er|1zeugen,
V.;
zu
mhd.
erziugen
›etw. handwerklich herstellen; etw. geistig erschaffen; etw. vollbringen; jn. mit etw. ausstatten; etw. unter Beweis stellen‹
(
Mwb
1, 2195
); bei etymologisch gleicher Herkunft stehen sich wie beim Simplex
zeugen
zwei semantische Bereiche gegenüber: Verwendungen, die Handlungen des Hervorbringens, Herstellens bzw. Bewirkens charakterisieren (1-3), sind wie auch die Bedeutung
›jn. ausstatten‹
(5) semantisch auf (bzw. ,
das
) beziehbar; Verwendungen, die Handlungen des Bezeugens und Beweisens (4) umfassen, werden dagegen sekundär eher auf
zeuge
(bzw.
zeugnis
) bezogen (
Pfeifer
2000, 1606
; vgl. auch
Dwb, Neub.
8, 2351
; );
Bedeutung 6 erscheint isoliert, kann jedoch als an 3 anschließbar aufgefasst werden.
1.
›etw. / jn. erschaffen, hervorbringen‹; speziell: ›Nachkommen hervorbringen‹; ›ein Kind zeugen‹ (von einem Mann bzw. einem Paar gesagt);
vgl.  8.
Mittleres und späteres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
 1,  6; vgl. (V.) 4, ,  4,  1.
Wortbildungen:
er|
1
zeugung
1 ›Erschaffung, Hervorbringung von etw.‹ (dazu bdv.: vgl.  1,  13).

Belegblock:

Luther, WA (
1528
):
Natus ex Maria virgine, ut sciamus, wo das stuck im glauben herkompt. Videtis, wie herlich die gepurt beschrieben wird: 1. erzeugt in terris und vom himel.
Ebd.
33, 21a
, 19 (
1530
/
2
):
den ein guter baum wirdt aus den fruchten nicht erzeuget oder gemacht.
Thür. Chron.
20v, 3
(
Mühlh.
1599
):
Cleodonius / Koͤnigs Hudalrici Sohn / welche͂ er von seines Vatern deß Bassini Weibe erzeuget.
Opitz. Poeterey
8, 15
(
Breslau
1624
):
was Linus [...] von erschaffung der Welt / dem lauffe der Sonnen vnd des Mondens / vnd von erzeugung der Fruͤchte vorgegeben hat.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
236, 2
(
Nürnb.
1548
):
mein volck / das ich mir erzeuge durch mein wort vnd Geyst / das soll ewigklich bleiben.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Diser Wernher von Ramingen name ain weib, [...], bei deren erzeigt er Conradten von Ramingen.
Memminger Chron. Chr. (
Ulm
1660
):
war von Michel Figger vnd Margarethe͂ Schmidin ein Mißgeburt erzeuget / ein Kind mit einem Kopff / 4. Aermen.
Moscouia
D 1r, 24
(
Wien
1557
):
aus denen erwelte der Fuͤrst Salomeam [...] die hat er ainundtzwaintzig Jar gehabt / aber khain Khind ertzeugt.
Küther, UB Frauensee
301
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
71, 2
;
Rwb (s. v.
2
erzeugen
);
2.
›etw. handwerklich produzieren, herstellen, verfertigen‹; ›etw. (z. B. einen Brief) verfassen‹; speziell bergbausprachlich: ›etw. abbauen, fördern‹;
vgl.  8.
Bedeutungsverwandte:
 2, 5; vgl.  10,
1
 1.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
einen harnisch, bresilien
)
e
.;
etw
. [wie] (z. B.
wolfeil, mit grosser arbeit, mit vielen künsten
)
e
.
Wortbildungen:
er|
1
zeugung
2 wohl ›Vorkommen; Abbaubarkeit‹ (bergbausprachlich).

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
Die Apostel vnd Euangelisten sind villeicht so arm gewest das sie nicht haben kund erzeugen so viel Cinober odder bresillien.
Ebd. (
1529
/
30
):
Leicht ist die schreibfedder, das ist war, ist auch kein han̂dzeug vnter allen hand wercken bas zu erzeugen denn der schreiberey, denn sie bedarff allein der gen̂se fittich.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1563
):
allerlei metal, so nicht wachsen, sonder aus der erden und pergen gewunnen gehauen oder erzeugt werden als gold silber salz kupfer.
Ebd. (
1639
):
weil man
[bei der Probegrabung]
auf einen harten felsen und dabei schlechte erzeugung einziges erzes angetroffen, hat man [...] von diesem baue [...] abstehen müssen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
wer in das loch [hellenloche] wolte springen, dem woltent sü [Roͤmer] geben was er heische, das sü erzügen
[›aufbringen, herbeischaffen‹]
möhtent.
Lemmer, Brant. Narrensch.
48, 13
(
Basel
1494
):
Mancher zuͦ meysterschafft sich kert | Der nye das hantwerck hat gelert | Eyner dem andern werckt zuͦ leyd | Vnd tribt sich selbs dick vber die heydt | Das ers wolfeyl erzügen kan.
Brandstetter, Wigoleis
213, 18
(
Augsb.
1493
):
nembt hin [...] disen vesten harnasch. dz wilde gezwerg mit vil künsten vnd grosser arbeyt erzeügt gemacht.
Niewöhner, Teichner
257, 71
(
moobd.
,
1360
/
70
):
daz seu [ein nunn] enem chlainat macht | und im mynn brief
[
minnebriefe
]
erzeuget.
3.
›etw. ausführen, leisten, vollbringen‹; speziell: ›etw. (bei jm.) hervorrufen, bewirken, verursachen‹;
vgl.  58.
Bedeutungsverwandte:
 14; vgl.  2,  2,  14,  3.

Belegblock:

Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 113, 1
(
md.
,
um 1530
):
So erzeugt man auch sonst mit der geringen Müntz kein baszfeyligkeit beym hendeler.
Schneider, Pont. u. Sid.
99, 30
(
rhfrk.
/
mosfrk.
,
2. H. 15. Jh.
):
das ist wol myn wille vnd sol sin folgen, dwile ich is selb nit me gethun vnd libs halb erzugen mag.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Wer mag daz erzúgen, denne der minnekliche herre, der ietzent vor uwerm hertzen stat.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Paris, waz du wiltt, daz sol sin | Und alles daz ich erzügen kan.
Maaler (
Zürich
1561
):
Erzeügen [...]. Jch mag die arbeit nit Erzeügen / Jch bin der arbeit zeschwach.
Menge, Laufenb. Reg.
5911
;
Niewöhner, Teichner
317, 8
.
4.
›etw. beweisen, begründen; erweisen, nachweisen, dass etw. wahr ist‹; speziell: ›Zeugen für etw. beibringen, etw. durch Zeugenschaft belegen‹; ›jn. e. S. überführen, jm. etw. (ein Vergehen) nachweisen‹; mit Fokuswechsel: ›etw. bezeugen‹; vereinzelt unpersönlich: ›sich als wahr, unzweifelhaft erweisen, herausstellen‹; meist rechtssprachlich;
vgl.  58.
Vorwiegend Rechtstexte und chronikalische Texte.
Phraseme:
etw. auf jn. erzeugen
›jn. e. S. (eines Vergehens, Fehlverhaltens) beschuldigen; jm. etw. vorwerfen‹.
Bedeutungsverwandte:
 23; vgl.  3,  12,  7,  2, .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
gleisner / sünder
)
/ etw
. (z. B.
die anleite, die geschäfte
)
e., etw. sich e., jn. e. S. e., jn. um etw. e., etw
. [wie] (z. B.
selbdritte / selbsiebend, als recht ist, mit zweien, mit sieben mannen, mit ersamen mannen, mit zwei anderen bürgern
)
e
., mit Objektsatz:
j. e., das [...]
.
Wortbildungen:
˹
erzeugnis
,
er|
1
zeugung
3˺ ›Zeugnis; Zeugenschaft‹ (dazu bdv.: vgl. ,  1, ,
der/das
, 2).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Js aber her tot, mit seben mannen Sal man iz irzuͦgen.
Zwer vnre
e
ynet sine mere? de mid Rede eynen balmuͦndet, So daz se en vnseget von siner Crüstenheit, Also daz se ihent, er se ein Sodomet [...], mach man se irzuͦgen, man sol se Radebraken.
Wyss, Limb. Chron. U (
mfrk.
,
1382
):
Auch irkennen unde irtzugen ich in disem instruͦment unde briffe, daz ich dit testament unde dise besessuͦnge mach meren.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 220, 10
(
hess.
,
1538
):
Wan sie [gleissner und sunder in der kirchen] aber nicht erzeugt werden, seien sie nicht zu verbannen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
212, 12
(
thür.
,
1474
):
[Streit um den Umgang in einem
leibgedinge
:]
daz Hans von Geich der alde, Hans von Geich der junger [...] und alle ore erben sollicher zcinsße gebrauchen unde auffheben sollen ane geverde, in dem sich clerlich irzcuget, daz
[die Nachfahren des älteren
Hans von Geich
]
vorn er Henrichen
[Beschwerdeführer und
Hansen von Geich swestersone
]
sey sollen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1402
):
daz fuͤr uns kome in gerichte her Ulman Stromeyr [...] und erczeugt, als recht waz, mit den ersamen mannen hern Berthold Beheim und hern Jacob Prünster.
Gerhardt, Meister v. Prag
81, 1
(Hs. ˹
nobd.
,
1477
˺):
Antwortestu [Ihesus] nicht da wider das sie [fursten der prister] auf dich ertzeugen?
Köbler, Ref. Nürnberg
270, 7
(
Nürnb.
1484
):
DJe geschefft soͤllen durch zwen oder mer genante͂ des groͤssern Rats als zewgen erzewgt. vnd darauf der erzewgung halb fuͤr krefftig gehalten werden.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
do las men in vor die stücke die uf sü wol erzüget worent, und lies sü zuͦ iedem stücke entwurten.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1371
):
Wer ouch, das man es
[dass der Beschuldigte jn. bedroht hat]
nút erzúgen moͤhti, so sol er sich doch entslahen zuͦ den hailigen, das er des unschuldig sie.
Warnock, Pred. Paulis
3, 85
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Nim war, wie erzúgnus gibt sins [Christi] unschuldigen bluͦtvergiesens!
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1363
):
daz man ieklichen burger [...] umb ein iekliche sache wol ertzúgen mag mit zwein erbern unversprochen mannen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1392
):
wir seczen den obgenanten hern Worsiboy [...] in nuczgewer der obgeschribenn guter [...], wann er die anleit daruff ersessen und erczewgt hat.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
10, 13
(
moobd.
,
1305
):
Chumt aber iemen in der zeit, dem er gelten solt, und bewert er daz mit genozsam erzeugnuzze, dem sol man gelten.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
1343
):
Swer chlagt hinz ainem toten mann, der sol sein chlag inner iars vrist war machen mit zwain, aber über ain iar so sol er ez erzeugen mit siben über moltige zungen.
Unger, Richtes Stig ;
Behrend, Magd. Fragen ;
Welti, Stadtr. Bern ; ; ;
Geier, Stadtr. Überl. ;
Rennefahrt, Zivilr. Bern ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Rwb (s. v.
1
erzeugen
);
Vgl. ferner s. v.  4.
5.
›jn. / etw. mit etw. (meist: mit Rüstung, Waffen) versehen, ausrüsten, ausstaffieren‹; vorwiegend im Part. Prät. mit Tendenz zu adjektivischem Gebrauch;
vgl.  28.
Narrative Texte, meist Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
 6, ,  3, ; vgl.  5,  2,  13, ,
2
.
Syntagmen:
jn. (wol) e
.;
j
. [wie] (z. B.
erlich / redlich / wol, mit harnisch, mit einer krone, mit geschmeide, mit kürissen
)
erzeugt sein / kommen, jm. dienen
;
die wol erzeugten kürisser, die edel erzeugten leute, zwei wol erzeugte folen
.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, zu
1365
):
di alle meistlichen wigande [...] zogen gen Elsaßen mit großer herlicheit der wapen, alle wol irzuget, [...], mit gulden unde silbern gesmide.
Schneider, Pont. u. Sid.
46, 10
(
rhfrk.
/
mosfrk.
,
2. H. 15. Jh.
):
[wil ich] uwer iglichen ytze geben vnd bestellen dryssig dusent man, verwappent mit guttem harnesch, wol ertzugt vnd ußgericht.
Ebd.
155, 7
:
Der konig von Engelant [...] enbot allen den synen, das sie [...] vffbrechen vnd qwemen mit harnesch erzugt, den finden wiederstant zu thun.
Ebd.
244, 1
:
Der konig Pontus, der gar richlich [...] von perlin, edelm gesteins mit eyner guldin cronen ertzugt vnd gewererter waz, vergalt yme [...].
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
, zu
1439
):
und was des selben volkes by den 12000, darunter by 5000 oder 6000 worent mit iren kurussen wol und redelich ertzuget.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. (
whalem.
,
1484
):
Der graf von Gryers mit den sinen zuͦ ros und fuͦs kam ouch gar erlichen und wol erzúget.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Die kö. M
t
. [...] ornet den raisigen zeug, pey fünfzehenhundert pfärden, vast wol ertzeugt kürisern und verdackten hengsten.
Chron. Augsb. Anm. 2; Anm. 3; Anm. 2; ;
6.
›etw. aushalten, ertragen, erdulden‹; in der Regel negiert in Modalverbkonstruktionen mit
mögen
; möglicherweise anschließbar an 3.
Wobd. / oobd.
Bedeutungsverwandte:
,
1
(V., unr. abl.) 35; vgl.  1,
1
 1,  2.

Belegblock:

Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Rengnold und sine bruodern begiengend so groß manheytten, daz keinner ir streich ertzǔgen mocht, also daz sy die uff den leyttern in graben faltend, all tod oder wund.
Maaler (
Zürich
1561
):
Erzeügen. Ferre, Sufferre, Tolerare. Durst leyden vnnd Erzeügen [...]. Jch mags nit mer Erzeügen vnd erdulden.
Bauer, Geiler. Pred.
318, 13
(
Augsb.
1508
):
solt ich also alltzeyt schweigen / das moͤcht ich nitt erzeügen / ich myeßt unsynnig werden.
Klein, Oswald
114, 42
(
oobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Du gots erwelte creatur, | durchleucht, verhailgt über alle weib, | wie mocht dein adelich natur | erzeugen durch ain zarten leib | den grossen schrick und scharpfen blick.
Weber, Füetrer. Poyt.
302, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
SI
[die Riesin]
traib in affter zwere | [...] | yetz hin vnnd darnach here, | das es der helld erzewgen mocht nit lannger.
Bächtold, H. Salat ;
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 96
.