erbar,
Adj.;
auch:
erbärig,
erbarlich,
erbärlich
. – Das Bedeutungsfeld wird hier nach folgenden (eng miteinander verbundenen) Kriterien gegliedert: 1 charakterisiert eine Person (meist Männer, vereinzelt und mit Einschränkungen / Vorbehalten auch Frauen) als sozial und rechtlich den Ansprüchen einer Zeit genügend (allgemein, oft als bewertende Zuschreibung durch andere); 2 eher auf die Stellung einer Person in den hierarchischen Gliederungsebenen der Gesellschaft bezogen; 3 meint eng an 2 anschließend das gesittete soziale Verhalten e. P.; 4 mit besonderer Betonung der Aufrichtigkeit von Gefühlen, Worten, Handlungen; 5 hebt (als Spezialisierung zu 2 und 3 auffassbar) die hierarchische Stellung einer Person, speziell ihr standesgemäßes Handeln hervor; 6 bezieht sich (als Spezialisierung zu 1, auch zu 5) auf das züchtige Verhalten von Frauen; 7 auf ständisch auszeichnende und zugleich nützliche Handlungen / Verhältnisse bezogen; 8-10 heben besondere Nuancen von
erbar
hervor: ›ehrenrührig‹ (8), ›rechtlich begründet‹ (9) sowie ›das Normalmaß einer Sache überschreitend‹ (10).
1.
›unbescholten, anständig, rechtschaffen, ehrlich, moralisch integer, zuverlässig‹ (allgemein Personen bzw. Gruppen als Charaktereigenschaft bzw. Haltung zugeschrieben und deren Zuverlässigkeit im gesellschaftlichen Umgang betonend, mit gewissen Einschränkungen und Vorbehalten auch von
armen
,
schlechten
Personen gesagt). Unter sozialen und rechtlichen Aspekten spezialisiert, dann: ›aus geordneten, ehelichen Verhältnissen stammend, damit rechts- und voll geschäfts-, speziell zunftfähig‹; ›juristisch unbescholten, ohne Vorstrafe (als Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit e. P. als Bürge oder Zeuge)‹; dann auch: ›glaubwürdig, vertrauenswürdig, gut beleumundet, in einem sozialen Sinne
erlich
(3), geachtet, zeugnisfähig‹; häufig in der höflichen Anrede ›ehrenwert‹;
offen zu 2 und 3; vgl.  348.
Syntagmen:
j. e. sein
(z. B.
an seiner ere
);
der erbare bürgersman / christenman / goldschmid / sin, die erbare gemeine / geselschaft, das erbare volk / wesen, erbare boten / herren / kinder / leute / mannen / predicanten
.
Wortbildungen:
erbäre
(
die
) ›Anständigkeit‹ (dazu bdv.: [im Unterschied zu
hochfart
]),
erbarman
›Vertrauensmann, Zeuge, Bürge‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 475, 8
(
preuß.
,
1442
):
Es würde gut sein, wenn auch slechte erbar lwte neben den erbaren
[dies zu 2]
zu der Tagfahrt berufen würden.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
47, 15
(
Frankf./O.
1557
):
Lehre die Alten / das sie nuͤchtern sein / erbar / zuͤchtig / gesundt im Glauben / in der Liebe.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1391
):
[wir] bekennen [...], daz Jose der Holle Hainrichs sun des Hollen seligen ain erwer goltschmide von vater und von muter in der stat zuͦ Augspurg geborn ist.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
so vyengen sy die erberen lude vnd lachten sij in die torne, die doch vur gode vnschuldich waren.
Schmidt, St. Kastorst.
2, 457, 28
(
mosfrk.
,
1465
):
hait er [Johan] syn testament gemacht uff syn farende goit ind hait dat gestalt uff dry erberman, den er sulchs befolen hait, syne schult zu bezalen.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Ab eyn erber man an syme rechte unbeschulden sich undirwindet, vor gerichte der lüthe wort zcu sprechen.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 59, 5
(
omd.
,
1404
):
[Ozeborn] hot beclayt Eler Grunaw und Girke [...], das sy en haben [...] geheissen eynen krotenson als umme dy sache, dy erbar leute bericht haben.
Thür. Chron.
11r, 22
(
Mühlh.
1599
):
[Er] setzte zu Beschirmung der Lande Erbare Leute darauff [auf die Vestung].
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
96
(
schles. inseldt.
,
1455
):
do vas keyn man dar do ÿm irkeyn scholt gebe venne vaste, fromlich vnd erberlich mochte geseÿn an seÿner ere ven libe vnd gut.
Gille u. a., M. Beheim
82, 381
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann sy warn erber und greht leüt | und worn doch arm.
Franck, Decl.
331, 14
(
Nürnb.
1531
):
weil die erbern vnd zuͤchtigen on sonderlich geschaͤfft [...] sich nit vil in wirtßheuser tringen.
Ebd.
339, 10
:
Horatius zeygt an [...] das das spil vnzimlich vnd verbotten sey / des sich kein erber weyß man gebrauchen soll.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
IR Erbarn Herrn vnd züchtigen Frauen, Wenn jr vns alhie wolt zuschauen.
Chron. Strassb. (
els.
,
1349
):
so sol der rat gemeinlich vier erber unversprochen biderbe man kiesen zuͦ vier meistern.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
dunket es úch ain erbare sin, so dunket es aber mich ain hôfart.
da von sol sich der mentsche flissen zuht und erberi.
Schib, H. Stockar
157, 14
(
halem.
,
1520
/
9
):
hain ich min broffett lassen rumen den henkar und den kyebenschinder und den dottangrebar mitsant ieren knechtan, das gar ain erbers folk was
(Ironie).
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Wie sichs begeben in der heiligen vasten, dass der êrberen gselschaft zuͦn Schifluͤten ir silbergschir [...] was verstolen worden.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
2367
(
schwäb.
,
1453
):
Die Swaben syen erber lüt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
[Der bischoff] luͦd [...] frauen in sein schlos, wan dan ain erber man sein weib nicht schicken wolt, so ward er im ungnädig.
Ebd. (zu
1548
):
Entgegen ist gleichwol dem armen povel volck, daß sie auch from und erbar sein könnden, nit abgeschlagen.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
er [chaiser] sant im erbær potten do | daz er cehove chhͤme.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
nâchklaffer, die iedem menschen nâchredent und werdent doch gevangen oft von êrbern läuten in irm valschen klaffen.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1343
):
ez müg dann der anchlager war machen mit seinem aid und mit zwain erbern mannen, die im des helfen swern.
UB ob der Enns
10, 432, 33
(
moobd.
,
1387
):
Wir schullen auch dhainen in unser czeche nemen [...], er sey dann ein erberger und unversprochener.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1516
):
Welcher an eines erberigen man haus lüssent [...], ist der herrschaft verfallen 72 ₰.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
man hat zu disem ambt [scherg] erwelt nur êrberig frum reich angesessen leut, so von meniglich ain guet lob und geschrai gehabt haben.
Bischoff, Steir. Landr. (
m/soobd.
, Hs. 
v. 1425
):
Rennent die strasrawber piderlewt an, [...], vnd wellent in ir gut nemen, vnd erbernt sich die erbern lewt [...].
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1523
):
wo sich [...] ainer alda burgerlichen niderlassen, seines handwerchs guet auch bekant, erber und frumb ist, sollen ine richter [...] zu burger aufnemen.
Boon, St. Prätorius
38, 30
;
Rueff, Rhein. Ostersp.
1657
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
278, 22
;
Gille u. a., a. a. O.
99, 395
;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Vetter, Pred. Taulers ; ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
28, 5
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Sexauer, Schrr. in Kart.
242, 24
;
Reithmeier, B. v. Chiemsee ;
Winter, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  2,  2.
2.
›in der gesellschaftlichen (sozialen, rechtlichen, administrativen, kirchlichen) Hierarchie hoch angesehen, geachtet, vornehm, berühmt‹; in 1 Beleg auf
got
bezogen; im Einzelnen mit Hinweis auf die Begründung der Ehrbarkeit, dann: ›wohlhabend‹ (bezogen auf Reichtum und sozialen Status e. P.); ›altehrwürdig‹ (mit Bezug auf Tradition und Seniorität e. P. oder einer Gemeinschaft); ›ehrenwert, im gesellschaftlichen Sozialsystem mit Ehre und nicht selten mit einer der Gemeinschaft verpflichteten Verantwortung versehen‹; häufig als ein die soziale Vorrangstellung kenntlich machendes Attribut in der Titulatur geistlicher sowie weltlicher Personen höheren Standes, dann: ›zum Patriziat einer in der Regel städtischen bzw. bürgerlichen Gesellschaft gehörend und diese verantwortlich verwaltend‹ (z. B. von Richtern, Bürgermeistern, Kanzlern, Schreibern oder Schöffen gesagt); davon nur selten unterscheidbar: ›adlig, edel von Geburt; zum Kleinadel gehörend (dies von Meiern, Freibauern, Rittern)‹; in militärischen Kontexten: ›der Ritterschaft (nicht dem gemeinen Fußvolk) angehörend‹; ›sich durch besondere Tapferkeit auszeichnend‹; ütr. auf Gemeinschaften bzw. Körperschaften wie Städte oder Zünfte: ›angesehen, ehrenwert‹; Ansatz 1 als allgemeine Zuschreibung ist implizit immer mitgesetzt;
vgl.  37.
Bedeutungsverwandte:
 1,  3,  2,  3,  1, ,  3, , ; vgl. (Adj.) 6.
Syntagmen:
der erbare ambasiat / kor / man, bote / bürger / bürgermeister / her / rat / richter, die erbare frau, botschaft / bürgerschaft / gemein / geselschaft / manschaft / ritterschaft / zunft, das erbare ambasiat / geding / gericht / handwerk, die erbaren älterleute / gäste / geschlechter / junker / (geistlichen) leute / mannen
(häufig)
/ personen / ritter / schöffen / stätte / vorgeher / weisen
; oft subst., z. B.:
den erbaren betagen
(›frei lassen‹)
/ erschiessen / erstechen, die erbaren vorbieten, zu [...]
;
die erbaren der geschlechter
.
Wortbildungen
(auch als Syntagma lesbar):
erbarleute
›die Vornehmen, die mächtigen und verwaltenden Honoratioren einer Region bzw. einer Gemeinde‹ (dazu bdv.: ),
erbarmanschaft
›Ritterschaft‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
1, 431, 6
(
preuß.
,
1425
):
han wir alle erbarlewthe und unsir scholtiszen vorbottit [bey uns zcu seyn].
Ebd.
3, 62, 12
(
1448
):
wellet wol thun und die erbaren des Elbisschen gebietes zcusampne zcukomen uff eynen gelegenen tag vorbottet.
Ebd.
5, 447, 16/23
(
1499
):
das die erbar manschafft und vorwandte zcwene ausz ine [...] gein Konigspurg schicken [sollen] [...] das die andern erbar manne, [...] in eigener person zu Konigspurg erscheinen sollen.
Ebd.
451, 14
(
1500
):
das die erbarmanschafft einen aus ine, desgleichen die stete auch einen aus ine in aller volkommen macht [gen Konigspurg vorfertigen sollen].
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
um 1450
):
so sind sie schuldig die lehen zu besetzen mit erbaren mannen.
Köbler, Ref. Wormbs
51, 16
(
Worms
1499
):
welche vss ynen nit Vormünde hetten. denen soll von eine͂ erbarn Rath vss oberkeit [...] Vormünde gegeben werden.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
39, 2
(
Frankf./M.
1568
):
Jch bin ein Koch / fuͤr erbar Gest.
Ebd.
105, 4
:
Das Positiff [...] | Schlag ich auff Buͤrgerlichem Sal / | Da die ehrbarn der Gschlecht sind gsessn.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 470, 12
(
omd.
,
1432
):
dy erbar frauwe Margrete Ribe, dy des erbar pristirs herr Gregor matrona gewest ist.
Wattenbach, Urk. Rauden (
schles.
,
1387
):
Dez sint geczeuge vnser liebin getrewin her Paske von Odirberk [...] vnd andir fil Irbir-leute.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
523
(
schles. inseldt.
,
1474
):
das seynt erber lewte kommen aws der stat [...] vnd haben dy vorgenanten erber lewte dan erber scheppen vn rechter ab gebaten.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1388
):
sind zwen erberg darauf erschossen worden und sust ir vil geletzt.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
[haben] sie auch herein in die statt lassen [wollen], den ratherren, erbern und andern habhaften burgern durch die hewser zu lawfen.
Bell, G. Hager
466, 1, 4
(
nobd.
,
1599
):
Ein Erbre gselschafft hate | mir einen be felg geben; | Dem sol ich volgen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
164
(
Nürnb.
1517
):
haben sie den himel geöfnet gesehen und darinnen den almechtigen got vatter, einen erbern, bertigen alten man.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Die erbern Luͤt erkanten es also, das die zwo Doͤchtern solten dem jungen Gesellen den Magthuͦm bezalen [...] und solten sie Huͦren blyben nach als vor.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
venner Ludwig Brúgler von dem erbern hantwerk der gerwer und sin huoptman und rat Peter Kistler von dem erbern hantwerk der metzgern.
Maaler (
Zürich
1561
):
Erberer alter mañ. Presbyter.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1388
):
gewunnen die [...] und fiengen 20 erber und 24 knecht.
Ebd. (
1461
):
ob auch iemant in sollichen kriegen gefangen wäre, der sol [...] betagt werden, nemlich ain erber auf gewonlich gelübt und burger und pauren auf bürgschaft.
Ebd. (zu
1535
):
hat ein erbar rath sie holen lassen [...] und alhie in die eisen legen lassen.
Ebd. (zu
1548
):
dann obgleich deren von erbern geschlechten alt herkomen nit angesehen noch genuͤgsam sein, solten sie doch von [...] irer erfarung und kunst wegen fürgetzogen werden.
Ebd. (zu
1553
):
daß auch ain erbar gericht und die empter [...] wider besetzt werden sollen.
Ebd. (
1544
/
5
):
aus lieb und freundtschaftlicher naigung, so ich zu den erbern zünften trage.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
dâ küng Johannes [...] derslagen wart und vil êrbæriger ritterschaft.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 79
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
setz uns dort zu dem erbern kore | aller heiligen.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
der dritt küng Langabardorum schikt sein erberge botschaft zu küng Garibaldo in Bairen.
Meisen u. a., J. Eck
55, 2
(
Ingolst.
1527
):
Wider den [...] predicanten in der pfarr der erberen reichstatt Ulm.
Joachim, Marienb. Tresslerb. ;
Toeppen, a. a. O.
1, 439, 33
;
467, 1
;
Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 67, 7
;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Röhrich u. a., a. a. O.
4, 207, 4
;
494, 6
;
532, 35
;
Thiele, Chron. Stolle ; ; ;
Küther, UB Frauensee
107, 13
;
168, 33
;
233, 13
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
312, 12
;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
5, 45
;
Lexer, Tucher. Baumeisterb. ;
Leisi, Thurg. UB
6, 182, 31
;
Strauch, Schürebrand ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
59, 4
;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 568, 21
;
Rapp, UB Stuttg. ;
Leidinger, A. v. Regensb. ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
167, 32
;
Vgl. ferner s. v. , ,  4, ,  1.
3.
›wie es sich gehört, der gesellschaftlichen bzw. göttlichen Ordnung gemäß, geziemend, moralisch und gesellschaftlich untadelig, angemessen, gesittet, in rechter Weise, gottgefällig‹ (von Handlungen und Verhaltensweisen allgemein); im Einzelnen: ›fürsorglich, sorgfältig, verantwortungsvoll im Umgang mit etw. bzw. jm.‹; ›höflich, respektvoll‹; ›ehrerbietig im Umgang mit Höhergestellten‹; mit mixtura verborum: ›anständig, angemessen‹ (von der Bekleidung);
vgl.  25911.
Bedeutungsverwandte:
 4, , (Adj.) 1, , ,  39, , .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
e. faren / leben / wandeln, e. einen acker / garten bauen, kinder auferziehen, jn. e. halten, etw. e. verantworten, e. S. e. nachgehen, e. an jm. tun, bei jm. leben, mit allen menschen wandeln, mit etw. umgehen, sich erbar(lich) erweisen / halten / tragen / verantworten
;
der erbar(lich)e wandel, die erbare gebärde / kleidung / kurzweil / sitte, das erbare gemüt / leben / regiment
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
4, 44, 7
(
preuß.
,
1453
):
das sy mir beyde [...] gelobet haben, an uns nymmer anders wen erbarlich und fromlich.
Alberus, Barf. Vorr. Alb. (
Wittenb.
,
1542
):
das Gottes Wort nicht gefelscht / vnd ein erbar Wandel gefurt werde.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
44, 26
(
Magdeb.
1608
):
junge lustige Knaben / | Die lust zu ehrbar kurtzweil haben.
Jostes, Eckhart
69, 19
(
14. Jh.
):
Allez daz unerbere waz, daz getet ich nie niht, und alles daz erbere waz, daz (versmahet) versaumet ich nie niht.
Knape, Messerschmidt. Bris.
1, 27
(
Frankf./M.
1559
):
[weil sie] in aller warer Gottes forcht / erbarlichem wandel / friede vnnd freundligkeit / mit einander gelebt hetten.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 209, 6
(
omd.
,
1427
):
das alde erbar gewonheit, [...] als mit kirchgange und opper gehalden werde.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
di hielt ir muter do mit yrem housgesynde kostlichen unde gar irbarlichen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
waz man gefangen fing vom geraising zeug, die hilt man all erberclich.
Ebd. (
15. Jh.
):
[markgraf Albrecht] dancket eim rat von Nürmberg, das sie so erberglich an im getan heten.
Ebd. Anm. 1:
[daß er] seinen abschaide redlich und erberglich widder von unns genommen hatt.
Ebd. Anm. 1:
ordenunge mit dem heiligen sacrament erberglichen uber die gassen zuͤ gen.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
2, 77
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Sie [erkantnuß] macht erberg daz leben und verleihet dem menschen die kunst gotlicher und menschlicher dinge.
Sachs (
Nürnb.
1534
):
hüt dich auch vor allen schampern | Worten, nachreden, gespöt, thet, lachen! | Sey erberlich in allen sachen!
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
des mancher priester umb sein leyb kumen ist, welicher sich vor der werlt doch erberglichen treyt.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
[Dis tohter] ward im dienstberr mit noturftigen erberen diensten.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1429
):
die von Sanon das gar erberlich und guͤtlichen hant verantwuͥrttet.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
Er was gantz erberlichen bekleit.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
deßglichen goldschmid [...] vnd ander handtwerckßlüt / syn gewerb [...] erberlich vff obgerürt ordnungen / vnd sunst wie sich der erberkeit nach gepürt / volfuͤren.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1554
):
wenn sie die kind in die ruͤthen fueren, sollen sie dasselbig mit zucht und ordenlich und erbarlich one gesäng thun.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
doch gibt sie im erwer antwurt wie wol sie im sinn het er were trünckner und voͤller weinß.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
sein zuht, sîn triu ich prîse | daz er so erberlich sich hielt.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
wann er bei frawͦen ward, so hielt er sich gar mit erber, züchtiger gepärt.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
damit die closterfrauen daselbs ein geistlich êrber leben füerten nach sant Benedicten regl.
Peil, a. a. O.
264, 92
;
Knape, a. a. O.
1, 14
;
Koller, a. a. O. ;
Schmidt, Rud. v. Biberach
173, 24
;
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
24r, 20
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 10, 35
;
Niewöhner, Teichner
464, 523
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
111, 19
;
Vgl. ferner s. v.  2, ,  2,  8.
4.
›ehrlich, aufrichtig, ernsthaft, nicht vorgetäuscht‹ (vom Vollzug von Handlungen, aber auch von Worten und Gefühlen); speziell: ›begründet, berechtigt, korrekt, überzeugend‹ (von Ursachen und Erklärungen); ›wahrhaftig (in Eidesformeln)‹;
vgl.  5610.
Bedeutungsverwandte:
 2,  35,  1,  5; vgl.  29,  2, (Adj.) 7.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Daz heyzent rechte eyde, de erenber vnde nuͦze sin zuͦ swerende.
Anderson u. a., Flugschrr.
17, 10, 19
([
Wittenb.
]
1523
):
yhr sollt euch vleyssigen zu weyssagen / vnd weret nicht mit tzungen reden / doch last es alles ordenlich vnd erbarlich tzu gehen.
Quint, Eckharts Trakt.. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz diu êrbære vorhte dâ von sich niht minre von dem dicken zuogânne.
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
was uns gebort nach wisunge der rachtunge wollen wir ofrechtlichen und erberlichen halten.
Laufs, Reichskammergo.
139, 9
(
Mainz
1555
):
soll gemelter pfennigmeyster [...] alles seins einnemens und außgebens erbar und uffrichtige rechnung thun.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Rechnung halten. Aller einnam vnd außgab erbar vnd richtige anzeig vñ rechenschafft thun.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1388
):
so woͤllen die burger mit euch [...] niht zu schicken haben, sie woͤllen euch dann daz erberclichen sagen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
157
(
Nürnb.
1517
):
Dogegen erwecken die jünger gots das gesprech des herren, keusch, züchtig, erbar red.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
gemeinlich in allem dem so zuͦ einem ersamen erlichen redner gehoͤrt erlich vñ vffrechtlich halten / vnd fürnemen woͤll erberlich vnd ongeferlich.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, wohl
1398
):
das man erberklich erwyßen möcht, den wil der rate darumb straffen.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1436
):
das ich mit niemant [...] ze schaffen haben sol, [...] ich mog dann vor erwerglichen widersagen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
obschon solche leut zum tail die sachen treulich, erbarlich und guͤt gemaint, so hett doch [...].
Ebd. (zu
1551
):
wa aber kranckhait oder ander erbar ursachen wären, soll der schuͤlmaister nichts ungebürlichs erfordern.
Meisen u. a., J. Eck
22, 17
(
Ingolst.
1526
):
Das sy aber vor euch rechnung woͤllen geben, ist ein erberige mainung.
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Mollwo, Rotes Buch Ulm .
5.
›einer gesellschaftlichen Norm, Etikette, der sozialen Hierarchie entsprechend, standesgemäß, ehrenvoll, würdevoll, geehrt, mit dem nötigen Respekt, mit allen Ehren versehen; ohne den Ehrenkodex zu verletzen‹; eng anschließbar an 3, im Unterschied dazu am sozialen Status des Betroffenen gemessen;
vgl.  7.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, ,  6.

Belegblock:

Gerhard, Hist. alde e
2297
(
omd.
,
um 1340
):
Er enphing si [kuneginne van Saba] gar erberclich | [...] | Tugentlich nach kuneclicher art.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
her Hainrich von Asperg, ritter, und Hanns Radaw, ain burger [...], hauptleut, wurden gefangen erberklich und mit eren.
darinn [spital] zwelf brüeder ewiglich sein solten, die auch gnueg und erberklich versehen sind mit aller ir notturft.
Bastian, Runtingerb.
2, 18, 28
(
oobd.
,
1390
):
sol im darzuͦ geben zwayhundert pfunt Regenspurger pfenning und erbergew virttigung nach unserer stat gewonhait.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
[Alexander der Große]
cham darnach gen Iherusalem, da er von den Juden erberleich wart empfangen.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Mit sölichem irem guet wären sy wol erbergklich verheyrat worden.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
doch so gaben dy gemelten bischof von irer briesterschaft güeter im land williglich ain erberge reverenz dem fürsten.
6.
›züchtig, tugendsam, sittsam, vornehm, ehrbar‹ (speziell vom sozialen Status und vom Verhalten von Frauen gesagt und damit gefordert); oft formelhaft in der Anrede gebraucht, aber nicht nur auf adlige Frauen bezogen; auch ütr. auf die äußere Erscheinung einer Frau;
vgl.  6.
Bedeutungsverwandte:
 1, , (Adj.) 36, , , (Adj.) 2,  23,  2,  2, .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
die erbare gestalt, äbtissin / frau / jungfrau / tochter, das erbare weib / leben, die erbaren schwestern
.

Belegblock:

Luther, WA (
1525
):
das er ein from erber weib, ersame und zuchtige kinder habe.
Ebd. (
1534
):
Der Erbarn tugentsamen frawen felicitas von Selmenitz meiner Lieben geuattern.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
580, 2336
(
Magdeb.
1608
):
Die Huren sind besser gehalten / | Denn ein Ehrbar Fraw bey den Alten.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
153, 26
(
rhfrk.
,
um 1435
):
das er sin wip vß gejaget hait / die wile sie also ein erber frouwe ist.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
4, 8
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Da haben wir mit einer erbern seligen tochter unser genade gewürket.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
wer si [jungfroͮwe] sinnig, si solte ir zucht gar sere bi ir han und gar erberlichen und zúchteklichen und hoͤvelichen ston.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
600, 29
(
els.
,
1362
):
hat úch das úwer Cristus geleret das ir sullent vnserern erberen frowen zuͦ úwerme vnkuschen lebende twingen?
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Dis ist des heilgen geistes minneglünsenden [...] schürebrant. wart geschriben zweien got minnenden erbern jungen jungfrouwen.
Roloff, Brant. Tsp.
960
(
Straßb.
1554
):
So ein goͤttlich schamhafft erber wesen | Hab ich von kheiner frawen ye mer gelesen.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
15. Jh.
):
das kloster [...] ist ain usbunt gesin fúr alle kloͤster, [...], sunderlich von frowen, besunder mit guͦtem erberm leben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
da haben sich vil erbern frauen und junckfrauen miessen nackent abziechen und sich sechen lassen; er [der bischoff] was ain grosser huorenjäger.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
da er die jungkfrawen sach erberger gestalt.
Wattenbach, Urk. Czarnowanz ;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
1, 5
;
Fischer, Folz. Reimp.
28, 159
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
156
;
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
Williams u. a., a. a. O.
736, 17
;
Strauch, a. a. O. ; ;
Sappler, H. Kaufringer
8, 147
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Vgl. ferner s. v.  1,  2,  7.
7.
›jm. (dem Handelnden) zur weltlichen und geistlichen Ehre gereichend‹ (von Sachen und Handlungen); ›nützlich, hilfreich, sinnvoll‹.

Belegblock:

v. Tscharner, Md. Marco Polo
16, 14
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Noch dem erbarn stryte irkrigite Cyngius dy vruntschaft und erbarkeit alle der Tartirn durch der manheit [dy her bewyste].
Eichler, Ruusbr. steen
459
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
dvnket in, daz vßewendig guͦt werk mit rehter meinunge heiliger vnd erberlicher sin denne dehein innewendig vͦbvnge.
Schmidt, Rud. v. Biberach
20, 10
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Begert aber der mensche erberer dingen, so wirt dvͥ meinvng gerecht.
Niewöhner, Teichner
433, 30
(
moobd.
1360
/
70
):
wer da maenleich vechten tuͦt, | daz ist erberleich und guͦt.
McClean, Havich
4860
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
das er [chaufman] wol erchant | dy reichen und dy pesten, | der solichen gesten | güt und eriber | zu einem wïrt wër.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
dem reich wären zbay fürstenambt erberer dan ains.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob .
8.
›ehrenrührig, den Leumund, den Ehrenstatus e. P. betreffend bzw. gefährdend‹; auf die Behandlung einer Rechtsangelegenheit bezogen, die einen Betroffenen in seinem gesellschaftlichen Stande angeht;
vgl.  4.
Moobd.; Texte der Sinnwelt ,Recht‘.
Phraseme:
erbare sachen
.
Bedeutungsverwandte:
vgl. c.
Gegensätze:
.

Belegblock:

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1459
):
was darin geschicht das erber sachen, ist unser genadige herschaft oberist richter uber.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
1, 55r, 18
(
moobd.
,
1524
):
wer vmb Erber that in vänckhnuß khumbt, der soll dem Ambtman hinein geben zwelf phening.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
218, 30
(
moobd.
,
1538
):
soll richter fürsichtig sein und [...] betrachten, ob die handlungen, so ihme begegnet, burgerlich oder peülich, auch umb erbar oder unerbar sachen sey.
Bischoff, Steir. Landr. (
m/soobd.
, Hs. 
v. 1425
):
Wer auf ain vreiung chûmpt in veintschaft vmb erber sach, der [...].
Wirt ain edelman gefangen vmb erber sach, den mûs man mit erbern vberwinden.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1625
):
Ainem gerichtsman sol man umb erbare sachen nit in die joppen lëgen.
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
335, 21
(
smähr. inseldt.
,
1414
):
Man ruget auch gemaine freyung ze Mistelbach vmb erber sach, als vmb todsleg.
Brunner, a. a. O.
50, 44
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ; ;
Siegel u. a., a. a. O. ;
Bretholz, a. a. O.
235, 26
;
256, 31
.
9.
›rechtmäßig, geschichtlich und rechtlich begründet‹ (von Besitzverhältnissen); ›von Gott gewollt‹ (von Ordnungen).
Obd.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  3, ,  4,  3.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1552
):
daß ain jeder stand [...] sich durch kainerlai ursach gegeneinander trennen noch aus irer erbarn ordnung und stand abfueren lassen sollen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1489
):
Vermerkt unser recht und pandatig in dem erbern aigen ze Guckin [...] wie von alter gewonhait und gedachtnus herkomen sind.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1445
):
ist es von alter her komen, das man dient in die erber freiung und in den vogt.
Winter, a. a. O. .
10.
›beträchtlich, eine ansehnliche, über das Normalmaß hinausgehende Menge darstellend; stattlich‹ (anerkennend vom Umfang eines Besitzes gesagt).

Belegblock:

Welti, Pilgerf. v. Walth.
1, 19
(
omd.
,
n. 1474
):
wir reten den selbin tagk widdir geyn Wicczeleuben uff das erbare gesesse vß vnd yn.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
haben wir fuͤrgenommen, zuͦ uch ein êrber zal der unsern zeschiken.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
di von der stat gaben gar erberlichen wein und prot.