erdichtet,
part. Adj.;
häufig kontrahiert:
erdicht
.
›erfunden‹; in verschiedene Richtungen spezialisiert; auf Verhaltensweisen, Handlungen, Haltungen von Personen bezogen: ›unglaubwürdig, geheuchelt‹; auch: ›unrechtmäßig angeeignet, angemaßt‹; mit Blick auf die durch den Sündenfall bedingte, allem menschlichen Streben und Handeln inhärente Defizienz: ›defizitär, ohne Bestand, leer‹; bezogen auf Sachverhalte, Konzepte: ›e. S. fälschlich zugeschrieben, angedichtet‹; ›unwahr, unbewiesen, fiktiv‹; ›vorgeblich, vorgetäuscht, betrügerisch‹; ›vorsätzlich falsch‹; ›ohne Wahrheitsgehalt, ohne Beweiskraft‹; dies häufig mit polemischer Tendenz im Kontext konfessioneller Auseinandersetzungen; vor allem von protestantischer Seite auch im Sinne von: ›ohne Verankerung in der Schrift‹;
Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
,  2, (Adj.),  2,  2, ,  1, , , , ; vgl. (part. Adj.; s. v.  2).
Gegensätze:
.
Syntagmen:
der erdichte(te) artikel / glaube / gottesdienst / tand / traum, die erdichte(te) andacht / anzeigung / freundschaft / geistlichkeit / glossierung / heiligkeit / klage / kraft / meinung / narration / rede / reue / trunkenheit / unwarheit, das erdicht(et)e herz / menschenwerk / mittel, papistische priestertum, die erdichte(te)n evangelien / gebete / tränen / worte, zeichen des leidens Christi
.

Belegblock:

Luther, WA (
1520
/
1
):
ßo doch ynn der warheytt kaum eyn groͤßer sund ist, denn dißer muͤßam und ertichte gotts dienst, der mit heulen und schreyen ynn allen kirchen und kloͤstern geschiet.
Ebd. (
1544
):
dagegen koͤnnen wir fur aller Welt beweisen, das unser lere nicht unser eigen ertichter tand oder trawm, sondern die Schrifft und das klare Gottes Wort sey.
Ebd. (
1535
/
6
):
wie die [...] Nonnen gethan haben [...] und jre falsche selb ertichte geistligkeit dafur auff geworffen [...], als weren sie allein die Breute Christi.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
das helle vñ heiter wort Gottes [...] durch erdichte / vngereimpte / falsche / Sophistische vnd nichtige Glosieru͂g vnd deutung zuͦ verdunckelen.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
welche Ding alle dann sich besser vnd klärlicher in einer erdichten Narration, dann einer wahrhafften History, darthun lassen.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
Und damit es der wahrheit ähnlich, zeichneten sie solche erdichte scommata
[›Sticheleien‹, wohl im Sinne von übler Nachrede, die die Gegner der Schrift dem Autor unterstellen]
, die sie weidlich exaggerirten, auff ein besonder zettelein [...] und ließens weit dahinden einen lesen.
Voc. Teut.-Lat.
g vjv
(
Nürnb.
1482
):
Erdichtet ding od’ falsche beweysung. ficcio.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
so söllent ir haben ein stetes minnekosen und heimelich gespreche us zuͦvallenden eigenen worten uwers innerlichen grundes one alle gemahte erdihtete gebet und zuͦsamene geleite wort.
Anderson u. a., Flugschrr.
14, 4, 27
(
Straßb.
1524
):
Vnnd woͤllen darumb die erdychten artickel vor setzen / vñ vnser meynung dargegen / damit ir vnfoͤrmlicheyt vnd lugen dester scheynbarer [...] werd.
Ebd.
29, 11, 23
([
Augsb.
]
1524
):
jr Kuchen prediger haben sy nit darauff gewisen / sonder dar uon / auff jre ertichte mensche͂werck.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Nicht meynet, sprach der Geist, daß solch erdichtete Krafft dem Weyhwasser zuzuschreiben.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
):
die anderen [...] haben [...] daraus gemacht nach irem verstand und fantasei ein erdichte theoricam mit unbewerter philosophei.
Maaler (
Zürich
1561
):
Erdichte / falsche / vnd glychßnete traͤheren / od’ wynen das nit von hertzen kumpt.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Durch erdichte / gestiffte freundschafft / vnterm falschen schein der freundschafft / schendlich verrathen.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Dieselben soellen jn billich fürchten vnnd gewissen nemen. daz sy waren christum den sun gottes vnd sein prawt christenliche kirch mit erdichten ewangelj [...] vnchristenlich antasten.
Kurz, Waldis. Esopus ;
Franck, Klagbr.
219, 25
;
Hulsius
C iiijr
;
Vgl. ferner s. v.  1.