entzünden,
V.
1.
›etw. (z. B. ein Licht, ein Feuer, einen brennbaren Gegenstand) anzünden, anstecken, ein Feuer entfachen‹; ›Feuer fangen, in Brand geraten‹; in bildlicher Verwendung insbesondere in Texten religiösen Inhalts in offenem Übergang zu 3; vereinzelt als part. Adj.
entzündet
1 ›entfacht, entzündet‹;
zu  4.
Bedeutungsverwandte:
 2,  12, ,  12.
Gegensätze:
 2, (V.), .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den dunst / stein, die ampel / kugel / stat, ein feuer / kraut / liecht / weihgerauchsfas, kerzen, das feuer der weisheit, das liecht der keuschheit
)
e., etw
. (Subj.) (z. B.
der stein, das münster
)
etw. e., die seraphin den grund, die kerzen sich selber e., etw. mit einem liecht, von feuer e
.
Wortbildungen:
entzündung
1 ›das Anzünden eines Gegenstandes‹; resultativ: ›Feuer, Brand‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ein lieht daz brinnet. Nû sprichet man, einez werde enzündet von dem andern.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
168, 10
(
Frankf.
1535
):
es [Petroleum] würt gemacht so die feystigkeyt der erden durch wirckung des wassers feurig wirt vnd entzündt.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
23, 16
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
so ist do eyn wygerouchis vas bereyt und inczunt mit wygerouche vol.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
da wolt der Lorentz Beheim ein hockenpüchsen verkaufen und da man sie wolt laden [...], da slug man den kloß oder kugel hart hin ein, also, das sie sich entzündet.
Gille u. a., M. Beheim
449, 310
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
die teüfel [...] | [...] warn den riter vahen | und machten da von haissem feures flam | ain grass enzundung in dem sal.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
sye enzunden vil kertzen und leschen dann eine nach der ander dye kertzen ab.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Dis ist die enzúndunge dieser lucernen.
macht er [Bischof Albrecht] ein versamenunge von dem aller edelsten krute und enzunte denne das, und dannan ab wart ein suͤsser roͮch als ein nebel.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
482, 23
(
els.
,
1362
):
do enzuntent sich die kerzen alle selber.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
do entbrante ein hus [...] und brant daz gantz ende [...], und von dem selben fure entzunte daz munster.
Thiele, Minner. II,
13, 382
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
da kein ampel nymer wirt enczundet, | unnd alle lichter sind darynn verloschen.
Heydn. maister
36v, 7
(
Augsb.
1490
):
Vñ mit begirlicheit die stat zuͦ erledigen thaͤt er [Zenon] sÿ entzünden.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
in der snellen wegung wirt er [dunst] entzunt und prinnet unz zuo der erden.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
532
;
Froning, Alsf. Passionssp.
7964
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
2059
;
Merzdorf, Historienb. ;
Vetter, a. a. O. ;
Sappler, H. Kaufringer
17, 180
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v. , ,  1, (Adj.) 1.
2.
›leuchten, scheinen‹ (zumeist von Himmelskörpern gesagt); etw. (z. B. durch Anstrahlen) sichtbar machen, zum Leuchten bringen;
zu  4.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  4.
Wortbildungen:
entzündung
2 ›Phase des zunehmenden Mondes‹.

Belegblock:

Jahr, H. v. Mügeln
2342
(
omd.
, Hs.
1463
):
das ander heißt des norden punt: | daran der segelstern entzunt | stet.
Strauss, A. v. Villanova dt.
171r, 8
(
obd.
, Hs.
1421
):
daz der mond icht sey in der entzundunge oder val sye.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Ain straich frumte er [ritter] im uff den gebel | Dem jungen ritter, daz der nebel | Uff helme dik enzündett ward.
Plant u. a., Main. Naturl.
299ra, 10
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
dc die sunne die eclipsin niht en het nvwan so der mane enzvndet wirt.
Klein, Oswald
51, 19
(
oobd.
,
um 1409
/
10
):
der delephin | [...] | [...] wirt enzunt | von sunnen glast, | die im erkückt all sein gemüt.
Plant u. a., a. a. O.
298
vd, 13.
3.
›jn. erregen‹; in Ütr. von 1 in verschiedene Richtungen hin spezialisiert; im Einzelnen: ›js. Zorn erregen, jn. in Wut versetzen‹; ›jn. für etw. begeistern, zu etw. reizen‹; ›Gefühle für eine bestimmte Person entwickeln, sich (leidenschaftlich) in jn. verlieben‹ (mit positiver wie negativer Wertung); in Texten der Sinnwelt ,Religion’: ›religiöse Gefühle, Glauben im Menschen erregen (meist in Form eines göttlichen
feuers
oder vergleichbarer Bilder)‹; vereinzelt: ›jn. durstig machen‹; häufig im Passiv ohne Nennung des Handlungsträgers; als part. Adj.
entzündet
2: ›erregt, zornig‹;
zu  4.
Gegensätze:
(V., unr. abl.).
Syntagmen
(in Auswahl):
jn
. (z. B.
männer / weiber
)
/ etw
. (z. B.
js. gemüt / herz / sele, den durst / geist, die sünde, das blut, die flammen der minne, die begierde des menschen
)
e., j
. (Subj., z. B.
der herre
)
/ etw
. (z. B.
der wein / zorn, die andacht / begierde / rache
)
jn. e., der geist sich selber e., der geist gottes, die liebe Christi, die innerliche hitze jn. / etw. e., die demut, die fackel des neides js. herz e., das himlische feuer, die flammen der minne jn. e., die geister die jungfrauen in liebe gegen jn. e., jn
. [wie] (z. B.
durch himlische begierde, durch das feuer der liebe, in götlicher liebe, in der minne des heiligen geistes, inbrünstig
)
e., jn. mit begierde / minne / unlauterkeit e., jn. zu lust e
.;
j., js. herz
(Subj.)
gegen jn. entzündet sein, j. gegeneinander entzündet sein, j
. [wie] (z. B.
von liebe / wein, von seraphischen feuern
)
entzündet sein / werden
.
Wortbildungen:
entzünder
›Person, die in jm. religiöse Gefühle hervorruft‹ (im Beleg: Christus).

Belegblock:

Luther, WA (
1520
):
Die vorgenante nochbleybende sund nach der tauffe heist man ein tzunder, darumb das sie leycht wirt entzundet zu boszen gedanckenn.
Ebd. (
1521
):
Seyn gesetz ist der glawb, das ist, eyn lebendige geystliche flam, domit die hertzen durch den heyligen geyst enttzunt, new geborn und bekart werden.
Ebd. (
1544
):
das war ein sonderliche boͤse art von Schlangen, welche, wenn sie einen Menschen bissen, [...] so grossen unleschlichen durst im Menschen entzundten, das er must daran sterben.
Ders. Hl. Schrifft.
Jdt. 10, 19
(
Wittenb.
1545
):
da sie [Judith] fur jn [Holofernes] kam / ward er so bald entzündet gegen jr
[
Mentel
1466:
geuangen in iren augen
;
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
gefangen mit sein augen
].
Alberus, Barf. (
Wittenb.
1542
):
Franciscus [...] weil er auff erden vom Seraphischen fewer entzund / Christo gleichfoͤrmig worden ist.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
kein hôch glîchnisse und kein vride der minne engenüeget mir [herre], biz [...] ich selbe in der minne des heiligen geistes enbrant und enzündet wirde.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
36
(
Nürnb.
1517
):
der [sun gottes] würkt durch das feuer unser lieb, entzündet durch das feuer seiner lieb.
Ebd.
149
:
das die lieb Christi der breut geist entzundet und feurigt.
Franck, Decl.
346, 9
(
Nürnb.
1531
):
wie vil krieg / wie vil todtschlaͤg / wie vil buͦßwirdigs uͤbels haben die menschen thon vom wein entzuͤndet?
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
Parys [...] seite ir [künigin Helenen], [...] wie sin herze were gegen ir enzündet.
Ruh, Bonaventura
360, 5
(
orhein.
,
um 1480
):
so soltu, durch inbrünstige, heilge, hymelsche begird enzúndet, götlichs [...] enthalten vnd bewaren.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
612
(
schwäb.
,
1455
):
Er [Cristus] ist der waur entzuͤnder | Rüwiger hertzen ger.
Dreckmann, H. Mair. Troja
17, 4
(
oschwäb.
,
1393
):
do ward siu [Medea] enzündet von den flammen der minn.
Klein, Oswald
10, 100
(
oobd.
,
um 1423
):
Frid trag in deines herzen grund, | das du von rach icht werst enzunt.
McClean, Havich
1855
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
vesten gelauben er
[Kaiser]
gewan. | sein andacht in enczunde.
Weber, Füetrer. Poyt.
5, 2
(
moobd.
,
1478
/
84
):
drumb des neydes vackel | entzündt hat ettlichs hertz.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
112, 36
(
tir.
,
1464
):
Der jung münch der was vnwillikchleichen gangen aus dem chloster, der ward enzündet mit der vnlauterchait.
Moscouia
B 2v, 30
(
Wien
1557
):
Als nun etwan die Reissen von wegen des Fuͤrstenthumbs zwitraͤchtig vnd gantz widerwaͤrtig gegen einander entzuͤndt vnd aufruͤrig worden.
Perez, Dietzin
2, 56, 15
;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ;
Neumann, Rothe. Keuschh.
5429
;
Gille u. a., M. Beheim
125, 19
;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
15, 64
;
zu Dohna u. a., a. a. O.
234
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Warnock, Pred. Paulis
2, 226
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Roth, E. v. Wildenberg ;
4.
›eine Infektion hervorrufen, sich entzünden‹ (von Wunden, auch vom Blut und inneren Organen gesagt); teils refl.;
entzündet
3 ›entzündet‹;
zu  4.
Gehäuft Fachtexte der Medizin.
Bedeutungsverwandte:
 15; vgl.  6.
Wortbildungen:
entzündung
4 ›Infektion‹.

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
116, 23
(
Mainz
1485
):
Das marck von disser frucht heilet die entzu͂ten glieder.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
hanß von dockenburg [...] leit abwenig der wunden ein külung [...] vff dz sich der arm nit enzundet von dem gebend.
Menge, Laufenb. Reg.
1894
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
hüte dich hie alle tage | Vor allem das entzunden mag | Das bluͦte.
Ebd.
2871
:
Die leber wirt dauon enzunt.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
der wurmm beyß Doon inn sin schänckel [...]. Der wurmm was so vergyft, das Doon sin schänckel dar von gantz entzŭnt ward und im bran.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
141
(
Genf
1636
):
Entzuͤndung deß Febers.
J. W. von Cube. a. a. O.
75, 106
;
Sudhoff, Paracelsus ;
Rohland, Schäden
395
;