ergetze mich armen, betrübten, ellenden, selbsitzenden man!
Opitz. Poeterey
31, 35
(
Breslau
1624
):
ward nicht das volck
[hier gemeint: die Leser der Liebesgeschichten]
ergetzt | Wie liebe wiederumb mit liebe ward ersetzt!
v. Ingen, Zesen. Ged.
383, 26
(
Breslau
1641
):
uns in dem dabey gelegenem Garten in etwas zu erlustigen [...] selbige
[
Freundin,
die ihren toten Freund betrauert]
damit wieder zu ergoͤtzen und des traurens ledig zu machen.
Bell, G. Hager
469, 1, 7
(
nobd.
,
1591
):
da sentet er [johannes huss] vier Brief | zu sein scheflein jns Behmer lant, | Sie freindlich zu er geczen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Was ungeordentes lustes ir ie hant ingeslunden an kleidern, an kleinoͤtern [...], an ergetzenlichem gonde oder stonde.
Wickram
4, 32, 18
(
Straßb.
1556
):
die [tochter] fieng dem krancken kauffherren an zuͤ gefallen / dann es gar leicht mag sein / das einen Krancken ergetzet.
Jellinek, Friedr. v. Schwaben
866
(
schwäb.
, Hs.
1478
):
Bin ich [Angelburg], dins hertzen frúndin, | Gar ain willige ergoͤtzerin.
Wackernell, H. v. Montfort (
soobd.
,
A. 15. Jh.
):
Ich danken got, dem werden herren, | sines gnedigen ergetzen, | wann truren tuot mir verren.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
v. Ingen, a. a. O.
390, 9
;
Gille u. a., M. Beheim
68, 23
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
5, 27
;
80, 31
;
3.
›sich (an etw.) erfreuen, sich vergnügen‹; ›sich (mit jm.) Lust verschaffen‹; auch: ›sich von etw. erholen, sich mit etw. trösten‹;
vgl.  2.
Syntagmen:
sich e., sich wol e., sich schimpfes e
.,
sich
[womit, woran] (z. B.
an js. schönheit, mit jm., mit Christus, mit einander, mit dem schwaz, mit gut, mit js. leiblicher gemeinschaft, mit lustspielen
)
e
.,
j. sich e., weil
[...].

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Ros.
74, 4
(
Hamb.
1646
):
Als wier uns nuhn eines mahls [...] mit etlichen Lust⸗spilen ergaͤzten.
Luther, WA (
1528
/
9
):
Darumb wil sie
[Maria Magdalena]
jn [Christum] auch also anruͤren, das sie sich mit seiner leiblichen Gemeinschafft ergetze.
Ders. Hl. Schrifft.
Susanna 32
(
Wittenb.
1545
):
Darumb hiessen diese Bösewicht jr den Schleier wegreissen [...] auff das sie sich ergetzten
[
Mentel
1466:
das sy also wurden gesatt
;
Eck
1537, Dan. 13, 32:
ersaͤtigt
]
an jrer schönheit.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
120, 25
(
rhfrk.
,
um 1435
):
da slichen sye [die junffrouwen] alle vß der kammer / vnd gingen vff eynen bornen / das sie sich mit ey(n)ander ergetzeten.
Ebd.
122, 14
:
Der konnig ging von der kirchen jn syn kamer zu der konnigynne / vff das er sich mit ire ergetzete.
v. Ingen, Zesen. Ged.
389, 3
(
Breslau
1641
):
Ein mehres weiß ich nicht zu thun / als mich zu ergoͤtzen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
unsers lieben herren Jhesu Christi söllent ir úch rehte wol genieten und úch dicke mit ime ergetzen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
17, 1
(
Basel
1494
):
Wer guͦt hat / vnd ergetzt sich mit | Vnd nit dem armen do von gytt | [...].
Bauer, Geiler. Pred.
318, 12
(
Augsb.
1508
):
Wie suͦcht ain mensch trost mit worten? das ist denn / so du dem schwatz genuͦg bist. oder nachhengest. und wilt dich damit ergetzen.
Bäumker, Geistl. Liederb. (
oobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wol auf, mein sel, gehab dich wol! | wir wellen vns ergeczen wol; | frey dich mit mir an trawren!